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Hans-Christian Ströbele

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Hans-Christian Ströbele

Hans-Christian Ströbele (* 7. Juni 1939 in Halle (Saale)) ist ein deutscher Rechtsanwalt und Politiker der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Er ist seit 2002 stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Ausbildung und Beruf

Nach dem Abitur 1959 am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Marl leistete Ströbele zunächst seinen Wehrdienst ab, lehnte aber die übliche Beförderung zum Gefreiten ab.

Danach absolvierte er ab 1960 ein Studium der Politologie und der Rechtswissenschaft an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Freien Universität Berlin, welches er mit beiden juristischen Staatsexamen beendete. Am 2. Juni 1967 tritt er als Rechtsreferendar in das Anwaltsbüro Mahler ein. Sein Ziel war es, in den zu dieser Zeit zahlreichen Strafverfahren gegen Studierende und andere Beteiligte an Demonstrationen und anderen Aktionen Unterstützung anzubieten.

Seit 1969 ist er als Rechtsanwalt tätig. Am 1. Mai 1969 gründete er mit Horst Mahler und dem späteren Berliner Verfassungsrichter Klaus Eschen das so genannte Sozialistische Anwaltskollektiv in Berlin, um die oben beschriebenen Ziele mit einer größeren Gruppe von Anwälten verfolgen zu können. Ab 1970 übernahm Ströbele die Verteidigung von RAF-Angehörigen, wurde dann aber 1975 von der Verteidigung vor dem Gericht in Stuttgart-Stammheim ausgeschlossen.

Im Jahr 1979 löste sich das Sozialistische Anwaltskollektiv auf. Wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung als Verteidiger für die Gefangenen aus der RAF in den Jahren 1970 bis 1975 wurde Ströbele 1980 von der 2. Großen Strafkammer beim Landgericht Berlin zu einer Freiheitsstrafe von zunächst 18 Monaten auf Bewährung verurteilt, da er am illegalen Informationssystem der RAF-Terroristen beteiligt gewesen war. Dieses Urteil wurde 1982 von der 10. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts auf 10 Monate reduziert.

Familie

Der Vater von Hans-Christian Ströbele war zum Zeitpunkt von dessen Geburt Chemiker in den Buna-Werken in Schkopau. Bei dem Rückzug aus der späteren Sowjetischen Besatzungszone im Sommer 1945 nahm die US-Armee deutsche Akademiker und deren Familien mit und setzte sie in der Westzone ab. Auf diese Weise gelangte die Familie Ströbele nach Marl. Sein Onkel war der Hörfunkjournalist Herbert Zimmermann, der durch seine Reportage über das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 1954 bekannt wurde.

Hans-Christian Ströbele ist seit 1967 verheiratet.

Partei

Von 1970 bis 1975 war Ströbele Mitglied der SPD. Die Partei schloss ihn aus, weil er in einem Brief die Terroristen der RAF als „liebe Genossen“ bezeichnet hatte. 1980 gehörte er zu den Mitbegründern der Alternativen Liste für Demokratie und Umweltschutz (AL), dem späteren Landesverband der Grünen in Berlin. 1990 wurde Ströbele zum Sprecher der Bundespartei Die Grünen gewählt, trat aber im Februar 1991 zurück, nachdem seine Aussagen in einem Interview als Rechtfertigung für irakische Raketenangriffe auf Israel verstanden worden waren.

Abgeordneter

Über das bei den Grünen damals herrschende Rotationsverfahren rückte Ströbele als Nachrücker für Dirk Schneider am 31. März 1985 in den Deutschen Bundestag nach, dem er dann bis zum Ende der 10. Wahlperiode 1987 angehörte. In dieser Legislaturperiode war Ströbele für die Grünen Mitglied im Rechtsausschuss und im Flick-Untersuchungsausschuss.

