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Studentenverbindung

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Eine Studentenverbindung (auch Studentenkorporation) ist ein relativ enger Zusammenschluss einer Gruppe von derzeitigen und ehemaligen Studenten und Studentinnen an einer Hochschule (letztere heißen Alte Herren bzw. Hohe Damen oder auch Philister). Es gibt Corps, Burschenschaften, Landsmannschaften, Turnerschaften, sowie musische, religiöse und zahllose Arten sonstiger Verbindungen. Die meisten Verbindungen tragen ihre Farben (Couleur) als Bänder, einige fechten Mensuren. Eine weitere Unterteilungsmöglichkeit ist nach reinen Männerbünden, gemischten Verbindungen und Damenverbindungen (nach ihrer Häufigkeit sortiert) zu unterscheiden. Bei gleichgeschlechtlichen und gemischten Verbindungen gibt es normalerweise eine andere Betonung von verschiedenen Aspekten des Gemeinschaftsgedanken. Praktisch alle Studentenverbindungen in Deutschland unterhalten ein eigenes Korporationshaus.

Traditionell konnten nur Männer Mitglied einer Verbindung werden, insbesondere seit den 1970er Jahren nehmen aber viele Verbindungen auch Frauen auf. Seit Ende des 19. Jahrhunderts existieren auch Damenverbindungen, die ausschließlich Frauen vorbehalten sind.

Unterscheidungsmerkmale

Die Studentenverbindungen entstanden aus den unterschiedlichsten Motiven. Vor allem die im 19. Jahrhundert entstandenen Verbindungen haben in vielen Fällen eine Entsprechung in den bürgerlichen Vereinen. Als Beispiele seien genannt:

  • Turnverein - Turnerschaft / Turnverbindung
  • Gesangsverein / Chor - Sängerschaft / Akademischer Gesangsverein

Aus der gegenseitigen Beeinflussung mit den älteren Traditionen der Landsmannschaften, Corps und Burschenschaften ergab sich ein buntes Bild akademischer Vereinigungen mit jeweils eigenen, zum Teil sehr alten Traditionen. Auch wenn die Anzahl der Studentenverbindungen heute weitaus niedriger als zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist, existieren an nahezu allen deutschsprachigen Universitäten weiterhin Verbindungen mit sehr unterschiedlichem Charakter.

Die folgenden Punkte sollen ein Überblick über die verschiedenen Ausprägungen geben, sind jedoch keinesfalls umfassend.

Mensuren

Das Schlagen von Mensuren war und ist ein traditioneller Bestandteil des Verbindungswesens. Früher vorherrschend war der Gedanke der Ehre und des Einstehens für die einzelne Studentenverbindung. Heute ist der Gedanke der so genannten Ehrenhändel unüblich. Je nach Ausprägung werden heute folgende Formen unterschieden:

  • pflichtschlagende Verbindungen fordern von Ihren Mitgliedern das Schlagen von Mensuren in einer meist in der Satzung der Verbindung festgelegten Anzahl.
  • fakultativ schlagende Verbindungen ermöglichen ihren Mitgliedern auf deren Wunsch hin das Schlagen einer Mensur. Auf der einen Seite gibt es Studentenverbindungen, deren Satzung dieses Prinzip noch enthält, aber kein Mitglied das Pauken mehr erlernt hat und auf der anderen Seite Studentenverbindungen, die auf Grund regen Interesses der Mitglieder sich kaum von pflichtschlagenden Studentenverbindungen unterscheiden. Die meisten fakultativ schlagenden Verbindungen sind in dem Zwischenbereich einzuordnen.
  • nicht schlagende Verbindungen lehnen das Schlagen von Mensuren grundsätzlich ab. Dies kann auf Grund der religiösen Überzeugung, aber auch auf der Tradition der eigenen Verbindung beruhen.

Bis 1983 wurde die Mensur von der katholischen Kirche mit Exkommunikation bestraft. Nachdem das Duell aufgegeben wurde, entfiel auch das Argument, dass die Mensur die Vorbereitung für das Duell wäre. Nach der neuesten Fassung des codex juris canonici (1983) steht die Bestimmungsmensur auch offiziell nicht mehr unter kirchlicher Strafandrohung, da sie nicht mehr als Vorbereitung zum Duell anzusehen ist, und wenn keine Gefahr schwerer Verletzungen besteht. Sie wird aber nach wie vor kirchlicher Seite als sittlich verwerflich angesehen.

