Pidwolotschysk
Pidwolotschysk | ||
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Підволочиськ | ||
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Basisdaten | ||
Staat: | ![]() | |
Oblast: | Oblast Ternopil | |
Rajon: | Rajon Pidwolotschysk | |
Höhe: | 272 m | |
Fläche: | 9,06 km² | |
Einwohner: | 7.977 (2004) | |
Bevölkerungsdichte: | 880 Einwohner je km² | |
Postleitzahlen: | 47805 | |
Vorwahl: | +380 3543 | |
Geographische Lage: | 49° 32′ N, 26° 5′ O | |
KOATUU: | 6124655100 | |
Verwaltungsgliederung: | 1 Siedlung städtischen Typs | |
Verwaltung | ||
Bürgermeister: | Borys Didenko | |
Adresse: | вул. А. Шептицького 4 47800 смт. Підволочиськ | |
Website: | Pidvolochysk | |
Statistische Informationen | ||
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Pidwolotschysk (ukrainisch Підволочиськ; russisch Подволочиск/Podwolotschisk, polnisch Podwołoczyska) ist eine Siedlung städtischen Typs in der Westukraine am rechten Ufer des Flusses Sbrutsch und etwa 50 km östlich der Gebietshauptstadt Ternopil gelegen.
Geschichte
Der Ort wurde 1463 zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Schon damals gab es beiderseits des Flusses Sbrutsch (poln.: Zbrucz) Siedlungen an einem wichtigen Handelsweg, die linksseitig gelegene Siedlung, heute Wolotschysk entwickelte sich aber besser als die rechtsufrig liegende Siedlung, deren Name „bei/unter Wolotschysk“ gelegen bedeutet. Sie lag zunächst im Königreich Polen (bis 1569) und gehörte der Adelsfamilie Zbaraski, später der Familie Wiśniowiecki und ab 1744 der Adelsfamilie Moszyński (dann in der Adelsrepublik Polen-Litauen in der Woiwodschaft Podolien). Mit der Teilung Polens 1772 fiel die kleine Siedlung an das neu entstandene Kronland Galizien innerhalb Österreichs und gehörte zunächst administrativ zum Kreis Tarnopol, mitsamt diesem wurde sie zwischen 1809 und 1815 kurzzeitig ein Teil des Russischen Reiches, kam aber danach wieder zu Galizien und wurde 1850 Teil des neu geschaffenen Bezirks Skalat.
Handelsknotenpunkt
Infolge des Eisenbahnbaus der Strecke Tarnopol–Podwołoczyska (Teil der Galizischen Carl Ludwig-Bahn mit Weiterführung nach Kiew[1]) in den Jahren 1869 bis 1871 kam dem bis dahin eher unbedeutenden Grenzort neue Bedeutung zu
Der letzte Abschnitt der Gleise auf der österreichischen Seite bis zum Flussufer erwies sich als schwierig, denn es musste durch einen Berg ein ein Kilometer langer und 40 Meter hoher Tunnel gegraben werden. Angesichts der damals verfügbaren technischen Mittel war dies eine große Herausforderung. Die Österreicher rekrutierten Arbeiter unter den Bauern aus den umliegenden Dörfern. Die Arbeiter mussten ihre schweren Werkzeuge zu Fuß tragen und täglich eine Distanz von 2 bis 3 Kilometer zur Baustelle bewältigen. Am Bestimmungsort waren sie bereits geschwächt, um die schwierige Arbeit zu leisten. Es entstanden deshalb Behausungen vor Ort.
