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Unfallflucht (Deutschland)

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Beim Vorbeifahren Rückspiegel an geparktem Fahrzeug beschädigt – der Fahrer fuhr, ohne anzuhalten, weiter.

Unfallflucht (auch als Fahrerflucht bezeichnet) ist ein Verkehrsdelikt und wird in Deutschland im § 142 StGB unter der Deliktsbezeichnung Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort geregelt.

Nach dieser Vorschrift wird derjenige bestraft, der sich als an einem Verkehrsunfall Beteiligter vom Unfallort entfernt, ohne zuvor den anderen Unfallbeteiligten die Feststellung seiner Personalien ermöglicht zu haben oder hierzu wenigstens eine angemessene Zeit gewartet zu haben, sowie derjenige, der sich zwar erlaubterweise vom Unfallort entfernt hat, die erforderlichen Feststellungen aber nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

Deutschland

Wortlaut

In Deutschland kommt § 142 StGB zur Anwendung, der da lautet:

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Abs. 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Abs. 1  1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Abs. 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Normgeschichte

Schon in der Frühzeit des Automobils ergab sich das Problem, dass aufgrund der Schnelligkeit der Fahrzeuge sich ein Unfallbeteiligter schnell entfernen konnte, ohne identifiziert zu werden. Verstärkt wurde dieses Problem durch die staubigen Straßen und das Fehlen von Kraftfahrzeugkennzeichen. In Deutschland wurde ein erstes entsprechendes Gesetz 1942 eingeführt.

Zuletzt wurde durch das 6. Strafrechtsreformgesetz die Regelung über tätige Reue (§ 142 Abs. 4 StGB) eingefügt, um dem Täter eine "goldene Brücke" zurück in die Legalität zu bauen, indem durch Nachtatverhalten Straflosigkeit erreicht werden kann. Sie ist auf Schäden im nicht fließenden Verkehr mit nicht bedeutendem Sachschaden beschränkt; durch die nachträgliche Ermöglichung der notwendigen Feststellungen innerhalb von vierundzwanzig Stunden erlangt der Täter Strafmilderung oder fakultativ ein Absehen von Strafe durch das Gericht.

Verfassungskonformität

Die Vereinbarkeit von § 142 StGB mit dem Grundgesetz wurde und wird mit dem Argument bestritten, dass der Täter verpflichtet werde, durch eigenes Verhalten zu einer gegen ihn gerichteten ordnungs- oder strafrechtlichen Sanktion aus anderen Delikten (Trunkenheit im Verkehr, Straßenverkehrsgefährdung, Sachbeschädigung, Körperverletzung) beizutragen. Dies stehe im Gegensatz etwa zum Auskunftsverweigerungsrecht im Strafrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch die Verfassungskonformität bejaht,[1] womit das Problem jedenfalls für die Rechtspraxis entschieden ist. Unter den Befürwortern der Norm wird die Schutzwürdigkeit der Rechtssicherheit im ohnehin gefährlichen Straßenverkehr ins Feld geführt.

Die Merkmale des objektiven Tatbestands

Unfallbeteiligter

Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen des Einzelfalles zur Verursachung des Unfalles beigetragen haben kann. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Betreffende schuldhaft gehandelt hat. Zum Beispiel ist man Unfallbeteiligter auch dann, wenn man wegen eines Tieres, das auf die Fahrbahn läuft, stark bremst und der Nachfolgende auffährt.

Weitere Beispiele:

  • Beifahrer, der eine leere Bierdose aus dem Fenster wirft und dadurch einen Unfall verursacht
  • Fahrzeughalter, der einem Betrunkenen das Auto überlässt, jedoch nur dann, wenn er selbst im Auto mitfährt

Ein Zeuge, der den Unfall lediglich beobachtet hat, ist kein Unfallbeteiligter. Wenn er sich vom Unfallort entfernt, bevor die Polizei eintrifft, kann er nicht nach § 142 StGB bestraft werden.

