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Tröpfchenmodell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Tröpfchenmodell beschreibt einen Atomkern in Analogie zu einem Flüssigkeitstropfen.

Die Grundannahme dabei ist, dass die Massendichte im Atomkern weitgehend konstant ist und im Außenbereich abfällt und dass neben der Coulomb-Abstoßung zwischen den Protonen eine kurzreichweitige, von der Ladung unabhängige, Anziehung existiert.

Das Tröpfchenmodell kann die durchschnittliche Bindungsenergie pro Nukleon gut vorhersagen und wird durch empirische Daten untermauert.

Die Bindungsenergie des Kerns wird dabei durch Volumenenergie, Oberflächenenergie, Coulombenergie, Symmetrie und Parität beschrieben, die im Einzelnen wie folgt berechnet werden:

Volumenenergie:

Wegen der konstant angenommenen Dichte ist das Volumen proportional zur Massenzahl (Nukleonenzahl) A. Die Volumenenergie wird daher zu

c1 · A

angenommen, mit einer Konstante c1 = 14 MeV.

Oberflächenenergie:

Die Bindung der an der Kernoberfläche befindlichen Nukleonen ist geringer als die der im Innern befindlichen, da sie weniger Nachbarn besitzen. Es wird daher ein destabilisierender Term angenommen, der proportional zur Oberfläche des Kerns ist. Eine Kugeloberfläche ist proportional zur Potenz 2/3 des Kugelvolumens (wegen V ~ r3 und O ~ r2), daher wird die Oberflächenenergie zu

- c2 · A2/3

angenommen, mit c2 = 13 MeV. Das Minuszeichen steht für den destabilisierenden Einfluss.

Coulombenergie:

Ein weiterere destabilisierender Einfluss ist die coulombsche Abstoßung der gleichnamig positiv geladenen Protonen. Diese Energie ist nach dem coulombschen Gesetz proportional zum Quadrat der elektrischen Ladung (Ladungszahl Z) und umgekehrt proportional zum Radius. Letzterer wiederum ist proportional zur Potenz 1/3 des Volumens (und damit der Masse). Für die Coulombenergie wird somit

- c3 · Z2/A1/3

angenommen, mit c3 = 0,6 MeV.

Symmetrieenergie:

Ein Ungleichgewicht zwischen der Protonenzahl Z und der Neutronenzahl N = A-Z wirkt destabilisierend auf einen Kern; es wird daher ein Term proportional zu N-Z = A-2Z angesetzt. Da das Vorzeichen dieser Differenz keinen Einfluss haben soll, wird sie quadriert und dann, zur Kompensation des Quadrats, wieder durch A dividiert. Dies ergibt einen Term

- c4 · (A - 2 Z)2 / A

für die Symmetrieenergie, mit c4 = 19 MeV.

Paritätsenergie:

Die bisherigen Terme werden durch einen weiteren Term ergänzt, der auf der Beobachtung beruht, dass Kerne mit gerade Nukleonenzahlen stabiler sind als solche mit ungeraden (was erst im Schalenmodell des Atomkerns eine Erklärung findet durch Paarbildung von Nukleonen unterschiedlichen Spins). Somit sind Kerne mit ungerader Protonenzahl Z und Neutronenzahl N (uu-Kerne) besonders instabil, solche mit geradem Z und N (gg-Kerne) besonders stabil, während sich der Effekt bei den restliche Kernen (ug-Kerne) ausgleicht. Der Einfluss des Effektes nimmt mit steigender Nukleonenzahl ab. Man berücksichtigt somit einen Term

c5 · δ / A3/4,

worin δ = -1 für uu-Kerne, δ = 0 für ug-Kerne und δ = +1 für gg-Kerne gesetzt wird, um den destabilisierenden bzw. stabilisiernden Einfluss der unterschiedlichen Parität zu beschreiben; mit c5 = 33,5 MeV.

Datei:Tröpfchenmodell.PNG

Die Gesamtbindungsenergie eines Kerns wird damit:

W = c1 · A - c2 · A2/3 - c3 · Z2/A1/3 - c4 · (A - 2 Z)2 / A + c5 · δ / A3/4.

Die Bindungsenergie pro Nukleon ergibt sich hieraus durch Division durch die Nukleonenzahl A.

Die fünf Konstanten c1 bis c5 werden durch Messung der Bindungsenergie von fünf Kernen gewonnen, woraus sich ein Gleichungssystem mit fünf Gleichungen und fünf Unbekannten ergibt. Je nach Auswahl dieser fünf Kalibrierungskerne ergeben sich für die Konstanten etwas unterschiedliche Werte, die oben genannten stellen eine mögliche Auswahl dar.