Stuhl (Möbel)



Ein Stuhl ist wie der Sessel ein Möbelstück zum Sitzen einer Person, meist an einem Tisch. Die Mehrzahl aller Stühle hat vier Beine, eine Sitzfläche mit einer Sitzhöhe von 42-48 cm und eine Lehne. Wegen der großen Bedeutung des Stuhls als Möbelstück ist eine Vielzahl an Varianten, auch als Designobjekte entstanden.
Der mit 27 m Höhe größte Stuhl der Welt steht seit 2004 in der Möbelstadt Lucena, Spanien.
Das Deutsche Stuhlbaumuseum befindet sich in Rabenau (Sachsen).
Stühle in der Moderne
Arbeitsstühle (Bürodrehstühle) haben 5 Rollen (harte mit Kunststoffrollen für weiche Böden wie Teppiche oder weiche Rollen für harte Böden wie Holz, Fliesen, aber auch PVC). Arbeitsstühle müssen höhenverstellbar sein. Wenn es eine Armlehne gibt, muss auch diese angepasst werden können. Die Lehne sollte sich ebenfalls anpassen lassen. Bei modernen Arbeitsstühlen kann die Arretierung der Lehne und Sitzflache gelöst werden. Der Widerstand der Rückenlehne kann dann, durch Änderung der Spannung einer Feder, angepasst werden.
Eine besondere Art des Arbeitsstuhls bietet der sogenannte Melkschemel. Er besitzt lediglich ein Bein und wird mit einem Gurt um den Leib geschnallt. Dies ist von Vorteil, da man beim Melken des Milchviehs keine Hände frei hat, um den Melkstuhl zu verrücken.
Geschichte des Stuhls
Die Anfänge des "Homo sedativus" liegen zirka achttausend Jahre zurück. Aus den Jahren/Jahrzehnten um 5750 v. Chr., stammen einige, in Catal Hüyük in Südanatolien gefundene Tonstatuetten von Göttinnen, die (im Körperbau vergleichbar der Venus von Willendorf) eine Hockstellung eingenommen haben und so, als hockende Übermütter mit ausladenden, den Boden berührenden Hinterbacken, nicht nur "das Verhältnis von Fruchtbarkeit und Kosmos" symbolisieren. Zugleich nehmen die Göttinnen aufgrund ihrer mächtigen Leibesmitte (oft sind sie Schwangere oder Gebärende) eine Körperhaltung ein, die dem Sitzen ähnelt. Kommen noch zwei Löwen dazu, deren Köpfe Armstützen und deren Schweife eine Lehne abgeben, dann zeigt sich die Große Göttin von Catal Hüyük laut Hajo Eickhoff als "Urbild" der ersten Throne. Von späteren Herrschern und Herrschergebilden, ob Pharao, König oder Papst, unterscheidet sie ein Charakteristikum: "Sie hält sich in und durch sich selbst". Im alten Ägypten ließ man nur die Pharaonen thronen, was bedeutete: sie waren die einzigen im Land, die sitzen mußten, wo es üblich und bequem war, sich auf dem Boden niederzulassen. (In manchen Gegenden Afrikas gab es auch sakrale Hocker, die nicht einmal der Stammeshäuptling mit seiner verlängerten Rückseite streifte: sie gehörten allein den Ahnen.) Die Ambivalenz der königlichen Rolle: wer auf einem Thron zum Sitzen gebracht wird, befindet sich einerseits hoch über seinen Untertanen, die sich von ihm (seltener: ihr) befehlen lassen - die ihn aber im Gegenzug, sei es wegen anhaltender Dürre oder unablässigem Regen, wieder absetzen und töten können. Die Herrscherposition vereinigt Macht mit größter Abhängigkeit. Bei zunehmender Verbreitung der Sitzhaltung, die mit dem Thronen begann und zunächst an den Plätzen weltlicher und religiöser Macht, in Herrscherhäusern und Klöstern gepflegt und in der Folge (etwa ab