Unfall

Unfall ist ein plötzliches Ereignis im Verkehr, das von mindestens einem Beteiligten ungewollt ist und mit den Gefahren des Straßenverkehrs in ursächlichem Zusammenhang steht, bei dem ein nicht ganz unerheblicher Personen- oder Sachschaden entsteht. Die Rechtsprechung und herrschende Meinung setzen die Wertobergrenze für den unerheblichen Sachschaden derzeit bei 25[2]bis 50[3] € an. Umstritten ist, ob ein Unfall im Straßenverkehr auch dann gegeben ist, wenn das Schadensereignis vorsätzlich herbeigeführt wurde.[4]

Straßenverkehr

Der Unfall muss sich im öffentlichen Straßenverkehr ereignen. Mit öffentlichem Straßenverkehr ist der Verkehr (Fußgänger und Fahrzeuge) auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gemeint. Eine Unterscheidung wird mitunter in tatsächlich öffentlich - für alle zugänglichen Wege wie beispielsweise Garagen, Tankstellen, Parkplätze - und rechtlich öffentlich (Widmung durch Verkehrsbehörde) vorgenommen. Bei der ersten Variante bedarf es unter Umständen der Zustimmung des Inhabers/Pächters. Reine Privatstraßen fallen nicht unter diese Regelung.

Es muss allerdings ein Fremdschaden eingetreten sein. Entfernt sich der Täter nach einer bloßen Verkehrsgefährdung, ist er jedenfalls nicht nach § 142 StGB strafbar. Das gilt auch, wenn ausschließlich dem Sich-Entfernenden ein Schaden entstanden ist. Mittelbare Interessen seiner Haftpflichtversicherungen werden nicht über § 142 StGB geschützt.

Öffentlicher Verkehr findet auch auf den nicht gewidmeten Straßen, Plätzen und Wegen statt, wenn diese mit Zustimmung oder unter Duldung des Verfügungsberechtigten tatsächlich allgemein benutzt werden. Dagegen ist der Verkehr auf öffentlichen Straßen nicht öffentlich, solange diese, zum Beispiel wegen Bauarbeiten, durch Absperrschranken oder ähnlich wirksame Mittel für den Verkehr gesperrt sind (Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung § 1 StVO).

Dem öffentlichen Straßenverkehr dient jedweder Verkehrsgrund, der der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken (also nicht zu Spielzwecken, Sportzwecken etc.) zur Verfügung offen stehen, bei straßenrechtlicher Widmung oder bei Gemeingebrauch mit Zustimmung des Berechtigten ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse. Eine Sperrung für einzelne Verkehrsarten (z. B. Radfahrer) ist dabei unbedeutend. Öffentliche Straßen kann auch der Weg zu einem Privateigentum sein, z. B. eine private, nicht besonders gekennzeichnete Zufahrt, die zu mehreren Wohnhäusern führt.

Sich entfernen

Die Tathandlung begeht, wer sich räumlich von der Unfallstelle absetzt. Entgegen früherer Rechtsprechung, als bereits eine geringe Bewegung zur Seite genügte, zum Beispiel das zur Seite treten und unter die Schaulustigen mischen eines Unfallbeteiligten, um unerkannt zu bleiben, fordert die heutige Rechtsprechung eine räumliche Absetzbewegung des Täters in einen Bereich hinein, in dem eine feststellungsbereite Person den Unfallbeteiligten nicht mehr vermuten würde. Das kann zum Beispiel das Verbergen in einem Haus, welches sich an der Unfallstelle befindet, sein. Regelmäßig entfernen sich die Täter aber tatsächlich räumlich weit von der Unfallstelle weg. Ein interessantes psychologisches Phänomen ist dabei, dass der überwiegende Teil der Unfallflüchtigen zunächst nach Hause zurückkehrt. Auch kurzzeitiges Entfernen ist grundsätzlich mit Strafe bedroht, kann aber gerechtfertigt sein, wenn man zum Beispiel von einer Telefonzelle die Polizei verständigt oder Hilfe herbeiholt.

Nicht strafbar ist das Entferntwerden ohne eigenen Willen, zum Beispiel wenn man vom Rettungsdienst in das Krankenhaus eingeliefert wird.

Feststellungen

Das Treffen von Feststellung bezieht sich auf die Angaben zur Person, zum Fahrzeug und zur Art der Beteiligung an einem Verkehrsunfall. Grundsätzlich muss bei dem Verkehrsunfall fremdes Feststellungsinteresse gegeben sein, das heißt, dass eine der Unfallparteien, im Regelfall werden es alle am Unfall beteiligten Personen sein, ein Interesse an der Feststellung dieser Daten haben muss. Dieses Interesse wird sich regelmäßig damit begründen lassen, dass bei dem Unfall ein Schaden entstanden ist, der zivilrechtlich reguliert werden muss. Zur Wahrung dieses Feststellungsinteresses verlangt der Gesetzgeber von den Unfallbeteiligten ein bestimmtes Handeln, welches sich an der Unfallsituation festmacht.

