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Technischer Fortschritt

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Unter technischem Fortschritt versteht man eine Verbesserung der technischen Ausgangslage einer Volkswirtschaft oder die Gesamtheit aller technischen Innovationen einer Kultur. Durch technischen Fortschritt kann entweder eine gleiche Produktionsmenge (Output) mit einem geringeren Einsatz an Arbeit oder Produktionsmitteln (Inputs) erstellt werden oder eine höhere Menge mit dem gleichen Einsatz an Produktionsmitteln und Arbeit. Neben der quantitativen Verbesserung des Input-Output-Verhältnisses gibt es auch qualitative Verbesserungen wie neue Erzeugnisse (Technikgeschichte). Technischer Fortschritt hat u.a. kulturelle und soziale Auswirkungen.

Historische Überlegungen

Die Erfindung der Webmaschine löste zunächst Befürchtungen aus, dadurch käme es zu Massenarbeitslosigkeit. Diese Idee gilt heute als überholt.

In früheren Zeiten der Menschheitsgeschichte war die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts sehr langsam, auch wenn es in größeren Zeitabständen ebenfalls zu großen Umwälzungen kam, etwa die Neolithische Revolution.

Historisch hat es durchaus neben Zeiten mit technischem Fortschritt auch Zeiten mit technischem Rückschritt gegeben. Als klassisches Beispiel gilt der Untergang der antiken Kultur mit dem nachfolgenden Mittelalter. Allerdings streiten sich die Geschichtswissenschaftler in dieser Frage, inwieweit zum Beispiel in bestimmten Bereichen (Verbreitung der Wassermühle) der technische Fortschritt auch während des Mittelalters weiter ging.

In der neuesten Zeit stellte sich oft die Frage, ob technischer Fortschritt Arbeitsplätze schafft oder im Gegenteil Ursache für Arbeitslosigkeit sei. Diese Frage tauchte bereits 1821 bei David Ricardo und später in der Diskussion um Automatisierung und Rationalisierung wieder auf.

Dabei werden allerdings einige Annahmen gemacht. Es wird ein sinkendes Arbeitsvolumen zur Erzeugung des steigenden Güter- und Dienstleistungsangebots gebraucht, weil die Kaufkraft bzw. die Kaufwünsche langsamer als die Produktivität steigen, was sich in einer steigenden Sparquote ausdrückt. Außerdem wird eine marktwirtschaftliche oder kapitalistische Gesellschaft vorausgesetzt, bei der die Arbeitnehmer eine bestimmte Arbeitszeit abzuleisten haben, dass also sinkendes Arbeitsvolumen nicht in Arbeitszeit-Verkürzung umgesetzt wird. Unter diesen Annahmen entsteht ein Pessimismus-Problem. Unter diesen Bedingungen sieht es so aus, als ob technischer Fortschritt dazu führen muss, dass sich die Anzahl der Arbeits-Plätze vermindern muss.

In der Tat kann es unter der Annahme von ganztägig beschäftigten Arbeitnehmern geschehen, dass menschliche Arbeitskräfte durch Maschinen im Zuge technischen Fortschritts ersetzt werden. Der klassische Wirtschaftswissenschaftler Ricardo gab zu, dass technischer Fortschritt Arbeitsplätze vernichten kann. Manchmal werden Karl Marx (Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate) ähnliche Auffassungen unterstellt, da er einen immer weiter steigenden Einsatz an Produktionsmitteln je Arbeitsplatz in der Produktion als Voraussetzung für technischen Fortschritt erwartete. Ersetzt eine Maschine zehn Arbeiter in der Stecknadelfabrik, so müssten zehn Arbeiter entlassen werden - wenn nicht die Nachfrage nach Stecknadeln zum Ausgleich entsprechend steigt oder entsprechend kürzer gearbeitet wird. So wurde um 1900 in Deutschland im Jahr ca. 3000 h gearbeitet, heute sind es durchschnittlich ca. 1400 h.

Solche vagen Überlegungen haben Philosophen wie Karl Popper oder die Wachstumstheorie der Wirtschaftswissenschaften systematischer darzustellen versucht (siehe untere Abschnitte).

Erscheinungsformen

Technischer Fortschritt kann evolutionär oder revolutionär erfolgen.

