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UÇK

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Datei:Uck.png
UÇK-Logo

Die UÇK (Ushtria Çlirimtare e Kosovës/dtsch.: Befreiungsarmee des Kosovo) ausgesprochen [ˌuːʧeːˈkaː] war eine albanische paramilitärisch-freischärlerische Organisation, die für die Unabhängigkeit des Kosovo und in Teilen für die Errichtung eines Großalbaniens kämpfte.

Sie entstand 1994, öffentlich trat sie erstmals 1996 in Erscheinung. Ihr Ziel war die Unabhängigkeit des Kosovo, das Mittel war der bewaffnete Kampf. Teile der UÇK strebten auf diese Weise auch den Zusammenschluss aller mehrheitlich von ethnischen Albanern besiedelten Gebiete in Serbien, Mazedonien, Griechenland und Montenegro mit dem Mutterland Albanien an. Mitbegründer und Anführer war bis zu seinem Tod im Jahre 1998 Adem Jashari, danach bis zur Selbstauflösung der UÇK im Jahre 2001 Hashim Thaçi.

Vorgeschichte

Im Februar 1982 gründeten Kosovo-Albaner in Deutschland die Partei Lëvizja Popullore e Kosovës / LPK (dtsch.: Volksbewegung von Kosovo) als Konkurrenzorganisation zur pazifistisch orientierten Partei LDK von Ibrahim Rugova. Die LPK befürwortete von Anfang an den bewaffneten Kampf gegen die serbischen Streitkräfte. Im Mai 1993 wurde in Pristina die Lëvizja Kombëtare për Çlirimin e Kosovës / LKÇK als Abspaltung der LDK gegründet, sie war ebenfalls unter Kosovo-Albanern in Deutschland aktiv. Auch diese neue Partei versuchte zumindest, sich eine militärische Abteilung zu schaffen.

Tendenziell wurden die beiden Parteien von jüngeren Albanern und Kosovo-Albanern im westlichen Ausland unterstützt. Rugovas LDK hatte ihren Rückhalt vor allem in der vom kommunistischen Jugoslawien der sechziger und siebziger Jahre geprägten albanischen Führungsschicht des Kosovo.

Schätzungsweise 5000 ethnische Albaner hatten in den Folgekriegen des ehemaligen Jugoslawien auf Seiten Kroatiens oder der Muslimisch-kroatischen Föderation Bosniens gegen die Serben gekämpft. Ein Teil davon schloss sich später der UÇK an.

Die Zusammenhänge zwischen diesen verschiedenen Gruppen bei der Gründung der UÇK sind noch nicht hinlänglich erforscht. Fest steht, dass sich 1994 verschiedene bis dahin unabhängig agierende bewaffnete Gruppen zur UÇK zusammenschlossen, so der ehemalige UÇK-Führer Ramush Haradinaj.

Erste Attentate

Zum ersten Mal wurde sie im Mai 1997 in der internationalen Presse erwähnt. Von 1996 bis Anfang 1998 hat sie sich zu 21 Mordanschlägen bekannt: Fünf (serbische) Polizisten, fünf serbische Zivilisten und elf Albaner, die als Kollaborateure bezeichnet wurden. Nach Angaben des serbischen Innenministeriums war sie in dieser Zeit verantwortlich für den Mord von 10 serbischen Polizisten und 24 Zivilisten.

Zum ersten mal traten UCK-Mitglieder öffentlich in Uniform am 28. November 1997 auf beim Begräbnis des Kosovaren Halit Gecaj. Er war bei einem UÇK-Angriff auf eine serbische Polizeistation im Kreuzfeuer ums Leben gekommen. Das Begräbnis fand statt in der Ortschaft Laus/Llaushe in der Großgemeinde Srbica/Skenderaj und wurde von 20.000 Kosovo-Albanern besucht.

Militärische Organisation

Stärke, Bewaffnung und Grad der Organisation waren bei der UÇK in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung und in verschiedenen Regionen höchst unterschiedlich. Am Anfang bestand die Bewaffnung im wesentlichen aus Kalaschnikows chinesischer, jugoslawischer und russischer Produktion, dazu kamen vermutlich Minen. Die Angaben zur Stärke sind einerseits stark vom Zeitpunkt abhängig. Andererseits spielt auch die Qualität eine Rolle: Berücksichtigt man nur die militärisch gut ausgebildeten Kämpfer ergibt sich eine deutlich geringere Zahl als wenn man jeden Kosovo-Albaner dazuzählt, der eine Kalaschnikow trug und sich als UÇK-Kämpfer fühlte.

Stärke

Belgrader Medien zufolge hatte die UCK im Jahr 1997 etwa zwischen tausend und 2000 Kämpfern. Ein Jahr später schätzten sie westliche Beobachter auf über zehntausend, zählt man auch die regionalen, eher einer Landwehr ähnelnden Gruppen hinzu lag sie um diese Zeit möglicherweise bei 30. 000.

