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Die Planeten

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Die Planeten ist eine bekannte Orchestersuite des englischen Komponisten Gustav Holst, die er 1914 - 1916 komponierte.

Die einzelnen Sätze tragen die Namen verschiedener Planeten unseres Sonnensystems beziehungsweise der entsprechenden römischen Gottheiten:

  • "Mars, der Kriegsbringer" (Mars, the Bringer of War) (Allegro)
  • "Venus, die Friedensbringerin" (Venus, the Bringer of Peace) (AdagioAndante – Animato – Tempo I)
  • "Merkur, der geflügelte Bote" (Mercury, the Winged Messenger) (Vivace)
  • "Jupiter, der Bringer der Fröhlichkeit" (Jupiter, the Bringer of Jollity) (Allegro giocoso – Andante maestoso – Tempo I – Lento maestoso – Presto)
  • "Saturn, der Bringer des Alters" (Saturn, the Bringer of Old Age) (Adagio – Andante)
  • "Uranus, der Magier" (Uranus, the Magician) (Allegro – Lento – Allegro – Largo)
  • "Neptun, der Mystiker" (Neptune, the Mystic) (Andante – Allegretto)

Die Suite wurde am 10. Oktober 1920 in Birmingham unter dem Dirigenten Appleby Matthews uraufgeführt.

Thematischer Hintergrund

Das Konzept des Werks ist eher astrologischer als astronomischer Natur. Darum gibt es auch keinen Satz über die Erde. Statt Mond und Sonne kommen die Planeten Uranus und Neptun vor, die in der Antike noch nicht entdeckt worden waren. Clifford Bax gab Holst eine Einführung in die Astrologie und inspirierte ihn damit letztlich zu diesem Werk. Jeder Satz soll Gedanken und Gefühle thematisieren, die mit der entsprechenden römischen Gottheit in Verbindung gebracht werden. Einen weiteren Ausgangspunkt bildete das Buch "Was ist ein Horoskop" von Alan Leo, dem Holst unter anderem die Inspiration zu den Untertiteln der einzelnen Sätze ("The Bringer of..." etc.) entnahm.

Die Planeten entstand zunächst in einer Fassung für zwei Klaviere, mit der Ausnahme des für eine einzelne Orgel komponierten Neptun, da Holst den Klang des Klaviers als zu hart und direkt für eine derart geheimnisvolle, weit entfernte Welt wie den Neptun empfand. Er instrumentierte die Suite jedoch auch für ein großes Orchester einschließlich Orgel, im letzten Satz (wortlos) begleitet von einem Frauenchor.

Holsts farbenfrohe Instrumentierung zeugt von erheblicher Vorstellungskraft und scheint eher von Europäern wie Igor Stravinsky beeinflusst zu sein als von britischen Komponisten.

Das Konzertpublikum zeigte sich bereits bei der Uraufführung von diesen Klangfarben begeistert. Obgleich Die Planeten bis heute Holsts bekanntestes Werk sind, zählte der Komponist selbst sie jedoch nicht zu seinen gelungensten Arbeiten und äußerte später seine Enttäuschung darüber, dass alle seine anderen Werke durch den Erfolg der Planeten völlig in den Schatten gestellt wurden. Dennoch dirigierte er in den frühen 1920er Jahren selbst eine Einspielung. Sein persönlicher Favorit war der Satz Saturn.

Die Reihenfolge der Sätze entspricht derjenigen der Planeten im Sonnensystem - mit Ausnahme der Venus, deren Bahn in Wirklichkeit näher an der Sonne verläuft als die des Mars. Einige Musikwissenschaftler vertreten die Theorie, dass diese Anomalie der ersten beiden Sätze beabsichtigt ist - entweder um die ersten vier Sätze in die bekannte musikalische Form einer Sinfonietta zu bringen, oder aber um der verbreiteten Fehlvorstellung Rechnung zu tragen, dass der Mars der Sonne tatsächlich näher sei als die Venus.

Eine alternative Erklärung ist aus dem astrologischen Konzept der Dominanz bestimmter Tierkreiszeichen durch die Planeten abzuleiten. Listet man diese gemeinsam mit den ihnen zugeordneten Planeten in der traditionellen Reihenfolge auf, beginnend mit dem Schützen, und lässt sowohl den zur Zeit der Komposition noch nicht entdeckten Pluto als auch Sonne und Mond aus, so ergibt sich genau die Reihenfolge der Sätze in der Suite.