Es gibt in Deutschland drei pflichtschlagende Korporationsverbände: den Coburger Convent, den Weinheimer Senioren-Convent und den Kösener Senioren-Convents-Verband. Die Deutsche Burschenschaft und die Deutsche Sängerschaft sind fakultativ schlagend.

Als farbentragend werden Studentenverbindungen bezeichnet, deren Mitglieder (zumindest bei offiziellen Veranstaltungen) ein Band, eine Kopfbedeckung und einen so genannten Zipfel (oder auch Zipf) in den Farben ihrer Verbindung (Couleur) tragen.

Daneben existieren sog. farbenführende Verbindungen, deren Mitglieder keine Bänder tragen, aber einen Zipfel mit den Farben der Verbindung.

Einige Studentenverbindungen tragen weder Farben, noch führen sie Farben.

Konfessionalität

Bei vielen Studentenverbindungen spielt die Konfessionalität als Eintrittskriterium keine Rolle. Daneben gibt es Studentenverbindungen, die ein allgemein christliches, katholisches oder evangelisches Bekenntnis von ihren Mitgliedern fordern.

Bis in die 1930er Jahre bestanden an vielen Hochschulen auch jüdische Studentenverbindungen.

Toleranzprinzip

Studentenverbindungen, die das Toleranzprinzip vertreten, sind tages- und parteipolitisch neutral, verachten jedweden Radikalismus und nehmen Mitglieder unabhängig von ihrer ethnischen und sozialen Herkunft und religiösen Überzeugung auf.

Grundgedanken

Obwohl viele Studentenverbindungen ihre Mitglieder zum bewussten und verantwortlichen politischen Denken ermutigen, werden sie selbst nicht politisch aktiv. Bekannte Ausnahmen sind die in der Deutschen Burschenschaft organisierten Verbindungen.

Kennzeichnend für alle Verbindungen ist das Lebensbundprinzip, nach dem man sich auch nach dem Studium - als Alter Herr, Philister oder Hohe Dame seinem Bund und den Bundesbrüdern bzw. Bundesschwestern verbunden fühlt. Der Umgang mit Menschen verschiedener Profession und unterschiedlichen Alters kann helfen, die soziale Kompetenz des einzelnen zu verbessern. Die Übernahme von Aufgaben während des Studiums kann Training für den späteren Berufsalltag sein.

Entscheidungen werden durch gemeinsame Beschlüsse in den Conventen, (den Versammlungen der Mitglieder) herbeigeführt.

Zum Grundgedanken der Verbindungen gehört auch, dass ohne eigene Leistung heute kein dauerhafter Erfolg erzielt werden könne und dass die Bildung von akademischen Eliten für die Gesellschaft förderlich sei.

Kritik

Sehr viele Kritiken an Studentenverbindungen lassen sich durch eine Unkenntnis der Materie und dadurch vorhandene Vorurteile erklären; Beispiele dafür ist eine angebliche Hierarchie in der dem Gleichheitsgrundsatz verhafteten Verbindungen sowie Antidemokratische Strukturen; Studentenverbindungen unterliegen dem Vereinsrecht, was dies nicht zuläßt.

Darin läßt sich allerdings schon ein weiterer Kritikpunkt sehen: Seit den späten 60er und den 70er-Jahren haben es Studentenverbindungen nicht ausreichend geschafft, sich Außenstehenden darzustellen. Die sehr oft eigenbrödlerische Innenbezogenheit vieler Studentenverbindungen lädt zu Vorurteilen quasi ein und schafft auch Probleme bei der Nachwuchsgewinnung.

Kritiker, auch innerhalb der Korporationen selbst, bemängeln, daß Studentinnen in der Couleurstudentischen Szene stark unterrepräsentiert sind. Ansätze zu einer Verbesserung dieser Situation gibt es - seit den 80er Jahren haben sich so viele Damenverbindungen gegründet, einige mit tatkräftiger Hilfe von Herrenverbindungen (Akademischen Damenverbindung Selenia zu München mit Hilfe der Burschenschaft Stauffia in der Deutschen Burschenschaft zu München); trotzdem ist auf diesem Feld noch viel durch die Korporationen zu tun.

