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Faultiere

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Faultiere
Dreifingerfaultier
Vorlage:Taxonomy
Vorlage:Seria: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Vorlage:Classis: Säugetiere (Mammalia)
Vorlage:Subclassis: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Vorlage:Superordo: Nebengelenktiere (Xenarthra)
Vorlage:Ordo: Zahnarme (Pilosa)
Vorlage:Subordo: Faultiere
Wissenschaftlicher Name
Folivora
Familien

Die Faultiere (Folivora) bilden eine urtümliche Unterordnung der zahnarmen Säugetiere (Pilosa) und sind mit Ameisenbären und Gürteltieren verwandt. Es sind fünf rezente Arten bekannt, die sich in die beiden Familien der Zweifinger-Faultiere (Megalonychidae) und der Dreifinger-Faultiere (Bradypodidae) aufteilen.

Lebensraum

Faultiere bewohnen ausschließlich die Baumkronen der tropischen Regenwälder von Mittelamerika und dem Amazonasbecken bis zum südlichen Brasilien.

Körperbau

Die Tiere erreichen eine Körperlänge von gut einem halben Meter und werden bis zu fünf Kilogramm schwer, Zweifingerfaultiere bis zu neun Kilogramm.

Die vorderen Gliedmaßen sind länger als die hinteren, besonders deutlich bei den Dreifingerfaultieren. Wie der Name sagt, unterscheiden sich die beiden Familien durch die Anzahl der Finger. An den Hinterbeinen haben beide Gruppen drei Zehen, so dass die alte Bezeichnung Zweizehen- und Dreizehenfaultiere irreführend ist. Finger und Zehen tragen große, sichelförmig gebogenene Klauen.

Dreifingerfaultiere haben neun statt - wie bei anderen Säugetieren - sieben Halswirbel, was ihnen eine größere Beweglichkeit des Kopfes ermöglicht. Der Kopf ist im Gegensatz zum Hals sehr kurz, Das Gesicht ist rund. Die kleinen Augen liegen weit auseinander, die runde Nase ist deutlich abgeflacht und die Ohren sind zurückgebildet.

Das Fell bildet zwei Schichten: Das untere ist kurz und sehr dicht, das obere besteht aus langen strohigen Haaren mit ungewöhnlichen, feinen Längsrillen. Der Schwanz ist stummelartig zurückgebildet oder fehlt ganz. Der Haarstrich ihres langen dichten Felles verläuft vom Bauch zum Rücken, also genau entgegengesezt wie bei anderen Säugetieren. So kann das Regenwasser besser ablaufen.

Das vor etwa 10.000 Jahren ausgestorbene amerikanische Riesenfaultier (Megatherium) erreichte die Größe heutiger Elefanten. Es war ein pflanzenfressender Bodenbewohner und wurde möglicherweise von den ersten Menschen, die Amerika besiedelten, als Beutetier gejagt und ausgerottet (s. dazu die Weblinks ganz unten).

Lebensweise

Zweizehenfaultiere (nach Brehm)

Fast das gesamte einzelgängerische Leben der Faultiere findet mit dem Rücken nach unten, an einem Ast hängend, statt; Die gebogenen Klauen fungieren als Haken. Das Fell ist an der Bauchseite gescheitelt, um den Regen leichter abfließen zu lassen.

Sie ernähren sich fast ausschließlich von Laub, nur die Zweifingerfaultiere fressen hin und wieder auch Früchte und wirbellose Kleintiere. Diese faserige, nährstoffarme Kost wird mit Hilfe von bestimmten Bakterien im Verdauungstrakt ganz allmählich zersetzt, so dass der Mageninhalt der Tiere meist den Hauptanteil des Körpergewichts ausmacht. Dementsprechend haben die Faultiere für ihre Größe auch die niedrigsten Stoffwechselraten aller Säugetiere: nur etwa alle acht Tage werden Kot und Urin abgesetzt - die einzige Tätigkeit, zu der sie auf den Boden herabklettern, abgesehen von etwaigen Baumwechseln, die ebenerdig stattfinden.

Auch die Körpertemperatur lässt eher an Reptilien, als an Säugetiere denken: in aktiven Phasen steigt sie nicht über 33° C, im Schlaf kann sie bis 24°C absinken. Wie die Echsen nutzen deshalb vor allem die Dreifingerfaultiere ein Sonnenbad zur Temperaturregulierung.

Dermaßen sparsam mit Energie versorgt, gestalten die Faultiere ihre Bewegungen so, wie es ihr Name beschreibt: scheinbar wie in Zeitlupe, mühsam und zögerlich hangeln sie sich durch das Geäst. Am Boden wirken sie besonders unbeholfen und schutzlos, weshalb sie ihren Aufenthalt dort auch so kurz wie möglich halten. Im Wasser zeigen sie sich dagegen als erstaunlich gute Schwimmer. Auch bei einem Angriff ihrer Feinde - Raubvögel, Katzen und Schlangen - können sie untypisch plötzliche Hiebe mit ihren Klauenarmen austeilen.

Um Energie zu sparen schlafen Faultiere etwa 18 Stunden täglich, nur der Koala schläft noch länger, nämlich bis zu 20 Stunden von 24 Stunden.

Zu ihrem Schutz hat sich bei Faultieren eine ungewöhnliche Tarnung entwickelt: in den Rillen ihrer Haare siedeln Algen, die ihnen zwischen den Blättern als grün-changierende Färbung zugute kommen. Weitere Pelzmitbewohner wie Schmetterlingsraupen und etliche Parasiten komplettieren die Tarnung. Das dicke Fell bewahrt die Tiere außerdem vor Verletzungen bei Abstürzen.

Gesichts- und Gehörsinn sind sehr schwach entwickelt, so dass sich Faultiere durch Geruchs- und Tastsinn orientieren.

Fortpflanzung

Ebenfalls in hängender Haltung wird von den Faultierweibchen einmal im Jahr ein einzelnes Junges geboren, welches sich auf der Bauchseite an die Mutter klammert, bis es selbständig ist.

Systematik

Früher hielt man die rezenten baumbewohnenden Faultiere für eng miteinander verwandt, man ordnete sie in eine Familie und stellte sie den bodenbewohnenden Riesenfaultieren gegenüber. Jüngere Untersuchungen haben ergeben, dass die beiden Faultierfamilien trotz der äußerlichen Ähnlichkeiten nicht sehr nahe miteinander verwandt sind, sondern sich zu einem Teil konvergent entwickelt haben. Die Aufteilung in die zwei Gruppen dürfte vor rund 35 Millionen Jahren stattgefunden haben, genaue Angaben sind schwierig, da von den Dreifinger-Faultieren bislang keine fossilen Überreste gefunden wurden. Das nachfolgende Diagramm stellt vereinfacht die Entwicklungsverhältnisse innerhalb der Faultiere dar.

Faultiere
     |--Dreifinger-Faultiere (Bradypodidae)
     |--Megatheroidea
              |--Megatheriidae †
              |--Zweifinger-Faultiere (Megalonychidae)

Zu den ausgestorbenen Megatheriidae zählen das bekannte Riesenfaultier Megatherium und andere große Arten; die Megalonychidae umfassen neben den lebenden Zweifinger-Faultieren auch ausgestorbene Arten wie das Riesenfaultier Megalonyx und die Faultiere der Großen Antillen.

Faultiere und Menschen

Seit ihrer Entdeckung durch die Europäer genossen Faultiere einen denkbar schlechten Ruf, der sich auch in ihrem deutschen Namen widerspiegelt. Sie galten als faule, verachtenswerte Geschöpfe.

Faultier im Duisburger Zoo

Schon die Karaja-Indianer aus Brasilien erzählten in einer Legende, dass einst eine Faultierfamilie in einer kalten Nacht gefroren hätte und beschloss, sich am Morgen Nester zu bauen. Der Morgen kam, die Tiere aalten sich in der Sonne, sie frühstückten und schliefen ein und vergaßen ihre Entscheidung. Es kam wieder eine kalte Nacht und die Faultierfamilie beschloss, am nächsten Morgen wirklich Nester zu bauen. Doch dann wiederholten sich die Geschehnisse immer wieder und bis heute bauen Faultiere keine Nester.

Unsicherheiten gab es auch bei der systematischen Einordnung der Faultiere. In seiner frühen Ausgaben der Systema naturae ordnete sie Carl von Linné noch den Primaten zu, erst später erkannte man ihre Verwandtschaft mit Ameisenbären und Gürteltieren.

Als Regenwaldbewohner sind Faultiere besonders von den Waldrodungen bedroht, die in großem Ausmaß durchgeführt werden, um Felder und Siedlungen zu errichten. Besonderes Augenmerk muss dem Kragenfaultier gelten, das nur in Südostbrasilien vorkommt und als bedroht gilt. Für die anderen Arten fehlen genaue Daten, aufgrund ihres relativ großen Verbreitungsgebietes gelten sie noch nicht als bedroht.