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Richterswil

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Richterswil
Wappen von Richterswil
Staat: Schweiz Schweiz
Kanton: Kanton Zürich Zürich (ZH)
Bezirk: Horgen
BFS-Nr.: 0138i1f3f4
Postleitzahl: 8805
UN/LOCODE: CH RIC
Koordinaten: 696001 / 229373Koordinaten: 47° 12′ 30″ N, 8° 42′ 21″ O; CH1903: 696001 / 229373
Höhe: 408 m ü. M.
Höhenbereich: 404–728 m ü. M.[1]
Fläche: 7,53 km²[2]
Einwohner: i14'209 (31. Dezember 2023)[3]
Einwohnerdichte: 1887 Einw. pro km²
Ausländeranteil:
(Einwohner ohne
Schweizer Bürgerrecht)
21,5 %
(31. Dezember 2023)[4]
Gemeindepräsident: Hans Jörg Huber (FDP)
Website: www.richterswil.ch
Aussicht von Feusisberg auf Richterswil,
im Hintergrund Horgen und die Halbinsel Au
Aussicht von Feusisberg auf Richterswil,
im Hintergrund Horgen und die Halbinsel Au
Lage der Gemeinde
Karte von RichterswilUfenauLützelauZürichseeGreifenseeSihlseeTeufenbachweiherHorgnerbergweiherAusee (Wädenswil)TürlerseeZugerseeKanton SchwyzKanton St. GallenKanton ZugBezirk AffolternBezirk DietikonBezirk HinwilBezirk MeilenBezirk UsterBezirk ZürichAdliswilHorgenKilchberg ZHLangnau am AlbisOberrieden ZHRichterswilRüschlikonThalwilWädenswil
Karte von Richterswil
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Richterswil, im Volksmund Richti genannt, ist eine politische Gemeinde im Bezirk Horgen des Kantons Zürich in der Schweiz.

Geographie

Samstagern

Die Gemeinde Richterswil liegt zwischen dem süd-westlichen linken Ufer des Zürichsees und der Hügelkette der Höhronen an der Grenze zum Kanton Schwyz. Die Gemeindefläche umfasst 755 Hektaren und erstreckt sich von 408 m ü. M. (Zürichsee) bis 725 m ü. M. (Hüttnersee). Die Distanz zu Zürich beträgt rund 25 Kilometer (Luftlinie).

Die Gemeinde besteht aus den Ortsteilen Richterswil, Burghalden und Samstagern. Nachbargemeinden Richterswils sind Wädenswil, Schönenberg und Hütten, sowie Wollerau.[5] Seit 1848 gehört die Zürichseeinsel Schönenwerd zu Richterswil.

Flächennutzung

Im Jahr 2007 bestand die Gemeindefläche von 755 Hektaren zu 50.7 % aus Landwirtschafts- und zu 30.5 % aus Siedlungsfläche. Historisch betrachtet bedeutet das einen Rückgang der Landwirtschaftsfläche zugunsten der Siedlungsfläche seit 1983 um rund 8 %. Der Anteil stehender und fliessender Gewässer an der Gesamtfläche (ohne Zürichsee) beträgt 0.7 %, während die bestockte Fläche (d. h. Wald, Gehölz) 7.2 % ausmacht. 10.7 % der Fläche entfällt auf Verkehrsflächen. Im Jahr 2012 umfassten die Bauzonen 34.6 % der Gesamtfläche.[6]

Geschichte

Frühgeschichte und Mittelalter

Ort- und Flurnamen sowie archäologische Funde beim Inselchen Schönenwirt deuten auf eine alemannische Besiedelung des heutigen Gemeindegebiets im 7. bis 9. Jahrhundert hin.[7] Die Herkunft des Ortsnamens ist nicht näher belegt, könnte aber auf den althochdeutschen Namen «Richtilo» zurückgeführt werden, dessen Träger man als früh(st)en Siedler annehmen mag. Erstmals urkundlich erwähnt wird Richterswil als Richtliswile erst im Jahre 1265.[8]

