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Jan Ullrich

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Jan Ullrich (* 2. Dezember 1973 in Rostock) ist ein deutscher Radrennfahrer. 1997 gewann er als erster Deutscher die Tour de France und löste in Deutschland damit einen Radsportboom aus.

Leben

Frühe Jahre

Jan Ullrich saß seit früher Kindheit auf dem Fahrrad und gewann bereits als Neunjähriger sein erstes Schulrennen. Er wurde in das DDR - Leistungssportsystem integriert und kam 1986 auf die Sportschule des SC Dynamo Berlin. Nach der Wende nahm ihn sein Trainer Peter Becker mit nach Hamburg. 1993 gewann der 19-jährige Jan Ullrich überraschend die Straßenweltmeisterschaft der Amateure in Oslo. (Wink des Schicksals: Die WM der Profis entschied im gleichen Jahr ein gewisser Lance Armstrong für sich).

Ein Jahr später überzeugte Ullrich mit einem dritten Platz bei der erstmals ausgetragenen für Amateure und Profis offenen Zeitfahrweltmeisterschaft. Nach diesem Erfolg wurde er vom Team Telekom unter Vertrag genommen und zog mit seiner Freundin Gaby ins südbadische Merdingen. In seinen ersten anderthalb Profijahren fuhr Ullrich unauffällig.

1996 - 1999

Bei seinem ersten Start bei der Tour de France, 1996, erreichte er jedoch sensationell den zweiten Platz hinter seinem dänischen Teamkollegen Bjarne Riis und gewann mit dem letzten Zeitfahren seine erste Tour-Etappe.

1997 startete Jan Ullrich bereits als Top-Favorit der Frankreichrundfahrt. Aber erst, als er sich nach einem überlegen herausgefahrenen Etappensieg in den Pyrenäen erstmals das Gelbe Trikot des Führenden überstreifen konnte, begann in Deutschland das "Tourfieber" zu wüten und die französische Sportzeitung L'Equipe reihte ihn mit der Schlagzeile "Voilà le Patron" in die Größen der Radsportwelt ein. Ullrich gewann noch eine weitere Etappe und schließlich als erster Deutscher, und mit 23 Jahren als einer der jüngsten Fahrer überhaupt, die Gesamtwertung der Tour.

Sein historischer Sieg machte Ullrich in Deutschland innerhalb kürzester Zeit zum populärsten aktiven Sportler überhaupt; er wurde 1997, mit dem größten Vorsprung aller Zeiten, zum "Sportler des Jahres" gewählt. Der Medienrummel wirkte sich allerdings ungünstig auf die Trainingsethik des neuen Radstars aus. Die extrem hohe Erwartungshaltung der Öffentlichkeit (die eine Serie von Toursiegen erwarteten) konnte er in den nächsten Jahren nicht einlösen.

Seit 1998 erlebte Ullrich regelmäßig ein schwaches Frühjahr, geprägt von schlechter Fitness, Krankheiten und Verletzungen. Trotzdem erreichte der Rostocker bei der Tour 1998 den zweiten Rang hinter Marco Pantani und holte drei Etappen. Ein Jahr später verhinderte ein Sturz bei der Deutschlandtour seinen Start bei der "Grande Boucle", Ullrich gewann dafür am Saisonende bei der Vuelta a Espana und der Zeitfahr-WM.

2000 - 2003

Im Jahr 2000 traf der Telekom-Fahrer erstmals bei der Tour auf Lance Armstrong und wurde von diesem klar auf den zweiten Platz verwiesen. Beim Ruhetag gab er in einem selbstkritischen Statement Fehler bei der Vorbereitung zu und versprach künftig Besserung. Tatsächlich gewann er wenige Wochen nach Ende der Tour das olympische Straßenrennen in Sydney und zudem Silber im Zeitfahren - vor seinem Rivalen Armstrong.

Im Jahr 2001 lief die Vorbereitung für die Tour für Ullrichs Verhältnisse glatt, doch trotz starker Form bei der Tour konnte er Armstrongs dritten Sieg nicht verhindern und landete zum vierten Mal auf dem 2. Platz. Im Herbst hielt er sich mit seinem zweiten Erfolg bei der Zeitfahr-WM schadlos.

