Herz-Jesu-Kirche (Bilsdorf)
Die Herz-Jesu-Kirche ist eine römisch-katholische Pfarrkirche in Bilsdorf, einem Ortsteil der Gemeinde Nalbach, im saarländischen Landkreis Saarlouis. Sie trägt das Patrozinium der Verehrung des heiligsten Herzens Jesu.
Geschichte
In Bilsdorf wurde im Jahr 1891 auf Initiative des Bilsdorfers Johann Didas eine Spendensammelaktion gestartet, die einen Kapellbau ermöglichen sollte. Die Gemeinde stellte dazu ein Grundstück auf dem Gewann „Auf dem Hübel“ zur Verfügung, auf dem bereits vorher schon eine Andachtsstätte gestanden hatte. In der neuen Kapelle wurden vom Nalbacher Pfarrer und seinem Kaplan an zwei Wochentagen eine Messe gehalten. Die Nalbacher Pfarrer Wilhelm Schröder sowie dessen Nachfolger Richard Meffert planten den Neubau einer neuen Kirche für Bilsdorf und Körprich an der Gemarkungsgrenze der beiden Dörfer. Die Bewohner der beiden Orten konnten sich jedoch nicht einigen und planten für jedes Dorf einen eigenen Sakralbau.
Im Jahr 1921 wurde Bilsdorf zur Außenkaplanei von Nalbach erhoben. Jakob Cornelius, der bis dahin Kaplan der Rodener Kirche Maria Himmelfahrt gewesen war, wurde am 30. Oktober 1921 zum Pfarrvikar in Bilsdorf ernannt. Der Bau eines Pfarrhauses erfolgte in den Jahren 1921–1922. Die Erdarbeiten hatten die Gemeindemitglieder in freiwilligem Dienst geleistet. Im Jahr 1939 wurde Bilsdorf zur Vikarie erhoben, die allerdings noch keine eigene Vermögensverwaltung hatte. Zur Kirchengemeinde mit eigener Vermögensverwaltung wurde Bilsdorf im Jahr 1946. Daraufhin riss man im Jahr 1949 die alte Kapelle aus dem Jahr 1891 ab und errichtete an ihrer Stelle bis zum Jahr 1951 die jetzige Kirche, die von den Saarwellinger Architekten Heinrich Latz (Vater des Landschaftsarchitekten Peter Latz) und Toni Laub entworfen worden war. Im Juni 1951 konnten Prälat Carl Kammer, der Dillinger Dechant Michael Held gemeinsam mit dem Bilsdorfer Vikar Karl Weller im Beisein des saarländischen Innenministers Edgar Hector das neue Gotteshaus einsegnen. Hector hatte mit dem Bilsdorfer Pfarrer Nikolaus Demmer, der Mitglied der katholischen Zentrumspartei gewesen war, in der Zeit vor der Saarabstimmung vom 13. Januar 1935 im Bilsdorfer Pfarrhaus Treffen von NS-Gegnern arrangierte.[1][2][3][4]
Der aus Nunkirchen stammende Pfarrer Nikolaus Demmer (1892-1954) war im Jahr 1933 nach der nationalsozialistischen Machtergreifung und mehreren kurzzeitigen Verhaftungen aufgrund von massiver Gegnerschaft zum NS-Regime von Mandern in das unter der Verwaltung des Völkerbundes stehende Saargebiet geflüchtet.[5] Der damalige Nalbacher Pastor Richard Meffert, der mit Demmer befreundet war, verschaffte diesem am 1. April 1933 eine neue provisorische Seelsorgestelle in Bilsdorf. Aber auch an seiner neuen Wirkungsstelle in Bilsdorf positionierte sich Pfarrer Demmer von 1933 bis 1935 nicht nur von der Kanzel aus gegen die Nationalsozialisten, sondern warnte im Gegensatz zur politischen Einstellung seines Trierer Oberhirten Franz Rudolf Bornewasser in zahlreichen Veröffentlichungen permanent vor einer Rückgliederung des Saargebietes an das nationalsozialistisch beherrschte Deutsche Reich, das er als Unrechtsstaat brandmarkte. Demmer, der Mitglied der katholischen Zentrumspartei war, arrangierte fortan im Bilsdorfer Pfarrhaus Treffen von NS-Gegnern aus Saarlouis, wie z. B. Edgar Hector. Diese Treffen wurden vom Bilsdorfer Schulleiter und Ortsgruppenleiter der NS-Organisation "Deutsche Front Bilsdorf", Jakob Weyrich, argwöhnisch beobachtet. Weyrich ließ Demmer bespitzeln und setzte die SA auf ihn an, die zwischen 1933 und 1934 mehrfach versuchten, den Seelsorger ins Reichsgebiet zu entführen. Am 26. April 1934 erging ein Haftbefehl gegen Demmer aufgrund der antifaschistischen Intention seiner Predigten und angeblicher Vergehen gegen das Heimtückegesetz. Demmer hatte öffentlich gewarnt, der Nationalsozialismus führe zur Katastrophe der Welt. Bereits einen Tag später, am 26. April 1934, suspendierte ihn der Trierer Generalvikar wegen politischer "Hetze" im Saargebiet nach canon 2222. Auf Veranlassung des Trierer Bischofs Bornewassers wurde Demmer am 15. August 1934 aufgefordert, das Saargebiet zu verlassen.
