SV Austria Salzburg (2005)
Die Initiative Violett-Weiß ist ein Zusammenschluss von Anhängern des Salzburger Fußballvereins Austria. Sie gründete sich im Anschluss an die Übernahme des Vereins durch Red Bull und die Umbenennung des Vereins in Red Bull Salzburg.
Die Übernahme des Vereins und die Suche nach der violett-weißen Tradition
Anfangs standen die Fans diesem Vereinskauf, der durch die schlechte finanzielle Situation notwendig geworden war, noch positiv gegenüber. In Österreich ist sowohl der Kauf eines Vereins als auch die Umbenennung des Clubs vergleichsweise normal, viele Teams im Fußball oder Eishockey tragen den Namen eines Sponsoren um ihre Finanzen zu sanieren. In der Regel geschehen solche Umbrüche aber in Blick auf die Tradition des Vereins, die nur behutsam verändert wird. Im Falle der Übernahme der Austria durch Red Bull war es eine radikale Vereinsumgestaltung, die zur Gründung der Initiative und einem Machtkampf zwischen der Fanszene der Austria und dem neuen Eigentümer des Vereins führte. Streitpunkte waren die fehlende Akzeptanz der Vereinsgeschichte (die neue Führung wollte das Gründungsjahr des Vereins von 1933 auf 2005 verändern) und vor allem die Traditionsfarben Violett-Weiß, die auf dem Papier zwar weiterhin die Vereinsfarben waren, aber faktisch nicht mehr existent waren. Rot-weiß ersetzte die traditionellen Vereinsfarben violett-weiß und das Markenzeichen von Red Bull das Vereinswappen.
Als Reaktion auf die traditionsfeindliche Umgestaltung des Vereins von Seiten des neuen Eigentümers gründeten Fans die Initiative Violett-Weiß, deren Ziel zunächst der Erhalt der violett-weißen Vereinstradition war. Agiert wurde dabei auf mehreren Ebenen: Einerseits wurde mit Verantwortlichen des Vereins verhandelt, andererseits wurden Aktionen wie die friedliche Stürmung des Platzes bei einem Freundschaftsspiel durchgeführt.
Die Gespräche scheiterten endgültig, als Red Bull als einzigen Kompromiss eine violette Kapitänsschleife, auf den Trikots lediglich ein violettes Logo des Sponsor Adidas und violette Stutzen für den Torwart anbot. Im Laufe der ersten Hälfte der Saison 2005/06 spaltete sich das Fanlager der Austria in traditionelle violette Fans und eben neue Red Bull Fans. Protestspruchbänder, -gesänge, weiterhin violette Choreographien und die von den Fans weiterhin getragenen violetten Trikots und Schals waren ebenfalls Ausdruck der Ablehnung von Red Bull und Dietrich Mateschitz.
Während der Gespräche, verstärkt aber nach deren Scheitern, kam es zu diversen Zwischenfällen zwischen den traditionsbewussten Fans und der Führung von Red Bull Salzburg. Für Aufregung sorgte die Umwandlung des Fansektors von einem Steh- in einem Sitzplatzsektor und die pauschal ausgesprochenen Stadionverbote, die jedoch zum Teil wieder rückgängig gemacht wurden.
Gründung einer neuen Austria
Nach dem Scheitern der Verhandlungen zog sich der Großteil der violetten Fans aus dem Stadion zurück. Ziel war die Gründung einer "neuen Austria Salzburg". Der erste diesbezügliche Schritt war die Gründung des Vereins durch Eintragung im Vereinsregister unter dem Namen Sportverein Austria Salzburg am 7. Oktober 2005.
Der neue Verein hat bereits mehr als 700 Mitglieder und eine große Anhängerschaft. Um möglichst schnell in den Spielbetrieb einsteigen zu können, wurden Fusionsverhandlungen mit PSV Schwarz-Weiß Salzburg geführt, die vorerst zu einer Spielgemeinschaft führten. Anders als zum Beispiel beim FC United of Manchester der auch eine Faninitative und Reaktion auf eine Übernahme des Manchester United ist, verändert die neue Austria mit dieser Spielgemeinschaft einem bereits bestehenden Verein, sowohl in seinen Farben als auch in seiner Fankultur da die neue Austria viele Ultras mitbringt, jedoch in gegenseitigem Einverständnis und Wohlwollen!
Am 31. März 2006 wurden in einem Präsentationstraining die neuen violetten Trikots präsentiert, erstes Ligaspiel des PSV SW Salzburg in den violett-weißen Dressen war am 8. April gegen Eugendorf. Mehr als 1650 Zuschauer bejubelten die Wiederauferstehung und den 2:1-Auftaktsieg der neuen Austria Salzburg.
Die Vereinsneugründung als letzter Schritt des Protests hat seine Vorläufer in England. Bereits bei ähnlichen Fällen in London, wo der AFC Wimbledon als Reaktion auf den Umzug des Wimbledon F.C. gegründet wurde, und Manchester (nach dem Kauf von Manchester United durch Malcolm Glazer kulminierten die Proteste im neuen Verein FC United of Manchester) konnten die neuen Vereine über einen längeren Zeitraum hinweg ihre Anhänger binden.
Solidarität der Fans und Medienecho
In ganz Österreich und in vielen europäischen Stadien gab es Solidaritätskundgebungen von Fangruppierungen mit den violetten Fans. Deren Protest wird gemeinhin als Kampf der Fußballfans gegen die fortschreitende Kommerzialisierung des Sports verstanden und entsprechend unterstützt. Entgegen der üblichen Rivalitäten zwischen den Anhängern verschiedener Vereine haben die Entwicklungen in Salzburg dazu geführt, dass die Fußballfans sich als Einheit verstehen und gemeinsam "gegen den modernen Fußball" agieren. Ziel ist es die Tradition und Identität des jeweiligen Vereins zu wahren und zu verhindern, dass die Vereine zu reinen Werbeträgern werden. Die Fans selbst sehen sich als diese Traditionsträger, da die Spieler, Trainer und Vorstand sich ändern. Insbesondere in der Ultrà-Bewegung wurde die Vehemenz, mit der sich die Salzburger Fans gegen die neue Identität ihres Vereins wehrten, begrüßt und unterstützt.
Insgesamt haben sich Anhänger aller österreichischen Erstligisten mit Spruchbändern und Choreographien mit der Initiative Violett-Weiß soldidarisiert, ebenso die Fans der meisten Zweitligisten. Auch in Deutschland haben die Fans vieler Bundesligisten ihre Solidarität bekundet, zum Teil auch die Kurven in den unteren Ligen. Insgesamt handelt es sich um 23 Fußball-Fanklubs aus Österreich und 53 aus Europa, die ihre Solidarität mit der Initiative erklärt haben. Ein derartiger Zusammenschluß und -halt unter den Fans ist der österreichischen und europäischen Fußballgeschichte neu. Auch prominente Fußballer und Trainer wie Hans Krankl, Paul Scharner, Toni Pfeffer, Ernst Dospel und Herbert Prohaska unterstützen die Initiative der violetten Fans.
Auch diverse Fernsehsender wie das ZDF oder arte dokumentieren im Vorfeld der Fußball-WM verstärkt die Tätigkeiten der Initiative Violett-Weiß und die Gründung des neuen Vereins, um über den Umgang der Fußballfans mit der Kommerzialisierung ihres Sports zu informieren.