Um 1200 wurde auf Richterswiler Boden die Burg Alt-Wädenswil errichtet. Zu dieser Zeit war Richterswil Teil der Herrschaft Wädenswil, deren Freiherren bereits im 1265 die Kirche St. Martin errichteten. 1287 gelangte die Herrschaft Wädenswil in Besitz des Johanniterordens, der für rund 250 Jahre die Geschicke Richterswil bestimmen sollte. Im Alten Zürichkrieg in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts blieb der Johanniterorden neutral, was ihn vor Kriegsverwüstungen weitgehend bewahrte. Infolge der Reformation verkaufte der Johanniterorden aber schliesslich 1550 die Herrschaft Wädenswil – und damit auch Richterswil – an die Stadt Zürich.[9]

Frühe Neuzeit

Bis zur Reformation 1529 umfasste die Pfarrei Richterswil auch Teile von Wollerau (und noch bis 1703 Teile von Hütten ZH). Seit der Reformationszeit und dem Verkauf an Zürich lag Richterswil nun aber im konfessionellen Grenzbereich an der Grenze zum Kanton Schwyz. Im 17. Jahrhundert kam es aufgrund dieser Lage im Ersten Villmergerkrieg (1656) zu einem Einfall der Schwyzer. Mithilfe von neu errichteten Schanzen oberhalb des Dorfes konnte im Zweiten Villmergerkrieg von 1712 ein weiterer Einfall abgewehrt werden.[10]

Die Wirtschaft Richterswils war zunächst landwirtschaftlich geprägt, bevor bereits relativ früh Formen der Hausindustrie aufkamen. So wurde seit dem 15. Jahrhundert das Woll- und Baumwollgewerbe, seit dem 16. Jahrhundert die Leinenweberei wichtiger Teil der Richterswiler Wirtschaft. Ende des 18. Jahrhunderts war fast die Hälfte (46 %) der Einwohner an der Baumwollindustrie beteiligt. Darüber hinaus partizipierte Richterswil wirtschaftlich erfolgreich am Transitgüterkehr, und als wichtige Station auf dem Pilgerweg nach Einsiedeln profitierte die Gemeinde massgeblich vom Pilgerverkehr. Letzterer führte zur Etablierung eines profitablen Gastgewerbes, und auch Schiffer, welche die Pilger über den See führten, verdienten an den Gläubigen.[11]

Helvetik, Mediation

Die Helvetik (1798–1803) hatte ihre Wurzeln im ausgehenden 18. Jahrhundert, als die Helvetische Gesellschaft erfolglos versuchte, die Alte Eidgenossenschaft zu erneuern.

Bildnis Johannes Hotzes in Lavaters Essai sur la physiognomie

Damals wirkte in Richterswil der international bekannte Arzt Johannes Hotze (ursprünglich Hotz). Zu seinen Freunden zählten sein Cousin Pestalozzi und Lavater, zu seinen Besuchern Goethe, der 1775 und 1779 nach Richterswil kam.

Unter dem Ancien Régime wurde der Kanton Zürich von den Zünften der Stadt Zürich regiert, denen die wenigen Tausend Stadtbürger angehörten. Die 180 000 Bewohner der Landschaft dagegen waren Untertanen. Bei den „Seebuben“, die durch innovative Landwirtschaft[12] und Protoindustrialisierung zu Wohlstand gelangt waren, fielen die Ideen der Französischen Revolution (1789) auf fruchtbaren Boden. 1794/95 wurde Stäfa zum Ausgangspunkt einer Demokratiebewegung. Der Richterswiler Metzger David Schmid schrieb den Stäfnern, „die von Wädenswil und Richterswil wollten sämtlich es mit ihnen halten“ und seien mit Pulver und Blei versehen.[13] Wegen der grausamen Bestrafung der Freiheitskämpfer[14] verliess Dr. Hotze seine Heimat für immer.

