Zum Inhalt springen

Nerobergbahn

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 26. April 2006 um 00:24 Uhr durch Majoran~dewiki (Diskussion | Beiträge) (geokoord). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Charakteristische gelbe Wagen der Nerobergbahn

Die Nerobergbahn ist eine 1888 errichtete Wasserballastbahn im Norden von Wiesbaden. Sie fährt vom Nerotal auf den Neroberg hinauf, wobei sie auf einer Länge von 438 m und einer durchschnittlichen Steigung von 19 Prozent einen Höhenunterschied von 83 Metern überwindet. Die Nerobergbahn ist ein technisches Kulturdenkmal. Seit ihrer Eröffnung gab es keine Unfälle; allerdings wurden seit der Brandkatastrophe im österreichischen Kaprun (Kitzsteinhorn) in den beiden Wagen Feuerlöscher installiert.

Die Nerobergbahn wird von den Stadtwerken der Stadt Wiesbaden (ESWE) betrieben und unterhalten, eine Fahrt berg- und talwärts kostet (Stand 14.04.2006) für Erwachsene 2,80 €, für Kinder unter 14 Jahren 1,40 €. Jährlich werden ca. 250.000 Personen befördert.

Bauweise und Technik

Spezialgleise der Nerobergbahn:
3 Schienen mit der jeweils mittig angeordneten, zum Bremsen dienenden Zahnstange

Antriebstechnik

Der Antrieb beruht einzig und allein auf der Schwerkraft. Die beiden Wagen sind durch ein 452 Meter langes Stahlseil über eine Umlenkrolle in der Bergstation miteinander verbunden. Der talwärts rollende Wagen zieht den bergwärts fahrenden nach oben. Dazu muss er jedoch eine größere Masse aufweisen. Dies wird dadurch erreicht, dass an der Bergstation dem Wagen in Abhängigkeit der zu befördenden Personenzahl Wasserballast zugeführt wird. Aus einem 220.000-Liter-Vorratsbehälter wird der maximal 7.000 Liter fassende obere Wagentank befüllt. Sobald sich die Bremsen lösen, kann der talwärts strebende Wagen durch sein größeres Gewicht den leichteren Wagen am Stahlseil hinaufziehen. Da die Wagen nur zeitgleich losfahren können, stimmen beide Fahrzeugführer die zu befördernde Personenzahl mit der nötigen Wassermenge und den Zeitpunkt der Abfahrt per Funkverkehr ab.

Sobald die Fahrt beendet ist und die Bremsen die Wagen festhalten, entlert der unten angekommene Wagen seinen Wasserballast in einen Wasserbehälter in der Talstation (Volumen: 370.000 Liter). Betrieben wird das System letztlich durch eine Pumpe, die das Wasser aus diesem Behälter wieder auf die Bergstation befördert. Die Pumpstation befindet sich neben dem höchsten bergseitig gelegenen Viaduktbogen.

Wegen Frostgefahr wird die Bahn nur in den Sommermonaten, von Karfreitag bis Ende Oktober, betrieben.

Gleisschema mit Ausweichstelle der Nerobergbahn

Fahrweg

Die Bahn verläuft von der Talseite aus gesehen zunächst über einen Viadukt, um die vor der Station liegende Straße zu überqueren, und folgt ab dort dem Hang des Nerobergs in gleicher Steigung, die sich ab der Ausweichstelle etwas verringert.

Die Gleise bestehen aus drei Laufschienen, von denen die mittlere von beiden Wagen genutzt wird. Die beiden äußeren werden jeweils nur von einem Wagen befahren. Nur im Begegnungsabschnitt, in der Mitte der Strecke, gibt es auf einer Länge von 70 Metern zwei eigene Gleise für jeden Wagen. Auf diese Weise spart man für einen Großteil der Bahn die vierte Schiene und braucht trotzdem keine wartungsaufwändigen Weichen.

