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Proteste gegen Donald Trump 2015–2017

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Proteste gegen Donald Trump im November 2016

Die Proteste gegen Donald Trump (Anti-Trump-Proteste, Widerstand gegen Trump) sind öffentliche außerparlamentarische Aktivitäten gegen die Politik von US-Präsident Donald Trump. Sie begannen in den USA in seinem Wahlkampf 2015/16, verstärkten sich seit seinem Wahlsieg (8. November 2016) und verbreiten sich seit seinem Amtsantritt (20. Januar 2017) in vielen Staaten.

Im Wahlkampf

Seit Beginn seiner Kandidatur (16. Juni 2015) trat Trump mit zahlreichen Falschbehauptungen hervor, etwa zur Kriminalität illegaler Einwanderer,[1] und setzte bestimmte Gruppen (unter anderen Afroamerikaner, Behinderte, Einwanderer, Homosexuelle, Mexikaner, Muslime, Medien, gegnerische Prominente) gezielt herab.[2] Er kündigte unter anderem die Aufhebung des Krankenversicherungsgesetzes, den Bau einer Mauer an der Südgrenze der USA, ein allgemeines Einreiseverbot für Muslime, die Wiedereinführung von Folter, die Ermordung von Familien islamistischer Terroristen und den möglichen Einsatz von Atomwaffen an.[3] Damit bewirkte er vor seiner Wahl einen Rechtsruck in seiner Partei der Republikaner und danach eine enorme Zunahme von Hasskriminalität in den USA.[4]

Darauf reagierten die Proteste. Vor allem Schüler, Studenten und Unterstützer gegnerischer Kandidaten störten Trumps Wahlkampfreden mit Zwischenrufen und organisierten Gegenkundgebungen über soziale Medien. Dabei kam es zu Gewaltakten von Anhängern Trumps.[5] Gegner machten Trumps eigene Rhetorik, Demagogie und Gewaltaufrufe dafür verantwortlich.[6]

Ein ehemaliger Soldat der US Marines deckte im Mai 2016 auf, dass Trump behauptete Spenden für US-Veteranen nicht geleistet hatte, so dass dieser unter öffentlichem Druck eine Million US-Dollar nachzahlen musste. Aus solchen nicht parteipolitisch gebundenen Initiativen entstanden stärker vernetzte Initiativen an Universitäten, zum Beispiel gegen die von Trump angekündigten Maßnahmen einer Muslim-Kartei, Abschiebungen illegaler Einwanderer und Mittelentzug für die Organisation Planned Parenthood.[7]

Nach dem Wahlsieg

Ab Trumps Wahlsieg am 8. November 2016 demonstrierten Zehntausende, meist Schüler und Studenten, in vielen Städten der USA, vor allem an der Ost- und Westküste und in Universitätsstädten. Ihre Hauptparole war Not my president! („Nicht mein Präsident!“), abgelehnt wurden vor allem Rassismus und Einreiseverbote für Einwanderer. Sie reagierten damit auf Trumps Siegesrede, in der er sich als Präsident aller Amerikaner dargestellt hatte,[8] und griffen eine Parole auf, die die Tea-Party-Bewegung gegen Trumps Amtsvorgänger Barack Obama gerichtet hatte.[9]

Viele Gegner bestreiten die Legitimität der Wahl Trumps: Zum einen erhielt er zwar die meisten Wahlmänner im Electoral College, aber etwa 2,8 Millionen weniger Wählerstimmen als seine Gegenkandidatin Hillary Clinton. Das befeuerte eine neue Debatte um das US-Wahlsystem.[10] Zum anderen erhielt er in den drei Bundesstaaten Pennsylvania, Michigan und Wisconsin nur sehr knappe Mehrheiten,[11] so dass die Gegenkandidatin Jill Stein (Green Party (Vereinigte Staaten)) anfangs eine Nachzählung gerichtlich durchzusetzen versuchte.[12] Zum dritten ergab eine monatelange Untersuchung der US-Geheimdienste am 6. Januar 2017, dass Russland mit wahrscheinlich von Staatspräsident Wladimir Putin angeordneten Hackerangriffen die US-Wahlen beeinflusst hatte.[13] Trump hatte russische Hackerangriffe im Wahlkampf selbst gefordert und sich auf deren Daten gestützt.[14] Deshalb erklärte der Bürgerrechtler John Lewis als erster Kongressabgeordneter am 14. Januar 2017, Trump sei kein legitimer Präsident; er werde dessen Inauguration daher fernbleiben.[15] Am 19. Januar 2017 während der Inaugurationsfeier demonstrierte eine Gruppe von Antifaschisten in Washington D.C. gegen die „illegitime“ Regierung von Trump und seinem Vizepräsidenten Mike Pence.[16]

