Gefecht bei Schindellegi
Gefecht bei Schindellegi | |||||||||||||||||
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Teil von: Helvetische Republik | |||||||||||||||||
![]() Karte der Helvetischen Revolution 1798[1] | |||||||||||||||||
Datum | 2. Mai 1798 | ||||||||||||||||
Ort | Schindellegi, Gemeinde Feusisberg, Bezirk Höfe (Kanton Schwyz) | ||||||||||||||||
Ausgang | französischer Sieg | ||||||||||||||||
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Das Gefecht bei Schindellegi war eine militärische Auseinandersetzung zwischen der Französischen und der Helvetischen Republik auf der siegreichen und dem Kanton Schwyz auf der verlierenden Seite. Es fand am 2. Mai 1798 in der heutigen Gemeinde Feusisberg im Bezirk Höfe (Kanton Schwyz) statt.
Vorgeschichte
Am 30. April waren die Glarner, Höfner und Märchler im Gefecht bei Wollerau unterlegen. Die siegreichen Franzosen stiessen aber vorerst nicht weiter vor, obwohl der Etzelpass erst am Morgen des 1. Mai durch 800 Einsiedler unter ihrem Pfarrer Pater Marian Herzog[5] besetzt wurde. Herzog ersuchte den Kommandanten der Schwyzer an der Schindellegi um Verhaltensmassregeln und Munition. Doch alles, was er erhielt, war der Bescheid, dass am Abend in Rothenthurm Kriegsrat gehalten und dessen Beschluss am folgenden Tag mitgeteilt werde. Auf das Drängen seiner Leute begab sich der Pfarrer zu diesem Kriegsrat, wo man bereits beschlossen hatte, die erste Verteidigungslinie an der Schindellegi und am Etzel aufzugeben und sich auf die zweite in Rothenthurm zurückzuziehen. Dagegen verwahrte sich Herzog aufs schärfste. Er anerbot sich, den Etzel zu halten, wenn Oberbefehlshaber Alois von Reding Schindellegi und die Enzenau besetzen und den Einsiedlern auf dem Etzel einen tüchtigen Kommandanten, Munition und Scharfschützen senden lasse. Man sagte dies zu. Als dann Reding aber mit Herzog gegen die Schindellegi ritt, kam die Nachricht vom Falle Küssnachts. Zug hatte schon vorher kapituliert, so dass man nun von Norden und Westen her bedroht war.
Verlauf

Gefecht bei Schindellegi, 1805.



Vor Beginn des Gefechts wollte der Kommandant der Schwyzer Truppen, Major Balthasar Bellmont, ehemals Grossmajor in portugiesischen Diensten und Mitglied im Kriegsrat, nach Besichtigung des französischen Lagers zum Kriegsrat nach Rothenthurm. Er kam nie zurück, da er unterwegs von ihn des Verrats und der Feigheit bezichtigenden eigenen Leuten getötet wurde. Bei einer späteren Untersuchung wurde behauptet, er sei in französischer Uniform offensichtlich auf der Flucht gewesen.
Das Kommando übernahm Hauptmann Franz Schilter. Dieser versuchte dieses Attentat geheim zu halten aus Furcht vor der sinkenden Moral der Truppe. Der abwesende Bellmont wurde bereits als „Verräther und Franzos“ ausgeschrien. Schilter wurde selber im Kampfgebiet von einer Kugel getroffen und starb einige Tage später. Ob der Schuss, den ihn in den Rücken traf, aus einem französischen oder einem schwyzerischen Gewehr stammte, ist nicht mehr nachzuweisen.
Die Franzosen griffen am 2. Mai mit 2000 Mann die schwyzerischen Stellungen bei Schindellegi an und rückten gegen die schwachen schwyzerischen Vorposten vor. Die Plänkler begannen den Angriff und der Kampf wurde lebhaft. Während des Kampfes gingen Nachrichten vom Tod des Kommandanten ein. Somit standen die Schwyzer ohne Führung da, und sie versuchten das fehlende Kommando durch Winken und Zurufen zu ersetzen. Dadurch kamen die Truppen offenbar zurecht, denn allmählich wurden die Franzosen bis gegen Wollerau zurückgedrängt, was den führerlosen Schwyzer Truppen neuen Mut gab.