Kritiker bezeichnen Studentenverbindungen als System von Seilschaften, in dem nicht Leistung die wesentliche Rolle bei der Karrieregestaltung des Einzelnen spiele, sondern die Beziehungen, die in der Korporation aufgebaut würden. Mit der gleichen Argumentation könnte man allerdings alle Vereine kritisieren; Studentenverbindungen helfen ebenso wie Sanitätsdienste, Feuerwehr oder Sportverein, Kontakte zu knüpfen und Bekanntschaften zu schließen. Durch die Zielgruppe von Studentenverbindungen - Akademiker - sind couleurstudentische Bekanntschaften zwar häufig näher am Arbeitsleben angesiedelt; außer einem Startpunkt können Studentenverbindungen aber nichts liefern, ohne Leistungsbereitschaft und Kompetenz - was Korporationen freilich per Programm zu fördern und auszubilden versuchen - wird auch ein Bewerber aus einer Studentenverbindung scheitern.

Im Fuxenstatus, einer normalerweise zwei Semester betragenden Probe- und Orientierungsphase mit reduziertem Beitrag für Neumitglieder, sehen manche Außenstehende fälschlicherweise eine hierarchische Struktur. Zwar sind Neumitglieder (Füchse oder Füxe, weiblich Fähen oder Feen) vom Gremium des Burschenconvents (BC) noch nicht zugelassen; dieser entscheidet allerdings nur in Interna, die für einen Fuxen in der Regel noch nicht ohne weiteres einsehbar sind. Zum Allgemeinen Convent (AC), bei dem die große Mehrheit der Entscheidungen über die Verbindung getroffen wird, haben sie volles Stimmrecht. Des weiteren beträgt die Fuxenzeit ein Jahr gegenüber der lebenslangen Mitgliedschaft (Lebensbundprinzip). Für Kenner der Couleurstudentischen Szene ist das Gerücht von der Hierarchischen Struktur im Gegenteil sehr unverständlich, da die durch das Bundesgeschwisterliche Du miteinander verbundenen Mitglieder im Gegenteil einem sehr hohen Gleichheitsideal verhaftet sind. Die darüber hinausgehende Behauptung antidemokratischer Strukturen läßt sich schon alleine dadurch widerlegen, daß das Philisterium einer Studentenverbindung als Idealverein dem deutschen Vereinsrecht unterliegt, das so etwas nicht zuläßt.

Der Ehrbegriff, den sich viele Verbindungen auf ihre Fahnen schreiben, erscheint Kritikern heutzutage als überholt, da er auf Stärke, dem Zusammenhalt einer Elite und vermeintlicher Männlichkeit basiere. Das gelte in besonders starkem Maße für schlagende Verbindungen (Siehe dazu: Satisfaktion). Sehr viele andere Verbindungen lehnen demgegenüber den Begriff der "Studentischen Ehre" per Grundsatzprogramm strikt ab.

Einige Verbindungen würden sich darüber hinaus auf dem politischen Feld betätigen, wobei deutschnationale, teilweise bis zu revisionistische Ideologien eine Rolle spielten. Dies ist allerdings keine Kritik an Studentenverbindungen als Institution, sondern an einzelnen Verbindungen; da das Verbindungsspektrum etwa so breit gefächert ist wie das Parteienspektrum, findet man Verbindungen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden (zu Zeit drei Deutschlandweit, so z.B. auch die Burschenschaft Danubia zu München) ebenso, wie man im Parteienspektrum neben beispielsweise den Parteien Die Grünen und der FDP auch die NPD findet und daraus keine Kritik aus der Institution der Parteien ableitet.

Polemiken

In letzter Zeit kam verstärkt die Polemik auf, nicht mehr Studentenverbindungen als Patriarchalisch zu brandmarken, sondern von einer "geschlechtlichen Ausgrenzung" zu sprechen, nach dem Damenverbindungen plötzlich männerfeindlich seien; daß dieses Argument nicht haltbar ist, sieht man - neben persönlichem Kontakt mit Couleurstudentinnen - schon alleine an der weitgehenden Akzeptanz anderer reiner Damenbünde in allen Bereichen der Gesellschaft.

