Rennofen

Ein Rennofen bzw. Rennfeuer war eine Vorrichtung zur Gewinnung von Eisen aus Eisenerz.
Bauform und Ofenfahrweisen
Der Rennofen hatte die Form eines kleinen Schachtofens mit einer Höhe von etwa 50 bis 220 cm und wurde aus Lehm oder Steinen errichtet. Neben dem Schacht befand sich in manchen Fällen eine Herdgrube für den Schlackenablass, die Renngrube. Rennöfen wurden mit Holzkohle, Holz oder Torf warmgeheizt und dann für die Verhüttung von oben wechselschichtig mit Brennstoff, meist Nadelholzkohle, und fein zerkleinertem Erz mit möglichst hohem Eisengehalt befüllt. Die Erzausbeute betrug maximal 50 %. Bei einer Temperatur von 1100 bis 1350 °C – je nach Bauart des Ofens – wurde ein Teil des Eisenerzes im festen Zustand zu Eisen reduziert. Gleichzeitig bildete sich Schlacke. Die Schmelztemperatur von Eisen (1539 °C) sollte möglichst nicht erreicht werden, um kein Gusseisen zu erzeugen, das spröde und nicht schmiedbar ist. Die Schlacke lief (rann, daher der Name) durch Öffnungen aus dem Ofen in die Herdgrube.
Nach einer anderen Theorie, die die recht großen Kristalle in der Luppe besser erklärt, wird im oberen Bereich des Ofens das Erz reduziert und so stark aufgekohlt wie Gusseisen, sodass es beim weiteren Absinken flüssig ist. Es verbindet sich zu einem Gebilde, das am Außenbereich anwächst. Dies geschieht in einem Bereich mit Sauerstoffüberschuss in der Nähe des/der Lufteinlasse(s), der zur Entkohlung und damit Erhöhung des Schmelzpunkts führt.

Die Belüftung erfolgte in der Regel durch einen Blasebalg. Es gab auch hohe, kaminartige Ofenformen, in denen der natürliche Luftzug ausreichte, oder die durch Tunnel mit Wind betrieben wurden; solche Rennöfen wurden gerne auf Höhenzügen angelegt. Das Produkt des Schmelzprozesses war eine mit Schlacke durchsetzte Eisenluppe (kein Gusseisen), die im Ofen zurückblieb und als Renneisen bezeichnet wird. Diese Luppe musste zur Weiterverarbeitung ausgeschmiedet werden. Dabei wurden Holzkohle- und Schlackenreste ausgetrieben. Als Endprodukt entstand ein direkt schmiedbares Eisen, aber je nach Ofenführung auch Stahl mit ungleichmäßigem Kohlenstoffgehalt, der nach dem Gärben zum Ausgleich der Eigenschaften und zur gleichmäßigen Verteilung der Inhaltsstoffe als Raffinierstahl bezeichnet wird.
Da die Rennofentechnologie in Mitteleuropa über mehr als 3000 Jahre bis zur frühen Neuzeit Anwendung fand, ist bei den zahlreichen Verfahrensweisen und Bauformen keine allgemeingültige Beschreibung der Ofenfahrweise möglich. Versuche ergaben, dass zur Gewinnung von einem Kilogramm Eisen rund 30 Kilogramm Holzkohle erforderlich waren (mit dem Ausschmieden). In europäischen Öfen wird meist Erz zu Kohle im Verhältnis 1:2,5 bis 1:3 verwendet. Im japanischen Tatara, einer kastenartigen Ofenform, sind Mischungen von 1:2 und sogar 1:1 möglich. Hinzugerechnet werden muss die zum Ausschmieden und Schweißen (Gärben)/(Garbstahl) erforderliche Kohlemenge.