Hans-Christian Ströbele (1987)

Seit 1998 ist er erneut Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier wurde er nach der Bundestagswahl 2002 im Oktober 2002 zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen gewählt. Gleichzeitig ist er seitdem Koordinator des Fraktionsarbeitskreises Recht, Frauen, Familie, Senioren, Bildung, Jugend. Daneben ist Ströbele unter anderem Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages, welches die Arbeit der Geheimdienste überwacht. Außerdem war er der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen im Untersuchungsausschuss zur Parteispendenaffäre um den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl.

Bei der Bundestagswahl 2002 gewann er mit 31,6 % der Stimmen im Wahlkreis 84 (Berlin-Friedrichshain - Kreuzberg - Prenzlauer Berg-Ost) das erste Direktmandat für seine Partei und zog damit, trotz fehlender Kandidatur auf der Landesliste, in den Bundestag ein.

Für die Bundestagswahl im Herbst 2005 verzichtete Ströbele zu Gunsten von Marek Dutschke, welcher allerdings bei der Kandidatenaufstellung des Landesverbandes seiner Partei scheiterte, auf einen Platz auf der Landesliste. Er bewarb sich aber wieder um ein Direktmandat im Wahlkreis Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg (84) von Berlin. Seine stärksten Konkurrenten waren dabei der türkischstämmige Kandidat der SPD, Ahmet Iyidirli, und Cornelia Reinauer von der Linkspartei. Bei der Wahl am 18. September 2005 erhielt er erneut die Mehrheit der Erststimmen in seinem Wahlkreis und zog mit einem Direktmandat in den Bundestag ein, wobei er im Vergleich zu 2002 seinen Stimmenanteil steigern konnte (2005: 43,2%; 2002: 31,6%). Auch bei dieser Wahl war er der einzige Grüne, welcher über ein Direktmandat den Einzug in den Bundestag schaffte.

Politische Positionen

Ströbele zählt zur Parteilinken und ist vehementer Gegner von Einsätzen der Bundeswehr im Ausland, auch wenn er sich selbst nicht als Pazifisten bezeichnet und z.B. in den 1980ern eine Sammlung für Waffen an Aufständische in El Salvador unterstützt hat. Seine wichtigsten Arbeitsbereiche liegen im Bereich der Rechts-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Besonders setzt er sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Bürgerrechte ein. In diesem Zusammenhang wirkt er gegen den Großen Lauschangriff oder die verstärkte Kriminalisierung von Graffiti-Sprayern. Er tritt seit vielen Jahren für eine Legalisierung bzw. Entkriminalisierung von Cannabis ein. Dabei trat er auch als Redner auf der Hanfparade auf. Bekannt geworden ist er 2002 mit dem Spruch "Gebt das Hanf frei", der als Basis für einen erfolgreichen Song von Stefan Raab diente. Ursprünglich ging es dabei um die Freigabe von 63 Faserhanf-Pflanzen, die, fast völlig THC-frei, aus einem staatlich geförderten legalen Anbau in der Uckermark stammten und bei der Hanfparade 2002 von der Polizei beschlagnahmt worden waren.

Im November 2005 brachte sich der Katholik Ströbele erneut in die Medien, da er die deutsche Staatsbürgerschaft des deutschen Papstes Benedikt XVI. anzweifelte. Nach Auffassung Ströbeles hätte der Papst seine deutsche Staatsbürgerschaft durch den Erhalt der vatikanischen Staatsbürgerschaft verloren, da nach Paragraf 25 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) jeder die deutsche Staatsbürgerschaft verliere, sobald er eine ausländische Staatsbürgerschaft beantragt und angenommen habe. Ströbele will mit seiner Anfrage an die Bundesregierung hierbei jedoch nicht die deutsche Staatsbürgerschaft des Papstes anzweifeln, sondern auf den Missstand aufmerksam machen, dass jemand seine deutsche Staatsbürgerschaft verliert, sobald er eine andere Staatsbürgerschaft annimmt.