In den Jahren 1933 bis 1935 brachte der Bilsdorfer Ortsgruppenleiter Weyrich sämtliche Bilsdorfer Vereine hinsichtlich der Abstimmung zur Rückgliederung des Saargebietes an das Deutsche Reich auf seine politische Linie. Infolge des überwältigenden Sieges der Rückgliederungsbefürworter und der Machtübernahme der NSDAP im Saargebiet musste Demmer, der im Bilsdorfer Pfarrhaus vor Übergriffen nicht mehr sicher war, am 15. Januar 1935 aus dem Saarland zu Verwandten ins französische Lothringen fliehen. Da dort sein Antrag um Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt wurde, floh Demmer weiter nach Redingen an der Attert in Luxemburg zu den Franziskanerinnen. Als Demmer Anfang 1938 in einem Schreiben an die Allgemeine Lebensversicherungsanstalt in München die Nationalsozialisten als "braune Pest" bezeichnete, wurden neue Maßnahmen gegen ihn eingeleitet und Haftbefehl wegen "heimtückischen Angriffs" auf Staat und Partei erlassen. Am 3. Juli 1939 wurde Demmer die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt. Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf das Großherzogtum Luxemburg am 10. Mai 1940 konnte sich Demmer nacheinander bei zwei Familien in Redingen bis Kriegsende verstecken. Durch die schmale Kost jener Zeit und den ständigen Aufenthalt in einem dunklen Zimmer erkrankte Demmer schwer an Skorbut und Magengeschwüren. Nach der Befreiung wurde Demmer Ende 1945 zum Pfarrer von Dasburg in der Eifel und gesundheitsbedingt im Jahr 1951 von Weiten ernannt.
Demmer starb im Jahr 1954 in Weiten und wurde auf dem Friedhof seiner Heimatgemeinde Nunkirchen beerdigt.[6][7][8][9][10][11][12]
Bis zur Fertigstellung der Bilsdorfer Kirche, diente die Sakristei mit der Taufkapelle als Notkirche.[13]
Erst im Jahr 1958 erfolgte die Abtrennung von der Mutterpfarrei Nalbach, im Jahr 1961 die Erhebung zur Pfarrei. In diesem Jahr wurden im Turm der Herz-Jesu-Kirche vier Glocken (d, e, fis, a) aufgehängt.[14][15][16]
Architektur und Ausstattung
-
Turmfront
-
Seitenansicht des Turmes
-
äußere Chorpartie
-
Blick in Richtung des Altarraumes
-
Altarraum
-
Empore
Die Kirche wurde im Stil des romanisierenden Abstraktions-Historismus errichtet. Es handelt sich um eine Saalkirche mit mittig vorgestelltem Turm sowie eingezogenem, gerade schließendem Chor. Die Fenster schließen überwiegend mit romanisierenden Rundbögen. Der wuchtige Turm erhebt sich auf quadratischem Grundriss ohne sichtbare Geschossgliederung. Schießschartenartige Fensterchen leiten zum Glockengeschoss über, das sich vorne und zu den Seiten in rundbogigen Schallfenstern öffnet. An der zum Kirchenschiff weisenden Seite des Turmes sind drei kleinere hochrechteckige Fenster positioniert. Das kupfergrüne Kirchturmdach ist als hoher übereckgestellter vierseitiger Knickhelm gestaltet. Der Chorbereich ist eingezogen und wird seitlich von jeweils drei Rundbogenfenstern beleuchtet. Die Chorwand öffnet sich in der Höhe mit einem kleine Radfenster. Das Kirchendach ist verschiefert. Der Bau ist verputzt und weiß gestrichen.