Nach der Amtseinführung

Am 21. Januar 2017, einen Tag nach Trumps Amtseinführung, demonstrierten beim Women’s March on Washington etwa 500.000 Menschen in Washington, D.C. gegen Trumps Regierung. In Los Angeles demonstrierten 750.000, in den USA insgesamt zwischen vier und fünf Millionen Menschen. Dies war die mit Abstand größte Protestdemonstration in der Geschichte des Landes. Hinzu kamen über 670 Demonstrationen weltweit.[17] Die Massenproteste erhielten nach Umfragen in der US-Bevölkerung weit mehr Zustimmung als vergleichbare Proteste gegen Barack Obama. Hohe Anteile der befragten US-Bürger erklärten sich im Vorfeld zu stärkerem politischem Engagement gegen Trump bereit. Dabei spielten dessen bekannte sexistische Aussagen eine große Rolle.[18]

Die Demonstrationen zum Women's March in den USA wurde von vielen lokalen, seit Trumps Wahlsieg entstandenen Kleingruppen dezentral organisiert. Einige davon waren schon im Wahlkampf für Hillary Clinton oder ihren innerparteilichen Gegner Bernie Sanders engagiert, viele engagieren sich jedoch erstmals politisch. Sie versuchen die hohe Bereitschaft zum Engagement in eine Widerstandsbewegung zu überführen. Viele Gruppen treffen sich lokal wöchentlich zu einem „Widerstandstag“ oder zu bestimmten Themen wie Umweltschutz, Einwanderung, Krankenversicherung. Die Hauptorganisatoren rufen über eine Webseite zu „100 Tagen des Handelns“ auf. Zu den ersten Aktionen gehört eine Kampagne, US-Senatoren anzuschreiben oder anzurufen, um Einfluss auf die im US-Senat verhandelte Kabinettsbildung Trumps zu nehmen. Weitere Aktionen werden geplant.[19]

Von 75 neuen Initiativen stuft die Zeitschrift The Nation einige als besonders aussichtsreich ein:

  • Indivisible, gegründet von einigen ehemaligen Kongressmitarbeitern als allgemeinverständliche Anleitung, Kongressabgeordnete effektiver unter Druck zu setzen (etwa 1,5 Millionen Downloads in den ersten Tagen).
  • #KnockEveryDoor, gegründet von Zack Malitz, will parteipolitisch ungebundene Freiwillige für Nachbarbesuche und kommunale Überprüfung von Abgeordneten aktivieren.
  • Swing Left (Mitgründerin: Miriam Stone) versucht neue junge Kandidaten für Kongressämter zu gewinnen, um Wahldistrikte mit vielen Wechselwählern „umzudrehen“ und so bei den Kongresswahlen 2018 eine Mehrheit für die Demokratische Partei zu erreichen. Bisher sollen 280.000 Personen sich dort eingetragen haben.
  • Run for Something (Mitgründerin: Amanda Litman) rekrutiert und unterstützt progressive „Millenials“ (ab dem Jahr 2000 Geborene) als Kandidaten für lokale politische Ämter. Angeboten haben sich bereits 3000 Interessierte.
  • Operation 45 ist eine von Ryan Shapiro und Jeffrey Light gegründete Initiative, die Anfragen an Regierungsbehörden nach dem Freedom of Information Act vorbereitet und Anfragen anderer Gruppen professionell unterstützt. Die Initiatoren entschieden sich aufgrund Trumps Wahlsieg, ihre bisher ehrenamtliche Arbeit in Vollzeit fortzuführen.
  • Movement 2017, gegründet von Billy Wimsatt, ist eine Webseite, die wenig bekannte lokale Initiativen, die keine Geldgeber haben, prüft, bewertet, dann finanziell unterstützt und Spenden für sie bewirbt.
  • Beim Pussy Hat Project, gegründet von Jayna Zweiman und Krista Suhist, stricken Frauen in Gruppen rosafarbene Kopfbedeckungen für weitere Frauenmärsche und planen dabei lokale Widerstandsaktionen.
  • Movement Match, gegründet von Talia Cooper, Pippi Kessler, Sonia Alexander und David Mahfouda, besteht aus 70 Freiwilligen. Sie vermitteln politisch unerfahrene Personen, die sich engagieren wollen, mit einem ausgearbeiteten Quiz an für sie passende, von erfahrenen Aktivisten geleitete Protestgruppen in ihrer Nähe. Über 10.000 Personen haben bisher an dem Quiz teilgenommen. Die regionale Gruppendatei soll landesweit ausgeweitet werden.[20]

Gegen das Einreiseverbot vom 27. Januar 2017

Proteste am John F. Kennedy International Airport in New York City gegen Trumps Einreiseverbot

Am 27. Januar 2017 verhängte Trump mit dem Präsidialerlass 13769 ein auf 90 Tage befristetes Einreiseverbot für Staatsangehörige aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten und ein unbefristetes Einreiseverbot für syrische Flüchtlinge. Daraufhin protestierten spontan Zehntausende an vielen Flughäfen der USA und zahlreiche Organisationen, Politiker und Prominente weltweit. Rechtsanwälte boten vom Einreiseverbot betroffenen, oft inhaftierten Fluggästen kostenlose Rechtshilfe an. Das Übernachtungsportal Airbnb gewährte ihnen bis zum Verfahrensabschluss kostenlose Unterkünfte. Die New Yorker Richterin Ann M. Donnelly hob die Festnahme von Einreisenden mit gültigen Visa am 28. Januar auf. Bundesanwälte der Bundesstaaten Washington und Minnesota klagten gegen das Dekret, unterstützt von vielen hochrangigen Diplomaten, Sicherheitsexperten, 280 Juraprofessoren. Kritik übten auch fast 100 einflussreiche Technikunternehmen, darunter Google, Apple, Microsoft, Twitter, Tesla und Uber. Die Firma Starbucks will in den nächsten Jahren 10.000 Flüchtlinge einstellen. Viele Werbespots für die Super Bowl (5. Februar 2017) bezogen sich kritisch auf Trumps gegen Zuwanderer und Flüchtlinge gerichtete Politik. [21]

