Paul Watzlawick
Paul Watzlawick (* 25. Juli 1921 in Villach, Österreich) ist ein österreichischer Psychotherapeut, Kommunikationswissenschaftler und Autor mit Wahlheimat in Kalifornien.
Überblick
Paul Watzlawick promovierte 1949 im Fach Philosophie, bevor er eine Ausbildung in Psychotherapie am C.-G.-Jung-Institut in Zürich 1954 mit dem Analytikerdiplom abschloss.
Schwerpunkte seiner Forschungsarbeit als Professor für Psychotherapie sind die Untersuchung von Kommunikationsprozessen und die systemische Familientherapie.
Im Jahr 1960 holte Don D. Jackson ihn ins kalifornische Palo Alto, wo Watzlawick fortan als Forscher am "Mental Research Institute" tätig war. Die Doppelbindungstheorie wurde maßgeblich von Gregory Bateson, Paul Watzlawick und ihren Kollegen an der Universität von Palo Alto entwickelt. Seit 1967 hatte Watzlawick auch einen Lehrauftrag im Fachbereich Psychiatrie der Stanford University. Watzlawick leistete bedeutende Beiträge zum radikalen Konstruktivismus. Ebenso lieferte er zusammen mit J. H. Beavin und Don D. Jackson vielbeachtete Überlegungen zur Theoriebildung über Kommunikation.
Die praktischen Erfahrungen, die Watzlawick zur Formulierung seiner Kommunikationstheorie veranlassten, gewann er bei der Erforschung der Kommunikation schizophrener Patienten, die zumeist als Mitglieder von normalen oder psychotisch gestörten Familien unter klinischer Beobachtung standen bzw. in therapeutischer Behandlung waren.
- Bekanntes Zitat: „Man kann nicht nicht kommunizieren ...“
Kommunikationstheorie von Paul Watzlawick
Seine Kommunikationstheorie enthält fünf pragmatische Axiome, die eher als Regeln zu verstehen sind, deren Einhaltung eine funktionierende Kommunikation verspricht, deren Verletzung aber zu gestörter Kommunikation führen kann:
In einer sozialen Situation kann man nicht nicht kommunizieren
Sobald zwei Personen sich gegenseitig wahrnehmen können, kommunizieren diese miteinander, da jedes Verhalten kommunikativen Charakter hat. Watzlawick versteht Verhalten jeder Art als Kommunikation. Da Verhalten kein Gegenteil hat, man sich also nicht nicht verhalten kann, ist es auch unmöglich, nicht zu kommunizieren: Metakommunikatives Axiom
Störungen nach dem ersten Axiom entstehen
- durch ein Ignorieren der Kommunikation (durch Nicht-Antworten oder Nicht-Eingehen auf das, was der Partner sagt),
- durch widerwillige Annahme der Kommunikation,
- durch Abweisungen wie „Mit dir will ich nichts zu tun haben“, da diese widersprüchlich sein können.
- Außerdem entstehen Störungen nach diesem Axiom durch die einseitige Beendigung der Kommunikation, da dies eine Aussage ist, die der andere Kommunikationspartner interpretieren muss.
- Auch die Entwertung der Aussagen des Partners z.B. durch häufige Themenwechsel, Nicht-bei-der-Sache-Sein, Bagatellisierung („das wird schon wieder“) und das Bestreben, eine stattgefundene Kommunikation ungeschehen zu machen, führt zu Störungen.
- Eine Flucht in Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen, Krankheit will eine Kommunikation einseitig beenden und ist deshalb ebenfalls eine Störung.
Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt
Jede Kommunikation enthält über die reine Sachinformation hinaus einen Hinweis, wie der Sender seine Botschaft verstanden haben will und wie er seine Beziehung zum Empfänger sieht. Der Inhaltsaspekt stellt das Was einer Mitteilung dar, der Beziehungsaspekt sagt etwas darüber aus, wie der Sender diese Mitteilung vom Empfänger verstanden haben möchte. Der Beziehungsaspekt zeigt, welche emotionale Beziehung zwischen den Kommunikationspartnern herrscht. Daraus folgt, dass der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimmt, denn die Art der Beziehung zwischen zwei Kommunikationspartnern begrenzt bzw. ermöglicht das gegenseitige Verständnis. Erfolgreich kommuniziert man dann, wenn auf beiden Ebenen Einigkeit herrscht oder eine Uneinigkeit auf der Inhaltsebene die Beziehungsebene nicht beeinträchtigt. Störungen entstehen bei Uneinigkeit auf beiden Ebenen, nur auf der Beziehungsebene oder bei Verwechslung der Ebenen.
Störungen nach dem zweiten Axiom entstehen,
- wenn Konflikte einer negativen Beziehung auf der Inhaltsebene ausgetragen werden.
- wenn die Uneinigkeit auf der Inhaltsebene auf die Beziehungsebene übertragen wird (Störungen)
- wenn die Beziehung negativ ist oder
- wenn Unklarheit über die Beziehung besteht
- wenn man versucht, den Beziehungsaspekt aus der Kommunikation herauszuhalten.
Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktionen der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt
Dies bedeutet, dass Sender und Empfänger den Kommunikationsablauf unterschiedlich gliedern und so ihr eigenes Verhalten oft nur als Reaktion auf das des anderen interpretieren, d.h. die Schuld liegt beim anderen. Menschliche Kommunikation ist aber nicht in Kausalketten auflösbar, sie verläuft vielmehr kreisförmig. Niemand kann genau angeben, wer beispielsweise bei einem Streit wirklich „angefangen hat“. Anfänge werden nur subjektiv gesetzt als so genannte „Interpunktionen“. Den Ablauf, in dem Ursache und Wirkung ihre Stellung in der Kommunikation verändern können, nennt man Interdependenz. Erfolgreiche Kommunikation ist zu erwarten, wenn beide Partner als Ursache und Wirkung die gleichen Sachverhalte festlegen und Kommunikation als Regelkreis verstehen. Störungen entstehen, wenn ein Partner an einem Punkt der kreisförmigen Kommunikation einen Einschnitt vornimmt und sagt: „Hier hat es angefangen, das ist die Ursache“.
Störungen nach dem dritten Axiom entstehen so:
- Eigenes Verhalten wird mit dem Verhalten des anderen entschuldigt/gerechtfertigt.
- Selbsterfüllende Prophezeiung (engl. „self-fulfilling prophecy“) meint eine Behauptung von einer oder mehreren Personen über einen anderen Menschen, die nicht unbedingt der Wahrheit entspricht, die aber bei diesem ein Verhalten erzeugt, das dieser Behauptung entspricht.
- Das Ausüben von Zwang und Druck ruft durch das Setzen eines Anfangspunktes Störungen hervor.
Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler und analoger Modalitäten
Dies bedeutet, dass nicht nur das gesprochene Wort (in der Regel digitale Kommunikation), sondern auch die nonverbalen bzw. analog-verbalen Äußerungen etwas mitteilen.
Mit analogen Elementen wird häufig die Beziehungsebene vermittelt, mit digitalen die Inhaltsebene. Erfolgreiche Kommunikation besteht bei Übereinstimmung zwischen analoger und digitaler Modalität und wenn beide eindeutig sind. Störungen entstehen bei Nichtübereinstimmung oder bei Unklarheiten einer der beiden Codierungsarten.
Ursachen für Störungen nach dem vierten Axiom
- Analoge Kommunikation ist mehrdeutig, kann also falsch interpretiert werden.
- Auch digitale Elemente sind nicht immer klar und eindeutig.
- Überwiegen einer Codierungsart führt zu Störungen.
- Nichtübereinstimmung von digitaler und analoger Kommunikation
- Nichtbewusstsein der eigenen analogen Kommunikation bei einem Kommunikationspartner
Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder asymmetrisch/komplementär
Je nachdem, ob die Beziehung zwischen Partnern auf Gleichheit oder Unterschiedlichkeit beruht. In komplementären Beziehungen ergänzen sich unterschiedliche Verhaltensweisen und bestimmen den Interaktionsprozess. Eine symmetrische Beziehungsform meint, dass die Beziehung Ungleichheiten vermindern will (Streben nach Gleichheit). Bei komplementären Beziehungen ist die Grundlage die Unterschiedlichkeit der Partner, die auf Ergänzung ausgerichtet sind. Erfolgreiche Kommunikation ist zu erwarten, wenn in einer Beziehung beide Kommunikationsabläufe vorhanden sind.
Ursachen für Störungen nach dem fünften Axiom
- Symmetrische Eskalation: Beide Kommunikationspartner wollen etwas gleicher sein als der andere, es herrscht also eine zu starke Gleichheit der Kommunikationspartner.
- Starre horizontale Komplementarität: Die Kommunikationspartner beharren starr auf komplementären Standpunkten oder vordefinierten dogmatischen Grundkonzeptionen, so dass eine aktuelle, auf Ergänzung ausgerichtete Kommunikation unmöglich wird oder durch den A priori-Filter stark eingeschränkt wird.
- Starre vertikale Komplementarität: Starkes Autoritäts- bzw. Machtgefälle, so dass eine Abhängigkeitsbeziehung oder Unselbstständigkeit und Fremdbestimmung entstehen.
Enantiodromie
Watzlawick hat Heraklits Gedanken von der „Einheit in der Vielfalt“ der Dinge - Enantiodromie - aufgegriffen und darauf hingewiesen, dass ein Zuviel des Guten stets ins Böse umschlage. Zuviel Patriotismus erzeuge Chauvinismus, zuviel Sicherheit Zwang oder zuviel Buttercremetorte Übelkeit.
Werke (Auswahl)
- Paul Watzlawick, Janet H. Beavin, Don D. Jackson: Menschliche Kommunikation. Formen, Störungen, Paradoxien. Huber, Bern 2000 ISBN 3456834578
- Paul Watzlawick, John H. Weakland, Richard Fisch: Lösungen. Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels. Huber, Bern 2001 ISBN 3456835663
- Paul Watzlawick: Vom Schlechten des Guten. Piper, 1986 ISBN 3492030858
- Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein. Piper, 1988 ISBN 3492221009
- Paul Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit. Piper, 1995 ISBN 3492201741
- Paul Watzlawick: Vom Unsinn des Sinns oder vom Sinn des Unsinns. Piper, 1995
- Paul Watzlawick: Die erfundene Wirklichkeit. Piper, 2002 ISBN 3492203736
- Paul Watzlawick: Gebrauchsanweisung für Amerika. Piper, Oktober 2002
Siehe auch
- Medizinische Kybernetik, Kognitive Dissonanz, Konstruktivismus, Nichtdeterministisches Experiment, Abergläubische Ratte, NLP
Weblinks
- Vorlage:PND
- Beats Biblionetz: Personen: Paul Watzlawick
- Texte von Watzlawick im Internet bei litlinks.it
Personendaten | |
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NAME | Watzlawick, Paul |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Psychotherapeut und Autor |
GEBURTSDATUM | 25. Juli 1921 |
GEBURTSORT | Villach |