Gebremst wird mit Hilfe eines Zahnrades, das in einer Leiterzahnstange mitläuft, die jeweils in der Mitte der beiden von einem Wagen befahrenen Gleise verlegt ist. Die Zahnstangen und Zahnräder wurden vom System Riggenbach übernommen.

System Riggenbach

Technische Daten

Fahrweg:

  • Betriebseröffnung: 28.09.1888
  • Gleislänge: 438 m
  • Spurweite: 1.000 mm
  • Höhenunterschied: 83 m
  • max. Steigung: 26 %
  • durchschn. Steigung: 19 %

Zugseil:

  • Material: Litzen, kunststoffummantelt
  • Länge: 452 m
  • Durchmesser: 28 mm
  • Gewicht: 1.600 kg

Wasserbehälter/Pumpe:

  • Volumen Talbehälter: 370 m³
  • Volumen Bergbehälter: 220 m³
  • Pumpenleistung: 60 m³/h, 25 bar

Wagen:

  • Gewicht: 8.100 kg
  • Geschwindigkeit: 7,3 km/h
  • max. Wasserbefüllungsmenge: 7.000 Ltr.
  • max. Besatzung: 40 Personen

Geschichte

Die Nerobergbahn mit Talstation und Viadukt um 1907
Die Nerobergbahn am Neroberg um 1900

Im Jahre 1886 stellte der Unternehmer Carl Rudolf aus Baden-Baden einen Konzessionsantrag auf eine mit Wasserballast betriebe Drahtseilbahn, welche die Strecke zwischen dem Nerotal und der Spitze des Nerobergs überwinden sollte. 1887 wurde der Antrag von der Stadt Wiesbaden bewilligt. 1888 wurden die von der Maschinenfabrik Esslingen gebauten Wagen schließlich freigegeben. Sieben Jahre später ging die Nerobergbahn an die SEG (Süddeutsche Eisenbahngesellschaft) über.

1923 wurde der Betrieb aus wirtschaftlichen Gründen vorübergehend eingestellt. Erst nachdem 1925 die Stadt Wiesbaden die Bahn übernommen hatte, konnte sie ihren Betrieb wieder aufnehmen. 1944 mußte sie wegen Kriegsschäden stillgelegt werden. 1946 wurde die Nerobergbahn zunächst von den Amerikanern in Beschlag genommen bis sie zwei Jahre später wieder von allen genutzt werden konnte.

In den frühen Sechziger-Jahren erhielt die Maschinenfabrik Esslingen, welche die Bahn bereits gebaut hatte, den Auftrag die Wagentanks zu sanieren. Anfang der Siebziger wurden die Gleisanlagen saniert und die beiden Wagen so lackiert, dass sie an die ursprüngliche Erscheinung erinnerten. 1988, an ihrem 100-jährigen Bestehen, wurde die Nerobergbahn als schutzwürdiges technisches Denkmal durch das Land Hessen anerkannt.

In den frühen Neunzigern wurde schließlich das Viadukt generalüberholt, die Förderpumpe erneuert und ein neues Zugseil aufgelegt: das vollverschlossene Seil wurde durch ein Litzenseil für optimale Sicherheit ersetzt. 1997 feierte die Nerobergbahn ihr 110-jähriges-Jubiläum und hatte eine Rekord-Besucherzahl von 276.942 Personen zu verzeichnen. In den späten Neunziger-Jahren bekam sie einen weiteren neuen Anstrich. Erst vor kurzem wurden die Schienen erneuert. Abgesehen von Instandhaltungsmaßnahmen hatte die Nerobergbahn in ihrer Geschichte keinen einzigen Unfall und ist heute so beliebt, dass man auf ihr sogar heiraten kann.

Am 25. August 2000 wurde im ehemaligen historischen Toilettenhäuschen an der Talstation ein kleines Museum zur Bahn und ihrer Geschichte eingerichtet. Es wurde nach seinem Erbauer, dem langjährigen Wiesbadener Stadtbaumeister Felix Genzmer, Genzmer-Häuschen genannt.

Vorlage:Koordinate Artikel