Die drei Haupterscheinungsformen des technischen Fortschritts sind die:

  1. Automatisierung
  2. Rationalisierung und die
  3. Synergieeffekte, positive Skaleneffekte

Es geht bei technischem Fortschritt aber nicht nur um die Steigerung der Arbeitsproduktivität, dass etwa eine bestimmte Anzahl Menschen immer mehr Autos herstellen können, sondern auch um qualitative Veränderungen, um Neuerungen, Innovationen bei den erzeugten Produkten für den Verbrauch der Menschen.

Bewertung

Die Dampfmaschine gilt als Symbol der Industriellen Revolution

Ob der technische Fortschritt der Gesellschaft nützt oder nicht bzw. ob dieser positiv oder negativ aufgenommen wird, hängt davon ab, wie zügig die Politik dafür Sorge trägt, dass der gewonnene wirtschaftliche oder technische Spielraum der gesamten Gesellschaft zukommt.

Verlässt man sich nur auf die reinen Marktkräfte, kann es geschehen, dass Arbeitskräfte freigesetzt werden, die dann vom Fortschritt nichts abbekommen. In der öffentlichen Meinung kann so ein ungünstiges Bild über Automatisierung entstehen wegen der damit drohenden Arbeitslosigkeit, obwohl dadurch Arbeit vielleicht sogar besser und rascher erledigt werden kann, man denke z.B. an Fahrkartenautomaten im Vergleich zum alten Fahrkartenverkäufer.

Im Wesen richtet sich die Kritik am technischen Fortschritt nicht wirklich gegen diesen selbst, als viel mehr gegen die zunehmende Armut von Menschen, nach der Arbeitsplatzvernichtung. Einige behaupten, dass die Arbeitsplatzvernichtung die Folge des technischen Fortschritts wäre. Dagegen zeigt die Geschichte, dass technischer Fortschritt mit Arbeitszeitverkürzung und steigendem Lebensstandard verbunden ist (von 2000 h/Jahr um 1960 auf 1340 h/Jahr um 2004). Die ungenügende Verkürzung der Arbeitszeit vernichtet Arbeitsplätze und senkt die Produktion - siehe Okunsches Gesetz. Der Industrieroboter ist ein Beispiel des technischen Fortschritts und damit nicht Schuld an der Arbeitslosigkeit. Aber trotzdem wird von vielen Betrieben oder Unternehmen behauptet er wäre Schuld an der Arbeitsplatzvernichtung.

Der technische Fortschritt ist auch heute dadurch gefährdet, dass die Aufklärung der "Maschinenstürmer" kaum erfolgt. Ihren Argumenten kann entgegengewirkt werden, wenn durch Einsparung von menschlicher Arbeit und der Ersetzung von Arbeit durch Maschinen etc. - Rationalisierungsinvestitionen - nicht lediglich die Kapitaleinkommen der Unternehmer oder Vermögensbesitzer gemehrt werden, sondern über die Einkommensverteilung auch die aller anderen.

Daher ist es ratsam, dafür zu sorgen, dass die eingesparte Arbeitszeit auch gegen die Interessen der Unternehmen über z.B. Arbeitszeit-Verkürzung bei vollem Lohnausgleich wieder den Arbeitnehmern zugute kommt. Auch könnten die Profite besteuert werden zur Existenzsicherung der breiten Bevölkerung. Dies sollte der Neiddebatte vorbeugen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Maschinenstürmer-Mentalität fröhliche Urstände feiert und auch weiterhin über Subventionen künstlich Arbeit erhalten bleibt, die technisch eigentlich überflüssig geworden ist. Die arbeitssparende Wirkung des technischen Fortschritts gerät in Konflikt mit biblischen Archetypen à la "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen", die aber immer noch ein wesentlicher Ideologiebestandteil unserer Gesellschaft sind.

Diese Ideologie ist eine der Barrieren, die den technischen Fortschritt bremsen kann. Jahrtausendelang war es ja in erster Linie der Mensch, der hauptsächlich produzierte und technischer Fortschritt mit Einsparung von menschlicher Arbeit durch Maschinen, Werkzeuge oder Roboter war selten oder erfolgte in sehr langsamen Prozessen. Aus dem Römischen Reich beispielsweise ist die Geschichte bekannt, wonach ein Erfinder von unzerbrechlichem Glas, nachdem er unklugerweise dem Kaiser verraten hatte, dass außer ihm niemand das Geheimnis der Herstellung kannte, hingerichtet wurde, weil der Kaiser zu große Störungen im Wirtschaftsleben durch diese neue Erfindung fürchtete. "Gold wäre nur noch Scheiße wert", wie es drastisch im Gastmahl des Trimalchio heißt.