Ist eine feststellungsbereite Person (also eine Person, die willens ist, die Feststellungen zu treffen und die auch dazu in der Lage ist) am Unfallort anwesend, verlangt das Gesetz

  • dass der Unfallbeteiligte an der Unfallstelle bleibt, bis die Feststellungen getroffen sind (Anwesenheitspflicht)
  • dass der Unfallbeteiligte sich als solcher zu erkennen gibt (aktive Vorstellungspflicht)
  • dass der Unfallbeteiligte die Feststellungen der Daten duldet (Feststellungsduldungspflicht).

Dabei muss der Unfallbeteiligte auch in Kauf nehmen, dass für ihn strafrechtlich relevante Feststellungen (z. B. Trunkenheit) getroffen werden.

Wartefrist

Ist eine feststellungsbereite Person nicht an der Unfallstelle, so fordert der Gesetzgeber eine nicht näher definierte Wartepflicht, d. h. der Unfallbeteiligte muss an der Unfallstelle auf das Eintreffen einer feststellungsbereiten Person warten und dann seinen weiteren Pflichten nachkommen. Die Wartepflicht selbst ist gesetzlich nicht normiert und wird von den Gerichten im Einzelfall bestimmt. Die durch Rechtsprechung festgelegten Wartefristen bewegen sich zwischen 15 Minuten bei einem Bagatellunfall bis zu über zwei Stunden bei einem Unfall mit Verletzten. Entscheidend sind neben der Schwere der Unfallfolgen auch die Zeit und die Lage der Unfallstelle. Entfernt sich ein Unfallbeteiligter von der Unfallstelle nach Ablauf einer Wartefrist, so sind seine Verpflichtungen, Maßnahmen zur Schadenregulierung zu treffen, damit keinesfalls beendet. Der Gesetzgeber verlangt hier vielmehr, dass sich der Unfallbeteiligte beim Berechtigten oder einer nahegelegenen Polizeidienststelle meldet und die erforderlichen Angaben macht. Darüber hinaus muss er seinen eigenen Aufenthaltsort und den Abstellort seines Fahrzeugs bekanntgeben und sich für weitergehende Überprüfungen (Art der Beteiligung) bereithalten. Eine grundsätzliche Pflicht, sich bei der Polizei zu melden, besteht übrigens nicht. Mit der Meldung bei der Polizei genügt der Unfallbeteiligte seiner Pflicht, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, er kann sich aber auch direkt beim Berechtigten melden (§ 142 Absatz 3 Satz 1 StGB). Dies kann vorteilhaft sein, um ein Strafverfahren oder ein Ordnungswidrigkeitenverfahren, das die Polizei einleiten könnte, zu vermeiden. Kennt man nur das Kennzeichen des beschädigten Fahrzeuges, aber nicht dessen Halter, kann man über den Zentralruf der Autoversicherer (kostenfreie Telefonnummer) die Versicherung dieses Fahrzeuges ermitteln und diese Versicherung bitten, den Halter, den die Versicherung kennt, schnellstens zu informieren. So kann man mit dem Halter Kontakt aufnehmen, ohne sich an die Polizei wenden zu müssen.

Nachträgliche Feststellungen

Entfernt sich der Beteiligte berechtigt oder entschuldigt oder nach Ablauf der Wartefrist, muss er § 142 Abs. 2 StGB die Feststellungen unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Zögern, vgl. § 121 BGB) ermöglichen. Maßgeblich ist dafür die strafrechtliche Dogmatik. Vereinfacht bedeutet "berechtigt" insbesondere das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen, etwa nach § 34 StGB. "Entschuldigt" bedeutet insbesondere das Vorliegen von Entschuldigungsgründen des StGB, etwa nach § 35 StGB. Die für die Praxis ausschlaggebende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ging bis 2007 davon aus, dass auch das unvorsätzliche Sich-Entfernen von § 142 Abs. 2 StGB erfasst ist. Bemerkt der Fahrer den Unfall z. B. zuerst gar nicht und stellt erst daheim die frischen Blutspuren an der Stoßstange fest, sei er nach § 142 Abs. 2 StGB zu bestrafen, wenn er nicht unverzüglich die Feststellungen ermöglicht. Diese Praxis ist durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 2007 beendet worden. Die befasste Kammer hat festgestellt, dass es gegen das Analogieverbot des Grundgesetzes (Art. 103 Abs. 2 GG) verstoße, wenn das Merkmal unvorsätzlich entgegen der überkommenen Strafrechtsdogmatik und dem allgemeinen Wortlautverständnis den Merkmalen "berechtigt" bzw. "entschuldigt" gleichgesetzt werde. Es sei Sache des Gesetzgebers, hier erforderlichenfalls nachzubessern.