Pro Verhüttung konnten mehrere Kilogramm, abhängig von Erz, Ofengröße, Prozessdauer und anderen Faktoren auch bis zu 50 Kilogramm, Stahl gewonnen werden. Insbesondere aus dem in feuchten Heidelandschaften oder an Gewässern vorgefundenen rostbraunen Raseneisenerz wurde Eisen gewonnen. Das Erz, auch Ortstein, bildet sich in der Grenze des Reduktions- mit dem Oxidationsbereich im Boden.
Geschichte
Dieses Verfahren fand bereits in vorgeschichtlicher Zeit seit der Eisenzeit bei den Kelten, Römern, Germanen und anderen Völkern Anwendung (in Europa ab etwa 700 v. Chr.).
Ab dem 12. Jahrhundert wurden wasserkraftgetriebene Blasebalge verwendet. Da dies nicht nur Arbeitskraft sparte, sondern auch mächtigere Gebläse erlaubte, konnten die Öfen größer dimensioniert werden. Diese größeren Rennöfen mit automatischem Gebläse bezeichnet man als „Stücköfen“; wohl in Abgrenzung zu den späteren Hochöfen, da das Ergebnis ein einzelnes, großes Eisenstück im ausgebrannten Ofen war, im Gegensatz zum kontinuierlichen Fluss beim Hochofen.[1]
Eine weitere Unterform waren die Niederschachtöfen, die bis ins Ende des 19. Jahrhunderts mancherorts benutzt wurden.
Der Rennofen wurde erst in der Neuzeit durch Hochöfen verdrängt, die flüssiges Roheisen erzeugten.
- Experimenteller Nachbau eines keltischen Rennofens
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Belüftung des Rennofens mittels eines Blasebalgs
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Rennofen mit Rinne und Herdgrube für die Schlacke
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Meilerbau
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Ofenreise – Rennöfen im Betrieb
Siehe auch
Literatur
- George Celis: Eisenhütten in Afrika. Beschreibung eines traditionellen Handwerks. = Les fonderies africaines du fer (= Sammlungs-Kataloge des Museums für Völkerkunde. 7: Afrika). Museum für Völkerkunde, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-88270-381-4.
- Guntram Gassmann: Ein bisschen Zeit für Eisen. Vom Experimentieren mit nachgebauten Rennöfen. In: Erwin Keefer (Hrsg.): Lebendige Vergangenheit. Vom archäologischen Experiment zur Zeitreise (= Archäologie in Deutschland. Sonderheft 2006). Theiss, Stuttgart 2006, ISBN 3-8062-1889-7, S. 90–93.
- Hauke Jöns: Frühe Eisengewinnung in Joldelund, Kr. Nordfriesland. Ein Beitrag zur Siedlungs- und Technikgeschichte Schleswig-Holsteins. 2 Bände. Habelt, Bonn 1997–2000:
- Band 1: Einführung, Naturraum, Prospektionsmethoden und archäologische Untersuchungen (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 40). ISBN 3-7749-2800-2.
- Band 2: Naturwissenschaftliche Untersuchungen zur Metallurgie- und Vegetationsgeschichte (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 59). ISBN 3-7749-2981-5.
- Manfred Sönnecken: Die mittelalterliche Rennfeuerverhüttung im märkischen Sauerland. Ergebnisse von Geländeuntersuchungen und Grabungen (= Landeskundliche Karten und Hefte der Geographischen Kommission für Westfalen. Reihe: Siedlung und Landschaft in Westfalen. Band 7, ZDB-ID 538118-6). Geographischen Kommission für Westfalen, Münster 1971 (Zugleich: Dissertation an der Univ. Münster 1968).
- Peter Tunner: Die Stabeisen- und Stahlbereitung in Frischherden. 2 Bände. 2. Auflage. Buchhandlung J. G. Engelhardt, Freiberg 1858 (Beschreibt auch (veraltete) Schachtöfen; erstmalige? Erwähnung der Aufkohlung und dadurch Aufschmelzung).
Einzelnachweise
- ↑ Aus der Frühzeit der Eisen- und Stahlherstellung. Abgerufen am 22. Oktober 2014.