Als 1798 die Helvetische Revolution ausbrach und Frankreich zugunsten der aufständischen Waadt intervenierte, weigerten sich die Richterswiler, für die Gnädigen Herren von Bern in den Krieg zu ziehen. Schliesslich dankte Zürichs Regierung ab. Doch brauchte es die Besetzung der Schlösser und Pfarrhäuser und den Aufmarsch von 14 000 bewaffneten Landleuten, bis eine zu drei Vierteln aus bisherigen Untertanen bestehende Landeskommission die Regierungsgewalt erhielt. Symbole der Revolution waren der Freiheitsbaum, die Anrede „Bürger“, das Tragen der Stäfner Kokarde und das Verschwinden der alten Amtstrachten.[15]

In Aarau wurde die Eine und Unteilbare Helvetische Republik ausgerufen, welche den Schweizern Freiheit und Gleichheit versprach. Uri, Schwyz, Nidwalden, Glarus und Zug aber wollten nicht auf ihre historischen Verfassungen verzichten und beschlossen, Aarau, Bern und Zürich zu besetzen. Der neue Staat ersuchte darauf Frankreich um Hilfe.

Heinrich Keller: „Gegend Beÿ Richtenschweil wo das Gefecht vorfiel, A. 1798“.

Im Rahmen eines kurzen Feldzugs, der mit der Kapitulation der Revolutionsgegner endete, kam es am 30. April auch in und um Wollerau, Bäch und Richterswil zu einem Gefecht mit schätzungsweise 200 Toten. Daran beteiligt waren auf der siegreichen Seite drei Bataillone Franzosen und ein Bataillon Zürcher, auf der Gegenseite zwei oder drei Bataillone Glarner sowie Höfner und Märchler. Am 2. Mai besiegten Franzosen und Zürcher im Gefecht bei Schindellegi die Schwyzer.

Die Helvetische Republik führte vieles ein, was heute selbstverständlich ist[16]. Die Legislative bis hinunter zur Munizipalität (Gemeinderat) und die Justiz bis hinunter zum Distriktsgericht (Bezirksgericht) wurden in allgemeinen, freien und geheimen Wahlen gewählt[17]. In den Gesetzgebenden Räten besass der kleinste Kanton gleich viele Vertreter wie der grösste. Erstmals gab es auch eine gesamtschweizerische Exekutive. Die Zentralverwaltung hatte gerade einmal 120 Beamte, aber einen „Agenten“ in jeder Gemeinde. Den Status einer Gemeinde bekam Richterswil trotz seiner schon 2500 Einwohner erst damals.[18] Statt zur Landvogtei Wädenswil gehörte es nun zum Distrikt (Bezirk) Horgen.[19]

Das politische System der Helvetik war seiner Zeit weit voraus und auch keine blosse Kopie des französischen. Es scheiterte an der Vernachlässigung der Volksbildung vor 1798 und an der Obstruktion der entmachteten Oligarchen, vor allem aber am Einfall der Österreicher und Russen, der die Schweiz zum Schlachtfeld Europas machte und wirtschaftlich ruinierte, und an der Machtergreifung Napoleons, der die traditionelle Protektoratsmacht unseres Landes wieder in eine Monarchie verwandelte.

Im Zweiten Koalitionskrieg wurde Richterswil 1799 erneut in Mitleidenschaft gezogen: Nach der Ersten Schlacht um Zürich (2.–6. Juni) besetzten es die Österreicher, Mitte August die Franzosen. In der Zweiten Schlacht um Zürich (25./26. September) befehligte Dr. Hotzes politisch andersdenkender Bruder, der österreichische Feldmarschallleutnant Friedrich von Hotze, den linken Flügel der Koalierten. Er fiel, als die Franzosen bei Schänis sein Abwehrdispositiv durchbrachen.[20]

1803 löste Napoleon als selbsternannter „Mediator“ die Helvetische Republik auf. Die Stadt Zürich benützte dies, um sich wieder der Herrschaft über den Kanton zu bemächtigen. Richterswil aber wählte nun erst recht Anhänger der Helvetik wie David Schmid in den Gemeinderat.[21] 1804 beteiligten sich hundert junge Richterswiler unter Führung von Jakob Treichler an einem Aufstand der Landbevölkerung. Der sogenannte Bockenkrieg endete mit der Besetzung der beteiligten Gemeinden durch Truppen anderer Kantone, einer Jagd auf Beteiligte und deren grausamer Bestrafung sowie mit Geldbussen, bei denen Richterswil besonders hart getroffen wurde.[22]

19./20. Jahrhundert

In der Zeit der Restauration (1815–1830) wurde das Rad der Geschichte vollends zurückgedreht. Unter dem Namen Oberamtmänner kehrten die Landvögte auf Schloss Wädenswil zurück. In der Zeit der Regeneration (1830–1848) setzte sich dann endgültig die Demokratie durch. Seither gehört Richterswil wieder zum Bezirk Horgen.[23]