Die Innenwände des fünfachsigen Sakralbaues sind durch Lisenen gegliedert. Die Kirchendecke ist als gestufte Balkendecke mit mittig freiliegenden Dachbalken und einfachem Hängewerkdachstuhl gestaltet, der dem Raum einen scheunenartig-rustikalen Charakter verleiht und Bezug nimmt zur bäuerlichen Geschichte des Dorfes. Die Deckenabstufung gibt dem Raum einen dreischiffigen Eindruck. Von der Decke herab hängen moderne Radleuchter.
Zur Ausstattung der Kirche gehören eine Marienstatue sowie eine Herz-Jesu-Statue. Die beiden aus Holz geschaffenen Skulpturen wurden im Jahr 1951 von dem Bildhauer Jakob Adlhart (Hallein/Salzburg) angefertigt.[13]
Die aus Holz gefertigte, ungefasste Statue der heiligen Elisabeth von Thüringen in spätgotisierender Formensprache schuf der Bilsdorfer Freizeitschnitzer Nikolaus Dell.[13]
An der Chorwand befindet sich in einer flach schließenden, hohen und schmalen Rundbogennische eine Kreuzigungsgruppe im Maria-Laacher-Stil.[13]
Orgel
Die Orgel der Kirche wurde im Jahr 1956 von der Firma Hugo Mayer unter Verwendung von älterem Material erbaut. Das Kegelladen-Instrument mit gehäuselosem, zweifarbigem Freipfeifenprospekt verfügt über 19 Register, verteilt auf zwei Manuale und Pedal. Die Spiel- und Registertraktur ist elektropneumatisch. Die Disposition lautet wie folgt:[17]
|
|
|
- Koppeln:
- Normalkoppeln: II/I, I/P, II/P
- Suboktavkoppeln: II/I
- Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, 1 * freie Pedalkombination, Tutti, Crescendowalze, Zungeneinzelabsteller
Pfarrer
Die Seelsorge der Pfarrei versahen bisher folgende Geistliche:[18][19].
- Jakob Cornelius: 1921-1927
- Nikolaus Kolling: 1929-1932
In den Jahren 1932 bis 1936 wird die Pfarrei Bilsdorf durch den Pfarrer von Nalbach mitverwaltet.
- 1932–1935: Richard Meffert (Pfarrer von Nalbach)
- 1935-1936: Josef Jungbluth (Pfarrer von Nalbach)
- Peter Stricker: 1936-1944
- Karl Weller: 1944-1954
- Ignaz Fuhrmann: 1954-1958
- Willi Neurohr: 1958-1986
- Josef Groß: 1986-1990
- Erich Fuchs: 1991-2000
- Wolfgang Goebel: 2001-2011
- Manfred Plunien: 2012 ad multos annos
Friedhof
Im Mittelalter wurden alle Toten des Dorfes Bilsdorf auf dem Nalbacher Kirchof bestattet. Bestattungen bei der Körpricher Michaelskapelle gab es erstmals in den Jahren 1695 bis 1705, als Körprich, das von allen Nalbacher Talgemeinden am weitesten von der Nalbacher St. Peter und Paul entfernt lag, kirchlich eine größere Selbständigkeit gegenüber Nalbach anstrebte. Als im Jahr 1762 die gotische Nalbacher Kirche zugunsten eines barocken Neubaues abgerissen wurde und der Nalbacher Kirchhof deshalb nicht belegbar war, wurden für vier Wochen alle Toten des Nalbacher Tales auf dem Kirchhof der Körpricher Kapelle beerdigt. Anschließend benutzte man aber wieder den Nalbacher Kirchhof bis zum Jahr 1867. Ein Plan, die Toten von Körprich und Bilsdorf auf einem gemeinsamen Friedhof zu begraben, scheiterte im Jahr 1866. Daraufhin belegte man in Körprich wieder den Friedhof um die Körpricher Michaelskapelle. Die Bilsdorfer Toten wurden weiterhin nach Nalbach gebracht. Erst mit der Erhebung Bilsdorfs zur Außenkaplanei von Nalbach legte man im Jahr 1921 einen eigenen Friedhof oberhalb des Dorfes an. Hier wurde im Jahr 1973 eine Leichenhalle zur Aufbahrung der Toten gebaut, die bis dato drei Tage in den Stuben der Wohnhäuser aufgebahrt lagen.[20]
Weblinks
- Herz-Jesu, Bilsdorf auf der Webseite der Pfarreiengemeinschaft Nalbach
Einzelnachweise
- ↑ http://www.saarland-biografien.de/Demmer-Nikolaus, abgerufen am 12. November 2016.