Biographische Einbettung

Holst war zu jener Zeit Musiklehrer an der Mädchenschule St Paul's School for Girls in Brook Green (Hammersmith), eine Tätigkeit, der er mit großem Engagement nachging. Bald wurde das Schulgebäude um einen neuen Flügel ergänzt, der zu Holsts großer Freude einen schalldichten Musikraum erhielt. Diesen nutzte er fortan am Wochenende und in den Ferien intensiv zum komponieren.

1913 erhielt Holst durch Kontakte mit dem englischen Manager des Ballets Russe die Gelegenheit, im Aldwych-Theater einer Probe zum Frühlingsopfer von Igor Stravinski beizuwohnen - vor der skandalträchtigen Premiere dieses Werks in Paris. Sechs Wochen später erhielt auch das Londoner Konzertpublikum Gelegenheit, erste Reaktionen auf diese zunächst schwer fassbare Neue Musik zu äußern. Die Londoner fanden Stravinskis Balletmusik wohl ebenfalls gewöhnungsbedürftig, doch zugleich fesselnd. Ein Tumult wie zuvor in Paris blieb jedenfalls aus.

Es wird angenommen, dass Holst 1912 in London Aufführungen von Stravinskis Feuervogel in einer Inszenierung durch Djagilews Ballet besuchte. Zudem hörte er wohl ein neues Werk von Arnold Schönberg namens Fünf Orchesterstücke. Erwartungsgemäß wurde dieses Werk bei seiner Premiere unter Sir Henry Wood mit Gelächter quittiert; Holst charakterisierte den neuen Stil mit den Worten "Das klingt wie Wagner, nur ohne Melodien". Im Januar 1914 dirigierte Schoenberg selbst eine Aufführung. Diesmal gab sich das Publikum verträglicher. Der Premierendirigent Wood, der diesmal die zweite Hälfte des Konzerts bestritt, bekam allerdings den größeren Applaus.

Holst hatte als erste, nicht ganz ernst gemeinte Reaktion ein Stück mit dem Titel Futuristisches Tongedicht in H für die Studenten des Morley College komponiert. Das ironisch gemeinte Stück machte das Publikum mit exotischen "neuen" Instrumenten bekannt wie dem Kontrabass-Makkaron, dem Babyphon ("besonders attraktiv für Mütter"), dem Pneumatischen Röhren-Summafon sowie einem vierstimmigen Satz Schöpfkellen mit Dämpfer.

Obgleich sich Holst derart über Schönberg und die moderne Schule lustig machte, hegte er eigentlich einen tiefen Respekt vor Neuer Musik. Seine 1913 komponierte St Paul's Suite für Streichorchester zeigte zwar noch keinerlei Einflüsse von Stravinski oder Schönberg, doch 1914 begann er die Arbeit an einem Werk mit dem Arbeitstitel Seven Pieces for Large Orchestra ("Sieben Stücke für großes Orchester"). Er hatte sich bereits seit geraumer Zeit mit dem Gedanken beschäftigt, ein Werk dieser Größenordnung zu komponieren, das sich mit einer astrologischen Thematik auseinander setzte. Nach der Lektüre von Was ist ein Horoskop? nahm dieses Projekt konkrete Formen an. In diesem Buch deutete Alan Leo die Charaktermerkmale von Menschen, die im Zeichen bestimmter Planeten geboren waren, ähnliche wie jene Stimmungsbilder, die Holst vorschwebten: Mars ist "willensstark und zuweilen zu überschwänglich"; Venus verstärkt die "affektive und emotionale Seite der in ihrem Zeichen Geborenen und verleiht ihnen so einen ausgeprägten Sinn für die Kunst und die Schönheit"; Merkur spendet die "Fähigkeit, den Verstand auf verschiedene Arten einzusetzen"; Jupiter "Freude und Lebenskraft im Überfluss (...), Edelmut und Großherzigkeit"; Saturn die Fähigkeit zum "langsamen, doch stetigen Fortkommen im Leben" und Uranus eine Neigung zum "Metaphysischen und Okkulten, welche exzentrische, schwer verständliche und sprunghafte Reaktionen hervorruft". Die unter Neptuns Einfluss geborenen dagegen zeichnen sich durch psychische Sensibilität und eine Empfänglichkeit für jenseitige Erfahrungen aus.

