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Kontinentalgermanische Mythologie

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Unter Deutscher Mythologie ist die vorchristliche Religion der germanischen Stämme auf dem Festland, ohne Skandinavien, zu verstehen. Dabei sind vier Zeitperioden zu unterscheiden.

Frühmittelalter

Religionsgeschichtlich gesehen bildet das Frühmittelalter den Übergang vom germanischen Heidentum zum Christentum, mit unterschiedlicher Entwicklung bei den verschiedenen Stämmen.

Siehe auch die Germanischen Gottheiten in der frühmittelalterlichen Überlieferung.

Ausdrücke aus der Kosmologie und Eschatologie: Erde und Himmel: ahd. ero 7 ufhimil, as. ertha endi uphimil, got. airþa jah himins; Erde als Wohnort der Menschen: ahd. mittigart, as. middilgart, got. midjungards; Unterirdische Totenwelt: ahd. hellea, as. hellia, got. halja; Weltuntergang: ahd. muspilli, as. mutspelli. Als literarische Zeugnisse liegen vor das Wessobrunner Schöpfungsgedicht (Kosmogonie) und das in Stabreimen abgefasste Muspilli (Eschatologie).

Nicht direkt zur Mythologie gehören Heldensagen, die teilweise auf historischen Personen basieren (Etzilo, Dietrîch von Berne, Hiltibrant, Nebulones, Gibicho, Gunthari, Walthari Manufortis).

Römerzeit

Hauptinformant ist Tacitus, der in seiner Germania ausführlich über germanische Kulte berichtet: u.a. Nerthus bei den Angeln und Varinern, Regnator omnium deum bei den Semnonen. Caesar berichtet dagegen, dass die Germanen lediglich Sol, Luna und Vulcanus(Sonne, Mond und Feuer) verehrten.

Auf römischem Gebiet siedelnde Germanen errichteten nach gallorömischer Sitte Weihesteine ihren Gottheiten, vorab lokalen Muttergottheiten (Matronae, Matres).

Während der Römerzeit wurden auch die germanischen Wochentagnamen gebildet. Daraus kann die Existenz folgender germanischer Gottheiten für die Römerzeit erschlossen werden: 1) Sol : *Sunna - 2) Luna - *Mâno 3) Mars : *Tîw oder *Þings - 4) Mercurius : *Wôðan - 5) Jupiter : *Þonar - 6) Venus : *Frîja - 7) Für Saturnus wurde keine Entsprechung gefunden. Bemerkenswert ist, dass der germanische Donnergott *Þonar sonst mit dem römischen Gott Hercules gleichgesetzt wurde.

Neuzeit

Die Liste der "erfundenen" Gottheiten ist lang. Sie entstammen teilweise der Folklore (Hulda, Berchta, Fricka), falschen Lesungen und Interpretationen alter Schriften (Hertha, Fosta), Vermischung mit slawischen Sagengestalten (Siwa) oder schlichtweg einer überschwänglichen Phantasie. Jedenfalls dürfen sie nicht zu den als echt überlieferten Gottheiten gerechnet werden. Wenn schon die Namen teilweise obskur tönen, so entstammen die Charaktere und Gebete, die diesen Gottheiten zugeschrieben werden, paganophilen Romantikern, die der bunten und lebensfrohen Mythologie der Griechen eine "deutsche Mythologie" entgegensetzen wollten. Nicht selten wirken (neo-)nationalsozialistische Ideen mit. Auffallend ist zudem, dass neopagane Strömungen sehr häufig germanische und keltische Gottheiten miteinander vermischen. Zu unterscheiden sind hier natürlich Werke der Kunst, Literatur und Musik (z.B. Richard Wagner).


Literatur

  • Jacob Grimm: Deutsche Mythologie. 1835.
  • Wolfgang Golther: Handbuch der Germanischen Mythologie. Stuttgart 1908.
  • Jan de Vries: Altgermanische Religionsgeschichte. Berlin 1956.
  • Åke V. Ström: Germanische Religion. Stuttgart 1975.
  • Rudolf Simek: Lexikon der germanischen Mythologie. Stuttgart 2. Aufl. 1995. ISBN 3-520-36802-1.
  • Rudolf Simek: Religion und Mythologie der Germanen. Darmstadt 2003. ISBN 3-354-16910-7.


Siehe auch