Nachdem die ufernahe Insel Schönenwerd in der Bucht zwischen Richterswil und Bäch 1841 definitiv dem Kanton Zürich zugeschlagen worden war, kaufte die Gemeinde Richterswil an der offiziellen Versteigerung vom 6. Oktober 1848 die Insel für 100 Schweizer Franken. Der Verkauf wurde am 21. Oktober 1848 vom Zürcher Regierungsrat ratifiziert.[24] Der historische Kaufbrief, datiert vom 5. Januar 1849, wird im Gemeindearchiv aufbewahrt. Die Insel ist nach der Ufenau und der Lützelau die drittgrösste der vier natürlichen Zürichseeinseln.

Bahnhof Richterswil
Uferanlagen, Hafen und Bahnhofsbereich, im Vordergrund die Insel Schönenwirt

1873 erhielt Seidenfabrikant Rudolf Zinggeler-Syfrig (1819–1897) die Nutzungsrechte des Mülibaches für den Antrieb seiner Zwirnereimaschinen. Oberhalb Richterswil entstand durch Aufstauung des Mülibaches der Sternenweiher. Eine zwei Kilometer lange Druckleitung führte das Wasser bis zum Zürichsee hinunter, wo es in der Zwirnerei Zinggelers eine Wasserturbine antrieb. Zur Belustigung und als Symbol der Industrialisierung liess der Fabrikant an Festtagen, wie dem 1. August, das Wasser durch eine Düse emporsteigen. Ein Springbrunnen mit einer Höhe von 80 bis 85 Meter entstand. Diese Fontäne galt lange als die höchste des Kontinents. 1972 wurde die Kraftanlage ausser Betrieb gesetzt und damit auch die Fontäne. Die Reaktivierung der Fontäne wurde 2007 realisiert. Die erste Wiederinbetriebnahme fand am 8./9. Dezember 2007 statt. Dabei wurde der eigens für die Fontäne komponierte Marsch Fontane vive vom Musikverein Richterswil/Samstagern uraufgeführt.[25] Die Fabrik von Rudolf Zinggeler wurde am 10. Juni 2010 durch einen Brand zerstört.

1878 wurden Teile des Gemeindegebiets (Teile des Giessen und des Staubenweidli, die links des Reidbachs lagen) an die Gemeinde Wädenswil abgetreten.[26] 1893 wurde das Spital Richterswil erbaut, welches seit 1994 unter dem Namen Paracelsus-Spital als vornehmlich anthroposophische Klinik geführt wird. 1905 wurde die neue reformierte Kirche, 1914 die katholische Kirche eingeweiht. 1975 wurde der historische Dorfkern von Richterswil als schützenswert erklärt.[27] 1992 erhielt der Bahnhof Richterswil den internationalen Brunel Award in der Kategorie For outstanding visual design in public railway transport.

Wappen

Blasonierung: In Gold ein roter Pfahl.

Bevölkerung

Ende 2013 zählte Richterswil 12'999 Einwohner (5493 Haushalte) bei einer Bevölkerungsdichte von 1722 Einwohner pro Quadratkilometer. Damit hat sich Richterswils Bevölkerung in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt (1963: 6'121 Einwohner).[28] Von den Ende 2012 ansässigen Bewohnern (12'781) lebten rund 3/4 (76,3 % oder 9756 Personen) in Richterswil und rund ein Viertel (23.7 % oder 3025 Personen) in Samstagern.[29]

In Richterswil sind 34.8 % der Bevölkerung evangelisch-reformiert, 31.3 % römisch-katholisch und 33.9 % gehören einer anderen oder keiner Konfession an. Der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung lag mit 19.3 % deutlich unter dem kantonalzürcherischen Durchschnitt von 25.2 %. Die Sozialhilfequote lag bei 1.5 % und der Anteil der Arbeitslosen an der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahre bei 2.2 %.[30]

Historische Bevölkerungsentwicklung

Bevölkerungsentwicklung[31]
Jahr 1634 1850 1920 1940 1962 1970 1980 1990 2000 2010 2013
Einwohnerzahl 893 3203 4527 4554 5935 7380 8635 9882 10430 12336 12999