Werkstruktur

In Mars, the Bringer of War präsentiert Holst eine derart erstaunliche Vision der mechanisierten Kriegführung, dass viele Hörer immer wieder annahmen, das ungestüme Stück sei als Reaktion auf den Großen Krieg komponiert worden. In Wirklichkeit begann Holst diese Komposition bereits mehrere Monate vor Ausbruch der Feindseligkeiten (wenngleich in der Gewissheit des nahen Krieges). Die breite Öffentlichkeit erfuhr dagegen zum Teil erst Jahre nach dem Ende des ersten Weltkriegs vom Grauen der Schützengräben, des Gaskriegs, der ersten Panzerangriffe und Flächenbombardierungen oder auch nur von den tatsächlichen Opferzahlen.

Bei Kriegsbeginn wurde deutsche Musik in Großbritannien umgehend verboten und deutsche Musiker aus ihren Orchesterstellen hinausgeworfen. Gustav von Holsts Familie stammte ursprünglich aus Skandinavien, war jedoch bereits zu Anfang des 19. Jahrhunderts nach London emigriert; Holst selbst war in den Cotswold Hills aufgewachsen. 1914 hatte er eben erst ein Haus in Thaxted in der Grafschaft Essex gekauft , wo ihn die Dorfbewohner jetzt mit einem gewissen Argwohn beäugten. Dieser Konflikt wurde jedoch bald bewältigt, und Holst durfte weiter lehren und komponieren wie zuvor.

Holsts Biograph Michael Short belegte Einflüsse des Feuervogels und der Fünf Orchesterstücke sowie von Ralph Vaughan Williams Sea Symphony auf den Satz Venus, the Bringer of Peace und kommentierte Holsts Neigung dazu, aus eigenen früheren Kompositionen zu zitieren. Nach Venus schrieb er zunächst Jupiter, the Bringer of Jollity, der mit seinen anfänglichen Echos des Jahrmarkts aus Petruschka eine wundervoll ausgelassene Atmosphäre besitzt. Daran schließt sich eine Melodie im Stil des nobilmente-Motivs aus Elgars zweiter Sinfonie an, die heute von feiernden Rugby-Fans als Siegeshymne geschmettert wird.

Nach einer kurzen Unterbrechung, während der er einen Chorsatz des Nunc dimittis für den Chor der Kathedrale von Westminster schrieb, nahm Holst 1915 die Arbeit an den Planeten wieder auf. Saturn, the Bringer of Old Age zeichnet das unerbittliche Herannahen des Sensenmanns und die panische Reaktion seines Opfers so schmerzlich-treffend nach, dass mehrere ältere Damen es bei der Uraufführung nicht ertragen konnten und eilends den Konzertsaal verließen.

Uranus, the Magician zeigt Einflüsse von Paul Dukas' Zauberlehrling sowie an gewissen, übermütig trampelndenden Stellen, von Strauss' Till Eulenspiegel.

Neptun galt damals als der am Weitesten entfernte Planet des Sonnensystems. Im Satz Neptune, the Mystic wird durch das Stilmittel einer schrittweisen Ausblendung (das ganze Stück ist pianissimo) der Eindruck erzeugt, dass der Hörer die Grenze des bekannten Universums verlässt und in die dahinter liegende Leere eintritt.

Es blieb noch Mercury, the Winged Messenger, doch Holst musste die Arbeit an den Planeten zunächst unterbrechen, um seine Japanische Suite für den japanischen Tänzer und Choreographen Michio Ito vom Londoner Coliseum zu komponieren. Er schrieb daher den Satz Mercury, der mit ständig wechselnden Rhythmen und Bitonalität beim Hörer auch heute noch für atemloses Staunen sorgt, erst Anfang 1916.

Im Jahr 2000 komponierte der Brite Colin Matthews den Satz "Pluto, der Erneuerer" (Pluto, the Renewer) im Auftrag des britischen Hallé Orchestras. Seither wird es oft in neueren CD-Aufnahmen zu der Holst'schen Planeten-Suite angefügt und mitaufgeführt.


Rezeptionsgeschichte

Bis 1916 existierte ein Großteil der Komposition weiterhin erst in der Fassung für zwei Klaviere, aus der Holst seinen Schülern oft vorspielte. Das Jahr 1916 verbrachte Holst mit der Orchestrierung des neuen Werks, während er zugleich Aufführungen seiner anderen Werke leitete (oft frustriert vom Mangel an männlichen Musikern, die an die Front geschickt worden waren) und seinen Lehrverpflichtungen nachging.