Hat sich der Unfallbeteiligte vom Unfallort entfernt, ohne dass dies berechtigt oder entschuldigt war, kann § 142 Abs. 4 StGB zum Zuge kommen. Darin wird dem Verursacher eine Möglichkeit geboten, innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall die notwendigen Feststellungen zu ermöglichen. Dies gilt jedoch nur, sofern die Polizei nicht schon Ermittlungen aufgenommen hat, der Unfall sich nicht im fließenden Verkehr ereignet hat und kein bedeutender Sachschaden entstand. Bedeutender Sachschaden wird auf Grund der allgemeinen Teuerung nach der herrschenden Rechtsprechung bei einem Schaden von über 1.300 € angenommen. Das Gericht kann unter diesen Voraussetzungen die Strafe abmildern oder ganz von Strafe absehen. Ein Eintrag in das Verkehrszentralregister in Flensburg (Kraftfahrtbundesamt) mit fünf Punkten bleibt davon unberührt.

Subjektiver Tatbestand (Vorsatz)

Das Vergehen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort kann nur vorsätzlich begangen werden. Daraus folgt, dass sich der Täter des Umstandes bewusst gewesen sein muss, dass er Unfallbeteiligter war.

Wegen der mit dem subjektiven Tatbestand zumeist verbundenen Beweisschwierigkeiten wird gerade diese Kenntnis vom Vorliegen des Unfalls beziehungsweise der Beteiligung oftmals bestritten werden. In diesem Fall muss die Ermittlungsbehörde versuchen, dem Täter seine Kenntnis nachzuweisen, um dadurch den Beweis über den Vorsatz zu führen:

Beispiel: Ein Verkehrsteilnehmer steigt am Unfallort aus, besieht den (Fremd-)Schaden, fährt aber ohne seinen Pflichten nachzukommen weiter. Dies beobachtet ein Passant und zeigt den Flüchtigen bei der Polizei an.

Der Beweis des Vorsatzes kann gegebenenfalls durch den Nachweis der Bemerkbarkeit geführt werden. Dabei geht es um die Bemerkbarkeit des Verkehrsunfalls durch einen Unfallbeteiligten.

Rechtsfolge

Neben der Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren wird bei einer Verurteilung wegen Fahrerflucht die Fahrerlaubnis unter Anordnung einer Sperrfrist entzogen (§ 69 StGB). Im Falle einer Verurteilung wird dies im Bundeszentralregister und im Verkehrszentralregister eingetragen, wofür man 7 Punkte bekommt. Das Strafmaß hängt von der Schadenshöhe, der strafrechtlichen Vorbelastung und den genauen Umständen ab. Bei einer tätigen Reue, wenn der Täter die Feststellung innerhalb von 24 Stunden ermöglicht, kann eine Strafmilderung erfolgen oder sogar gänzlich von der Strafe abgesehen werden (§ 142 Abs. 4 StGB).

Beim Delikt des unerlaubten Entfernens vom Unfallort handelt es sich um einen so genannten Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Voraussetzung ist aber, dass bei dem Unfall ein Mensch zumindest nicht unerheblich verletzt worden ist oder bedeutender Sachschaden entstanden ist. Die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Fremdschaden ab 1.300,- EUR bedeutsam ist (hierzu zählen nach herrschender Meinung insbesondere Reparatur-/Wiederbeschaffungskosten und die Wertminderung -letzteres ist umstritten-; nicht jedoch Gutachterkosten, Abschleppkosten, Anwaltskosten, Umsatzsteuer und Mietwagenkosten[5]). Der Regelfall kann jedoch widerlegt werden.

Sonderfälle

Skifahren

In Bayern gilt auf Skipisten Art. 24 Abs. 6 Nr. 4 LStVG:

Mit Geldbuße kann ferner belegt werden, wer sich als Skifahrer, Skibobfahrer oder Rodelfahrer als Beteiligter an einem Unfall vom Unfallort entfernt, bevor er a) zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder b) eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen.

Schifffahrt

Der Tatbestand der Verkehrsunfallflucht gem. § 142 StGB ist auf den Schiffsverkehr nicht anwendbar. Ähnliche und auch sanktionierte Bestimmungen sind § 16 Abs. 3, § 17 Abs. 1 BinSchStrO und § 1.11/II BodenseeSchO.

