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Landhandel

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Landhandel (Buir Bliesheimer Nörvenich)

Landhandel (auch Landwarenhandel, Agrarhandel, Warengenossenschaft oder Landesproduktehandel) bezeichnet die Handelsunternehmen mit Schwerpunkt bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen und den für deren Produktion benötigten Gütern.

Produktsortimente

Silo der Firma ATR-Landhandel im Sönke-Nissen-Koog
mit solchen Silo-LKWs liefern Landhändler Mischfutter an Landwirte
modernes Getreidelager
Kalkammonsalpeter ist ein häufig gehandelter Mineraldünger.

sowie teils:

  • Garten- und Heimtierbedarf
  • Brennstoffe wie Heizöl, Kohlebriketts und Holzpellets
  • Baustoffe
  • Betriebsbedarf wie Stallreinigungs- & Desinfektionsmittel, Folien, Silierhilfsmittel

Aufgaben

Unternehmen der Branche haben eine Doppelfunktion inne. Sie funktionieren für den Landwirt als Aufkäufer und bereiten dessen Erzeugnisse auf, sammeln, und stellen sie der aufnehmenden Industrie zeitgerecht am entsprechenden Ort zur Verfügung. Auf der anderen Seite ist der Landwirt auch Kunde von Betriebsmitteln. Auch hier muss zeitlich, räumlich und quantitativ das Industrieprodukt an die Bedürfnisse des landwirtschaftlichen Betriebes angepasst werden.[1]

Getreide

Die meisten Landhandelsunternehmen dienen im Getreidebereich als Aufkaufgroßhandel. Das heißt sie bündeln Produktionsmengen vieler kleiner Erzeuger und lagern das Getreide meist selbst ein. Somit spart sich der Landwirt den Bau eines kleinen eigenen Lagers sowie die tägliche Kontrolle der Lagerbestände. Neben der Qualitätskontrolle auf z.B. Feuchtigkeit, Eiweissgehalt oder Fallzahl bereiten Landhändler die angelieferte Ware auf. Neben der Reduktion von Besatz von Unkrautsamen und Stroh, werden auch Schmachtkörner geraus gereinigt. Bei Körnermais findet meist eine Trocknung der erntefrischen Ware um rund 15-20 Prozentpunkte statt. Schließlich bietet der Landhandel den Abnehmern wie Mühlen oder Mischfutterwerken qualitativ einheitliche Mengen an. Neben diesen physikalischen Funktionen spielt auch die Finanzierung eine größer werdenden Rolle. So dient der Landhandel der Zwischenfinanzierung.[1] Er zahlt bereits kurz nach Abschluss der Ernte den Erlös aus, obwohl die Ware noch nicht bei der Mühle vor Ort ist. Seit einigen Jahren sind Landhandelsunternehmen auch in der Lage Vorkontrakte zu schließen. So kann der Landwirt sich schon vor der Aussaat im Vorjahr den Auszahlungspreis und die Abnahmegarantie für sein Getreide sichern.[2] Vereinzelt stellen die Landhändler das aufbereitete Getreide ihren viehhaltenden Kunden über das ganze Jahr hinweg zur Verfügung. Meist finden sich in den Siloanlagen auch Vorrichtungen zum brechen, quetschen oder mahlen des Getreides. Nur vereinzelt verfügen sie über Mischanlagen, um Mineralfutter oder Proteinergänzer einzumischen.

Dünger

Bei Dünger leistet der Landhandel ebenfalls diverse Aufgaben. Bei loser Ware kommt es häufig vor, dass der Landwirt in kleinen Partien bedarfsgerecht mit seinem Düngerstreuer abholt. Bei Produkten wie Fertigationsdüngern, dass die Mindestanliefermenge der Hersteller mit 25 Tonnen deutlich größer sind als der Bedarf eines Landwirts allein. Kali wird in Deutschland oft mit der Bahn transportiert. Verschiedene Landhändler sorgen dann gemeinsam für eine schnelle Entladung des Güterzuges außerhalb der Düngesaison. Bei Kalkdüngern bieten Landhändler meist eine Vermietung von Kalkstreuern an.

Futtermittel

Neben der Distributionsleistung ähnlich der bei Dünger übernimmt der Landhändler hier oft Beratungsfunktionen. Teils vergibt er auch Kredite an seine Viehhalter, während das Mischfutterwerk kurzfristig sein Produkt vergütet bekommt. Laut einer Umfrage der Kleffmann Group kaufen nur rund 11 % der Landwirte in Deutschland ihr Futter direkt vom Hersteller.[3]

Pflanzenschutz

Einige Landhändler haben eigene Versuchsfelder bei denen sie unterschiedliche Pflanzenschutzstrategien präsentieren. Meist werden die Teilflächen getrennt beerntet und die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen dargestellt. Neben der Vermarktung von originalverpackten Produkten, verkauft der Handel teils Produkte aus Paketlösungen einzeln. Außerdem kommt es vermehrt zu Parallelimporten aus anderen EU-Ländern mit entsprechender Zulassung durch das BVL[4].

Saatgut

Saatguthandel

Der Saatguthandel von Mais, Getreide und Rapssaatgut wird in Deutschland überwiegend über den Landhandel abgerechnet und distributiert. Auch wenn es Sortenschwerpunkte gibt, so zählt das Bundessortenamt je Kultur meist rund 800 verschiedene Sorten, die sich in Reifezeit, Resistenzen und anderen Merkmalen unterscheiden. Dies multipliziert sich mit Varianten in der Beizausstattung und den Packungsgrößen. Bei Zuckerrüben haben die Zuckerfabriken diese Logistik übernommen.