In jenem Jahr lernte Holst auch den bis dahin wenig bekannten Dirigenten Adrian Boult kennen, der einige Stücke für kleines Orchester bei ihm bestellt hatte. Während ihrer Gespräche ermöglichte Holst ein Vorspiel der Fassung für zwei Klaviere für Boult, der daraufhin umgehend einige kleinere Stücke von Holst in sein Konzertprogramm aufnahm. Gegen Kriegsende dann wurde Holst vom CVJM wegen musikalischer Aktivitäten für die englischen Truppen im Ausland angegangen. Er sollte dazu nach Thessaloníki reisen, doch unmittelbar vor der geplanten Abfahrt kündigte sein Freund und gelegentlicher Mäzen Henry Balfour Gardiner überraschend an, dass Boult eine eine private Premiere der Planeten in der Queen's Hall dirigieren würde. Die Vorstellung vor ausgewählten Freunden, Schülern und Kollegen war ein triumphaler Erfolg.

Noch während Holst sich im Ausland aufhielt, dirigierte Boult mehrere öffentliche Vorstellungen der Planeten. Da er den Eindruck hatte, das Publikum könne nicht mehr als 30 Minuten Neue Musik am Stück ertragen, lies er Venus und Neptun jedoch aus. Holst selbst kehrte 1919 nach England zurück und und dirigierte im November eine weitere unvollständige Aufführung, diesmal jedoch einschließlich Venus. Das gesamte Werk wurde erstmals im November 1920 vom London Symphony Orchestra unter Albert Coates aufgeführt.

Der Erfolg dieser ersten vollständigen Aufführung bekehrte letztlich auch Kritiker, die sich zuvor von den einzelnen Sätzen nicht hatten überzeugen lassen. Bald folgten Aufführungen im Ausland, so dass Holst fast gegen seinen Willen internationale Berühmtheit erlangte.

Als Nebeneffekt dieses Erfolges wurde er von seinem Freund Vaughan-Williams im Nachhinein darum ersucht, die Melodie, die das Kernstück des Jupiter bildet, als patriotische Hymne ("I vow to Thee, my Country") auszusetzen. Holst gestattete dies nur zögerlich; zu seiner Erleichterung passte der von Cecil Spring-Rice verfasste Text wenigstens rhythmisch genau zur Melodie. Dieses Lied ist seither im anglophonen Sprachraum einerseits sehr populär - Prinzessin Diana wünschte es sich beispielsweise zu ihrer Trauung, und es wurde auch zu ihrem Begräbnis gesungen. Andererseits ist sein Text in neuerer Zeit wegen rassistischer und kriegsverherrlichender Untertöne nicht unumstritten; so lehnt die anglikanische Kirche es heute ab.

Einfluss des Werks auf andere Künstler

Das Thema von "Jupiter" wird in Frank Zappas Stück Invocation and Ritual Dance of the Young Pumpkin (Album "Absolutely Free", 1967) zitiert. Das Thema von "Mars" diente als Inspiration und Grundlage zur Filmmusik der Star Wars-Filme . Die Progressive Rock-Band King Crimson spielte bei ihren Live-Auftritten 1969 ein vereinfachtes Arrangement von "Mars"; auf ihrem zweiten Album "In the Wake of Poseidon" (1970) erschien es unter dem Titel The Devil's Triangle. Die Rockband Manfred Mann's Earth Band ließ sich bei ihrem Album Solar Fire (1973) von Holst' Planeten inspirieren. Ihre Single Joybringer aus dem gleichen Jahr basiert auf dem Thema von "Jupiter".

1977 setzte Isao Tomita die Orchestersuite für Synthesizer auf seine Art um: Dem Satz zum Planeten Mars stellte er einen, mit dem Jupiter-Thema dominierten Raketenstart mit Countdown voran. Der Niederländer Ed Starink kreierte 1989 eine weitere Synthesizeradaption, die neben den Kompositionen von Gustav Holst auch eigene Kompositionen enthält, die als Überleitungen fungieren. Starinks Adaption gilt in Fachkreisen neben der Tomitas als eine der besten.

Die schwedische Metal-Band Bathory, welche als Begründer für den heutigen Black-und Viking Metal gilt, verwendete mit dem instrumentalen Stück "Hammerheart", das auf der 1991 erschienenen Platte Twilight of the Gods enthalten war, das Thema von "Jupiter".