Nach zweistündigem Feuergefecht kam der Landeshauptmann Reding auf dem Pferd dahergesprengt und befahl den Truppen sich zurückzuziehen, die sich eben wähnten, den Gegner nach Zürich zurückzutreiben. Wieder wurden Rufe nach Verrat laut, und es war ein Glück, das Reding nicht das gleiche Schicksal beschieden war, wie Bellmont, Schilter oder Generalmajor Erlach im Krieg Berns gegen Frankreich. Mit Mühe gelang es ihm die Truppen zu beschwichtigen und sich Gehör zu verschaffen. Er brachte die niederschlagende Nachricht, dass Pater Marian Herzog, der die Einsiedler Truppen am Etzelpass befehligte, feige geflohen sei und Einsiedeln kampflos preisgegeben hätte, und das auch die schwachen Haufen auf dem Jostenberg vor der Übermacht zu weichen begannen. Dadurch ergab sich für die Schwyzer Truppe die Gefahr, abgeschnitten oder gar eingekesselt zu werden. Durch diese Nachricht war die Truppe mit dem Rückzug einverstanden.
Reding beschleunigte den Rückzug und beliess drei Kompanien zur Deckung, die Befehl erhielten, die Sihlbrücke nach deren Übergang zu zerstören und sich danach in die Wälder bei Rothenthurm zurückzuziehen. Die Deckungstruppe zog sich allmählich kämpfend zurück. Einige flüchtige Schwyzer Truppen wurden durch die bereits zerstörte Brücke am Übergang gehindert und viele versuchten in Panik durch den Fluss auf die andere Seite zu kommen, wodurch etwa 30 Mann in den Fluten umgekommen sind.[6]
Nach einem Pressebericht
Eine vom 4. Mai datierte Meldung der staatstragenden Zeitung der Helvetischen Republik, des Schweizerischen Republikaners, beginnt mit den Worten: „Vorgestern schlugen sich die Franken mit den Schweizern bei der Schindellegi, der Laubeck, Segel und Sternen, Oerter, die schon in den einheimischen Religionskriegen berühmt geworden.“ Die Erwähnung von Lokalitäten in den Gemeinden Hütten (Laubegg, Sägel) und Richterswil (Sternen) impliziert einen Angriff der Schwyzer auf die zürcherischen Grenzbefestigungen (Hüttner Schanze, Bellenschanze, Eichschanze, Sternenschanze).[7] Das Gefecht bei Schindellegi hätte sich also wie das vorangegangene bei Wollerau zum Teil auf Zürcher Boden abgespielt. Indem Pfarrer Leonard Meister[8], der den Republikaner redigierte, einen Zusammenhang zu den Gefechten herstellte, die sich im Ersten Villmerger Krieg (1656) und im Zweiten Villmerger Krieg (1712) an der zürcherisch-schwyzerischen Grenze abgespielt hatten, unterstellte er den Gegnern der Helvetik religiösen Fanatismus.
In der zitierten Meldung des Republikaners heisst es weiter: „Ganz unentschieden zog sich Abends um 6 Uhr, nachdem das Gefecht den ganzen Tag hindurch, besonders hitzig aber in der Mittagsstunde gedauert hatte, jede Parthey zurück. Zu gleicher Zeit (…) zog eine Colonne über den hohen Etzel, der wahrscheinlich von den Schweizern am schwächsten besezt war, und wo die Franken keinen anhaltenden Widerstand fanden[9]. – Gestern Mittag rükten sie wirklich in Einsiedeln ein (…)“[10]
Am 9. Mai berichtete der Republikaner, die Schwyzer hätten sich nach dem Gefecht bei Wollerau gegen die Schindellegi zurückgezogen, „wo sie sich am Dienstag, den 1sten May, ohne zu Wanken, mit Löwenmuth schlugen, am Mittwoch mußten sie aber diese Stellung verlassen, weil die Franken den hohen Ezel überstiegen, und bis gegen Einsiedeln vorgedrungen waren. – Der Rückzug geschah unter Anführung des Obrist Redings nur Schritt für Schritt, und immer fechtend, ungefähr eine Stunde weit, bis zur Altmatt (…)“[11]
Folgen
Die Einsiedler gaben den Etzelpass kampflos preis, nachdem ihnen die Schwyzer die versprochenen Offiziere und Kanonen nicht gestellt hatten. Pater Marian hielt sich zunächst in den Euthaler Bergen versteckt. Als ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt wurde, floh er nach Österreich. In der Folge hielt er sich meist in einem Kloster in Bludenz auf.