Saatgutvermehrung

Es gibt in Deutschland mehrere hundert Saatgutaufbereiter für Getreide. Meist sind dies Landhandelsunternehmen, welche einzelne Landwirte verpflichtet haben, bestimmtes Basissaatgut unter kontrollierten Bedingungen für sie zu vermehren. Anschließend wird das Getreide erfasst, gereinigt, und nach entsprechender Kontrolle bei der BLE nach Bedarf gebeizt und nach Bedarf in 50 kg Säcke oder BigBags verpackt oder auch lose verladen. Somit brauchen die meisten Landwirte keinen eigenenNachbau zu betreiben und sind sortenunabhängiger.

Endverbraucher

Aus der Versorgung der gemischten landwirtschaftlichen Betriebe in den 1960er Jahren hat sich meist das Endverbrauchergeschäft mit Gartenartikeln und Heimtierfutter entwickelt. Im Landhandelsbereich bieten verschiedene Firmen für diesen Bereich Unterstützung im Bereich Werbung, Warenpräsentation und gemeinsamen Einkauf an.

Transport

Neben dem Transport von klassischen Handelsprodukten nimmt auch vereinzelt der Transport von tierischen Düngern zu. Meist verlaufen Transportstrecken mit Getreide aus Ackerbauregionen in viehstarke Regionen, da liegt es nahe, auch z.B. abgepresste Gülle mit zurück zu nehmen. Neben Kipperfahrzeugen sind hier auch Silofahrzeugen für den Transport von Kalkdünger, Futtermitteln und Flüssigdüngern zu finden. Dazu kommen Fahrzeuge zur Auslieferung von Palettenware.

Situation in der DDR

Nach der Trennung Deutschlands wurde in der DDR der Produktionsmittelbedarf der Landwirte über Agrochemische Zentren gedeckt.

Organisationen und Verbände

Der Landhandel wird teils genossenschaftlich organisiert. Viele Landhändler sind im Bundesverband der Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. (BVA) organisiert. Dort findet sich eine Liste der Mitgliedsbetriebe. Landhandelbetriebe fungieren sowohl als Aufkaufgroßhandel als auch als Einzelhandelsbetriebe. Private Landhandelsbetriebe einer Region schließen sich oft zu wirtschaftlichen Zwecken zusammen, Beispiele sind die Moland- und die Proland-Gruppe. Burg Warberg dient seit 1955 als Ausbildungsstätte des Landhandels. Einzelne Landhändler sind börsennotiert.

Situation in der EU

In Dänemark vertreiben 3 Unternehmen rund 90 % der Pflanzenschutzmittel. In Italien sind es rund 5000 Unternehmen, wobei keines national tätig ist. Frankreich, Griechenland, Spanien und Portugal weisen ebenfalls eine hohe Anzahl von Landhändlern auf. [5]

Umsatzzahlen

Der Pflanzenschutzmarkt der im Industrieverband Agrar(IVA) angeschlossenen Betriebe umfasste 2009 in Deutschland einen Inlandsumsatz von rund 1,3 Milliarden Euro. Der Absatz von Mineraldüngern schwankt je nach Preisniveau der landwirtschaftlichen Endprodukte (Getreide, Obst) zwischen zwei und knapp vier Milliarden Euro.[6] Die Warengenossenschaften hatten im Jahr 2009 einen Umsatz von 17,7 Milliarden Euro.[7]

Die Mischfutterherstellung in Deutschland lag 2015 bei 23,4 Millionen Tonnen. Der überwiegende Teil davon, wird von Landhändlern vermarktet und transportiert.[8]

Die EU führt jährlich etwa 22 Millionen Tonnen Sojaschrot ein[9]. Diese werden teils über Mischfutterwerke verarbeitet, teils direkt von Landhändlern an Landwirte ausgeliefert.

Geschichte

Aufgrund der Nürnberger Korngesetzgebung war freier Getreidehandel von 1352 bis in das 18.Jahrhundert hinein verboten. 1847 wurde von F.W.Raiffeisen der erste genossenschaftliche Landhandel gegründet.[10] Aktuell befürchtet der Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft, dass es zu marktbeherrschenden Stellung der Hauptgenossenschaften in Deutschland komme.[11]

Commons: Getreidesilos von Landwirten und Landhändlern – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Bundesministerium Ernährung und Landwirtschaft, Gollisch, Risikomanagement im Landhandel
  2. Landwirt.com, Vorvertrag Getreide
  3. topagrar.com Kleffmann Umfrage Futtermitteleinkauf
  4. BVL Parallelimport
  5. Entscheidung der Kommission zum Zusammenschluss AstraZeneca/Novartis, Abschnitt 91
  6. presseportal.de mit Informationen des Industrieverbands Agrar (IVA)
  7. topagrar.com Umsatz Warengenossenschaften
  8. DVT Mischfutterherstellung Deutschland 2015
  9. Bauernverband Futtermittel
  10. Landhandel.de
  11. topagrar.com Annektieren die Genossenschaften den privaten Landhandel

Siehe auch

Literatur

  • Bundeslehranstalt Burg Warberg/GenoAkademie (Hrsg.): Fachfragen für den Getreide- und Futtermittelkaufmann. 3. überarbeitete Auflage. Agrimedia, Clenze, 2011
  • Gerhard Humpisch (Hrsg.): Getreide und Ölsaaten lagern - Grundlagen, Verfahren, Anwendung. 3. überarbeitete Auflage. Agrimedia, Clenze, 2014
  • Knittel/Albert/Ebertseder: Praxishandbuch Dünger und Düngung. 2. überarbeitete Auflage. Agrimedia, Clenze, 2012