Das Lied der Deutschen
Das Deutschlandlied, auch Lied der Deutschen oder seltener Hoffmann-Haydn’sches Lied genannt, wurde von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben am 26. August 1841 auf der Insel Helgoland gedichtet und von Haydn komponiert. Die dritte Strophe des Deutschlandlieds ist die Nationalhymne Deutschlands.
Das Lied wurde am 5. Oktober 1841 in Hamburg erstmals öffentlich gesungen. Die Melodie stammt von Joseph Haydn, der sie 1797, zur Zeit der Napoleonischen Kriege, als Kaiserhymne („Gott erhalte Franz, den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz“) für Kaiser Franz II. (Heiliges Römisches Reich) komponierte. Später verwendete er diese Melodie im zweiten Satz des so genannten Kaiserquartetts für vier Streichinstrumente (siehe Österreichische Kaiserhymnen).
Das Lied wurde 1922 Nationalhymne des Deutschen Reiches. Nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde zu offiziellen Anlässen nur noch die dritte Strophe gesungen. Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik 1990 wurde die dritte Strophe des Deutschlandliedes in einem Briefwechsel des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker mit Bundeskanzler Helmut Kohl zur offiziellen Nationalhymne erklärt.
Text
Hintergrund

Als Hoffmann von Fallersleben den Liedtext 1841 verfasste, bestand Deutschland aus vielen größeren und kleineren Staaten, deren Herrscher sich zwar 1815, neun Jahre nach Auflösung des mittelalterlichen heiligen römischen Reiches deutscher Nation, wieder zu einem lockeren Bund der deutschen Staaten, dem Deutschen Bund zusammengeschlossen hatten, aber ansonsten auf der Souveränität ihrer Territorien beharrten. Die weit verbreitete Sehnsucht der Menschen nach wirklicher nationaler Einheit drückte Fallersleben mit dem Eingangsvers aus: „Deutschland, Deutschland über alles“ (daher: Deutschlandlied). Damit war gemeint, dass das Ziel der Einheit Deutschlands, d. h. aller deutschsprachigen Gebiete, gegenüber allen anderen politischen Zielen Vorrang haben sollte. In der Zeit des Vormärz waren Überwindung der staatlichen Zersplitterung und nationale Einigung Ziele der liberalen Opposition und verbunden mit dem Wunsch nach Überwindung der absoluten Fürstenherrschaft, nach Volkssouveränität, politischer Freiheit und Selbstbestimmung. Daher wird in den anderen Strophen die Freiheit und Brüderlichkeit der Deutschen und das Recht im Sinne der Rechtsstaatlichkeit beschworen. Seit der Reichseinigung von 1871, insbesondere während des Ersten Weltkrieges und dann wieder in der Zeit des Nationalsozialismus, wurde die erste Strophe des Liedes jedoch zum Ausdruck nationalistischen Überlegenheitsgefühls über andere Länder umgedeutet und für machtpolitische und kriegerische Hegemonialbestrebungen missbraucht.
Das ursprünglich besungene „Deutschland“ wird durch den Vers „Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“ geographisch umgrenzt. Von den genannten vier Gewässern (drei Flüsse und eine Meerenge) markierten zwei Grenzen des Deutschen Bundes: die Maas die Westgrenze des Fürstentums Limburg, die Etsch fließt durch Südtirol. Die beiden anderen Gewässer begrenzten Territorien, die nicht zum Deutschen Bund gehörten, aber von der Deutschen Nationalbewegung für ein zu schaffendes Deutschland beansprucht wurden: der Belt lag auf Höhe der Nordgrenze des Herzogtums Schleswig, die Memel war die Nordostgrenze der preußischen Provinz Preußen zu Litauen. Die deutsche Sprachgrenze dagegen war nicht so deutlich umrissen, am ehesten noch in Südtirol. Zum Niederländischen bestanden damals an der Maas (wie überall) nur fließende Übergänge, im Norden war das Dänische weiter südlich verbreitet als heute (der Belt also nicht erreicht), entlang der Memel wurde noch mehrheitlich litauisch gesprochen. Die heutigen Staatsgrenzen stimmen nirgends mit den geografischen Angaben des Liedes überein.
Für die zweite Strophe ließ sich Hoffmann vom Preislied des Minnesängers Walther von der Vogelweide inspirieren. Desweiteren denkt er mit den Worten "Deutsche Frauen, deutsche Treue" an seine unerfüllte Jugendliebe Henriette von Schwachenberg aus Westfalen. Der heute antiquiert wirkende Text dieser Strophe ist wegen seiner einseitig männlichen Perspektive neuerdings auch von feministischer Seite kritisiert worden Vorlage:Lit1.
Text des Liedes der Deutschen
Hinweis: Ausschließlich die dritte Strophe ist heute die deutsche Nationalhymne.
1.
Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt,
Wenn es stets zu Schutz und Trutze
Brüderlich zusammenhält
Von der Maas bis an die Memel,
Von der Etsch bis an den Belt.
|: Deutschland, Deutschland über alles,
Über alles in der Welt! :|
2.
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang.
|: Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang! :|
3.