Als Kinder der Maschinenstürmer werden heute gelegentlich kritisiert:
1. über berechtigte Sorgen hinausgehende Ängste über alles, was Atomkraft betrifft, zugunsten einer Ausweitung menschlicher Beschäftigung in der alternativen Ökoenergiebranche.
2. Die Losung im allgemeinen "Wir müssen Arbeitsplätze schaffen" losgelöst vom eigentlichen ursprünglichen Zweck von Arbeit, nämlich mehr zu schaffen, eine bessere Versorgung und die Infrastruktur dazu bereit zu stellen.

Auch die routinierte Klage dazu, es ist schlecht Menschen einzusparen, nur für das Wachstum, ist nicht schlüssig. Denn Wachstum bedeutet mehr Produkte und Dienstleistungen nur für Menschen und nicht weniger oder für etwas anderes als Menschen (mal abgesehen von der Rüstung). Insgesamt wird durch den technischen Fortschritt immer mehr den Menschen gegeben als genommen. Niemand produziert einfach mehr, nur für die eigenen Lagerbestände.

Der technische Fortschritt an sich wirkt einfach nicht negativ, negativ ist nur die Verzögerung der Politik, das Gewonnene den scheinbaren Verlierern des Fortschritts auch zukommen zu lassen. Die Wirtschaft selbst hat nicht die Aufgabe dies zu tun. Deren Anliegen liegt nur im Profit.

Kurz: Wer arbeiten will und nicht nur das Geld, ist selber schuld, wenn er langfristig auch nur Arbeit bekommt und nicht Geld. Die Industrie ist nicht Träger des Zusammenhangs. Das Wesen von Arbeit ist das, was getan werden muss, als Ablauf in einem Produktionsprozess und nicht umgekehrt Produktionsprozesse für mehr Arbeit, die ihrerseits gar keiner benötigt.

Moderne Erklärungsansätze

Durch den technischen Fortschritt können heute auch Produkte gefertigt werden, deren Herstellung vorher nicht möglich war. Bereits vorhandene Produkte können kostengünstiger produziert werden, was den Konsumenten über niedrigere Preise oder den Unternehmen durch höhere Gewinne zugute kommt. Im letzteren Falle können die Unternehmen mehr investieren, wodurch die Arbeitsproduktivität erneut erhöht oder qualitativ verbessert werden kann.

Fließbandarbeit - erfunden von Henry Ford

Die Beobachtung früherer Jahrzehnte lehrt, dass durch technischen Fortschritt der Lohn steigen kann und auch die soziale Absicherung auch der freigesetzten Arbeits-Kräfte - und es können auch noch neue Arbeitsplätze entstehen. Zwar stiegen inflationsbedingt die Preise, die Einkommen stiegen jedoch stärker, die Realeinkommen der Arbeitnehmer und damit die Kaufkraft nahmen somit zu, trotz oder gerade wegen des technischen Fortschritts. Es lässt sich somit vermuten, dass bei zukünftigen technischen Fortschritten eine ähnliche Entwicklung erreicht werden kann.

Zudem werden Unternehmen in den Markt eintreten, die durch die Konzentration qualifizierten Personals in anderen Unternehmen zuvor keine Produktion starten konnten, weil sie dieses hochqualifizierte Personal nicht hatten. Jetzt kann aber dank technischen Fortschritt auch ohne viel hochqualifiziertem Personal wettbewerbsfähig produziert werden. Ähnlich ist es mit den neuen Maschinen, die die Produktion verbilligen und so Markteintritte neuer Unternehmen ermöglichen. In solchen Unternehmen entstehen dadurch möglicherweise wieder neue Arbeitsplätze, die es ohne technischen Fortschritt nicht gegeben hätte, weil das Unternehmen gar nicht gegründet worden wäre.

Letztlich werden auch zur nötigen Produktion und Wartung von gerade denjenigen Maschinen, die die Arbeitsplätze ersetzen, Arbeitsplätze benötigt.

Technischer Fortschritt führt mit auch zu Strukturwandel. Außerdem wird er im Rahmen der Globalisierungskritik erörtert.

Bedenken

Eine starke und starre, sich vernetzende Globalisierung von Techniken kann durchaus auch mit Gefahren verbunden sein. Vor allem entstehen neuartige, womöglich nachhaltige ("systemische") Katastrophengefahren (vgl. Charles Perrowe, Normal accidents).

Systematische Überlegung

Der Philosoph Karl Popper gibt in seinem Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“, Band 2 „Hegel und Marx“ eine systematische Zusammenstellung, wie eine Gesellschaft auf eine Steigerung der Arbeitsproduktivität, die sich wegen technischem Fortschritt ergibt, reagieren kann.

