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Rheinbund

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Der Rheinbund (Confédération du Rhin) ist ein unter dem Druck Napoleons I. 1806 in Paris gebildeter Bund deutscher Fürsten, die aus dem Verband des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation austraten.

Entstehung und Entwicklung

Mit der Unterzeichnung der Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 hatten sich ursprünglich 16 süd- und westdeutsche Reichsstände formell vom Reich losgesagt und in einer Konföderation zusammengeschlossen, als deren „Protektor“ Napoleon fungierte. Wenige Tage später legte Franz II., der bereits 1804 den Titel eines Kaisers von Österreich angenommen hatte, die deutsche Kaiserwürde nieder und erklärte das Reich für erloschen. Er folgte damit einem Ultimatum Napoleons.

Bis 1808 schlossen sich weitere 23 deutsche Staaten dem Rheinbund an. Schon nach der preußischen Niederlage gegen Frankreich im Oktober 1806 traten auch viele mittel- und norddeutsche Kleinstaaten bei. 1808 hatte der Rheinbund die größte Ausdehnung: Er umfasste vier Königreiche, fünf Großherzogtümer, dreizehn Herzogtümer, siebzehn Fürstentümer und die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen. Nur Österreich, Preußen, Dänisch-Holstein und Schwedisch-Pommern blieben abseits. 1810 wurden große Teile Nordwestdeutschlands mit den Mündungsgebieten von Ems, Weser und Elbe dem napoleonischen Kaiserreich unmittelbar einverleibt, um die Kontinentalsperre gegen England besser überwachen zu können.

Der Rheinbund war im Wesentlichen ein Militärbündnis, d.h. seine Mitglieder waren verpflichtet, Frankreich hohe Militärkontingente zu stellen. Sie erfuhren dafür im Gegenzug Rangerhöhungen - Baden, Hessen-Darmstadt, Herzogtum Kleve und Herzogtum Berg zu Großherzogtümern, Württemberg und Bayern zu Königreichen - und teilweise beträchtliche Gebietserweiterungen durch die Mediatisierung kleinerer Reichsstände. Nach der Rheinbundakte sollte der Rheinbund auch gemeinsame Verfassungsorgane erhalten, was aber schnell an dem Streben (vor allem der größeren) Einzelstaaten nach unbegrenzter Souveränität scheiterte. Der vom Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg einzuberufende Bundestag trat somit nie zusammen, da sich vorallem Bayern und Württemberg weigerten, daran teilzunehmen.

1813, nach der Niederlage Napoleons in der Völkerschlacht bei Leipzig, brach der Rheinbund auseinander.

Bewertung

Auch wenn man das Rheinbundsystem primär als „ein System der Ausbeutung und Unterdrückung“ (Thomas Nipperdey) bezeichnen kann, brachte es doch für Deutschland einen ungeheuren Modernisierungsschub. Neben einer radikalen Vereinfachung der Landkarte (der bunte "Flickenteppich" des fast tausendjährigen Heiligen Römischen Reiches und die damit verbundenen Partikularmächte verschwanden) brachte es eine Garantie bürgerlicher Rechte (Code Civil) und eine durchgreifende Modernisierung in Wirtschaft und Verwaltung.

Mitglieder

Die Mitglieder des Rheinbunds, also rheinische Bundesstaaten, waren die Staaten:

  1. des Königs von Bayern
  2. des Königs von Württemberg
  3. des Kurfürsten und Erzkanzlers des deutschen Reichs (Kurmainz)
  4. des Kurfürsten von Baden
  5. des Großherzogs von Berg
  6. des Herzogs von Arenberg (am 13. Dezember 1810 aufgelöst)
  7. des Fürsten von Nassau-Usingen (am 30. August 1806 zum Hzm. Nassau vereinigt)
  8. des Fürsten von Nassau-Weilburg (am 30. August 1806 zum Hzm. Nassau vereinigt)
  9. des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen
  10. des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen
  11. des Fürsten von Salm-Salm (siehe: Salm (Adel))
  12. des Fürsten von Salm-Kyrburg (siehe: Salm (Adel))
  13. des Fürsten von Isenburg-Birstein
  14. des Fürsten von Liechtenstein (Aufnahme ohne Kenntnis des Fürsten)
  15. des Landgrafen von Hessen-Darmstadt (am 14. August 1806 zum Großherzog erhoben)
  16. des Grafen von der Leyen (am 12. Juli 1806 zum Fürsten erhoben)

Dem Rheinbund traten später bei:

  1. Großherzogtum Würzburg (Vertrag vom 25. September 1806)
  2. Königreich Sachsen (Vertrag vom 11. Dezember 1806)
  3. Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  4. Herzogtum Sachsen-Gotha (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  5. Herzogtum Sachsen-Meiningen (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  6. Herzogtum Sachsen-Hildburghausen (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  7. Herzogtum Sachsen-Coburg (Vertrag vom 15. Dezember 1806)
  8. Herzogtum Anhalt-Dessau (Vertrag vom 18. April 1807)
  9. Herzogtum Anhalt-Bernburg (Vertrag vom 18. April 1807)
  10. Herzogtum Anhalt-Köthen (Vertrag vom 18. April 1807)
  11. Fürstentum Lippe-Detmold (Vertrag vom 18. April 1807)
  12. Fürstentum Schaumburg-Lippe (Vertrag vom 18. April 1807)
  13. Fürstentum Reuß ältere Linie (Vertrag vom 18. April 1807)
  14. Fürstentum Reuß-Schleiz (Vertrag vom 18. April 1807)
  15. Fürstentum Reuß-Lobenstein (Vertrag vom 18. April 1807) (siehe: Reuß jüngere Linie)
  16. Fürstentum Reuß-Ebersdorf (Vertrag vom 18. April 1807) (siehe: Reuß jüngere Linie)
  17. Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt (Vertrag vom 18. April 1807)
  18. Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen (Vertrag vom 18. April 1807)
  19. Fürstentum Waldeck (Vertrag vom 18. April 1807)
  20. Königreich Westfalen (Constitution vom 15. November/7. Dezember 1807)
  21. Herzogtum Mecklenburg-Strelitz (Vertrag vom 10. Februar 1808)
  22. Herzogtum Mecklenburg-Schwerin (Vertrag vom 22. März 1808)
  23. Herzogtum Oldenburg (Vertrag vom 14. Oktober 1808)

Literatur

  • Birgit Fratzke-Weiß, Europäische und nationale Konzeptionen im Rhein­bund. Politische Zeitschriften als Medien der politi­schen Öffentlichkeit, Frankfurt/M.: Verlag Peter Lang 1997, 456 S.
  • Michael Hecker: Napoleonischer Konstitutionalismus in Deutschland (= Studien zur Verfassungsgeschichte, Bd. 72), Berlin 2005