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Kupferhort von Lüstringen

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Der Kupferschatz von Osnabrück ist ein Hort mit Kupfergegenständen, bestehend aus drei Hals- oder Brustschmuckstücken (Lunulae) und einer frühen Axt. Der Hort wurde Mitte des Jahres 2016 bei Baumaßnahmen für ein Regenrückhaltebecken im Osnabrücker Stadtteil Lüstringen entdeckt. Archäologen rechnen die etwa 4500 Jahre alten Fundgegenstände der ausgehenden Jungsteinzeit bzw. der Kupfersteinzeit zu. Sie zählen zu den ältesten Metallfunden in Norddeutschland.

Fundstelle

Der Hort fand sich am östlichen Stadtrand von Osnabrück auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche östlich der Sandforter Straße in Höhe eines städtischen Umspannwerkes. Dies ist ein Bereich zwischen der Bahnstrecke Osnabrück-Hannover im Norden und dem Fluss Hase im Süden. Es handelt sich um einen Niederungsbereich, an den sich ein Niederungsmoor anschließt.

Planungen zum Bau des Regenrückhaltebeckens im Bereich der späteren Fundstelle bestanden seit dem Jahr 2006. [1] Die Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück war seit 2012 von dem Bauvorhaben unterrichtet. Das Becken war als Bodenaushub auf einer Ackerfläche mit Eschboden vorgesehen. Diese im Osnabrücker Land weit verbreitete Bodenart wird vor Baumaßnahmen üblicherweise auf Bodenfunde überprüft, da bei Eschböden vorgeschichtliche Fundstellen oberflächlich nicht erkennbar sind. In Kenntnis der Lage in einem Niederungsbereich prognostizierten die Archäologen eine geringe archäologische Fundhöffigkeit, da sie in dem feuchten Gelände keine Siedlungsstrukturen erwarteten. Daher unterblieb eine archäologische Voruntersuchung, deren Kosten gemäß dem im Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz verankerten Verursacherprinzip durch den Bauherren in Form der Stadtwerke Osnabrück zu tragen gewesen wären.

Fund

Entdeckung

Ein ehrenamtlich für die Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück tätiger Sondengänger stieß am 22. Juni 2016 auf der Baustelle des Regenrückhaltebeckens mittels eines Metalldetektors auf die Fundstücke. Sie lagen dicht unter der Oberfläche im mittelalterlichen Eschboden. Er überwachte die Baustelle, auf der die Arbeiten Anfang Juni 2016 begonnen hatten[2], routinemäßig im Rahmen einer genehmigten Prospektion. Bei einer unverzüglichen Nachsuche auf dem Fundgelände stellten Archäologen im Nahbereich weitere Befunde fest. Den Hort bargen sie als etwa 500 Kilogramm schwere Blockbergung, da sie weitere Fragmente der Fundstücke im Boden vermuteten. Das Freipräparieren des Erdblocks und die Untersuchungen an den Fundstücken erfolgten im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover.

Beschreibung

Zum Hort gehören eine Knaufhammeraxt sowie drei als Hals- oder Brustschmuckstücke ausgeprägte Lunulae. Die Gegenstände bestehen aus Kupfer mit hohen Anteilen an Arsen und Bismut. Der hohe Arsengehalt erleichterte die Verarbeitung beim Schmelzen sowie Gießen und lässt das Metall sehr hell erscheinen. Das Kupfer ist nach einem im südosteuropäischen Raum entwickelten Fertigungsverfahren hergestellt worden.[3] Vorbehaltlich der näheren Untersuchungsergebnisse schätzen die Archäologen das Alter der Fundstücke auf rund 4500 Jahre, so dass sie der Kupfersteinzeit etwa 500 Jahre vor Beginn der Bronzezeit zuzurechnen sind.

Präsentation

Zeitweise Ausstellung der Fundstücke im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück

Zur Entdeckungsgeschichte des Horts wurde ein Film produziert. Er zeigt unter anderem die Suche mit der Metallsonde und die Arbeit in der Restaurierungswerkstatt. Das Fundensemble steht nach dem im Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz niedergelegten Schatzregal im Eigentum des Landes Niedersachsen. Die Fundstücke werden nach Abschluss der Untersuchungen der Öffentlichkeit ab dem 16. Dezember 2016 einen Monat lang im Kulturgeschichtlichen Museum Osnabrück gezeigt.[4] Dauerhaft sollen sie im Landesmuseum für Natur und Mensch in Oldenburg präsentiert werden. Der Landtagsabgeordnete Burkhard Jasper fordert einen Verbleib der Fundstücke in Osnabrück, um sie im Kontext der örtlichen Archäologie zu zeigen.[5]