Die zur Verfügung stehende höhere Produktivkraft kann genutzt werden für:

  • Fall A: Investitionsgüter. Dann wird investiert, um mehr Investitionsgüter herzustellen, welche die Produktivität noch mehr steigern. Das Problem wird in die Zukunft verschoben. Popper hält dies daher für keine Dauerlösung.
  • Fall B: Konsumgüter
    • für die gesamte Bevölkerung
    • für einen Teil der Bevölkerung
  • Fall C: Arbeitszeit-Verkürzung
    • tägliche Arbeitszeit
    • die Anzahl der „unproduktiven“ Arbeiter, Popper meint diejenigen außerhalb des produzierenden Gewerbes, steigt, insbesondere Wissenschaftler, Ärzte, Künstler, Geschäftsleute usw.

Popper zieht hier jetzt eine Linie. Bisher handelte es sich um für die Bevölkerung erfreuliche Wirkungen einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität. Es sind jedoch auch unerfreuliche Wirkungen denkbar.

  • Fall D: Die Anzahl der Güter, die produziert, aber weder konsumiert noch investiert werden, steigt
    • Konsumgüter werden zerstört
    • Kapitalgüter werden nicht genutzt, d.h. Betriebe liegen brach
    • es werden Güter, die weder Investitions- noch Konsumgüter sind, produziert, z. B. Waffen (siehe auch Rüstungskeynesianismus, Permanente Rüstungswirtschaft)
    • Arbeit wird eingesetzt, um Kapitalgüter zu zerstören und so die Produktivität wieder zu senken.

Die Wachstumstheorie versucht mögliche Auswirkungen von technischem Fortschritt mathematisch abzugreifen.

Wachstumstheorie

Harrod-Domar-Modell

Siehe ausführliche Diskussion unter Harrod-Domar-Modell.

Die folgenden Überlegungen setzen Marktwirtschaft oder Kapitalismus voraus. Es wird von Vollzeitarbeitskräften ausgegangen. Für diese muss das Wirtschaftswachstum Arbeitsplätze schaffen. Wie das möglich ist bei einem in bestimmter Weise definierten technischen Fortschritt, das untersuchen in den Wirtschaftswissenschaften Wachstumsmodelle. Ein bekanntes und einfaches Wachstumsmodell ist das der Wirtschaftswissenschaftler Harrod und Domar.

Um abzugreifen, unter welchen Bedingungen technischer Fortschritt Arbeitsplätze schafft oder entbehrlich macht, kann man einfache Wachstumsmodelle der Wirtschaftswissenschaften zu Rate ziehen. Ein bekanntes Wachstumsmodell ist das Harrod-Domar-Modell, das die Bedingungen für ein gleichgewichtiges Wachstum herleitet und dabei auch technischen Fortschritt berücksichtigen kann. Das Modell geht vom Doppelcharakter der Investitionen aus, die zum einen ein Teil der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage sind (der andere Teil sind die Konsumausgaben) und zum anderen den Kapitalstock und damit das potentielle Angebot erhöhen. Im gleichgewichtigen Wachstum soll Nachfrage gleich Angebot sein. Es ergibt sich folgende Gleichgewichtsbedingung:

  • g: gleichgewichtige Wachstumsrate, die Angebot gleich Nachfrage herstellt.
  • s: Spar- gleich Investitionsquote, Anteil der Ersparnisse am Einkommen, das im Gleichgewicht als Nachfrage gleich dem volkswirtschaftlichen Angebot an Gütern ist. s ist damit auch der Anteil der Investitionen an der Gesamtproduktion.
  • v: Kapitalkoeffizient, er gibt an, wieviel Kapitalstock nötig ist, um eine bestimmte Produktionsmenge herstellen zu können.

Angebotsseitig: Das gleichgewichtige Wachstum ist umso höher, je größer der Teil des Angebots, das gleich der Nachfrage ist, für Investitionszwecke verwendet wird.

Nachfrageseitig: Das gleichgewichtige Wachstum ist umso höher, je größer der Teil des Einkommens, also der Nachfrage, gespart wird, um so Investitionen zu finanzieren.

Dieser Teil wird als s bezeichnet, die Sparquote, also der Teil der Produktion oder des Einkommens, der gespart wird, um Investitionen zu finanzieren.