In diesem Licht sind ebenfalls andere Behauptungen über "Ausgrenzungen" anderer Gruppen zu sehen; niemand würde der SPD vorwerfen, daß sie für Christdemokraten unattraktiv sei. Studentenverbindungen sind, ebenso wie alle anderen Vereine, Bünde von Gleichgesinnten, die aber zu anderen Verbindungen nicht zwangsläufig ein schlechtes Verhältnis haben müssen. Eine jüdische Studentenverbindung beispielsweise wird nur Mitglieder aufnehmen, die einen Bezug zum jüdischen Glauben haben; trotzdem bedeutet das nicht, daß sie ein zwangsläufig schlechtes Verhältnis zu konfessionellen oder akademischen oder anderen Verbindungen haben muß; einer der Reize von Studentenverbindungen ist im Gegenteil das Zusammentreffen mit vielen unterschiedlichen Meinungen durch die Couleurstudentische Szene einer Stadt.

Geschichte

Historisch sind die Studentenverbindungen als Selbstschutzorganisation der fahrenden Scholaren im ausgehenden Mittelalter entstanden. In der Regel waren sie landsmannschaftlich organisiert, daher der Name der Landsmannschaften. Aus dem Quartier der Studenten, der Burse, wurde der Begriff Bursche und ab 1815 der Name Burschenschaft abgeleitet.

Durch den Wiener Kongress wird Deutschland in eine erheblich verringerte Zahl von Einzelstaaten gegliedert, ein Prozess, der bereits mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches im Jahre 1806 durch den Habsburger Franz II. (als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation) als Reaktion auf die Proklamation Napoleons zum Kaiser Frankreichs begonnen hatte. Der lockere Deutsche Bund souveräner Staaten entsteht. Diese Entscheidung wird vor allem von patriotisch gesinnten Studenten als Verrat am erhofften deutschen Reich angesehen.

Während der Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon bildeten Landsmannschaften (Corps) und Burschenschaften einen erheblichen Teil des Widerstands. In der Folge wurden sie sowohl zum Träger des nationalen Gedankens als auch zu Vorkämpfern für mehr Demokratie in Deutschland. Vor allem die Burschenschaften wurden daher ab 1819 aufgrund der Karlsbader Beschlüsse verfolgt. Viele Verbindungsstudenten waren an den Revolutionen von 1848 beteiligt.

Mit der Zunahme der Studentenzahl Ende des 19. Jahrhunderts wurden immer mehr Studentenverbindungen gegründet, dies war die Blütezeit der Studentenverbindungen. Zugleich fand Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts die sog. Erste Progresszeit statt. Manche Verbindungen waren der Auffassung, man könne die Anforderungen an die Mitglieder senken. Hiervon war insbesondere die Mensur betroffen.

Nach dem Ersten Weltkrieg schlossen sich viele Korporationsstudenten den Freikorps an. In der Weimarer Republik propagierten große Teile der Verbindungsstudenten die republikfeindliche Konservative Revolution. Oftmals wird den Verbindungen jener Zeit eine Nähe zum Nationalsozialismus nachgesagt, was aber so nicht vollkommen zutreffend ist, da bei nicht wenigen Studentenverbindungen Skepsis gegenüber den eher kleinbürgerlichen Nationalsozialisten vorherrschte.

Während der Zeit des Nationalsozialismus waren die meisten Studentenverbindungen verboten, einige wenige versuchten als gleichgeschaltete Studentenbünde (sogenannten Kameradschaften) zu überleben.

Ab 1950 wurden Studentenverbindungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich wieder zugelassen. Es folgten eine Reihe von Wiedergründungen und Neugründungen. Verbindungen, die vor dem Krieg ihre Heimat in Ost- und Mitteldeutschland hatten, verlegten ihren Sitz in die Bundesrepublik. Dabei kam es zu einer Reihe von Fusionen. Die Nachkriegszeit brachte die Zweite Progresszeit mit sich.