Landtagsanfrage

Im September 2016 richtete der Landtagsabgeordnete Burkhard Jasper aus Osnabrück zum Hortfund eine Kleine Anfrage an die Niedersächsische Landesregierung. Die Anfrage mit dem Titel „Wären die Fundgegenstände in der Stadt Osnabrück mit einem Alter von etwa 4500 Jahren beinahe verloren gegangen?“ enthält auf Grundlage eines Zeitungsartikels in der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 27. Juli 2016 Fragen zu den Fundumständen, die Information der Öffentlichkeit und die Präsentation der Fundstücke in Osnabrück.[6] Der Abgeordnete fragte unter anderem, warum das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege nicht über das Bauvorhaben informiert war und warum im Vorfeld der Bauarbeiten keine nähere archäologische Untersuchung des Eschbodengeländes erfolgt ist. Darauf antwortete die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur Gabriele Heinen-Kljajić namens der Landesregierung, dass die Stadt- und Kreisarchäologie Osnabrück als Untere Denkmalbehörde originär zuständig war. Laut dem Ministerium ließ die Lage in einem Niederungsbereich die Wahrscheinlichkeit für archäologische Funde als gering erscheinen. Es handele sich beim Fundort um eine Sonderfundstelle außerhalb der Siedlungsstruktur, an der die Gegenstände intentionell niedergelegt wurden. Das heißt, dass der Hortfund nicht zu erwarten war.

Bedeutung

Die Forscher messen dem unter wissenschaftlichen Bedingungen geborgenen Fundkomplex eine hohe Bedeutung zu. Er bietet ihnen die Möglichkeit, die frühe Metallnutzung und die Herausbildung von Eliten in der ausgehenden Jungsteinzeit zu untersuchen. Sie halten den Fund für überregional bedeutsam, da er in dieser Zusammensetzung mit einer datierbaren Axtform erstmals in Deutschland nachgewiesen wurde. Die Hortgegenstände zählen mit einem Alter von etwa 4500 Jahren zu den ältesten Metallfunden in Norddeutschland. Einzigartig sind die drei gefundenen Lunulae, weil sie aus Kupfer gefertigt sind. Die bisher gefundenen Exemplare stammen aus der Bronzezeit und bestehen aus Gold oder in seltenen Fällen aus Bronze. Die Lunulae des Hortes von Lüstringen sind wesentlich älter als die bisher bekannten Lunulae.

Die Fundstelle liegt nahe einem alten Fernweg, den Megalithgräber und Grabhügel säumen. Der Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege Stefan Winghart hält einen kulturell-soziologischen Zusammenhang zu Großsteingräbern, wie den etwa einen Kilometer von der Fundstelle entfernten Teufelssteinen und den rund 500 Meter entfernten Gretescher Steine, für sehr wahrscheinlich.[7]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Neubau Regenrückhaltebecken in Osnabrück bei Hofschröer.de.
  2. Neues Regenrückhaltebecken an der Sandforter Straße in Osnabrück bei Stadtwerke Osnabrück vom 2. Juni 2016.
  3. Fund in Osnabrück: Schmuck aus der Jungsteinzeit in: Grafschafter Nachrichten vom 23. August 2016.
  4. Sebastian Philipp: Bronzezeit-Funde werden in Osnabrück ausgestellt in Neue Osnabrücker Zeitung vom 9. Dezember 2016.
  5. Sebastian Philipp: Funde aus Bronzezeit: Jasper fordert dauerhafte Ausstellung in Neue Osnabrücker Zeitung vom 28. September 2016.
  6. Wären die Fundgegenstände in der Stadt Osnabrück mit einem Alter von etwa 4500 Jahren beinahe verloren gegangen? Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung - Drucksache 17/6428 -. Anfrage des Abgeordneten Burkhard Jasper (CDU) an die Landesregierung, eingegangen am 02.09.2016, Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur namens der Landesregierung vom 24.09.2016 (pdf, 44 kb).
  7. Ulrich Eckseler: Osnabrücker Sondengänger rettet wertvollen Schmuck in Neue Osnabrücker Zeitung vom 27. Juli 2016. Analog: Ulrich Eckseler: Sondengänger rettet wertvolle Stücke in Osnabrück in: Grafschafter Nachrichten vom 30. Juli 2016.

Koordinaten: 52° 15′ 50,9″ N, 8° 7′ 10,9″ O