Dazuhin gilt, dass das gleichgewichtige Wachstum umso niedriger ist, je höher der Kapitalkoeffizient v ist. Je mehr Kapital eingesetzt werden muss, um eine bestimmte Produktionsmenge zu erstellen, desto langsamer ist das gleichgewichtige Wachstum.

Wenn es keinen technischen Fortschritt gibt, dann sollte das gleichgewichtige Wachstum dem “natürlichen”, dem demografisch gegebenen Wachstum des Arbeitsangebots entsprechen, sonst reicht entweder das Arbeitsangebot nicht aus oder es entsteht immer größer werdende Arbeitslosigkeit.

  • n: Bevölkerungswachstum

Der technische Fortschritt wird in das Modell so eingeführt, dass angenommen wird, dass der Kapitalaufwand je Arbeiter (oder je Arbeitsplatz), die Kapitalintensität, mit einer bestimmten Rate (m) wächst, und dass dadurch die Arbeitsproduktivität ebenfalls mit dieser Rate wächst. Außerdem wird angenommen, dass der Lohn ebenfalls je Arbeiter mit dieser Rate wächst.

Diese Wachstumsrate m der Arbeitsproduktivität und der Kapitalintensität wird als Wachstumsrate des technischen Fortschritts verstanden. Wäre die Produktion konstant, dann könnten in jedem Jahr gemäß dieser Rate (-m) Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, die Beschäftigung schrumpfte also. Soll also keine Arbeitslosigkeit entstehen, muss das gleichgewichtige Wachstum jetzt betragen:

  • m: Wachstumsrate des technischen Fortschritts, definiert als Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität und der Kapitalintensität.
  • n: demografisch, also exogen gegebenes Bevölkerungswachstum, das gleich dem Wachstum des Arbeitsangebotes ist.

Ein solches Wachstum kann – laut diesem Modell - erreicht werden, indem die Spar- und Investitionsquote s erforderlichenfalls erhöht wird. Da Investitionen in erster Linie aus den Gewinn- und nicht aus den Lohneinkommen finanziert werden, fordert die Wirtschaftspolitik denn auch häufig bei anhaltender Arbeitslosigkeit gemäßg der G-I-B-Formel mäßige Lohnpolitik und höhere Gewinneinkommen, um so mehr Investitionen, Wachstum und Beschäftigung auszulösen. Freilich kann eine solche Politik auch zu Verteilungskonflikten führen, da ja die Gewinneinkommen zu Lasten der Lohneinkommen ausgeweitet werden sollen.

Technischer Fortschritt führt also dazu, dass im Vergleich zur Gesamtproduktion mehr Investitionsgüter benötigt werden, als ohne technischen Fortschritt, soll Vollbeschäftigung erzielt werden. Allerdings handelt es sich um ein einmaliges Opfer, ist die Sparquote s groß genug, dann kann von da an der Lohn je Arbeiter gemäß der Wachstumsrate des technischen Fortschritts, also wie die Arbeitsproduktivität, wachsen.

Produktionsfunktion

Technischer Fortschritt kann auf verschiedene Arten in eine Produktionsfunktion eingebaut werden, zum Beispiel:

Eine Produktionsfunktion gibt an, wieviel produziert werden kann (Y), wenn eine bestimmte Menge an Arbeit A und an „Kapital“, Kapitalstock oder Produktionsmitteln K eingesetzt wird:

Von arbeitssparendem, arbeitsvermehrendem oder Harrod-neutralem technischen Fortschritt spricht man, wenn gilt:

  • a(t) ist ein mit der Zeit t größer werdender Faktor, der die wegen des technischen Fortschritts allmählich steigende Arbeitsproduktivität abbildet.

Weniger gebräuchlich ist der Hicks-neutrale technische Fortschritt

und der Solow-neutrale, kapitalvermehrende oder kapitalsparende technische Fortschritt

.

Ein früher Versuch, technischen Fortschritt endogen zu erklären ist die Technische Fortschrittsfunktion von Nicholas Kaldor. Inzwischen gibt es die Endogene Wachstumstheorie.

Literatur

  • Bernhard Irrgang: "Philosophie der Technik: Technischer Fortschritt". Paderborn; München; Wien; Zürich: Schöningh, 2002, ISBN 3-506-74206-X


Zitate

  • Eine Entwicklung der Produktivkräfte, welche die absolute Anzahl der Arbeiter verminderte, … würde Revolution herbeiführen, weil sie die Mehrzahl der Bevölkerung außer Kurs setzen würde. Karl Marx, MEW 25, Das Kapital III, S. 274

Siehe auch