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Elisabeth Pletscher

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Fréderic Fischer trifft 2003 auf Elisabeth Pletscher, Zeitzeugin des «Ur-Albatros»

Elisabeth Pletscher (* 12. Oktober 1908 in Trogen; † 11. August 2003 ebenfalls in Trogen) zeichnete sich durch ihr grosses Engagement in Kultur, Politik und im sozialen Bereich aus, insbesondere in den Frauenrechten. So war sie unter anderem massgeblich an der Einführung des Frauenstimmrechtes 1989 im Kanton Appenzell Ausserrhoden beteiligt.

Leben

Elisabeth Pletscher hat viele Namen: die ausserrhodische Vorkämpferin für die Emanzipation der Frauen, die Königin der Ausserrhoder Frauen, die Mutter aller Appenzellerinnen, die Grand Old Lady Ausserrhodens. prägende Persönlichkeit. Zeitlebens blieb sie ledig und verbrachte den grössten Teil ihrer beruflichen Laufbahn in Zürich am Universitätsspital als Cheflaborantin.

Zeitzeugin des 20 Jahrhunderts

Lernte schon sehr früh kennen: Ungerechtigkeit in Schule - Gerechtigkeit Unterdrückung durch Männer - Emanzipation 1. Weltkrieg pflegen von Kriegsgefangenen - Rotes Kreuz Aufwachsen in einem Frauenhaushalt ohne Männer - Selbstständig Pension führen für Knaben - Mädchenpensionat gründen Arme Bauernkinder - soziales Engagement

Kindheit, Jugend

Susanne Kern, welche von der Zellweger-Dynastie in Trogen abstammte (Ururenkelin von Landammann Jacob Zellweger, 1770-1821) heiratete 1907 Theodor Pletscher, Französischlehrer an der Kantonsschule Trogen. Am 12. Oktober 1908 wird Elisabeth Pletscher im Vordorf 48a in Trogen geboren, 1911 kommt ihre Schwester Madelaine zu Welt. 1913 stirbt der Vater an Perniziöser Anämie. Susanne Pletscher musste nun den Lebensunterhalt alleine für ihre zwei Kinder verdienen, unter anderem, indem sie eine Pension für Kantonsschüler führte, da die Kapazität des Konvikts der Kantonsschule beschränkt war. Damals waren die meisten Schüler gezwungen, während der Schulzeit in Trogen zu wohnen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel das Pendeln noch nicht erlaubten; so gründeten etliche Privatfamilien aus Trogen eine Pension, um sich in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Zusatzverdienst zu sichern.[1] In der Pension, welche die allein erziehende Mutter führte, lebte bis 1915 auch der junge Carl Seelig, mit dem Elisabeth Freundschaft schloss.

Schon früh Kontakt mit humanitärer Arbeit, Kriegsgefangene im 1. Weltkrieg: «Das Rote Kreuz hatte während des Krieges deutsche Soldaten in französischer Kriegsgefangenschaft aus humanitären und gesundheitlichen Gründen in die Schweiz gebracht. Die Höhe von 900 Meter über Meer, wie in Trogen, erachtete man als besonders gesund. [...] Als ein Zug mit diesen Männern am Bahnhof einfuhr, standen wir Schulkinder dort bereit, mit den ersten Schlüsselblümchen, die in diesem Frühling blühten. Mit unseren schönsten Schöössli [Schürzen] standen wir da, während unsere Mütter, das heisst die Frauen der Trogner Gesellschaft, die Gefangenen betreut haben.»[2]

Datei:Konvikt AltesSchulhaus KST.jpg
Die Kantonsschule Trogen wie sie zur Zeit von Elisabeth Pletscher aussah: Knabenkonvikt (im Vordergrund) und «Altes Schulhaus» (rechts)

Nach der Primarschule trat Elisabeth Pletscher 1921 in die Kantonsschule Trogen ein. 1995 erinnerte sie sich an die Lektionen von Rektor Ernst Wildi zurück: «An der Kantonsschule beschäftigte man sich intensiv mit dem Zeitgeschehen. Rektor Wildi, er war Offizier, baute Zeitgeschichte in den Unterricht ein: Jeweils die letzte Stunde am Samstag war für den Staatsbürgerlichen Unterricht mit Diskussionen und Vorträgen reserviert. Diese speziellen Stunden waren besonders wertvoll, zumal man weder Radio noch Fernseher kannte.»[3]

Kantonsschüler bauen ihr erstes Segelflugzeug. Elisabeth Pletscher, welche 1928 Schülerin an der Kantonsschule war, kommentiert 75 Jahre später die Filmaufnahmen

und absolvierte 1928 als eine der ersten Frauen die Matura.

Beruf

Ausbildung

Während damals Frauen den Lebensentwurf Heirat und Familie vorgesehen war, wählte Elisabeth Pletscher einen anderen Weg. Sie blieb zeitlebens unverheiratet, kinderlos und machte Karriere und wurde so Vorbild für eigenständige Frauen

Laborantinnenschule in Bern.

während der Ausbildung zur medizinischen Laborantin besuchte sie auch Vorlesungen zu Einsteins Relativitätstheorie

Frauenklinik Kantonsspital Zürich

1930-73 Cheflaborantin an der Frauenklinik des Kantonsspitals Zürich

Berufsverbands der medizin. Laborantinnen

1929 Mitgründerin und 1956-66 Präs. des nationalen Berufsverbands der medizin. Laborantinnen, 1954 Organisatorin des 1. internat. Kongresses für medizin. Laborantinnen in Zürich, aus dem der internat. Verband hervorging, 1954-73 dessen Geschäftsführerin.