Politik

Exekutive

Die ausführende Behörde (Exekutive) Richterswils ist der Gemeinderat. Er besteht aus neun Mitgliedern und führt die Geschäfte der politischen Gemeinde. Vorsitzender des Gemeinderats ist der Gemeindepräsident. Alle Gemeinderatsmitglieder sind für ein oder mehrere Ressorts zuständig, zudem präsidiert jedes Mitglied eine oder mehrere Kommissionen. Die Gemeindekanzlei und die Abteilungen der Gemeindeverwaltung unterstützen den Gemeinderat bei der Vorbereitung von Geschäften sowie beim Vollzug von Beschlüssen. Die Gemeindeverwaltung wird vom Gemeindeschreiber geführt, der zugleich als Personalchef und Berater des Gemeinderates fungiert.[32]

Der Gemeinderat setzt sich wie folgt zusammen (Stand 2014): Als Gemeindepräsident amtiert Hans Jörg Huber (FDP), die weiteren Mitglieder sind – in alphabetischer Reihenfolge – Ivo Beeler (FDP), Bernadette Dubs (SP), Hansjörg Germann (CVP), Ruedi Reichmuth (parteilos), Christian Stalder (SVP), Melanie Züger (FDP), Marcel Tanner (FDP) und Markus Oertle (SP).

Legislative

Gesetzgebendes Organ (Legislative) ist die Gemeindeversammlung, die de jure aus der Gesamtheit aller stimmberechtigten Schweizerbürgern besteht. Sie findet mindestens zweimal jährlich statt: Als Rechnungs-Gemeindeversammlung im Juni und als Budget-Gemeindeversammlung im Dezember. Dem Gemeinderat bleibt es vorbehalten, weitere Versammlungen einzuberufen, sollten genügend Geschäfte vorliegen. Zu den Aufgaben der Gemeindeversammlung gehören unter anderem die Wahlen von kantonalen Geschworenen, die Rechtsetzung in Form von Erlassen von Verordnungen und Reglementen, das Bau- und Planungsrecht (kommunaler Richtplan, Bau- und Zonenordnung, Gestaltungspläne, Sondervorschriften), die Festlegung des Steuerfusses und eines Voranschlags sowie die Abnahme der Jahresabrechnung.[33]

Nationale Wahlen

Bei den Nationalratswahlen 2015 betrugen die Wähleranteile in Richterswil: SVP 35.4 %, SP 18.9 %, FDP 15.9 %, glp 7.4 %, CVP 6.9 %, Grüne 5.5 %, BDP 3.3 %, EVP 2.9 %, EDU 1.6 %.[34]

Verkehr

Die Gemeinde Richterswil ist bahnverkehrstechnisch durch die Anbindung an das Netz der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und der Schweizerischen Südostbahn (SOB) erschlossen.

In Richterswil gibt es vier Bahnhöfe (Richterswil, Samstagern, Burghalden, Grüenfeld), die von vier S-Bahn-Linien des Zürcher Verkehrsverbunds bedient werden. Der Bahnhof Richterswil liegt an der Bahnlinie ZürichChur (SBB), die Bahnhöfe Samstagern und Burghalden sowie die Haltestelle Grüenfeld liegen an der Linie WädenswilEinsiedeln (SOB):

Innerhalb der Gemeinde verbindet die Buslinie 170 die Ortsteile Richterswil, Burghalden und Samstagern. Zudem verkehren die Buslinien 175 und 176 zwischen Richterswil und Wollerau; zwischen Samstagern und Pfäffikon SZ fährt die Postauto-Linie 180.

Richterswil hat eine Schiffanlegestelle, die von Kursschiffen der Zürichsee-Schiffahrtsgesellschaft (ZSG) angefahren wird. Unter anderem über die Autobahn A3 Zürich–Chur ist Richterswil mit dem Individualverkehr erreichbar.