Am 3. Februar 2017 hob Bundesrichter James Robart (Washington) das Dekret als mit der Verfassung der Vereinigten Staaten unvereinbar vorläufig landesweit auf. Die Regierung kündigte Rechtsschritte bis hin zum Supreme Court an. Trump setzte den Bundesrichter als „sogenannten“ Richter herab und machte ihn für mögliche künftige Terroranschläge von eingereisten Muslimen verantwortlich. Dies wurde weithin als Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz und damit auf die Gewaltenteilung verstanden und verstärkte die Proteste gegen das Dekret und gegen Trumps Kandidaten für den Supreme Court im US-Senat.[22]

Weitere Proteste

Mit dem March for Science planen Wissenschaftler, darunter vor allem Klimaforscher, einen Protestmarsch auf Washington.[23]

Commons: Proteste und Demonstrationen gegen Donald Trump – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Michelle Ye Hee Lee (Washington Post, 8. Juli 2015): Donald Trump’s false comments connecting Mexican immigrants and crime
  2. The New York Times, 7. Februar 2017): The 307 People, Places and Things Donald Trump Has Insulted on Twitter: A Complete List
  3. International The News, 8. November 2016: 10 outrageous statements made by Donald Trump
  4. Americas Voice (24. Juli 2015): The Trump Effect On The GOP Future; Trump Hate Map; The Independent (29. November 2016): Hate crimes spike in wake of Donald Trump's win with 897 reports recorded in 10 days
  5. Spiegel, 20. März 2016: US-Wahlkampf: Fausthiebe und Tritte bei Trump-Veranstaltung
  6. Monica Davey, Julie Bosma (The New York Times, 11. März 2016): Donald Trump’s Rally in Chicago Canceled After Violent Scuffles
  7. Christian Fahrenbach (Die Zeit, 8. Januar 2017): Donald Trump: Not my President!
  8. Tagesschau.de, 10. November 2016: Anti-Trump-Proteste in vielen US-Städten: "Not my president"; Fotografien: Süddeutsche Zeitung, 10. November 2016: Nach US-Wahl – „Nicht mein Präsident!“ – Demonstrationen gegen Trump
  9. Lindy West (NYT, 20. Januar 2017): Not My President, Not Now, Not Ever
  10. Almut Cieschinger (Spiegel, 10. November 2016): US-Wahlsystem: Warum Clinton mehr Stimmen hat – und trotzdem verliert
  11. Jessica McBride (Heavy.com, 10. November 2016): Election Results 2016: Only 112,000 Voters Gave Us President Trump
  12. Jamiles Lartey (Guardian, 5. Dezember 2016): Jill Stein demands 'accurate and just' recount outside Trump Tower
  13. US-Regierung, 6. Januar 2017: Reuters/ Background to “Assessing Russian Activities and Intentions in Recent US Elections”: The Analytic Process and Cyber Incident Attribution; The Atlantic, 6. Januar 2017: Did Putin Direct Russian Hacking? And Other Big Questions
  14. David Frum (The Atlantc, 29. Dezember 2016): How Trump Made Russia's Hacking More Effective; Paul Abrams (Huffington Post, 2. Januar 2017): An Illegitimate President
  15. Aaron Blake (Washington Post, 14. Januar 2017): John Lewis says Donald Trump isn’t a legitimate president, and Trump hits back hard
  16. AP News, 19. Januar 2017: Raw: DC Protesters Call Trump 'Illegitimate'
  17. Telegraph, 23. Januar 2017: Womens March: The Numbers behind the Global Rallies
  18. Emily Crockett (Vox.com, 23. Januar 2017): Why the Women's March on Washington drew bigger crowds than Trump’s inauguration
  19. US-Pressform.com, 28. Januar 2017: Women's march activists aim to build a movement
  20. Joshua Holland (The Nation, 7. Februar 2017): Your Guide to the Sprawling New Anti-Trump Resistance Movement
  21. Lennart Pfahler (Huffington Post, 7. Februar 2017): Widerstand gegen Trump: Wie die US-Bürger das Land vor ihrem eigenen Präsidenten retten
  22. Sabrina Siddiqui (The Guardian, 8. Februar 2017): Trump faces day of struggles over Betsy DeVos and travel ban
  23. Scientists to oppose Donald Trump in huge ‘March for Science’ in Washington. The Independent, 26. Januar 2017, abgerufen am 26. Januar 2017.