Kastell Oberstimm
Kastell Oberstimm | |
---|---|
Limes | ORL NN (RLK) |
Datierung (Belegung) | claudisch |
Typ | Kohortenkastell |
Bauweise | a) Holz-Erde b) Stein |
Ort | Oberstimm |
Geographische Lage | 48° 0′ 0″ N, 11° 0′ 0″ O |
Höhe | 370 m ü. NHN |
Vorhergehend | Römisches Militärlager Ingolstadt-Zuchering (Kastell I) (südwestlich) |
Anschließend | Kastell Eining (nordöstlich) |
Vorgelagert | Kastell Kösching (nördlich) |

Das Kastell Oberstimm war ein römisches Kohortenkastell bei Oberstimm, einem Ortsteil des Marktes Manching im Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm, Bayern. Die Anlage wurde zunächst zur Sicherung des Donaulimes errichtet und nach der Vorverlegung der Grenzanlagen verstärkt als Nachschub-und Versorgungsbasis genutzt.
Lage
Die Römer nutzten bei der Errichtung des Kastells die bereits von den Kelten angelegte wegetechnische Infrastruktur und errichteten die Anlage an der Kreuzung zweier wichtiger Verkehrsverbindungen. Eine Trasse verlief auf der südlichen Niederterrasse der Donau von Westen nach Osten, die andere querte als Furt den Fluß von Norden nach Süden. Die Garnison lag mit ihrer Westfront fast unmittelbar am südlichsten Donauarm des zu dieser Zeit stark verästelten Stroms. Bis heute umschreibt die Manchinger Straße im historischen Ortszentrum die Ost- und Südfront des Kastells, während die Barthelmarktstraße den ungefähren Verlauf der nördlichen Umwehrung der Garnison widerspiegelt.
Forschungsgeschichte
Erste Hinweise auf eine römische Siedlungsstelle lieferte ein Gräberfeld, das 1866/67 während des Eisenbahnbaus von München nach Ingolstadt angeschnitten wurde. Erste Vermutungen, daß in Oberstimm ein Kastell bestanden haben könnte, ließen sich zu dieser Zeit noch nicht belegen. Erst dem Major und Archäologiepionier Hermann Witz (1868−1936) gelang es mit Unterstützung des Historischen Vereins Ingolstadt im Jahr 1909 in der Flur „Auf der Wiege“ erste Mauerzüge der Garnison freizulegen. Danach kam es zu einem jahrzehntelangen Stillstand der Forschungen. Im Jahr 1955 beschäftigte sich der Archäologe Günter Ulbert mit dem Datierungsansatz des Kastells. Fundstücke im damaligen Schloß-Museum Ingolstadt, heute das Stadtmuseum, wiesen eindeutig auf eine claudische Zeitstellung hin.[1] In Oberstimm selber war der dortige Volksschulrektor und Hobbyarchäologe Josef Kneitinger in den Nachkriegsjahren tätig. Er beobachtete Tiefbauarbeiten und barg dabei zahlreiche Fundstücke. Es gelang ihm bei seiner Tätigkeit auch, den ungefähren Verlauf der Grabenanlage des Kastells festzustellen. Auf Basis dieser Forschungen begannen ab 1968 die wissenschaftlichen Ausgrabungen auf dem Kastellgelände, die der Archäologe Hans Schönberger, assistiert durch den Grabungstechniker Heinz-Jürgen Köhler, im Auftrag der Römisch-Germanischen Kommission leitete.[2] Dies Grabungskampagnen endeten 1971. Im Jahr 1982 wurden nordöstlich des Kastells große Hallenbauten entdeckt, die als Horrea (Speicherbauten) interpretiert werden konnten. Von 1984 bis 1987 fanden erneut Grabungen auf dem Kastellareal statt. Rund 50 Meter westlich des Kastellareals stieß Köhler dabei 1986 bei einem Baggerabzug auf eine verlandete römerzeitliche Schifflände. Es gelang dort, zwei rund 17 Meter lange Militärschiffe bergen, die heute zu den Glanzpunkten des Kelten-Römer-Museums in Manching gehören. In der Folge fanden auch von 1990 bis 1992 Untersuchungen auf dem Kastellgelände statt.[3]
Horrea
Bewuchsmerkmale in einer landwirtschaftlich genutzten Fläche nordöstlich des römerzeitlichen Kastells ließen im Frühsommer 1981 ungewöhnlich große Bauten erkennen. Bereits im Herbst desselben Jahres gelange es im Einklang mit geplanten Flurbereinigungsmaßnahmen, auf in dem mutmaßlichen Areal erste archäologische Suchschnitte durchzuführen. Dies führte zu ersten Hinweisen auf römische Gebäudespuren. Im Frühjahr 1982 bestätigten weitere Untersuchungen den römischen Ursprung der Bauten. Diese waren in Holzbauweise errichtet worden und bestanden aus zwei großen, dreischiffigen Hallenbauten von je 51 × 27 Metern Größe, die sich mit ihren Schmalseiten gegenüberstanden.[4] Die Größe der Bauten weist auf einen Lebensmittelumschlag hin, der die gewöhnlichen Bedürfnisse der Oberstimmer Garnison bei weitem übertraf und auf einen überregionale Versorgungsstützpunkt hinweist.[3]
Fundverbleib
Funde aus dem Kastell und den dazugehörigen Anlagen befinden sich im Kelten-Römer-Museum in Manching.