Sehenswürdigkeiten

Ruine Alt-Wädenswil

Kirchen

Reformierte Kirche Richterswil

In der Gemeinde Richterswil mit den Ortsteilen Burghalden und Samstagern gibt es folgende Kirchen und christliche Vereinigungen:

Historischer Dorfkern

Richterswil verfügt über einen Dorfkern mit vielen gut erhaltenen Fachwerkhäusern sowie über ein denkmalgeschütztes Bahnhofsgebäude. Der Gasthof «Drei Könige» zeugt von der einst grossen Bedeutung Richterswils als Pilgerdurchgangsort (Wallfahrten nach Einsiedeln). Die Reformierte Kirche Richterswil und die Katholische Kirche Richterswil sind Beispiele für die Sakralarchitektur in der Spätphase des Historismus.

Bemerkenswerte Zivilbauten sind auch das «Doktorhaus» mit Goethesäli, der ehemalige Gasthof «zum Raben», das Haus «zum Bären», Mülenen (ehemalige Heimatwerkschule).[35]

Ruine Alt-Wädenswil

Ebenfalls auf dem Gemeindegebiet befindet sich die Burgruine Alt-Wädenswil, die grösste Festungsruine im Kanton Zürich. Unweit des malerischen Sternensees bei Samstagern sind die Erdwälle einer der zahlreichen Schanzen im konfessionellen Grenzgebiet zur katholischen Zentralschweiz erhalten. Die Schanzwerke waren in den Villmergerkriegen und im Sonderbundskrieg von Bedeutung.

Natur

Die Gemeinde birgt mehrere Aussichtspunkte mit Ausblick auf den Zürichsee, die Inseln Ufenau, Lützelau und Schönenwirt und auf die Vorläufer der Glarner- und Appenzelleralpen. Der wohl bekannteste Ausblicksplatz unweit des Bahnhofs Burghalden wird mit Bezug auf seinen wohl bekanntesten Verehrer als «Gottfried-Keller-Plätzli» bezeichnet. Als reizvoll gelten auch die Uferanlagen (Halbinsel Horn, Zürichseeinsel «Schönenwirt»), die Moränenlandschaft im Richterswiler Berg sowie der 2012 fertig gestellte Uferweg zwischen Wädenswil und Richterswil.

Kunst, Kultur

Schulen

Die Volksschule besteht aus den drei Stufen Kindergarten, Primarschule (erste bis sechste Klasse) und Oberstufe (siebte bis achte/neunte Klasse). Die Schule Richterswil-Samstagern ist organisatorisch in fünf Schuleinheiten (Boden, Dorf, Feld 1, Feld 2, Samstagern) mit je eigener Schulleitung untergliedert. Die Oberstufe wird als dreiteilige Sekundarschule geführt. Während es sowohl in Richterswil als auch in Samstagern Kindergärten und Primarschulhäuser gibt, müssen Schüler aus Samstagern in der siebten bis neunten Klasse nach Richterswil in die Schule.

Bibliothek

Richterswil verfügt über eine Gemeindebibliothek mit einem Angebot an Büchern, Zeitschriften und elektronischen Medien für Erwachsene und Kinder. Ihr Bestand ist in einem zentralen Online-Katalog der Gemeindebibliotheken im Kanton Zürich erschlossen. Darüber hinaus veranstaltet die Bibliothek in unregelmässigem Abstand Lesungen und ist Initiantin eines Lesezirkels.

Museen

Mit dem Ortsmuseum im barocken Fachwerkhaus Bären und der Schausägerei mit Museum in der Sagi Samstagern verfügt die Gemeinde über zwei Museen.

Freizeit

Richterswil verfügt über zwei gemeindeeigene Seebäder am Zürichsee und am Hüttnersee sowie über ein Schulhallenbad im Schulhaus Feld 1, das zu unterrichtsfreien Zeiten öffentlich zugänglich ist. Das Horn ist eine öffentliche Halbinsel, die nicht nur ein beliebter Badeort ist, sondern darüber hinaus weitere Infrastruktur für die Freizeitgestaltung bereitstellt, so etwa ein Beachvolleyballfeld und Grillplätze.