In der DDR blieben Studentenverbindungen verboten. Erst in den 1980er Jahren gründeten sich an einigen Universitätsstandorten, meist unter dem Deckmantel historischer- oder Fechtvereine und unter strenger Beobachtung durch das Ministerium für Staatssicherheit Studentenverbindungen neu (siehe Rudelsburger Allianz).

Nach der Wende wurden es auch auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wieder möglich, die Studentenverbindungen an den Universitäten neu zu beleben. Es kam dabei vor allem zu Neugründungen und Wiedergründungen. Nur wenige Verbindungen verlegten ihren Sitz zurück an die Heimatuniversität. Die Studentenverbindungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR haben unter anderem mit der Tatsache zu kämpfen, dass seit ca. 1937, also seit über 50 Jahren der Begriff der Studentenverbindung von den jeweils herrschenden politischen Systemen negativ belegt wurde. Auch fehlen die für das Verbindungsleben wichtigen Alten Herren im Umfeld der Universitätsstadt.

Im November 2002 fand in Würzburg der erste Weltkorporationstag, ein Treffen von Studentenverbindungen aus aller Welt, statt.

Studentenverbindungen in anderen Ländern

Österreich

Die Studentenverbindungen in Österreich sind im Großen und Ganzen mit den Verbindungen in Deutschland vergleichbar. Die gesellschaftspolitische Relevanz ist (war) allerdings größer. So entstammen etwa beinahe alle Bundeskanzler der ersten Republik katholischen CV-Verbindungen. Engelbert Dollfuß, war zum Zeitpunkt seiner Ermordung etwa Philistersenior seiner Studentenverbindung KÖHV Franco Bavaria (Wien). Posthum wurde ihm von allen Verbindungen des Österreichischen Cartellverbands die Ehrenmitgliedschaft (Bandphilister h.c.) verliehen. Die Verbindungen sind politisch insgesamt deutlich konservativer als jene in Deutschland. Außerdem ist das österreichische Korporationswesen tief gespalten in katholische und schlagende Verbindungen. Gemeinsame Auftritte bei universitären oder allgemein gesellschaftlichen Veranstaltungen sind in Österreich nach wie vor undenkbar. Die einstige aggressive Ablehnung, die ihren traurigen Höhepunkt in der Ermordung eines katholischen Grazer Studenten, Anfang des 20. Jahrhunderts, fand, hat sich mittlerweile in ein "nicht einmal ignorieren" gewandelt. Manche Korporationsverbände wie etwa der Cartellverband koexistieren als deutsche und österreichische Verbindungen, weisen aber gemeinsame Wurzeln und teilweise sogar eine gemeinsame Geschichte auf. Teilweise kann bei den schlagenden, nationalen österreichischen Verbindungen eine besondere Verbundenheit mit Deutschland festgestellt werden. Ungewöhnlich ausgeprägt ist in Österreich das Schülerkorporationswesen. Der grösste Verband von Mittelschulverbindungen ist der Mittelschüler Kartell Verband, kurz MKV. Österreichische Mittelschulverbindungen bezeichnen sich größtenteils auch als "Studentenverbindung".

Schweiz

Das Korporationswesen in der Schweiz ähnelt dem in Deutschland und Österreich. Allerdings mit einem Unterschied: Die drei grossen Dachverbände "Schweizerischer Zofingerverein (Zofingia)", "Studentenverbindung Helvetia" und der "Schweizerische Studentenverein (StV)" wurden von Anfang an als Dachverband gegründet und entstanden nicht aus Zusammenschlüssen einzelner Verbindungen. Daneben gehörten ihnen von Anfang an Verbindungen an Universitäten und Schülerverbindungen an. Letztere sind in der Schweiz weitaus häufiger anzutreffen als in Deutschland. Zudem waren alle drei Verbände ebenfalls von Anfang an politische Vereine. Schweizerischer Studentenverein