Denkmalschutz
Das Kastell Oberstimm und die erwähnten Anlagen sind als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG) geschützt. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.
Siehe auch
Weblinks
Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Schiffen von Oberstimm., Römisch-Germanisches Zentralmuseum, www2.rgzm.de; abgerufen am 11. Dezember 2016.
Literatur
Kastell und weitere militärische Einrichtungen
- Hans Schönberger, Heinz-Jürgen Köhler, Hans-Günther Simon (Hrsg.): Neue Ergebnisse zur Geschichte des Kastells Oberstimm. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 70 (1989), S. 315−319.
- Hans Schönberger, Heinz-Jürgen Köhler, Olaf Höckmann: Die östliche Umwehrung des Kastells Oberstimm und Schiffe mediterraner Bauart auf seiner Westseite. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 1987 (1988), S. 106 ff.
- Hans Schönberger, Heinz-Jürgen Köhler, Olaf Höckmann: Die Ostumwehrung des Kastells Oberstimm − Schiffe mediterraner Bauart auf seiner Westseite. In: Germania 66 (1988), S. 170 ff.
- Karl-Heinz Rieder: Römische Hallenbauten bei Oberstimm, Gde. Manching, Lkr. Pfaffenhofen a.d. Ilm, Oberbayern. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 1982 (1983), S. 101−103.
- Hans Schönberger u.a.: Kastell Oberstimm. Die Grabungen von 1968 bis 1971. (= Limesforschungen − Studien zur Organisation der römischen Reichsgrenze an Rhein und Donau 18), Mann, Berlin 1978.
- Hans Schönberger: Die Wasserversorgung des Kastells Oberstimm. In: Germania 54 (1976), S. 403 ff.
- Hans Schönberger: Das Römerkastell Oberstimm. Bericht über die Grabungen von 1968 bis 1971. In: Bayerische Vorgeschichtsblätter 37 (1972), S. 31−37; der selbe Bericht auch in: Archäologisches Korrespondenzblatt 2, (1972); S. 207−209.
- Hans Schönberger: Das Römerkastell Oberstimm. Bericht über die Ausgrabungsergebnisse der Jahre 1968 bis 1971 In: Ingolstädter Heimat-Blätter 34 (1971), S. 37−40.
- Günter Ulbert: Zum claudischen Kastell Oberstimm (Landkreis Ingolstadt). In: Germania 35 (1957), S. 318−327.
Militärschiffe
- Ronald Bockius, Wolfgang Böhler, Sylvia Cebulla, Guido Heinz, Andreas Marbs, Ellen Raskop: Die römerzeitlichen Schiffsfunde von Oberstimm in Bayern (= Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 50), Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz 2002, ISBN 978-3-88467-068-2.
- Albert Kremer: Die Bergung der Römerschiffe von Oberstimm. In: Arbeitsblätter für Restauratoren: Gruppe 20 - Grabungstechnik, 30, Heft 2 (1997), S. 325−328.
- Claus-Michael Hüssen, Karl Heinz Rieder, Holger Schaaff: Die Römerschiffe in Oberstimm − Ausgrabung und Bergung. In: Das Archäologische Jahr in Bayern 1994 (1995), S. 112 ff.
- Olaf Höckmann: Römische Schiffsfunde westlich des Kastells Oberstimm. In: In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 70 (1989), S. 321 ff.
Anmerkungen
- ↑ Wolfgang Czysz (Hrsg.): Provinzialrömische Forschungen. Festschrift für Günther Ulbert zum 65. Geburtstag. Marie Leidorf, Espelkamp 1995, ISBN 3-89646-000-5, S. 95.
- ↑ Nils Müller-Scheeßel, Knut Rassmann, Siegmar von Schnurbein: Die Ausgrabungen und Geländeforschungen der Römisch-Germanischen Kommission. In: Bericht der römisch-germanischen Kommission 82 (2001); S. 291−362; hier: S. 344.
- ↑ a b Christina Wawrzinek: In portum navigare. Römische Häfen an Flüssen und Seen. De Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-05-009467-0, S. 326.
- ↑ Helmut Bauer: Die Donau zwischen Lech und Altmühl: Geschichte und Gegenwart einer Kulturlandschaft. Donau Kourier, Ingolstadt 1987, ISBN 3-920253-20-5, S. 29.