Sonstiges

Im Polizeijargon wird von einer VU-Flucht gesprochen; ist ein parkendes Fahrzeug beschädigt worden, spricht man hier von einer Parkflucht.

Österreich

In Österreich ist Fahrerflucht keine Straftat, sondern eine Verwaltungsübertretung. Der § 4 in Verbindung mit § 99 StVO besagt, dass wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die mit einem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang stehenden Personen die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen haben. Unterbleibt dies, begeht eine solche Person "Fahrerflucht".

Eine solche Verständigung darf nur unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Schweiz

In der Schweiz kommt Art. 92 SVG zur Anwendung, der da lautet:

Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall

(1) Wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt, wird mit Busse bestraft.

(2) Ergreift ein Fahrzeugführer, der bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat, die Flucht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

DDR

In der DDR war die Unfallflucht keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit. Es gab mit § 199 DDR-StGB "Pflichtwidriges Verhalten nach einem Verkehrsunfall" zwar einen verkehrsunfallbezogenen Straftatbestand. Es handelte sich aber um eine Variante des Delikts der "Unterlassenen Hilfeleistung", die nur die Situation nach einem Verkehrsunfall erfasste.

Historisches England

Bis 1846 galt in England eine Regel aus dem Mittelalter: Wenn der Führer eines Fuhrwerks einen Fußgänger überfährt und tötet, konfisziert der Staat das Vieh und den Wagen. Nachdem das Parlament dieses Gesetz lockerte, gewannen Fuhrwerke und um 1900 die Automobile rechtliche Dominanz im Straßenverkehr. 1911 beklagte sich ein Leser der Times über die vielen ungeahndeten Verletzungen und Tötungen von Fußgängern durch immer mehr und schneller fahrende Autos in den Städten.

Zwei Jahre später zog der Fall der Fahrerflucht des „Grey Car“ (grauen Wagens) großes Interesse auf sich. Der 25-jährige Chauffeur John William Sallows hatte sich nach Dienstschluss die Limousine seines Arbeitgebers zu einem „Joy Ride“ geliehen und war nach „nur zwei Gläsern Laager-Bier“ kurz nach halb 8 Uhr am Abend des 7. Dezember 1912 mit zwei Herren und drei Damen in dem „sehr kraftvollen, lang gestreckten, tief geschnittenen und grau angestrichenen Wagen, der in der Lage war, 40 oder 50 Meilen [60 bis 75 km/h] pro Stunde zu machen“ durch den Stadtteil Barnes im Südwesten Londons gefahren. Die „zwischen 50 und 55 Jahre alte“ Amy Rose Chillingworth überquerte gerade ordentlich („properly“) die Welt-Icon Castelnau Road, als der Wagen sie umfuhr und tötete. Der Fahrer fuhr unbeeindruckt weiter, schaltete sofort die elektrischen Scheinwerfer hinten und vorn ab. Als eines der Mädchen im Wagen rief: „Anhalten, John hat gerade eine Frau überfahren“, antwortete dieser: „Reg dich nicht auf. Wohin fahren wir jetzt?“ Späteren Abends ließ der Fahrer die Delle in seinem Wagen reparieren. Er wurde wegen Verdachts auf Totschlag inhaftiert.

In der Verhandlung zwei Monate später wies der Richter am Londoner Strafgericht auf die Kaltblütigkeit („callous and indifferent behaviour“) des Fahrers hin. Dessen Verteidiger argumentierte, der Außenscheinwerfer seines Mandanten habe die Frau getötet, und diesen könne der Fahrer nicht sehen. Die Debatte drehte sich schließlich nur noch um die Scheinwerfer, nicht um die Fahrerflucht. Die Geschworenen kamen nach kurzer Beratung zu dem Urteil „nicht schuldig“.[6]

Mediale Umsetzung

Die deliktische Handlung ist häufig Thema von Kriminalstücken oder -filmen, z. B. Fahrerflucht mit Kai Wiesinger (2003).

Literatur

Einzelnachweise

  1. BVerfGE 16, 191.
  2. vergl. Tröndle/Fischer StGB Becksche Kurzkommentare S. 969, 3. Abs.
  3. vergl. Hentschel
  4. vgl. dazu BGH NJW 2002, 626 und Schnabl, NZV 2005, 281.
  5. Carsten Krumm, Die Bestimmung des "bedeutenden Fremdschadens" nach Unfallflucht, NJW 12/2012, 829
  6. The Times: The 'Grey Car' Case. 8. Februar 1913, S. 4