Blick auf die Dorfstrasse

Veranstaltungen

Strassendekoration an der Räbechilbi

Zu den traditionellen Veranstaltungen in Richterswil gehören:

  • Die Räbechilbi, die lokale Variante des alemannischen Räbenlichtbrauchtums, findet jeweils am zweiten Samstag im November statt. Sie hat überregionale Bedeutung und zieht jährlich über 10'000 Besucher nach Richterswil.
  • Die Chilbi (Kirchweih) in Richterswil und die Bergchilbi in Samstagern, die jeweils an aufeinander folgenden Wochenenden (Sa-Mo) im August stattfinden.
  • Die Haaggeri ist ein lokaler Brauch, der in Samstagern am Abend des vorletzten Arbeitstages (anderletzten Werchnacht) des Jahres begangen wird. Dabei geht es nach alter Tradition um das Austreiben von bösen Geistern mit Geisseln, Glocken und dem "Haaggeri", einem geschnitzten Pferdekopf, mit dem Gruppen von je vier bis acht ledigen Burschen an den Fenstern der (Bauern-)Häuser um Geld betteln.

In jüngster Zeit haben sich weitere regelmässig stattfindende kulturelle Veranstaltungen etabliert:

  • Die Beachparty Richterswil, die seit 1998 einmal jährlich auf der Halbinsel Horn stattfindet.
  • Das Open-air-Kino Ciné au Lac, das seit den 1990er Jahren jeweils während einer Woche im Juli auf der Halbinsel Horn stattfindet.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Heinrich Peter: Von den Anfängen bis zur Reformation. (= Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 1). Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1975.
  • Heinrich Peter: Zweieinhalb Jahrhunderte unter der Herrschaft der Stadt Zürich: die Landvogteizeit 1550–1798. (= Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 2). Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1975.
  • Heinrich Peter: Die Franzosenzeit (Helvetik und Mediation). (= Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 3). Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1980.
  • Heinrich Peter: Der eigene Weg zur Freiheit (Restauration – Regeneration – Sonderbundkrieg). (= Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 4). Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1983.
  • Heinrich Peter: Politische, wirtschaftliche und bauliche Geschichte der Gemeinde. Das Dorf als Kulturzentrum. (= Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 5). Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1985.
  • Heinrich Peter: Geschichte der Gemeinde Richterswil: von den Anfängen bis zum Jahr 1918 und mit einem kurzen Überblick bis 1985. Sonderaufl. Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1986.
  • Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Kurt Wild: Alt-Richterswil: ein kulturgeschichtlicher Bilderbogen. Verlag Buchdruckerei Richterswil, Richterswil 1992.
  • Hermann Fietz: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, Band II: Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen. (= Kunstdenkmäler der Schweiz. Band 15). Hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK. Bern 1943. DNB 365803049.
Commons: Richterswil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Höhenbereich aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  2. Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
  3. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  4. Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
  5. Richterswil in Zahlen. Homepage der Gemeinde Richterswil. Abgerufen am 23. Juli 2014.
  6. Statistisches Amt des Kantons Zürich – Datenbank (Gemeindeporträts). Abgerufen am 23. Juli 2014
  7. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
  8. 'Richterswil' in der Datenbank von ortsnamen.ch. Abgerufen am 25. Juli 2014.
  9. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz..
  10. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  11. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  12. Die Düngung mit Gülle soll am Zürichsee erfunden worden sein. Vgl. Johann Rudolf Tschiffeli: Briefe über die Stallfütterung (1773), in: Abhandlungen und Beobachtungen durch die ökonomische Gesellschaft zu Bern, 13. Jg., 2. Stück, Bern o. J., S. 2–47, hier: S. 37.
