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Ladenschluss

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Das Ladenschlussgesetz regelt seit 1957 in der Bundesrepublik Deutschland die Öffnungszeiten von Geschäften durch das Festlegen von Zeiten, zu denen kein Geschäft öffnen darf. Ausgenommen sind meist Einrichtungen wie Tankstellen, Kioske, Bahnhofsgeschäfte, Apotheken, Kneipen und ähnliche.

Basisdaten
Titel: Gesetz über den Ladenschluss
Kurztitel: Ladenschlussgesetz
Abkürzung: LadschlG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Gewerberecht
FNA: 8050-20
Datum des Gesetzes: 28. November 1956 (BGBl. I S. 875)
Inkrafttreten am:
Neubekanntmachung vom: 2. Juni 2003 (BGBl. I S. 744)
Letzte Änderung durch: Art. 2 Gesetz vom 7. Juli 2005
(BGBl. I 2005, S. 1954, 1968)
Inkrafttreten der
letzten Änderung: 1)
1. Juli 2005
(Art. 4 Gesetz vom 7. Juli 2005)
1) Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Geschichte

Bereits am 1. Oktober 1900 trat im Deutschen Reich ein erstes Ladenschlussgesetz in Kraft. Geschäfte durften an Werktagen nur noch von 5 bis 21 Uhr öffnen. Dies galt allerdings nur für Werktage. Bereits 1891 wurde festgelegt, dass sonntags nur fünf Stunden lang verkauft werden darf. Eine neue Regelung führte ab 1919 die Sonntagsruhe und eine beschränkte Ladenöffnungszeit an Werktagen von 7 bis 19 Uhr ein.

Ladenschluss in Deutschland

Zuletzt beschloss der Deutsche Bundestag am 13. März 2003 eine Verlängerung der Öffnungszeiten am Samstag um vier Stunden bis 20 Uhr. Die Neuregelung trat am 1. Juni 2003 in Kraft. Seither gelten in Deutschland zu folgenden Zeiten Öffnungsverbote für Geschäfte:

  • an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen,
  • montags bis samstags bis 6 Uhr und ab 20 Uhr,
  • am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, bis 6 Uhr und ab 14 Uhr.
  • Verkaufsstellen für Bäckerwaren dürfen den Beginn der Ladenöffnungszeit an Werktagen auf 5:30 Uhr vorverlegen.

Die beim Ladenschluss anwesenden Kunden dürfen noch bedient werden.

Sonderregelungen gelten für Geschäfte in Bahnhöfen und Flughäfen. Anlässlich von Märkten und Messen sind vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage pro Jahr möglich. Die Verkaufszeit darf fünf Stunden nicht überschreiten, muss um 18 Uhr beendet sein und außerhalb der Zeiten der Hauptgottesdienste liegen.

Verschiedene Konzepte zur Wirtschaftsbelebung sehen die gänzliche Freigabe der Ladenöffnungszeiten von Montag bis Samstag vor. So unter anderen das neue Konzept der CDU. Insbesondere die FDP setzt sich immer wieder für eine Freigabe des Ladenschlusses ein. 2004 wurden Pläne von Bundesminister Wolfgang Clement bekannt, die eine Lockerung des Ladenschlusses anzielen.

Am 9. Juni 2004 wies das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde ab, die das Unternehmen Kaufhof AG 2002 gegen das Ladenschlussgesetz eingelegt hatte. Die drei wichtigsten Punkte der Urteilsbegründung waren:

  • Das Öffnungsverbot an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen wurde einstimmig für verfassungskonform erklärt, da diese als „Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung“ durch das Grundgesetz geschützt seien. „Seelische Erhebung“ müsse dabei nicht Religionsausübung bedeuten, sondern umfasse auch „die Verfolgung profaner Ziele wie die der persönlichen Ruhe, Besinnung, Erholung und Zerstreuung“.
  • Die Richter waren uneinig, ob das Öffnungsverbot an Werktagen nach 20 Uhr verfassungsgemäß ist. Zwar akzeptierten sie das Argument, das Ladenschlussgesetz sei das wirksamste Instrument, die im Verkauf tätigen Arbeitnehmer vor Nachtarbeit zu schützen, die „dem menschlichen Biorhythmus zuwiderläuft“, Nachtarbeiter würden „aus dem Rhythmus des öffentlichen Lebens und der Freizeitgestaltung anderer herausfallen“. Die Hälfte der Richter hielt die Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit durch den Ladenschluss um 20 Uhr dennoch nicht für gerechtfertigt.
  • Das Gericht bestätigte zwar, dass der Bund die Kompetenz zur Änderung des Ladenschlussgesetzes hatte – und nicht die Länder (was seit einer Grundgesetzänderung von 1994 unklar war). Jedoch wies es ausdrücklich darauf hin, dass der Bund diese Kompetenz an die Länder abgeben könne. Dieser Aspekt bestimmte im folgenden einen großen Teil der Debatte um den Ladenschluss. Schon kurz nach dem Urteil forderten mehrere Bundesländer eine solche Änderung, und im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vom 11. November 2005 wurde sie als Vorhaben festgeschrieben.

Argumentation

Pro

Kritik an einer weiteren Lockerung kommt vor allem von den Gewerkschaften, die die Zerstörung bestehender Schutzregelungen für Arbeitnehmer befürchten, und von den christlichen Kirchen, die den Sonntag als Ruhetag erhalten wollen.

Befürworter des bestehenden Ladenschlussgesetzes sehen darin einen Schutz für die Mitarbeiter. Sie behaupten, dass eine Lockerung zu einer Ausbeutung der Mitarbeiter durch Nachtarbeit ohne Lohnzuschlag führen könnte.

Die Befürworter des Ladenschlussgesetzes lehnen das Argument, dass eine Ausweitung zu mehr Umsatz im Einzelhandel führen würde, mit der Begründung ab, dass sich dadurch nur die vorhandene Kaufkraft auf eine längere Öffnungszeit verteilen werde. Sie verweisen darauf, dass sich durch die bisherigen Lockerungen (wochentags von 18:30 Uhr auf 20 Uhr und samstags von 16 Uhr auf 20 Uhr) der Umsatz nicht erhöht habe.

Ein lockeres Ladenschlussgesetz führe zudem zu mehr Wettbewerb und damit zu geringeren Verdienstspannen, also zu mehr Insolvenzen.

Zudem wird argumentiert, dass nur große Ketten es sich leisten können, ihre Mitarbeiter rund um die Uhr anzustellen. Kleinere Familienbetriebe könnten der neuen Konkurrenz nicht standhalten und müssten schließen. Es habe erhebliche Folgen auf die Struktur der Städte, wenn die Umsätze sich aus den Innenstädten in die Außenbezirke verlagern und die Läden in den bisherigen Fußgängerzonen leerstehen würden.

Contra

Gegner des bestehenden Ladenschlussgesetzes sehen die Möglichkeit, Nischen auszufüllen und damit potenziell auch die Möglichkeit neue Arbeitsplätze zu schaffen. Von dieser Möglichkeit könnten gerade auch kleine Anbieter profitieren.

Ein gelockertes Ladenschlussgesetz führe zudem zu mehr Wettbewerb und damit möglicherweise zu mehr Kundenfreundlichkeit.

Gegner des bestehenden Ladenschlusses sehen in der Lockerung auch die Möglichkeit, die Nachfrage zu beleben. Sie rechnen mit mehr Einkäufen, weil die Möglichkeit zu Spontankäufen verbessert werde.

Als weiteres Argument gegen das bestehende Ladenschlussgesetz wird auch die „Freiheit des Bürgers zum Einkauf“ hervorgehoben, und zwar in dem Sinne, dass eine Minderheit der Bevölkerung (Angestellte im Einzelhandel, etwa 2,5 Millionen) auf Kosten des Rests der Bevölkerung bevorteilt werden, wohingegen in anderen Branchen Arbeitszeiten ohne solche Einschränkungen die Regel sind.

Literatur

  • Uwe Spiekermann: Freier Konsum und soziale Verantwortung. Zur Geschichte des Ladenschlusses in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 49, 2004, S. 26-44.