Wegen der bewaffneten Auseinandersetzungen im Jahr 1998 und des Kosovo-Krieges sowie den damit verbundenen Vertreibungen kamen sehr viele Freiwillige hinzu - durch Rekrutierungen im Ausland, im Kosovo und in Flüchtlingslagern. Während des NATO-Luftkriegs reklamierte der UÇK-Sprecher Jakup Krasniqi am 20. April 1999 in der Tageszeitung Die Welt eine Armee von 50.000 bewaffneten Kämpfern sowie weiteren 50.000 Rekruten, die noch bewaffnet und ausgebildet werden müssten. Das Gebiet, das die UÇK kontrolliere, beherberge etwa 700.000 Kosovaren.

Daten-Quelle: Die Welt, 20. April 1999[1]

Bewaffnung

Zur Bewaffnung der UÇK zählten zu Beginn überwiegend Sturmgewehre vom Typ Kalaschnikow AK-47. Darüber hinaus verfügte sie später über Gewehrgranaten und wenige panzerbrechende Waffen, beispielsweise über die Panzerfaust Armbrust, die in deutscher Lizenz in Singapur gefertigt wird, sowie Panzerabwehrwaffen vom Typ RPG-7 und RPG-8 (Abk. f. Rocket Propelled Grenades, raketenangetriebene Granaten). Die mazedonische UCK verfügte nach US-Angaben über Flugabwehrraketen des Typs SA-18 aus sowjetischer Produktion. Die UCK konnte im Kampf mit den Serben im Kosovo nur Waffen einesetzen, die von Größe und Gewicht her von Mauleseln über die albanischen Berge ins Kosovo transportiert werden konnten. Größeres Gerät stand ihr nicht zur Verfügung.

Quelle des militärischen Rüstzeugs sind in Albanien seit dem Lotterieaufstand vom März 1997 vagabundierende Waffen chinesischer und russischer Herkunft sowie von NATO-Geheimdiensten unterstützte Waffenkäufe. So hob laut einer dpa-Meldung vom 12. April 1999 die italienische Polizei ein umfangreiches Waffenlager aus, das – so die Meldung – "für die UCK bestimmt war. Etwa 30 Tonnen Kriegsgerät, darunter Luft- und Panzerabwehrraketen, Granatwerfer und Maschinengewehre". Die Waffen seien in aus Deutschland stammenden Lastwagen mit bosnischen Kennzeichnen versteckt und als Caritas-Hilfslieferung für Kriegsflüchtlinge in Albanien deklariert gewesen. Unklar blieb, wo die Lkw die Waffen – unter denen sich über 1000 aus einem NATO-Arsenal in Deutschland entwendete Granaten befanden – geladen haben.

Daten-Quelle: dpa, 12. April 1999

Kommandostruktur

Die einzelnen regionalen Gruppierungen agierten im wesentlichen unabhängig voneinander. Eine durchgängige vertikale Kommandostruktur (von oben nach unten) gab es nicht.

Logistik

Wenn überhaupt dürfte nur die Munitionsversorgung zentral geregelt worden sein. Die Angehörigen der Truppe lebten von gespendeten, beschlagnahmten oder anderweitig organisierten Lebensmitteln. Im Sommer 1998 gab es drei Feldlazarette, allerdings keine organisierte erste Hilfe für Verwundete.

Aktivität der UÇK

Datei:Védrine-Thaqi.jpg
Hashim Thaçi (links) mit dem französischen Außenminister Hubert Védrine

Die UÇK trat öffentlich erstmals 1996 in Erscheinung. Sie verübte zunächst Terrorakte gegen staatliche serbische Einrichtungen, ab 1997 jedoch zunehmend Verbrechen an Zivilisten. So wurden laut dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) bereits 1998 tausende serbische und nicht-albanische Zivilisten gewaltsam aus ihren Dörfern vertrieben. Die Staatsanwaltschaft wirft den UÇK-Einheiten vor, Zivilisten verfolgt, misshandelt, vergewaltigt, gefoltert und ermordet zu haben. Die Anklageschrift gegen den UÇK-Führer Ramush Haradinaj spricht von einer "kriminellen Vereinigung" (joint criminal enterprise). Unter den Opfern seien auch zahlreiche Albaner gewesen, die ein gutes Verhältnis zu den serbischen Behörden anstrebten beziehungsweise nicht mit der UÇK kooperieren oder für sie kämpfen wollten. Laut einem Ende 2000 veröffentlichten Bericht der Parlamentarischen Versammlung der NATO - ein von der Allianz unabhängiges Gremium, das als Bindeglied zwischen dem Bündnis und den nationalen Parlamenten fungiert - habe die UCK gezielt auf eine Eskalation der Lage im Kosovo hingearbeitet, um einen akuten Handlungsbedarf der NATO zu inszenieren. Während des NATO-Krieges kämpfte die UÇK gegen die serbische Armee und diente der NATO als Informant für Bombardierungsziele. Heute müssen sich mehrere UÇK-Führer vor dem ICTY wegen schwerer Kriegsverbrechen an serbischen und albanischen Zivilisten verantworten.