Einigkeit und Recht und Freiheit
Für das deutsche Vaterland!
Danach lasst uns alle streben
Brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
Sind des Glückes Unterpfand;
|: Blüh’ im Glanze dieses Glückes,
Blühe, deutsches Vaterland! :|
Textvariante in der 3. Strophe
Das Deutschlandlied ist unter anderem von seinem Autor auch als Trinklied verstanden worden, was den Toast auf deutschen Wein, deutsche Frauen und deutschen Sang in der zweiten Strophe erklärt. Er hat in seiner eigenen Niederschrift als Alternative zu
- Blüh' im Glanze dieses Glückes,
- Blühe deutsches Vaterland!
auch den Trinkspruch
- Stoßet an und ruft einstimmig:
- Hoch das deutsche Vaterland!
vorgesehen.
Die „verbotenen“ Strophen
Eine verbreitete Legende besagt, das Singen der ersten und zweiten Strophe des Deutschlandliedes sei verboten. Das trifft jedoch nicht zu. Allerdings bildet nur die dritte Strophe die Nationalhymne.
Melodie

Die Melodie des Liedes wurde von Joseph Haydn 1797 auf den Text „Gott erhalte Franz, den Kaiser, unsern guten Kaiser Franz!“ von Lorenz Leopold Haschka komponiert. Haydn soll dazu Teile der kroatischen Volksweise Stal se jesem verwendet haben. Haydn verwendete noch im selben Jahr die gleiche Melodie für einen Variationen-Satz in seinem Streichquartett op. 76 Nr. 3, Hob. III:77, das unter dem Namen Kaiserquartett in die Musikgeschichte einging.
Die Melodie der Nationalhymne wird daher gelegentlich auch als Kaiserhymne bezeichnet. Dieselbe Melodie lag dem Kaiserlied der Österreichisch-Ungarischen Monarchie zugrunde, das ab 1854 auf den Text: „Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, unser Land! ...“ von Johann Gabriel Seidl gesungen wurde.
Sie wird häufig in C-Dur oder in As-Dur gespielt. Siehe auch: Österreichische Kaiserhymnen
- Hörbeispiel (Das Lied der Deutschen)
Geschichte der deutschen Nationalhymne
Bericht Hoffmann von Fallerslebens zur Entstehung
Hoffmann von Fallersleben wurde auf Helgoland von seinem Hamburger Verleger Julius Campe besucht. Er berichtet darüber:
- „Am 28. August kommt Campe mit dem Stuttgarter Buchhändler Paul Neff. Er bringt mir das erste fertige Exemplar des zweiten Teils der Unpolitischen Lieder [...]
- Am 29. August spaziere ich mit Campe am Strande. ‚Ich habe ein Lied gemacht, das kostet aber 4 Louisdor.‘ Wir gehen in das Erholungszimmer. Ich lese ihm: ‚Deutschland, Deutschland über alles‘, und noch ehe ich damit zu Ende bin, legt er mir 4 Louisdor auf meine Brieftasche. Neff steht dabei, verwundert über seinen großen Kollegen. Wir beratschlagen, in welcher Art das Lied am besten zu veröffentlichen ist. Campe schmunzelt: ‚Wenn es einschlägt, so kann es ein Rheinlied werden. Erhalten Sie drei Becher, muss mir einer zukommen.‘ Ich schreibe es unter dem Lärm der jämmerlichsten Tanzmusik ab, Campe steckt es ein, und wir scheiden.
- Am 4. September bringt mir Campe das Lied der Deutschen mit der Haydn’schen Melodie in Noten, zugleich mein Bildnis, gezeichnet von C. A. Lill.“
Kaiserreich – Weimarer Republik – Drittes Reich
Als 1871 das kleindeutsche Kaiserreich entstand, wurde das Lied Heil dir im Siegerkranz zur Nationalhymne; die Melodie entsprach der englischen Nationalhymne God Save the King/Queen. Beim Volk war zu dieser Zeit – neben dem Fallersleben-Lied – auch das Lied Die Wacht am Rhein als Hymne beliebt. Keine der beiden Hymnen war allerdings beschlossen, es gab keine offizielle Hymne.
Erst in der Weimarer Republik wurde das Lied der Deutschen am 11. August 1922 zur Nationalhymne und blieb es auch (umgedeutet) im Dritten Reich. Nach 1933 wurden die zweite und dritte Strophe nicht mehr gesungen, an ihre Stelle trat das Horst-Wessel-Lied als eine Art inoffizielle Nationalhymne. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges verboten die Militärregierungen das Deutschlandlied mit allen drei Strophen. Später wurde dieses Verbot aufgehoben (siehe Bundesrepublik Deutschland nach 1990).
Bundesrepublik Deutschland
Während die schwarz-rot-goldene Bundesflagge 1949 als nationales Symbol der Bundesrepublik Deutschland in Artikel 22 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, wurde das Lied der Deutschen lediglich aufgrund von Absprachen zwischen Bundespräsident und Bundesregierung als Nationalhymne angenommen.