Nach Fertigstellung der Bahnverbindung entwickelte sich Pidwolotschysk zunehmend zu einer wichtigen Drehscheibe für Import- und Exportgüter zwischen Russland und Mitteleuropa. Ursächlich war dafür, dass die Spurenweite der Galizischen Carl Ludwig-Bahn schmaler war, als die der Bahnstrecke der Kiew-Brester Eisenbahn und die Züge nicht durchfahren konnten. Handelswaren mussten deshalb in Pidwolotschysk umgeladen werden und Reisende umsteigen. Ein großer Umlade- und Umsteigebahnhof entstand. Nachdem die Züge zu unterschiedlichen Zeiten eintrafen, entstanden zahlreiche Lagerhäuser zur Zwischenlagerung der Güter, Hotels zur Übernachtung der Reisenden und ein Zollamt. Schwerpunkt war der Handel mit russischem Getreide, Holz und Eiern. Es entstanden zwei Fabriken zur Erzeugung von Albumin aus Eiern, zwei Getreidemühlen und zwei Ziegeleien. Neben vielen Handwerksbetrieben und Handelsgeschäften fanden sich allein 43 Getreidehändler. Pidwolotschysk entwickelte sich zum wichtigsten Grenzübergang zwischen Österreich und Russland, in dem zahlreiche Handelsfirmen aus ganz Europa vertreten waren.[2] Gleichzeitig erwarben aus Russland kommende Reisende westliche Kleidung vor ihrer Weiterreise in den Westen. So wurde der Ort zu einem blühenden Handelsknotenpunkt. Bekannt war vor allem die Eierbörse, welche längere Zeit die Eierpreise in Mittel- und Osteuropa bestimmte. Täglich wurden die Eierpreise telegraphisch zur Berliner und Londoner Börse übermittelt.
Wegen des immer größer werdenden Güterumschlages wurde Pidwolotschysk der Status eines Marktfleckens verliehen, es entwickelte sich vor allem die jüdische Gemeinde im Ort, die 1890 75 % der Bevölkerung ausmachte. 25 % der 1900 Einwohner waren Polen. Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs wuchs die Bevölkerung auf 10.000 Einwohner. Um die Jahrhundertwende wurde vom Klein-Paris des Ostens gesprochen. In den Jahren 1896 bis 1898 wurde der Ort von vier Großbränden heimgesucht.[3] Nachdem in Russland gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Bahnstreckennetz immer weiter ausgebaut wurde, schwand sukzessive die Bedeutung von Pidwolotschysk als Handelsknotenpunkt.
1914–1945
Während des Ersten Weltkrieges wurde der Grenzort von August 1914 bis Februar 1918 von russischen Truppen besetzt und kam nach dem Ende des Krieges als Teil der Woiwodschaft Tarnopol zur Zweiten Polnischen Republik. Am 17. September 1939 kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Pidwolotschysk von der Roten Armee okkupiert und erhielt im Januar 1940 als Zentrum des neugeschaffenen Rajons Pidwolotschysk den Status einer Siedlung städtischen Typs. Am 5. Juli 1941 wurde die Siedlung jedoch nach dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion von deutschen Truppen besetzt und konnte erst am 21. März 1944 wieder von der Roten Armee zurückerobert werden. Während der deutschen Besatzung kam es am 29. Juni 1943 zu Massenerschießungen von Juden im Ort, auch Partisanenverbände organisierten sich in den umliegenden Gebieten.
Söhne und Töchter der Stadt


- Hermann Kesten (1900–1996), deutscher Schriftsteller
- Israel Eldad (1910–1996), jüdischer Untergrundkämpfer
Literatur
- Paulus Adlesgruber, L. Cohen, B. Kuzmany: Getrennt und Doch Verbunden: Grenzstädte Zwischen Österreich und Russland 1772–1918, Wien 2011, ISBN 978-3-205-78625-2.
Weblinks
- Podwołoczyska. In: Filip Sulimierski, Władysław Walewski (Hrsg.): Słownik geograficzny Królestwa Polskiego i innych krajów słowiańskich. Band 8: Perepiatycha–Pożajście. Walewskiego, Warschau 1887, S. 480 (polnisch, edu.pl).
- Informationen zum Ort
- Podwołoczyska, JewishGen. Abgerufen am 26. November 2016
- Pidwolotschysk, (ukrainisch). Abgerufen am 6. Dezember 2016.
Referenzen
- ↑ Staatsvertrag vom 18. Mai 1869 Reichsgesetzblatt. Abgerufen am 20. November 2016.
- ↑ Przewodnik krajoznawczo-historyczny po Ukrainie Zachodniej: Podole. Oficyna Wydawnicza "Rewasz", 2005, ISBN 978-83-8918846-5, S. 94–95; polnisch (google.com).
- ↑ Rzeczpospolita Wirtualna, Podwołoczyska. Abgerufen am 19. November 2016.