Die Schwyzer Truppen zogen sich nach Rothenthurm zurück, wo es gleichentags zu dem für Schwyz ehrenvollen Gefecht bei Rothenthurm kam.
Verluste
Alle Gefechte des Frühjahrs 1798 zusammengerechnet, verloren laut von den Pfarrern erstellten Namenlisten die Schwyzer 92 Tote und 89 Verwundete, ihre bisherigen Untertanen 80 Tote und 44 Verwundete. Von den Letzteren entfielen auf die Höfner 50 Tote und 18 Verwundete, auf die Einsiedler 9 Tote und 12 Verwundete, auf die Märchler 1 Toter und 4 Verwundete.[12] Die Zuger sollen 30 Tote und 25 Verwundete, die Glarner 28 Tote und 30 Verwundete, die Urner 6 Tote und 7 Verwundete beklagt haben.[13] Was die Verluste der Franzosen betrifft, so lagen die von den Verlierern verbreiteten Zahlen – Zschokke schreibt von „2754 Toten“[14], Marian Herzog von „gegen 3000 Mann“[15] – zweifellos um eine Grössenordnung zu hoch.
1799 erneut umkämpft
Für den weiteren Verlauf der Schweizer Geschichte bedeutender, wenn auch weniger bekannt sind die Kämpfe, welche sich 1799 im selben Raum abspielten: Als der französische Oberkommandierende André Masséna nach der Ersten Schlacht um Zürich seine Front verkürzen musste, besetzte der kaiserlich-königliche General Franz Jelačić am 12. Juni mit seiner Division den Etzelpass und verlegte Detachemente nach Richterswil, Wollerau und Schindellegi. Vor der Zweiten Schlacht um Zürich liess der französische General Joseph Chabran am 14. August einen Teil seiner Division gegen den oberen Zürichsee vorstossen. Jelačić vermochte die Franzosen unter Einsatz seiner Reserven bei Wollerau, Hütten und Schindellegi aufzuhalten, wurde aber von anderen Einheiten Chabrans über das Wägital umgangen und am 15. August auf dem Etzel geschlagen, worauf sich seine Truppen in Unordnung über die Brücke von Grynau auf das rechte Ufer der Linth zurückzogen.[16]
Siehe auch: Liste von Schweizer Schlachten
Literatur
- Johann Konrad Escher, Paul Usteri (Hrsg.); Leonard Meister (Red.): Der schweizerische Republikaner. 1. Band, Zürich, 18. April–Luzern, 31. Oktober 1798 (Digitalisat ), Zürich, 5. Mai, S. 44; Zürich, 9. Mai, S. 52.
- (Karl Ludwig von Haller:) Helvetische Annalen. Bern 1798 (Digitalisat ), 9. Mai, S. 51; 12. Mai, S. 57.
- Ernst Ludwig Posselt: Neueste WeltKunde. Tübingen 1798, 2. Band (Digitalisat ), 13. Mai, S. 531; 14. Mai, S. 534.
- Gazette nationale ou Le Moniteur universel. Paris, 1. Halbjahr 1798 (Digitalisat ), 27. Floréal Jahr 6 (16. Mai), S. 949 f.; 3. Prairial Jahr 6 (22. Mai), S. 973; 7. Prairial Jahr 6 (26. Mai), S. 990.
- (Heinrich Zschokke:) Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote. 1. Band, (Luzern) 1798 (Digitalisat ), Nr. 7, S. 53 f.; Nr. 14, S. 110; Nr. 15, S. 113.
- Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone, besonders des alten eidsgenössischen Kantons Schwyz. Bern/Zürich 1801 (Digitalisat ), S. 1–13, 315–317, 319–327.
- (Erzherzog Karl von Österreich:) Geschichte des Feldzuges von 1799 in Deutschland und der Schweiz. Wien 1819, 1. Theil (Digitalisat ), S. 385 f.; 2. Theil (Digitalisat ), S. 11, 98 f., 116 f.
- Antoine-Henri Jomini: Histoire critique et militaire des guerres de la Révolution. Nouvelle édition (…) 10. Band, Paris 1822 (Digitalisat ), S. 356.
- Johannes Wieland: Geschichte der Kriegsbegebenheiten in Helvetien und Rhätien als Handbuch zum Militairunterricht für Schweizeroffiziere aller Waffen. 2. Theil, Basel 1827, S. 42–44 (Digitalisat ).