- ↑ Trierer Biografisches Lexikon, S. 78.
- ↑ Dieter Lorig: Artikel „Widerstand im Dorf gegen Adolf Hitlers Schergen - Mutiger Bilsdorfer Pfarrer sah Unheil voraus“, in: Saarbrücker Zeitung, Lokalausgabe Dillingen-Saarlouis vom 22. Juni 2004.
- ↑ http://www.mahnmal-trier.de/Personen/demmer.htm, abgerufen am 20. Dezember 2016.
- ↑ http://www.mahnmal-trier.de/Personen/demmer.htm, abgerufen am 20. Dezember 2016.
- ↑ http://www.saarland-biografien.de/Demmer-Nikolaus, abgerufen am 12. November 2016.
- ↑ Trierer Biografisches Lexikon, S. 78.
- ↑ Dieter Lorig: Artikel „Widerstand im Dorf gegen Adolf Hitlers Schergen - Mutiger Bilsdorfer Pfarrer sah Unheil voraus“, in: Saarbrücker Zeitung, Lokalausgabe Dillingen-Saarlouis vom 22. Juni 2004.
- ↑ Trierer biographisches Lexikon (Stefan Trauten)
- ↑ Anton Biwer: Machtergreifung im Hochwald; in: JbTRSAB 1998, S. 173-186.
- ↑ Personalakte im BATr Abtlg 85 .294 Blatt 245 ff
- ↑ Joseph Meuniers: Deutscher Pfarrer in Luxemburg versteckt, in: Rappel 3, 2004, S. 425-430.
- ↑ a b c d Informationen zur Pfarrkirche Herz Jesu Auf: www.kunstlexikonsaar.de, abgerufen am 4. April 2015
- ↑ Georg Colesie: Geschichte des Nalbacher Tales, Eine saarländische Heimatgeschichte, 2. Auflage, Nalbach 1990, S. 190–191 und 224-226.
- ↑ Dieter Lorig: Artikel "Herz-Jesu" feiert Jubiläum, in: Saarbrücker Zeitung vom 1. Februar 2011.
- ↑ Dieter Lorig: Artikel zum Kirchenbau in Bilsdorf unter SZ-Extra-Momente, in: Saarbrücker Zeitung vom 26/27. September 2009.
- ↑ Orgel der Herz-Jesu-Kirche Bilsdorf Auf: www.organindex.de, abgerufen am 27. Juli 2014.
- ↑ Georg Colesie: Geschichte des Nalbacher Tales, Eine saarländische Heimatgeschichte, 2. Auflage, Nalbach 1990, S. 226
- ↑ http://www.saarbruecker-zeitung.de/saarland/saarlouis/nalbach/bilsdorf/Bilsdorf-Jesu-Pfarrei;art446431,3614463,0, abgerufen am 22. Dezember 2016.
- ↑ Georg Colesie: Geschichte des Nalbacher Tales, Eine saarländische Heimatgeschichte, 2. Auflage, Nalbach 1990, S. 222.
Koordinaten: 49° 23′ 1,6″ N, 6° 49′ 21,2″ O