dem 16. Jahrhundert) vom erstarkenden Bürgertum übernommen wurde, gewöhnte man sich in Europa nicht nur an das Kulturgerät Stuhl, sondern zugleich an eine vielleicht hiermit verbundene, statische, ja am besten "gesetzt" zu bezeichnende Denk- und Lebensweise. Querdenker wie den Philosophen Friedrich Nietzsche, der nicht nur dichtend in der Tradition der altgriechischen Peripatetiker darauf bestand, im Gehen seine Ideen zu finden, mag es im Laufe dieser Tradition immer gegeben haben. Auch Bohemiens, denen es liegend einfiel, oder Stehpultschreiberinnen. Doch der (kleinere) Teil der Erdbevölkerung, der sich für besonders "zivilisiert" hält, sitzt, hat den Schutz des gekauften, also rechtmäßig besetzten Eigentums im Bürgerlichen Gesetzbuch dreifach fest verankert, und wünscht sich, sich auf eigenen Immobilien zur Ruhe zu setzen. Stühle dienen deshalb auch als Statussymbol. Im Büro erkennen wir den Chefsessel sofort an Umfang, Größe, Exklusivität der Armlehnen, der suggerierten Aura von Schwere, Unverrückbarkeit usw. Charlie Chaplin nutzte diese in seinem Film "Der große Diktator" anlässlich einer Begegnung zwischen Hitler und Mussolini, indem er jeden der beiden bestrebt sein ließ, höher als der andere zu sitzen. Als gälte es, die ägyptische Statik der Körper beim Sitzen unter Zuhilfenahme weiterer Geräte, Apparaturen oder Maschinen zu kompensieren, verbindet sich diese die Sitzhaltung im ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert – dem Zeitalter des rasenden Stillstandes – schließlich mit äußerster Mobilität. Wer sich schnell fortbewegen will, nimmt Platz und verhält sich ruhig. Autos werden unter der Optik eigenkörperlicher Beweglichkeit zu Rollstühlen, in denen wir angeschnallt festsitzen und uns lediglich trauen, Hände und Füße zu rühren. Flugzeuge, Busse, Züge, Straßenbahnen: überall paart sich Vorwärtskommen mit der Bedingung, möglichst starr auf engem Raum zu warten, bis das Ziel erreicht ist. Derweil rauscht im Sitzen die Landschaft vorbei, die Straßen, Gassen oder Wolken, unwirklich wie ein Fernsehbild, das wir ebenfalls im Sitzen konsumieren (wie auch Internet und Cyberspace zumeist). Wenn ursprünglich der Körper durch Stühle ruhig gehalten werden sollte, damit sich idealerweise geistige Kapriolen schlagen ließen oder Inspirationen einstellten, so scheint es, als würde uns derzeit das Sitzen zur bodenfernen, kurzfristigen - doch überall angebotenen - Aufenthaltsmöglichkeit inmitten einer unbegreifbaren und ungreifbaren Welt.
Arten von Stühlen
- Stühle mit 3 Beinen
- Freischwinger, ohne Hinterbeine
- Schemel
- Hocker, ohne Lehne
- Taburett, vierbeiniger, gepolsterter Hocker mit Armlehnen, besonders im 18. Jahrhundert in Frankreich beliebt. Die Beine des Hockers sind sichtbar.
- Barhocker, ohne/mit Lehne
- Sitzschaukel ist ganz ohne Beine
- Klappstuhl
- Drehstuhl
- Bürostuhl
- Liegestuhl
- Schaukelstuhl
Siehe auch
- Autositz,
- Thron, kurulischer Stuhl
- Clubsessel, Korbsessel
- Ottomane
- Sperrsitz
- Schwedenstuhl
- Kathedra, Heiliger Stuhl
- Beichtstuhl
- Thonet
- Elektrischer Stuhl
- Stabelle
Literatur
Hajo Eickhoff: Himmelsthron und Schaukelstuhl. Die Geschichte des Sitzens, Carl Hanser Verlag, München u. Wien 1993.