- P. Marian (Heinrich Josef) Herzog von Beromünster (1758–1828). In: Klosterarchiv Einsiedeln, Professbuch B, Nr. 462 (Digitalisat ).
- Franz Weidmann: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen (…) besonders während den Jahren der helvetischen Revolution (…) St. Gallen 1834 (Digitalisat ), S. 294–299 (Brief Marian Herzogs), hier: 298 f.
- Joseph Anton Bellmont: Schicksale eines Bürgers von Schwyz, Hauptmann J. A. Bellmont (…) Heiden 1835 (Digitalisat ), S. 13–17.
- Thomas Faßbind (hrsg. v. Joseph Kaspar Rigert): Geschichte des Kantons Schwyz. Von dessen ersten (sic) Gründung bis auf die helvetische Staatsumwälzung. 5. Band, Schwyz 1838 (Digitalisat ), S. 439–441.
- Dominik Steinauer: Geschichte des Freistaates Schwyz vom Untergang der dreizehnörtigen Eidgenossenschaft bis auf die Gegenwart. 1. Band, Einsiedeln 1861 (Digitalisat ), S. 220–222.
- Actenstücke zur Geschichte der französischen Invasion in die Schweiz im Jahre 1798. In: Archiv für Schweizerische Geschichte, 15. Band, Zürich 1866, S. 319–366 (Digitalisat ).
- Johannes Strickler: Actensammlung aus der Zeit der Helvetischen Republik (1798–1803). 1. Band (October 1797 bis Ende Mai 1798), Bern 1886 (Digitalisat ), S. 808 (Literatur), 810 (Herzog an Reding, Einsiedeln, 30. April 1798).
- Meinrad Inglin: Ehrenhafter Untergang. Erzählung. Zürich 1952.
Einzelnachweise
- ↑ Die Karte ist wie folgt zu korrigieren: Das Gefecht bei Wollerau fand am 30. April statt, jenes bei Schindellegi und jenes bei Rothenthurm (nicht „Rothenthum“) am 2. Mai. Ferner erfolgte der Angriff auf Wollerau nicht aus Richtung Rapperswil, sondern aus Richtung Richterswil.
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 324. Thomas Faßbind: Geschichte des Kantons Schwyz (…) 5. Band, Schwyz 1838, S. 440, rundete die Zahl auf 2000–3000 auf.
- ↑ Ein Bataillon Schwyzer und Höfner Landsturm. Vgl. Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 315 f., 320; Thomas Faßbind: Geschichte des Kantons Schwyz (…) 5. Band, Schwyz 1838, S. 439 (800–900 Mann).
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 326 f.
- ↑ Vgl. Karin Marti-Weissenbach: Herzog, Marian. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
- ↑ Gertrud und Paul Wyrsch-Ineichen: Geschichte der Hofleute
- ↑ Vgl. Situationsplan bei Heinrich Peter: Aus der Ortsgeschichte von Richterswil, Band 2, Buchdruckerei Richterswil, 1975, S. 31.
- ↑ Vgl. Karin Marti-Weissenbach: Meister, Leonhard. In: Historisches Lexikon der Schweiz.. Meister selbst schrieb seinen Vornamen ohne „h“.
- ↑ Offenbar kam es am Etzel aber doch zu einem Scharmützel, denn die Einsiedler hatten 9 Tote und 12 Verwundete zu beklagen (Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 12 f.).
- ↑ Der schweizerische Republikaner. Zürich, 5. Mai 1798, S. 44.
- ↑ Der schweizerische Republikaner. Zürich, 9. Mai 1798, S. 52.
- ↑ Die übrigen waren Küssnachter.
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 1–13.
- ↑ Heinrich Zschokke: Geschichte vom Kampf und Untergang der schweizerischen Berg- und Waldkantone (…) Bern/Zürich 1801, S. 358.
- ↑ Franz Weidmann: Geschichte des ehemaligen Stiftes und der Landschaft St. Gallen (…) St. Gallen 1834, S. 299.
- ↑ (Erzherzog Karl von Österreich:) Geschichte des Feldzuges von 1799 in Deutschland und der Schweiz. Wien 1819, 1. Theil, S. 385 f.; 2. Theil, S. 11, 98 f., 116 f.; vgl. Johannes Wieland: Geschichte der Kriegsbegebenheiten in Helvetien und Rhätien (…) 2. Theil, Basel 1827, S. 109 f., 121, 125 f., 155.