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Die Affektenlehre geht auf die griechische Antike zurück und besagt, dass sich Affekte wie Freude, Trauer oder Schmerz musikalisch ausdrücken lassen und die Musik solche Gemütsbewegungen beim Hörer hervorrufen kann.
Die Affektenlehre ist ein Gebiet der Musiktheorie der Barockzeit, das sich mit dem Zusammenhang zwischen dem Affekt und den Möglichkeiten der Darstellung in der Musik beschäftigt. Sie ist auf Grund der Annahme einer gemeinsamen Grundlage von Sprache und Musiksprache (musica poetica) eng mit der Affektenlehre der Rhetorik verknüpft.
lat. afficere, affectum: behandeln, in einen Zustand versetzen, den Geist anregen, stimmen
Geschichte
Die Wurzeln der Affektenlehre reichen bis in die griechische Antike zurück (ethische Bewertung der Musik bei Plato).
Bereits in Renaissance und Frühbarock kommt in Madrigalen der Affektgehalt der Texte auch durch musikalische Mittel zum Ausdruck. Diese Stilmittel werden auch in der instrumentalen Musik und besonders in der Oper angewandt.
Besonders intensiv untersucht ist die musikalische Umsetzung der Affekt bei Johann Sebastian Bach (Albert Schweitzer, Bach, 1908. Immanuel Tröster, Joh. Seb. Bach., 1984)
Die Affektenlehre wirkte sich auch nach der Barockzeit bis in die Jetztzeit aus. In bestimmten Richtungen der modernen Musik wie zum Beispiel der Zwölftonmusik findet eine bewusste Abkehr von der Affektenlehre statt. Es werden kompositorische Mittel angewandt, welche die Assoziationen zu den klassischen Affekten unterbinden.
Aristoteles charakterisiert elf Affekte, die nichts anderes als Mischungen aus Lust und Unlust (Leid) sind: Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Liebe, Hass, Sehnsucht, Eifersucht und Mitleid.
René Descartes (1596-1650), beschreibt in seinem Werk Traité des passions de l'âme (Paris 1649) sechs Grundformen von Affekten, die zu zahlreichen Zwischenformen miteinander kombiniert werden können:
Quintilian (~35 bis ~100 n.Chr.) betrachtet die Vokalmusik auf Grund struktureller Übereinstimmungen als gleichberechtigte Disziplin neben der Rhetorik an. Er sah Analogien zwischen Tonfall in der Rede und Melodie in der Musik. In der Renaissance begann die Aneignung sprachlicher Gestaltungsprinzipien in der Musik, um den Affektgehalt des Textes zu unterstützen.
Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:
Die musikalische Affektenlehre
In der Affektenlehre der Musik sind den jeweiligen Affekte-Typen ganz bestimmte musikalische Darstellungsmittel zugeordnet. Diese Zuordnung hat den Charakter eines Naturgesetzes Vorlage:Ref. In der Barockzeit hat der Komponist nicht versucht seine eigenen Gefühle darzustellen, sondern auf handwerklich ausgereifte, überlegte und kunstvolle Weise die gewünschten Affekte beim Hörer auszulösen. Diese Wirkung hängt aber in gleichem Maßen vom Interpreten ab Vorlage:Ref.
Die musikalischen Figurenlehre
In der Figurenlehre werden die kompositionstechnischen Mitteln dargestellt, mit welchen objektivierte Affekte dargestellt werden können. Dabei soll ein Text nicht nur deklamatorisch richtig (Betonung, Hebung, Senkung, Länge, Kürze) musikalisch umgesetzt werden sondern auch die im Text enthaltenen Affekte verdeutlichen.
Motiv- und Melodiebildung
Motive und Melodien werden entsprechend dem Affektgehalt des gesamten Textes oder einzelner wichtiger Wörter (Schlüsselwörter) gestaltet.
Beispiele:
Apokope im Wort „fürchtet“ in Sopran I, II und TenorDarstellung des Erschreckens durch Unterbrechung der Melodielinie (Apokope) im Wort „fürchtet“
Anmerkungen
Vorlage:Note Nach der mechanistischen Auffassung Descartes besteht eine naturgesetzliche Zusammenhang zwischen musikalischer und seelischer Bewegung.
Ulrich Michels, dtv-Atlas zur Musik, Band 2, Historischer Teil: Vom Barock bis zur Gegenwart, Deutscher Taschenbuchverlag München, 1985; ISBN 3-423-03023-2