Bei der Republikgründung legte man sich zunächst auf keine Nationalhymne fest; bei der konstituierenden Sitzung des ersten Bundestages sangen die Abgeordneten Hans Ferdinand Maßmanns Lied Ich hab mich ergeben / Mit Herz und mit Hand; später wurde zu offiziellen Anlässen vielfach Beethovens Ode an die Freude als Ersatzhymne verwendet. Der Vorschlag des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss, die von Rudolf Alexander Schröder gedichtete und von Hermann Reutter vertonte Hymne an Deutschland zu verwenden, konnte sich nicht durchsetzen. Erst ein Brief von Bundeskanzler Konrad Adenauer an Heuss im April/Mai 1952 mit dem Vorschlag, „das Hoffmann-Haydn’sche Lied“ als Nationalhymne anzuerkennen und bei staatlichen Veranstaltungen die dritte Strophe zu singen, und Heuss’ zustimmende Antwort erhoben das Lied der Deutschen de facto zur Nationalhymne. Die Nationalhymne der Bundesrepublik Deutschland wurde also nicht durch Gesetz oder parlamentarische Abstimmung beschlossen. Allerdings wurde der Briefwechsel zwischen Heuss und Adenauer offiziell veröffentlicht (Amtsblatt). Damit war das „Lied der Deutschen“ mit allen Strophen als Nationalhymne festgelegt, jedoch mit der Maßgabe, dass bei offiziellen Anlässen ausschließlich die dritte Strophe zu singen sei.
Nationalhymne der DDR
Die Hymne der DDR (ab 1949) wurde das von Johannes R. Becher getextete und von Hanns Eisler komponierte Auferstanden aus Ruinen.
Ein Alternativvorschlag von Bertolt Brecht („Anmut sparet nicht noch Mühe“) wurde nicht übernommen und von Brecht später unter dem Titel „Kinderhymne“ veröffentlicht. Beide Texte folgten dem Versmaß der Kaiserhymne, weil sie zunächst auf Haydns Melodie gedichtet wurden.
Plagiatvorwürfe kamen von Peter Kreuder, der zeitlebens behauptete, Hanns Eisler habe teilweise die Melodie seines Stücks Good-bye, Johnny übernommen. Mit seiner Forderung nach Anerkennung der Urheberschaft konnte sich Kreuder jedoch nicht durchsetzen.
Bundesrepublik Deutschland nach 1990
Nach der deutschen Wiedervereinigung (Beitritt der damaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland) erklärten Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl im August 1991 in einem Briefwechsel die dritte Strophe des Deutschlandliedes zur Nationalhymne.
Rechtlicher Schutz der bundesdeutschen Nationalhymne
Künstler und Comedians, aber auch politisch andersdenkende Autoren schreiben immer wieder Alternativtexte oder so genannte Ergänzungen zur Nationalhymne. Als staatliches Symbol und Verfassungswert ist die dritte Strophe der Nationalhymne gemäß Vorlage:Zitat-dej StGB gegen Verunglimpfung geschützt. Dabei muss allerdings jeweils das staatliche Interesse am Schutz der Verfassungswerte und Staatsehre gegen die Freiheitsrechte des Einzelnen abgewogen werden. Nachdichtungen der Nationalhymne sind vom Grundsatz her geschützt durch die Kunstfreiheit des Vorlage:Zitat-dej Abs. 3 Grundgesetz. Eine Bestrafung ist daher nicht alleine deswegen möglich, weil ggf. harsche – auch unsachliche – Kritik am Staatswesen geübt wird (BVerfGE 81, 298).
Literatur
- Hans Jürgen Hansen: Heil Dir im Siegerkranz – Die Hymnen der Deutschen. Gerhard-Stalling-Verlag, Oldenburg und Hamburg 1978
- Luise F. Pusch: Ist dies schon Wahnsinn, hat es doch Methode. In: Luise F. Pusch: Alle Menschen werden Schwestern. Feministische Sprachkritik. Frankfurt: Suhrkamp 1990 (es 1565), S. 168-175. ISBN 3-518-11565-0
Siehe auch
Weblinks
- Informationen der Bundesregierung (Geschichte, Infos)
- Nationalhymne.de (Text, Noten, Melodie, Geschichte, Infos)
- Die deutsche Nationalhymne zum Download
- Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Textverständnis und Rezeptionsgeschichte des Deutschlandliedes
- http://www.dhm.de/lemo/html/Nachkriegsjahre/EntstehungZweierDeutscherStaaten/nationalhymne.html
- Bundesgesetzblatt Briefwechsel 1991
- http://www.deutschlandlied.de/ (hier gibt es die Hymne komplett gesungen als mp3 im Downloadbereich)
- http://www.von-fallersleben.de/hymne/index.php
- http://www.bundestag.de/blickpunkt/103_Parlament/0502/0502014.html
- http://www.bundesregierung.de/dokumente/,-430594/PureHtml.htm
- Das Deutschlandlied auf Rädern – Ein Kunstprojekt zur Wiedervereinigung
- Parodien auf das Deutschlandlied
- Dr. Gisela Probst-Effah: Das 20. Jahrhundert in Liedern
- Originalmanuskript des Lieds der Deutschen von Hoffmann von Fallersleben