Finanzierung

Über die Finanzierung der UÇK gibt es naturgemäß keine nachprüfbaren Angaben; die Zahlen sind oft widersprüchlich. Zusammenfassend kann man sagen, dass der weitaus größte Teil der Gelder für die UCK von im Westen (Deutschland, Schweiz, Österreich, USA) lebenden Kosovo-Albanern kam und das darin in erheblichem Umfang Gelder aus illegalen Aktivitäten enthalten waren.

Spenden

Die unter den Serben halb stillschweigend geduldete pazifistisch orientierte Schattenregierung unter Ibrahim Rugova hatte in den neunziger Jahren bei den Auslandskosovaren drei Prozent des Einkommens als Spende eingetrieben. Ende 1997 forderte die UÇK deren Premierminister auf, ihr die gesammelten Gelder zu übergeben. In der Folge kam es zu erbitterten Auseinandersetzungen um diese Gelder.

Etwa ab diesem Zeitpunkt begann die UÇK auch selbständig Gelder im Ausland - etwa bei der albanischen Gemeinde in New York - zu sammeln. Wie ein UÇK-Offizieller später erklärte, sei es den ausländischen Kosovaren überlassen worden, ob sie die Abgabe an die Rugova oder an die UÇK spendeten. Nach Angaben von Kosovaren, die sie gegenüber kroatischen beziehungsweise amerikanischen Medien machten, sollen es beispielsweise in Kroatien 4 Millionen Mark, in den USA zehn Millionen Dollar gewesen sein.

Drogenhandel

Die Berliner Zeitung zitiert am 04. März 1999 Erkenntnisse westlicher Geheimdienste, denen zufolge die Hälfte der UCK-Gelder aus Drogenhandel stamme.

  Wie die "Berliner Zeitung" in Brüssel erfuhr, schätzen die
  Geheimdienste allein die bisherigen Einkünfte der UCK  also      
  bis Anfang 1999) auf über 900 Millionen Mark.     
  Mindestens die Hälfte davon stamme aus Gewinnen des illegalen
  Rauschgifthandels; der Rest werde in Fonds gesammelt, die Namen 
  trügen wie "Das Vaterland ruft" oder "Das  Heimatland bittet um 
  Deine Hilfe". "Dunkles oder gewaschenes Geld macht einen großen 
  Teil der Mittel für die UCK aus", hieß es. Der Drogenschmuggel   
  reiche vom Quellenland Afghanistan bis nach Westeuropa. Daß ein
  großer Teil des Rauschgift-Vertriebs in der Europäischen Union in
  den Händen von Kosovo-Albanern liegt, ist auch bei der
  europäischen Polizeibehörde Europol in Den Haag bekannt.
Daten-Quelle: Berliner Zeitung, [2]

Auflösung der UÇK

Offiziell wurde die UÇK am 20. September 1999 aufgelöst und eine Art Nationalgarde mit dem Namen Kosovo-Schutzkorps (albanisch Trupat e Mbrojtjes se Kosovës/TMK) unter der Führung von Agim Çeku gegründet.

Die UÇK in Mazedonien

1999 wurde in Mazedonien die Ushtria Çlirimtare Kombetare (UÇK) gegründet. Die "Nationale Befreiungsarmee" der albanischen Mazedonier kämpft nach ihren Aussagen gegen die Unterdrückung ihrer Landsleute.

Sie trat erstmals im Januar 2001 mit Feuerüberfällen im Norden des Landes in Erscheinung und bekannte sich zu einem Anschlag auf die Polizeistation von Tearce. Ihr erstes "befreites Gebiet" rief die UÇK im Februar in Tanuševci aus und kontrolliert nach eigenen Angaben inzwischen weite Gebiete im nordwestlichen Gebirge des Landes.

Die Regierung schätzt die UÇK auf etwa 500 Rebellen, die UÇK spricht von bis zu 4.500 Kämpfern und 500.000 Sympathisanten in der Bevölkerung.

Bisher nicht eindeutig geklärt sind die Beziehungen zwischen der mazedonischen UÇK zu der aufgelösten Untergrundarmee im Kosovo. Obwohl viele Kämpfer im Kosovo rekrutiert werden, stammt die Mehrheit aber offensichtlich aus Mazedonien.

Der politische Führer der mazedonischen UÇK ist Ali Ahmeti, der bereits in der Kosovo-UÇK gekämpft hat. Ahmeti stammt aus dem westmazedonischen Albaner-Gebiet bei Kičevo. 1981 von den damaligen jugoslawischen Behörden zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, ging er nach seiner Freilassung zunächst in die Schweiz und kehrte später wieder in den Kosovo zurück.

Der militärische Führer der mazedonischen UÇK, Generalstabschef Gezim Ostreni, war einst jugoslawischer Armeeoffizier und hatte im Kosovo bereits der dortigen UÇK und danach dem Kosovo-Schutzkorps angehört.

Literatur:

Jens Reuter: Zur Geschichte der UÇK. In: Jens Reuter/Konrad Clewing (Hrsg.): Der Kosovo Konflikt. Ursachen - Verlauf - Perspektiven. Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Klagenfurt 2000, ISBN 3851293290


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