  13. Otto Hunziker (Hrsg.): Zeitgenössische Darstellungen der Unruhen in der Landschaft Zürich, 1794–1798, Basel 1897 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttps%3A%2F%2Fwww.e-helvetica.nb.admin.ch%2FdirectAccess%3Fcallnumber%3Dnbdig-56839~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D), S. 100.
  14. Vgl. (Johann Kaspar Billeter:) Geschichte von den politischen Bewegungen im Kanton Zürich, vom Jahr 1795. 2. Aufl., Stäfa 1798 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DGhBaAAAAcAAJ%26printsec%3Dfrontcover%26dq%3DGeschichte%2Bvon%2Bden%2Bpolitischen%2BBewegungen%2Bim%2BKanton%2BZ%C3%BCrich%26hl%3Dde%26sa%3DX%26ved%3D0ahUKEwiqn4_7qP7QAhWnBsAKHYfBDWMQ6AEIIDAB%23v%3Donepage%26q%26f%3Dfalse~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D).
  15. Vgl.Holger Böning: Der Traum von Freiheit und Gleichheit. Helvetische Revolution und Republik (…) Orell Füssli Verlag, Zürich 1998, S. 119–127.
  16. Z. B. Repräsentative Demokratie, Gleichheit vor dem Gesetz, Religions- und Pressefreiheit, Handels- und Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit, einheitliche Währung, einheitliche Masse und Gewichte.
  17. Wie die amerikanischen Präsidenten über Wahlmänner.
  18. Vorher war es nur eine Kirchgemeinde gewesen.
  19. Als Erster wurde alt Kirchenvogt Heinrich Bär Präsident der elfköpfigen Munizipalität (Einwohnergemeinderat), alt Landrichter Reichart Präsident der neunköpfigen Gemeindekammer (Bürgergemeinderat), Weissgerber Konrad Leuthi Agent, Kunstmaler Johann Jakob Aschmann aus Thalwil Distriktsstatthalter, Chirurg Johann Kaspar Pfenninger aus Stäfa Regierungsstatthalter des Kantons Zürich. Die beiden Letzteren waren 1795 als Freiheitskämpfer schwer bestraft worden.
  20. Antoine-Henri Jomini: Histoire critique et militaire des guerres de la Révolution. Nouvelle édition (…) 12. Band, Paris 1822 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DNklj4lB9o7QC%26pg%3DPP13%26dq%3DJomini%2BHistoire%2Bcritique%2Bet%2Bmilitaire%2BLivre%2BXV%26hl%3Dde%26sa%3DX%26ved%3D0ahUKEwipwdvXjIDRAhVDUBQKHb-dAP0Q6AEIHTAA%23v%3Donepage%26q%26f%3Dfalse~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D), S. 59, 83, 260 f.
  21. Heinrich Peter: Aus der Ortsgeschichte von Richterswil. Band 3, Richterswil 1980, S. 49. Diese Tatsache widerlegt Peters These, dass Richterswil die Helvetik abgelehnt habe.
  22. Johann Jakob Leuthy: Vollständige Geschichte von dem Bocken-Krieg Anno 1804. Nach authentischen Quellen bearbeitet (…) Zürich 1838 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DqB5CAAAAcAAJ%26printsec%3Dfrontcover%26dq%3DLeuthy%2BBocken-Krieg%26hl%3Dde%26sa%3DX%26ved%3D0ahUKEwi7pILDwPvQAhUHK8AKHYAzDWkQ6AEIHDAA%23v%3Donepage%26q%26f%3Dfalse~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D), S. 39, 66, 99, 101, 140.
  23. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  24. Ratifikation des Verkaufs der Insel Schönenwerd vom 21. Oktober 1848. Staatsarchiv Zürich (online).
  25. Gesellschaft historischer Springbrunnen Richterswil
  26. Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  27. Schützenswerte Ortsbilder von nationaler Bedeutung. In: Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz. Abgerufen am 17. April 2011.
  28. Richterswil in Zahlen. Homepage der Gemeinde Richterswil. Abgerufen am 23. Juli 2014.
  29. Richterswil in Zahlen. Homepage der Gemeinde Richterswil. Abgerufen am 23. Juli 2014.
  30. Statistisches Amt des Kantons Zürich – Datenbank (Gemeindeporträts). Abgerufen am 25. Juli 2014.
  31. Daten bis 1940 aus Heinrich Peter, Peter Ziegler: Richterswil. In: Historisches Lexikon der Schweiz (online). Daten seit 1963 von: Statistisches Amt des Kantons Zürich – Datenbank (Gemeindeporträts). Abgerufen am 28. Juli 2014.
  32. Gemeinderat. Homepage der Gemeinde Richterswil. Abgerufen am 25. Juli 2014.
  33. 'Gemeindeversammlung' Homepage der Gemeinde Richterswil. Abgerufen am 25. Juli 2014.
  34. Vergleich zur letzten Wahl, zuletzt abgerufen am 7. Dezember 2015.
  35. Peter Ziegler: Mühlenen Richterswil. Heimatwerkschule. (Schweizerische Kunstführer, Nr. 295). Hrsg. Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. Bern 1981, ISBN 3-85782-295-3.