Für die Tour 2002 bereitete sich Jan Ullrich ehrgeiziger und früher denn je vor. Ein falscher Trainingsplan verursachte aber eine langwierige Knieverletzung, deren Auskurierung ihn das gesamte Jahr kosten sollte. Die Zeit der erzwungenen Untätigkeit erwies sich für Ullrich als verhängnisvoll: Zunächst verursachte er in Freiburg unter Alkoholeinfluss einen nächtlichen Autounfall. Nur wenige Wochen später wurde er, während eines Aufenthalts in einer Rehabilitationsklinik, positiv auf Doping getestet. Ullrich erklärte, von Unbekannten "Pillen" in einer Disko angenommen zu haben. Er wurde sechs Monate gesperrt.

Nach diesem Tiefpunkt seiner Karriere beschloss Ullrich, unter neuen Bedingungen noch einmal eine Wiederkehr zu versuchen. Er zog von Merdingen nach Scherzingen an die schweizerische Seite des Bodensees und wechselte gemeinsam mit seinem Mentor Rudy Pevenage vom Team Telekom zur Mannschaft Coast. Das von einem mittelständischen Textilunternehmen gesponserte Team geriet im Frühjahr 2003 allerdings - nicht ganz unerwartet - in Finanzschwierigkeiten und wurde vom Radsportweltverband UCI zwei Mal suspendiert. Schließlich konnte Teammanager Pevenage den bisherigen Co-Sponsor Bianchi überzeugen, den Radrennstall komplett zu übernehmen.

Nach einigen guten Platzierungen bei der Deutschland-Tour und der Tour de Suisse ging Jan Ullrich schließlich im celestefarbenen Trikot des Team Bianchi mit einer exzellenten Form in seine sechste Tour de France, bei der er zunächst von einer Magenvergiftung geplagt wurde, seinen Rückstand in den Alpen aber begrenzen konnte.

Am Freitag, den 18. Juli 2003 gewann Ullrich dann die 12. Etappe der Tour, ein Einzelzeitfahren in Cap' Découverte, mit über anderthalb Minuten Vorsprung vor dem großem Favoriten Lance Armstrong. Es war Ullrichs erster Sieg bei der Tour seit 1998. Obwohl Ullrich den Kampf um das Gelbe Trikot auch danach und bis zum letzten Zeitfahren offen gestalten konnte, setzte sich Lance Armstrong schließlich durch und feierte seinen fünften Toursieg in Folge. Jan Ullrich belegte mit 1.01 Minuten Rückstand ein fünftes Mal den zweiten Gesamtrang beim wichtigsten Radrennen der Welt.

Nach der Tour wurde Jan Ullrich von der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) mit der "Fair-Play-Plakette des deutschen Sports" ausgezeichnet, weil er nach einem Sturz seines Gegners Armstrong auf diesen gewartet hatte. Im Dezember 2003 wurde Ullrich von den deutschen Sportjournalisten zum zweiten Mal zum Sportler des Jahres gewählt und setzte sich damit unter anderem gegen Michael Schumacher durch, der im gleichen Jahr zum 6. Mal Formel 1-Weltmeister geworden war.

2004 (aktuell)

Im Jahr 2004 fuhr Ullrich zunächst ein sehr unauffälliges Frühjahr und stieg bei dem Ardennenklassiker Flèche Wallone vorzeitig aus. Erst gut vier Wochen später kehrte Ullrich bei der Deutschlandtour ins Renngeschehen zurück und überraschte mit einer starken Formverbesserung: Im Auftaktzeitfahren wurde er Zweiter, die Bergetappen beendete er in vorderen Rängen. Mitte Juni gewann Ullrich bei seiner achten Teilnahme schließlich erstmals die renommierte Tour de Suisse, bei der er auch die erste Etappe und das abschließende Zeitfahren für sich entscheiden konnte.

Am 3. Juli wird Ullrich - falls nichts Unerwartetes dazwischen kommt - im belgischen Lüttich als einer der Anwärter auf den Gesamtsieg an den Start der 91. Tour de France gehen...

Erfolge