Frankreich

Im Elsaß gibt es einige Studentenverbindungen, die denen in Deutschland ähneln. So wurde in den 90er Jahren (Früjahr 1992) die Verbindung "Alsatia Strasbourg" von österreichischen CVern (Erasmus-Studenten) gegründet. Die Verbindung wurde in den Europäischen Kartellverband (EKV) aufgeommen und wies die Farben "orange-violett-organge auf schwarzem Grund" - die Farben der alten Bischofs- und Bergmannsstadt im Elsaß auf. In der Folge (Juni 1996) wurde der Verbindungsname wegen der Ähnlichkeiten zu einer Verbindung die nach dem Ersten Weltkrieg existierte, nach Robert Schuman benannt. Die Verbindung heißt heute "Europäische Studentenverbindung (E.St.V.)/Fraternité Européenne d'Etudiants (F.E.E.) Robert Schuman-Argentorata zu/à Strasbourg" und hat nun die Farben "blau-sonnengelb auf silbernem Grund". Die offizielle Abkürzung ist RSA. Die Mitglieder sind heute im wesentlichen Franzosen. Daneben gibt es noch eine spezifisch französische Art von Studentenverbindungen. Dieser Verbindungstyp heißt Corpo und existiert etwa in Paris (Corpo Pharma Paris).

In den drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland haben sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zahlreiche Studentenverbindungen neu- und wiedergegründet, die zum Teil auf deutsch-baltischen Traditionen, teilweise auf eigenen Traditionen beruhen.

Spanien

Die spanischen Studentenverbindungen sind Sängerschaften und heißen tunas.

USA und Kanada

Die Bruderschaft (englisch fraternity) ist die amerikanische Form der Studentenverbindung. Studentinnen organisieren sich in sororities. Die Namen der Verbindungen setzen sich zusammen aus gewöhnlich drei griechischen Buchstaben. Diese Form des Verbindungswesens wird daher auch als greek system bezeichnet. Eine einzelne Verbindung unterhält meist Vertretungen an mehreren, teilweise sogar sehr vielen Hochschulorten. Die Mitgliedsbeiträge werden im Unterschied zu europäischen Verbindungen von den studierenden Mitgliedern erbracht. Es ist unklar, ob die amerikanischen fraternities und sororities gemeinsame Wurzeln mit den europäischen Studentenverbindungen haben, weil sie wesentliche Merkmale mit den europäischen Verbindungen, insbesondere den deutschsprachigen, nicht teilen: sie kennen keine Mensur, kein Farbentragen und keinen Comment wie diese.

Chile

Die chilenischen Studentenverbindungen sind in ähnlicher Weise organisiert und auch bewusst angelehnt an die Studentenverbindungen der Deutschen Burschenschaft. Oft wird eine besondere Verbindung zur deutschen Kultur, beispielsweise das Beherrschen der deutschen Sprache, als Mitgliedsvoraussetzung verlangt. Da vielen Deutschchilenen die nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland einsetzende kritische Auseinandersetzung mit der Nazizeit fehlt, ist deutschnationales Gedankengut in chilenschen Studentenverbindungen nicht selten anzutreffen.

In den Niederlanden ist ein sehr großer Anteil der Studenten in Studentenverbindungen (Studentenvereniging, oft auch Dispuut) organisiert, wobei das dortige Verbindungswesen eher mit dem angelsächsischen vergleichbar ist, denn mit dem deutschen, sich aber auch von diesem abhebt.

Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Typen, von der straff organisierten bis zum lockeren Gesellschaftsverein. Manchmal als Wertegemeinschaft im Nahbereich einer Kirche oder Partei, meistens nicht. Der Übergang zu studentischen Chören, Fach- oder Sportvereinen ist fließend. Es gibt auch zahlreiche Damen- und gemischte Verbindungen. Dispuuten sind selten in Dachverbänden organisiert. Sie verstehen sich selten als Lebensbund. Dementsprechend tragen die Reunionisten (Alten Herren, Hohen Damen) die Kosten nur zu einem kleinen Teil. Das Innitiationsritual (Ontgroening) kann, je nach Verbindung, sehr streng sein. Es besteht selten aus einer Herausforderung, meist aus einer Erniedrigung.


Liste von Dachverbänden

(mit Abkürzung, gegebenenfalls mit Gründungsjahr, Anzahl der Mitgliedskorporationen)

Weiterführende Informationen

Siehe auch: