Kompositbogen
Kompositbögen (auch Reiterbögen oder Reflexbögen) bestehen aus mehreren, zumindest aber aus zwei verschiedenartigen Materialien, welche Leistungsfähigkeit und Lebensdauer des Bogens stark verbessern.
Die verschiedenen Materialien werden normalerweise zusammengeleimt. Neben einer bestimmten Holzsorte kommen weitere Materialien wie Hölzer, Horn, Knochen, Sehnen oder Metall zum Einsatz.
Begriffe
Unter dem Überbegriff Kompositbogen unterscheidet man folgende zwei Bauweisen für Bogen, die Zusammengesetzt (Composite) sind:
1. Den Hornbogen welcher nur aus Horn und aufgeklebtem Sehnenbelag, einer art natürlichem Fiberglas aus Tiersehnen, besteht. Manche Indianerbogen waren so gemacht.
Werden mehrere Schichten Horn wie eine Blattfeder übereinander geklebt und mit einem Sehnenbelag versehen, so nennt man ihn Schichthornbogen (oder Hornschichtbogen). Diese wurden nur für mittelalterliche Armbruste gebraucht, für Handbögen ist die Schichtbauweise zu schwerfällig. Solche Armbrustbogen konnten stattdessen auch aus verzahnten und verleimten Hornstäben mit Sehnenbelag bestehen. Besteht ein Hornbogen ausschließlich aus Horn, so nennt man ihn einen "reinen Hornbogen" (Horn-Selfbow), solche sind aber selten.
2. Den eigentlichen Kompositbogen, welcher meist als Handbogen vom Bogenschützen verwendet wird: Er enthält neben Sehnenbelag und Horn auch noch einen Bambus- oder Holzkern, um Masse zu sparen. Bei diesen Bögen werden Hornstreifen auf einen Holzkern geklebt, der danach auf der Spannungsseite mit Sehne beklebt wird. Um Gewicht zu sparen sind meist auch die Bogenenden aus Holz gemacht.
Nachteilig wirkt sich der hohe Preis aus - ein Exemplar kann die Achillessehnen von etwa 50 Rindern verschlingen. Da die Herstellung eines Kompositbogens wesentlich aufwendiger ist als die eines Hornbogens, liegen auch die Kosten weit höher. Bei sehr feuchtem Wetter ist die Konstruktion nicht zu gebrauchen.
Im Englischsprachigen Raum können die beiden Begriffe Hornbogen (Hornbow) und Kompositbogen (Composite-Bow) synonym verwendet werden.
Eine Sonderform des Kompositbogens stellt der Knochenbogen dar: Ein aus Geweihstücken(Karibu,Elch) oder Rippen (Wal,Bison) und Sehnenbelag bestehender Bogen, meist hatte er keinen Holzkern, sondern die Spongiosa des Geweihs/Knochens diente der Gewichtsersparniss.
Nicht als Kompositbogen bezeichnet man Bogen in Lamellenbauweise, die aus mehreren Lagen desselben Materials bestehen, zb. mehreren Hölzern. Der Japanische Yumi-Bogen ist hingegen ein Kompositbogen weil er aus verschiedenen Materialien (Holz + Bambus) zusammengesetzt ist.
Ebenfalls nicht als Kompositbogen im traditionellen Sinne bezeichnet man jene mit Fiberglas- oder Carbonverstärkungen; Diese nennt man "Custom-bows", wenn sie wie traditionelle Bogenformen aussehen, ansonsten Fiberglas-Bogen.
Entstehung
Hierbei wird zwischen Alte-Welt- und Neue-Welt-Kompositbogen (American Composite) unterschieden:
Die Alte-Welt Kompositbögen scheinen ihren Ursprung irgendwo in den Weiten der Zentralasiatischen Steppe zu haben, der älteste archäologische Beleg stammt dort noch aus der Steinzeit (Geweihbogen). Von dort aus soll sich die damals neue Bogenart ins bronzezeitliche Europa und Asien ausgebreitet haben, wo die Weiterentwicklung des Kompositbogens dann jeweils getrennt voneinander weiterging. So entstanden typisch Europäische (zb. Perser- und Assyrerbogen)und typisch Asiatische Formen (Chinesen- und Yumibogen etc.), wobei die Übergänge zwischen Asiatischem/Europäischem Design recht fliessend waren (zb. Inder- und Skythenbogen). Nach dem Aufkommen der Armbrust in Europa und China im Altertum wurde mit der Erfindung der Armbrustgeschütze (siehe Bogenartillerie) auch der Grundstein für die Artillerie gelegt. Nach Afrika kam der Kompositbogen in der Antike zuerst durch die alten Ägypter, welche ihn am beginn der Eisenzeit von ihren damaligen Feinden, den Assyrern, kopiert und dann selbständig weiterentwickelt hatten. Erst viel später im Frühmittelalter übernahmen ihn islamisierte afrikanische Völker wie die Mauren und Sarazenen, sowie die (islamischen)Ägypter und Araber , jetzt aber in Asiatischer Bauart. Im restlichen Afrika und in Australien/Neu Seeland wurde der Kompositbogen nach derzeitigem Wissensstand nie eingeführt oder erfunden.
Der Ursprung der Neue-Welt Kompositbogen ist schwieriger zu definieren. Als die Europäischen Invasoren Amerika angriffen, wurden sie von den Ureinwohnern teilweise bereits mit einfachen Kompositbogen bekämpft, zb. von den Eskimos; Der Kompositbogen in Amerika scheint von den Ureinwohnern entweder selber neu erfunden worden zu sein, was sie auch selbst behaupten, oder dann wurde er ihnen von Asiaten gezeigt, die vielleicht gelegentlich per Schiffbruch an der Westküste ankamen. Die meist sehr eigenwillige Bauart indianischer Kompositbogen scheint aber für die erste Erklärung zu sprechen. Ebenso die Tatsache, das im Amazonas ebenfalls ein einfacher Kompositbogen offenbar unabhängig erfunden wurde: Am Orinoco wurden/werden Kabel aus Pflanzenfasern auf den Rücken eines Hölzernen Bogenstabes aufgebunden, so dass sie die gleiche Funktion erfüllen wie etwa ein Sehnenkabel bei den Eskimos; Demnach müsste der Kompositbogen in der Neuen Welt jeweils mindestens eimal separat in Nord- und Südamerika erfunden worden sein, da es äusserst unwahrscheinlich ist, das Völker vom Amazonas mit Eskimos Technologien austauschten. Darum nimmt man an, das der Amerikanische Kompositbogen aus einer separaten Entwicklung hervorgegangen ist.
Designs
Als Deflexbogen, welcher auch bei abgespannter Bogensehne D-förmig bleibt: Dieses Design wurde für Kompositbögen nur bei den bereits oben erwähnten Knochenbögen und Bögen aus spröden/weichen Hölzern verwendet, da zb. Geweih und Knochen nur wenig elastisch sind, auch dann, wenn ein Sehnenkabel/Sehnenbelag aufgebracht ist. Es handelt sich um den primitivsten Typ des Kompositbogens, er gilt als der technologische Urtyp. Diese Bögen schiessen natürlich auch nicht besser als einfache Holzbogen. Als Grund für ihren Bau wird vielmehr Rohstoffmangel der Bogenbauer angenommen, etwa in Steppen oder Polarregionen. Diese Bögen waren aber bereits sehr dauerhaft, wie alle Kompositbogen.
Bekannt waren deflexe Kompositbogen vor allem bei den Inuit und verwandten Stämmen, sie kannten aber auch schon Reflexbogen mit Horn.
Als Recurvebogen, bei dem die Bogenenden nach vorne gebogen (recurved) sind: Der Holzkern und die Hornstreifen werden mit Dampf biegsam gemacht, dann werden die Bogenenden über eine runde hölzerne Form gebogen. Diese Rundung der Bogenenden wird durch das aufkleben des Sehnenbelages endgültig fixiert. Ein solcher Recurvebogen konnte auch ohne Horn, nur mit einem elastischen Holz wie Eibe und Sehnenbelag, gefertigt werden oder auch nur aus Holz. In letzterem fall ist es aber kein Kompositbogen.
Beispiele für einen Recurven Kompositbogen sind etwa der Skythenbogen, oder auch mancher auf griechischen Vasen abgebildete "Amor-Bogen" mit den runden Enden. Die Bogensehne liegt zuerst an der Rundung an, erst beim ziehen des Bogens hebt sie almählich von den krummen Bogenenden ab. Dadurch speichert der Bogen am anfang des Auszuges mehr Kraft, weil er sich durch die anliegende Bogensehne so verhält, als ob er kürzer wäre. Während des weiteren Ziehens hebt die Bogensehne immer mehr von den "Recurves" ab, der Bogen wird während des Auszuges quasi almählich länger, und damit weicher zu ziehen (längerer Hebel).
Als Bogen mit Endversteifungen(Siyahs): Zwei separate, gerade, Hölzerne Bogenenden werden an dem Holzkern in einem Winkel angeklebt. Die Hornstreifen auf der Hinterseite und der Sehnenbelag auf der Vorderseite überlappen die Klebefuge, damit die Teile nicht abbrechen. Solche Bogen können, wie Recurvebögen, auch ohne Horn, nur aus Holz und Sehne gemacht werden.
Beispiele für Bogen mit Endversteifungen sind der Mongolen-, Hunnen-, Türken-, Koreaner- und der indische Krabbenbogen. Die Wirkung der steifen Enden ist ähnlich wie beim Recurve: Zunächst liegt die Bogensehne an dem Winkel an, wo die Versteifung festgeklebt ist. Zieht man den Bogen, so wird er zunächst immer strenger, sobald die Bogensehne von den Winkeln, den "Knien" abhebt, setzt die Hebelwirkung der Versteifungen aber plötzlich ein (und nicht almählich wie beim Recurve). Der Auszug wird nach hinten als angenehm "weich" empfunden, umsomehr, je länger die Endversteifungen sind.
Als Reflexbogen: Beim Reflexbogen hat der ganze Bogenstab eine extreme Gegenkrümmung, d.h. eine Rundung zum "Bogenrücken" (die Seite, die vom Schützen wegzeigt) hin. Diese Krümmung nach vorn, auch "Reflex" genannt, wird dann durch den aufgeklebten Sehnenbelag gehalten. Die Hornstreifen auf der Hinterseite, dem "Bogenbauch", sind in diesem Fall unentbehrlich; Ohne druckfeste Hornschicht würde ein Reflexbogen sofort brechen, weil die Elastizität des Holzes bereits durch das bespannen des Bogens voll ausgereizt würde. Sichtbar ist die Gegenkrümmung freilich erst bei abgespannter Bogensehne, bespannt sieht der Bogen aus wie jeder andere.
Reine Reflexbogen ohne Endversteifungen oder Recurves sind selten, wegen der hohen Zuggewichte sind es meist mittelalter-Armbrustbogen. Der Zweck der Gegenkrümmung liegt darin, die elastischen Eigenschaften der Horn/Sehnen-Konstruktion voll auszuschöpfen; In einem geraden Bogen wären diese Materialien unterfordert, einen nicht reflexen Bogen baut man daher gewöhnlich nur aus Holz. Das Resultat ist, dass solch ein Reflexbogen sehr kurz und schmal ist, aber über einen gleich langen Auszug verfügt wie ein normaler Bogen, bei gleichem Energiespeicherungsvermögen. Dadurch sinkt das Eigengewicht der Wurfarme: Gleich starke, aber Kürzere und scmalere Wurfarme wiegen weniger, beim lösen der Bogensehne reagieren sie schneller wegen der geringeren Massenträgheit, die Pfeilgeschwindigkeit steigt, Reichweite und Durchschlagskraft der Waffe nehmen zu. Der Wirkungsgrad des Bogens kann mit einem starken Reflex auf bis zu 90% gesteigert werden (normal ca.70-80%).
Insgesamt sind darum die meisten Komposit/Hornbogen mittel- bis stark reflex, da sie vom Bogenbauer bewusst in diese Form gebracht werden. Ein ganz leichter Reflex kann auch bei nicht-Kompositbogen natürlich auftreten, wenn das Holzstück von selbst in diese Form gewachsen ist. Es darf angenommen werden, dass die Vorzüge des Reflexdesigns zuerst als leichter natürlicher Reflex bei einfachen Holzbogen entdeckt, und dann später bewusst "künstlich" bei Kompositbogen eingebaut wurde. Bei Verwendung als Handbogen haben fast alle Reflexbogen wegen der großen Vorspannung Recurves oder Endversteifungen, um den Auszug zu erleichtern. Alle Bogen asiatischer Herkunft mit Endversteifungen sind Reflexbogen.

Als typisches Beispiel für einen reflexen Kompositbogen mit Endversteifungen sei der rechts abgebildete Hunnenbogen erläutert, welcher zwischen 200 und 500 n. Chr. in Gebrauch war. Durch den starken Reflex hat er ohne Bogensehne die Form des Zeichens {. Dieser Bogen hat auf seiner ganzen Länge einen Holzkern, der aus fünf Teilen besteht, nämlich ein Griffstück in der Mitte, daran winklig angeklebt die beiden biegsamen Wurfarme. An den Wurfarmen sind die beiden steifen Wurfarmenden (Siyahs) ebenfalls winklig angeklebt, welche die Bogensehne halten.
Auf der Innenseite der Arme sind die beiden schwarzen Hornstreifen zu sehen, die auf den Holzkern geklebt sind. Die Außenseite der Waffe ist der ganzen Länge nach mit mehreren Schichten Sehnenfasern beklebt, d.h. es wurden trockene Tiersehnen aufgefasert und mit warmem Hautleim auf den Holzkern geklebt. Man spricht von einem Bogen mit "Sehnenbelag". Das Weiße an den Seiten der Siyahs und des Griffes sind Knochenplatten, welche dort an die Seiten des Holzkerns geleimt sind um diese Bereiche zu versteifen.
Der Holzkern selbst ist nirgends zu sehen, da er überall mit Horn, Sehne oder Knochen überklebt wurde.
Die vier winkligen Verbindungsstellen, die "Knie", sind außerdem fest mit in Leim getränkten Sehnenfasern oder Seide umwickelt, denn dort sind die Verbindungsstellen der Holz-, Horn- und Knochenteile.
Der untere Wurfarm ist extra etwas kürzer, um das Gerät besser vom Pferderücken schießen zu können (Reiterbogen).
Bogenartillerie
Nach der Erfindung der Armbrust in Griechenland und China im 3. bzw. 2.Jh v.Chr begann offenbar in beiden Regionen ein Wettrüsten. Ziel war es dabei in beiden Fällen, immer grössere und leistungsfähigere Armbrustgeschütze, also Bogenartillerie, mit entsprechend starken Bögen, zu bauen.
In China ging die Entwicklung dahin, das man mehrere, meist zwei oder drei sehr starke Reflexbogen, auch Handbögen der Infanterie, an einem gemeinsamen Armbrustlauf befestigte. An den Bogenenden wurden kleine Umlenkrollen aus Bronze befestigt. Eine gemeinsame, extra lange Bogensehne wurde nun durch die Rollen geführt, so dass alle drei Bogen an der gleichen Sehne zogen. Dadurch konnte eine Anzahl von Kompositbogen parallel-geschaltet werden, wobei sich ihre Auszugsgewichte auf der gemeinsamen Bogensehne addierten. Durch die sehr hohen Zuggewichte konnten so grössere Pfeile mit entsprechend mehr Reichweite und Durchschlagskraft abgeschossen werden. Die Auszugslänge der Einzelbogen addierte sich jedoch nicht; Hatte jeder einzelne Bogen einen Auszug von zb. 71cm, so hatte auch die fertige Waffe mit drei Bogen einen maximalen Auszug von 71cm, aber eben das dreifache Zuggewicht. Dadurch waren einer Vergrösserung der Waffe zb. auf zehn Bogen Grenzen gesetzt: Das Zuggewicht wäre dann zwar zehnmal so hoch gewesen, der maximale Auszug hätte aber immernoch nur 71cm betragen. Die Maschine war meist auf einer Laffette montiert, und wurde mit einer Winde gespannt. Auch die Perser kannten diese Waffe, sie nannten sie "Kaman-i-Gav". Solche Geräte wurden als Festungsgeschütze von Mauern und Türmen sowie als Belagerungswaffen und Feldartillerie eingesetzt. Das aussehen solcher Waffen ist durch zeitgenössische Chinesische Abbildungen überliefert. Moderne Nachbauten mit einfachen Holzbogen sollen hohe Feuerkraft besessen haben. Ein Vergleich mit modernen Compoundbogen drängt sich zwar auf, hinkt allerdings, da die Rollen bei den Chinesischen Bogengeschützen lediglich die Bogensehne umlenken sollten, sie waren auch nicht exzentrisch wie die Rollen des Copoundbogens.
Im mediterranen Kulturkreis verfiel man auf eine andere Idee: Hier wurden die Bogengeschütze mit einem einzelnen, aber stark vergrösserten Kompositbogen versehen; Die hohen Zuggewichte der Chinesischen Bogenartillerie konnten damit noch übertroffen werden, und die Auszugslänge und Durchschlagskraft eines einzelnen grossen Kompositbogens waren auch entsprechend grösser als die mehrerer kleinerer Bögen. Dieser Waffentyp wurde von den Griechen Oxybeles (Oxy=scharf, beles=schiessen) genannt, in der Mehrzahl Oxybelei. Diese Geräte wurden ebenfalls mit einer Seilwinde gespannt, und waren laffettiert. Die Oxybelei wurden wie ihre Chinesischen Pendants als Festungsgeschütze, leichte Feldartillerie und zur Belagerung verwendet. Wie aber der Bau solch enormer Kompositbögen vor sich ging ist nicht bekannt, es gibt keine archäologischen Funde, und wir wissen von der Oxybeles nur aus alten Texten, wo sie beschrieben wird. Schon die beschaffung der Rohstoffe muss aber sehr schwierig gewesen sein, da die Bogen fast zwei Meter lang und mehr als Handbreit gewesen sein sollen. Über den Aufbau dieser enormen Bögen können wir daher verständlicherweise nur noch spekulieren, die Oxybeles-Bögen können aber nicht genau gleich wie die Hand- und Armbrustbogen gemacht worden sein, es traten durch die ungewöhnliche Grösse mit Sicherheit neue Probleme auf:
So müssen sie zwingend einen Holzkern enthalten haben, weil das Eigengewicht eines Bogens bei jeder Verdopplung seiner Dimensionen in der dritten Potenz, also um das achtfache steigt. Ohne Holzkern wäre ein Bogen, mit zb. den dreifachen Massen eines normalen Armbrustbogens, nur aus Horn und Sehne, viel zu schwer um einen Pfeil effektiv zu beschleunigen. Nur mit einem Holzkern kann die Trägheit der mächtigen Wurfarme herabgesetzt werden. Da bei einem so grossen Bogen aber auch der Holzkern stark belastet wird, wird er aus einer sehr elastischen Holzart wie Eibe oder Zypresse, oder sogar in Schichtbauweise aus verschiedenen Hölzern gemacht worden sein.
Für den Hornbauch des Bogens kamen nur noch die längsten Hörner einiger weniger Tierarten in Frage, vielleicht Steinbockhörner, wenn mehrere davon als Hornstäbe nebeneinander verwedet wurden, oder Walbarte, als einzelner durchgehender Streiffen.
Beim Sehnenbelag eines so grossen Bogens muss das oben erwähnte Problem erneut in Erscheinung getreten sein: Im Sehnenbelag eines Handarmbrustbogens überlappen sich ziegelartig viele kleine Sehnenstreiffen, dort wo sie übereinander geklebt sind (Siehe auch Herstellung Sehnenbelag). Bei jeder verdopplung der Dimensionen eines Bogens steigt dessen Eigengewicht wie gesagt in der 3.Potenz, ist also achtmal so schwer, hat achtmal so viel Volumen und damit hat auch sein Sehnenbelag acht mal so viele Stellen an denen sich die Sehnenstreiffen überlappen. Die Komponente Sehnenbelag wird also mit jeder Vergrösserung des Bogens inhomogener, hat immer mehr Überlappungen, die als Störstellen Einfluss nehmen und den Bogen gefährden. Gleichzeitig steigt aber auch die Stärke des Bogens mit jeder Verdopplung seiner Grösse im Quadrat: Ein doppelt so grosser Kompositbogen ist also viermal so stark, enthält aber, wie oben beschrieben, achtmal so viele Störstellen im Sehnenbelag. Ist nun der Bogen einer Oxybeles zb. viermal so gross wie ein Armbrustbogen, so hätte er also 64 mal mehr Störstellen! Er wäre nicht mehr funktionstüchtig.
Möglicherweise konnten die Chinesen dieses Problem nicht lösen, und verfielen deshalb auf die Methode mit den Umlenkrollen.
Die Griechen scheinen das Problem der Inhomogenität aber irgendwie in den Griff bekommen zu haben, möglich wäre zb. eine Homogenisierung des Sehnenbelages, etwa durch Verwendung längerer Tiersehnen. Oder dadurch das man die Sehnenfasern zuerst zu Schnur versponnen und dann aus vielen solchen Sehnenschnüren einen homogenen Belag auf den Bogenrücken geklebt hat, welcher dann keine Überlappungen mehr aufwies.
Die Oxybelei waren die grössten und stärksten Kompositbögen der Geschichte. Bis heute hat aber noch kein Experimentalarchäologe oder Bogenbauer eine Oxybeles mit Kompositbogen nachgebaut, lediglich solche mit Holzbögen wurden schon gebaut, sie hatten aber verständlicherweise weniger Feuerkraft als ihre antiken Vorbilder.
In Europa ging die Bogenartillerie noch in der Antike nahtlos in die Torsionsartillerie über, also die ersten echten Katapulte mit Torsionsfedern, welche die Oxybelei schliesslich ersetzten (siehe Balliste). Nicht, das die Kompositbogen-geschütze schlecht geschossen hätten, aber Katapulte waren einfacher und billiger zu bauen, hatten die selbe hohe Leistung und es waren auch noch grössere Geschütze möglich als mit Bögen.
Die Chinesischen Bogengeschütze blieben noch durch das gesammte Mittelalter hindurch im Einsatz, da die Chinesen das Torsionskatapult nie kennengelernt haben. Sie wurden dort erst durch die Feuerwaffen abgelöst. Der Kompositbogen in Form der antiken Armbrustgeschütze war der Ursprung aller späteren Generationen von Artilleriewaffen geworden.