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Schlacht um Vukovar

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Schlacht um Vukovar
Teil von: Kroatienkrieg

Kampfverlauf September bis November 1991
Datum 25. August 1991 bis 18. November 1991
Ort Vukovar (Kroatien)
Ausgang Militärischer Sieg der Jugoslawischen Volksarmee
Konfliktparteien

Kroatien Kroatien

Jugoslawien Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien

Befehlshaber

Franjo Tuđman
(Oberbefehlshaber)
Mile Dedaković
Blago Zadro
Robert Šilić

Veljko Kadijević
(Oberbefehlshaber der jugoslawischen Volksarmee)
Mile Mrkšić
Veselin Šljivančanin
Željko Ražnatović
Dragoslav Bokan
Slobodan Medić

Truppenstärke

2.000–2.300
Kroatische Nationalgarde
204. Vukovarer Brigade
Kroatische Spezialpolizei
Kroatische Verteidigungskräfte

Jugoslawische Volksarmee
Jugoslawische Territorialverteidigung
Serbische Freiwilligengarde
Weiße Adler
Skorpione
Dušan der Mächtige

Verluste

1.400 tot,
4.000 verwundet

1.180 tot[1]

Die Schlacht um Vukovar war eine der ersten Hauptschlachten des Kroatienkriegs. Nach ersten bewaffneten Auseinandersetzungen seit Mai 1991 in der ostkroatischen Stadt Vukovar, fand die Schlacht um die Stadt an der Donau vom 25. August bis 18. November 1991 statt.

Kroatische Streitkräfte unter dem Kommando von General Mile Dedaković (* 1951) verteidigten die befestigte Stadt hoch motiviert, jedoch schlecht ausgerüstet und in starker Unterzahl. Truppen der Jugoslawischen Volksarmee (JNA), der jugoslawischen Territorialverteidigung (TO) und serbische Freischärler unter dem Kommando von General Života Panić (1933–2003) benötigten drei großangelegte Offensiven um Vukovar schließlich vollständig einzunehmen. Sie zerstörten dabei den Großteil der Stadt durch Artilleriebeschuss und vollzogen nach dem Fall der Stadt eine so genannte ethnische Säuberung an Kroaten und anderen Nicht-Serben. Hierzu gehörte als berüchtigstes Kriegsverbrechen das Massaker von Vukovar, bei dem über 250 Patienten des örtlichen Hospitals ermordet wurden.

Die Eroberung von Vukovar war ein Pyrrhussieg für die pro-serbische Seite, denn neben den hohen Verlusten war sie gezwungen ihre politischen und militärischen Erwartungen zu reduzieren. Zudem zeigte sie die militärische Verwundbarkeit und operative Unzulänglichkeit der personell und materiell hochgerüsteten pro-serbischen Streitmacht im Ortskampf auf. Für die Kroaten bedeutete die verlustreiche aber relativ effektive Verteidigung der Stadt einen Zeitgewinn bei der weiteren Organisation der kroatischen Nationalgarde, die noch im November 1991 in den neu augestellten kroatischen Streitkräften aufging. Ein weiteres Ergebnis war die erhöhte internationale Aufmerksamkeit und Unterstützung für den Kampf der Kroaten nach staatlicher Unabhängigkeit. Vukovar kam erst 1998 wieder unter die Kontrolle Kroatiens.[2]

Ausgangssituation

Da es bereits im Vorfeld der Unabhängigkeitserklärung Kroatiens im Juni 1991 immer wieder zu Auseinandersetzungen militanter Gruppen beider Seiten kam, versuchte die JNA anfangs eine Pufferzone zwischen den Parteien zu bilden. Die JNA unterstützte aber später vermehrt die serbische Seite. [3] Besonders umstritten war der Status der Grenzstadt Vukovar, weil dort vor dem Kroatienkrieg etwa zu 37 % Serben und zu 43 % Kroaten lebten und hier die ethnischen Spannungen besonders ausgeprägt waren. [4] Bei dieser Aktion wurde auch die Baranja von serbischen Truppen eingenommen.

Ende September 1991 wurde Vukovar von einem größeren Regiment Soldaten der JNA und serbischen Freischärlern umzingelt. Im Großraum Vukovar (sowohl in Kroatien als auch in der Vojvodina) zogen die jugoslawischen Streitkräfte Panzer und Geschütze zusammen. Die jugoslawische Luftwaffe hatte in der Luft keinen Gegner, es gab keine kroatischen Kampfflugzeuge. Der Nachschub aus Serbien konnte so ungehindert zu den Truppen gelangen.

Typische Ausrüstung eines kroatischen Soldaten der 204. Vukovarer Brigade während der Schlacht um Vukovar (Museum für kroatische Geschichte, Zagreb)

Im eingeschlossenen Vukovar leisteten etwa 1000 Soldaten der Nationalgarde Kroatiens und der 204. Vukovarer Brigade, die paramilitärischen und ultranationalistischen Kroatischen Verteidigungskräfte (HOS) sowie zwischen 700 und 800 kroatische Freiwillige und Polizisten heftigen Widerstand. Die Bewaffnung der Kroaten war im Vergleich zur Bewaffnung der Angreifer bescheiden und bestand in erster Linie aus leichten Infanteriewaffen wie automatischen und halbautomatischen Gewehren, Maschinengewehren, einigen Geschützen und einer begrenzten Anzahl panzerbrechender Waffen und Munition, sowie einigen wenigen Flugabwehrgeschützen und tragbaren Flugabwehrraketen der Typen Igla und Strela.

Die Versorgung der Stadtbewohner mit Nahrung, Munition und Sanitätsmaterial konnte nur durch die Überwindung des Belagerungsringes entlang eines engen Korridors nahe der Dörfer Marinac und Bogdanovci erfolgen.

Die Generäle der JNA glaubten, die Stadt schnell einnehmen zu können, dies gelang jedoch erst nach 86 Tagen. Die Bevölkerung blieb größtenteils in der Stadt, obwohl die Angreifer angesichts ihrer militärischen Übermacht mit einer Massenflucht der Kroaten und Aufgabe der Stadt rechneten.

Fall der Stadt

Blago Zadro (Mitte) zwischen den Gruppenkommandeuren Andrija Marić (links) und Marko Babić vor zerstörten Panzerfahrzeugen der Jugoslawischen Volksarmee in der Trpinja Straße von Vukovar (1991).
Zerstörter T-72-Panzer der Jugoslawischen Volksarmee in Vukovar (1991)
Mahnmal der Schlacht: Der zerstörte Wasserturm von Vukovar

Die Endschlacht um Vukovar begann am 25. September 1991, als die JNA nach schwerem Artilleriebeschuss und Luftangriffen einen kombinierten Panzer-Infanterie-Angriff begann. Dieser wurde jedoch abgewehrt. Der heftigste Versuch die Verteidigungslinien zu durchbrechen begann am 14. Oktober 1991 und dauerte bis zum 20. Oktober 1991. In diesen sieben Tagen sollen die Verteidiger Vukovars zahlreiche Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zerstört haben. Die Trpinja Straße, in der die Kämpfe hauptsächlich stattgefunden haben, wurde zu einem Panzerfriedhof.

Nach dieser Niederlage änderte die jugoslawische Armee ihre Taktik: Das umzingelte Vukovar wurde fortan pausenlos (Tag und Nacht) mit schwerem Artilleriefeuer belegt und zusätzlich von Kampfflugzeugen angegriffen.

Die Versuche in die Stadt einzudringen wurden auf einige Punkte konzentriert. Das Leben der Einwohner und die Arbeit im Krankenhaus konnten nur noch in Kellern fortgeführt werden. Über Vukovar wurde international in allen Medien berichtet.

Im Oktober 1991 ließen die Belagerer keine Hilfskonvois mehr in die Stadt, nur einige Verletzte durften die Stadt verlassen. Ende Oktober 1991 versuchten kroatische Truppen von außen den Belagerungsring zu durchbrechen. EU-Beobachter forderten jedoch ultimativ die Beendigung dieses Entsatzungsversuches.

Die jugoslawische Armee versuchte weiter erfolglos die verwüstete Stadt einzunehmen. Anfang November verlegten die Jugoslawen den Hauptangriff auf den Stadtteil Luzac. Erst in dieser Situation zogen sich die Kroaten weiter ins Stadtzentrum zurück. Während des Rückzuges verübten kroatische Einheiten, vermutlich aus Rache, einige Massaker an der serbischen Zivilbevölkerung. [3]

Nach dem Fall von Luzac und dem Ausbleiben von Nachschub schwanden die Kräfte der Verteidiger. Am 11. November 1991 fiel Bogdanovci, ein Nachbarort von Vukovar. In den letzten Tagen der Schlacht um Vukovar war die Verteidigung der Stadt in zwei Teile gespalten: von Lusic in Richtung Donau und entlang des Flusses Vuka bis zur Stadtmitte.

Später teilten sich die Verteidiger von Vukovar in kleinere Gruppen und versuchten den Durchbruch in Richtung Westen. Ein Teil der Kroaten in Mitnica und in Borovo Naselje wurde völlig umzingelt und zusammen mit mindestens 1500 Zivilisten am 18. November 1991 gefangengenommen. Die Gefangenen wurden in Lager nach Sremska Mitrovica und andere Orte in Serbien gebracht, ein Teil im Massaker von Borovo naselje getötet. Noch immer gelten einige Personen als vermisst, andere wurden nach einem Gefangenenaustausch freigelassen.

Kriegsfolgen

Ovčara – Hinrichtungsort von 200 Verletzten aus dem Krankenhaus von Vukovar
Gedenkstätte am Krankenhaus von Vukovar

In der Schlacht um Vukovar kamen auf der Seite der Verteidiger der Stadt ca. 1.400 Menschen ums Leben und über 4.000 wurden verwundet. Über die Höhe der Verluste auf der Seite der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) gibt es bis heute keine genauen Angaben.

300 Verletzte und Kranke aus dem Krankenhaus von Vukovar wurden in die ehemalige Schweinefarm Ovčara gebracht. Am folgenden Tag wurden 100 von ihnen in 10er und 20er Gruppen geteilt und in nahegelegene Orte gebracht, 200 wurden von serbischen Freischärlern und Soldaten der JNA ermordet (Massaker von Vukovar, Massaker von Borovo naselje).

Durch die drei Monate dauernde Bindung großer jugoslawischer Verbände um Vukovar gewann die Kroatische Armee Zeit, um sich neu auszurichten. Die Schlacht von Vukovar gilt trotz ihres Falls und der Einnahme der Stadt durch die JNA, serbische Freischärler und Tschetnikverbände als Wendepunkt im Kroatienkrieg. Dadurch wurde der kroatischen Führung mehr Zeit verschafft, um die Verteidigung neu zu formieren und Verteidigungslinien zu errichten sowie die Ausbildung, Ausrüstung und Aufrüstung der neu entstehenden Kroatischen Armee voranzutreiben.

Der größte Teil der Wohngebäude und der städtischen Infrastruktur Vukovars wurde verwüstet und geplündert. Zahlreiche Kulturgüter, Kirchen und Schulen wurden während der Kämpfe zerstört.

Nach dem Fall der Stadt wurden UNO-Truppen in die Region verlegt. Trotzdem wurden die Vertreibungen und Plünderungen an Kroaten und anderen Nicht-Serben fortgesetzt.

Der Wiederaufbau kam nur schleppend voran, wozu besonders auch ungeklärte Besitzansprüche beitrugen.

Literatur

  • Central Intelligence Agency [CIA] – Office of Russian and European Analysis (Hrsg.): Balkan Battlegrounds : A Military History of the Yugoslav Conflict. Band 1. Washington DC 2002, The Battle of Vukovar: Croatia Stymies the JNA, S. 99–102.
  • Central Intelligence Agency [CIA] – Office of Russian and European Analysis (Hrsg.): Balkan Battlegrounds : A Military History of the Yugoslav Conflict. Band 2. Washington DC 2003, Annex 17: Eastern Slavonia-Baranja Operations – The Road to Vukovar, S. 191–208 (detaillierte Darstellung).
  • Mario Šebetovsky: The Battle of Vukovar: The Battle That Saved Croatia. Hrsg.: Marine Corps University. Quantico, Virginia 2002.
Commons: Battle of Vukovar – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Central Intelligence Agency [CIA] – Office of Russian and European Analysis (Hrsg.): Balkan Battlegrounds : A Military History of the Yugoslav Conflict. Band 2. Washington DC 2003, S. 205.
  2. Bert Chapman: War in the Balkans: An Encyclopedic History from the Fall of the Ottoman Empire to the Breakup of Yugoslavia. Hrsg.: Richard C. Hall. ABC-CLIO, 2014, ISBN 978-1-61069-031-7, Vukovar, Siege of, 1991, S. 327.
  3. a b "Wir alle haben verloren" Der Spiegel, vom 25. November 1991
  4. "Eine fürchterliche Tragödie" Der Spiegel, vom 25. November 1991