Zweiter Weltkrieg

Während des 2. Weltkriegs Laborantin des militär. Frauenhilfsdiensts.

Das Prinzip des Rotes Kreuzes immer wegleitend: Leidenden Menschen helfen, egal ob Freund oder Feind

Alter

Nach ihrer Pensionierung kehrte sie nach Trogen zurück

1973 kehrte die pensionierte Elisabeth Pletscher nach ihrer 40-jährigen Tätigkeit an der Universitätsklinik in Zürich nach Trogen zurück.

Der Unfalltod

Letzter öffentlicher Auftritt im 17. Juni 2003 Mittsommernachts-Serenade in Trogen.

Im Frühsommer 2003 hatte Elisabeth Pletscher bereits alles für ihren anstehenden 95. Geburtstag vorbereitet. Eine öffentliche Feier in der Kirche von Trogen mit der «Frauenstriichmusik»[4] und Jodeldoppelquartett mit Männern und danach ein Essen in der «Krone» [Restaurant in Trogen] im Freundeskreis

11. August gestorben (6.00 oder 18.00)


Am 15. August fand in der Kirche Trogen die Abdankungsfeier statt

Trogen. Mit einer Trauerfeier in der vollen Kirche Trogen nahmen Bevölkerung und Behörden gestern von Elisabeth Pletscher Abschied. Alt Landammann Hans Altherr und Nationalrätin Dorle Vallender würdigten die verstorbene «Grand old Lady» als faszinierende Persönlichkeit. Elisabeth Pletscher, die am Montag an den Folgen eines Verkehrsunfalls zwei Monate vor ihrem 95. Geburtstag verstorben war, wurde von zahllosen Menschen geschätzt und geachtet. Sie faszinierte mit ihrem Charisma alle, die mit ihr in irgendeiner Weise in Berührung kamen. Dies zeigte der Aufmarsch von der grossen Prominenz (insbesondere der Repräsentanten von Politik, Kultur und Bildungsinstitutionen) bis zur einfachen Dorfbewohnerin. Dies unterstrichen aber auch die einfühlsamen Worte der interimistischen Trogner Pfarrerin Eva Anderegg-Blaas und die Würdigungen von Regierungsrat Hans Altherr und Nationalrätin Dorle Vallender, die sich ihrerseits auf verschiedene Quellen abstützten und die allesamt in der Aussage gipfelten, dass sich der faszinierenden Persönlichkeit und Tatkraft der Verstorbenen niemand entziehen konnte. Einfache Jugend Allgemein bekannt ist, dass Elisabeth Pletschers Lebensgeschichte untrennbar mit dem Einsatz für die Frau verbunden ist. Dass die direkte Nachfahrin von Landammann Jakob Zellweger-Zuberbühler aus der legendären Trogner Politiker- und Kaufleute-Familie aber eine einfache und vom frühen Tod ihres Vaters überschattete Jugend in Trogen verlebte, dürfte weniger bekannt sein. Mit einer jüngeren Schwester und ihrer Mutter wuchs sie im Vordorf in Trogen in einer kleinen Wohnung auf, in der sie Jahrzehnte später seit ihrer Rückkehr 1973 bis zu ihrem Tod wieder Einsitz nahm. Gemäss Hans Altherr haben die Abstammung, der frühe Tod des Vaters im Alter von fünf Jahren, die finanziellen Verhältnisse der allein erziehenden Mutter und das Aufwachsen in einem reinen Frauenhaushalt Elisabeth Pletscher nachhaltig geprägt. Einsatz für Berufsstand Als erst zweite Appenzellerin überhaupt konnte sie an der Kantonsschule, für die sie sich später so eingesetzt und auch das Mädchenkonvikt gegründet hatte, die Matura machen. Für das gewünschte Medizinstudium gab es aber damals noch keine Stipendien für Mädchen, und so lernte sie den relativ jungen Beruf einer medizinischen Laborantin, während ihr der Berufsberater das Metier einer Korsettnäherin empfohlen hatte. Für ihren Berufsstand setzte sie sich vehement ein, gründete den schweizerischen Verband, knüpfte Kontakte ins Ausland und organisierte in Zürich einen grossen internationalen Kongress mit über 500 Teilnehmerinnen. Im 2. Weltkrieg leistete Elisabeth Pletscher Aktivdienst als FHD, hatte allerdings ein gespanntes Verhältnis zu Vorschriften und Hierarchien und vertraute damals - wie ihr ganzes Leben - mehr auf den «gesunden Menschenverstand», gespickt mit Humor und Pragmatismus. Hans Altherr streifte auch das grosse Engagement und die wache und kritische Präsenz im Dorf und Kanton. Bis vor ihrem Tod meldete sich fast stets bei Versammlungen zu Wort und hielt mit ihrem, auf Sachkenntnis beruhenden, eigenen Urteil und konstruktiver Kritik nicht zurück. Dies immer aber mit Respekt und Achtung vor der Meinung Andersdenkender. Wenige Tage vor ihrem Tod regte sie noch an, im Fünfeckpalast des Kantons ein Wohnmuseum einzurichten. Es wird interessant zu beobachten sein, was aus dieser Idee wird. Zielstrebig, beharrlich, willensstark, bescheiden, humorvoll, stark, überzeugend sind Attribute, die Hans Altherr der Verstorbenen unter anderem attestierte. Kein «Hardliner» Auch Nationalrätin Dorle Vallender, in den letzten Jahren eine enge Vertraute von Elisabeth Pletscher, kam zu ähnlichen Charakteristiken der Verstorbenen und ihres «spannenden» Lebens. Sie illustrierte mit Beispielen, wie sie sich schon in den ersten Schuljahren gegen Ungerechtigkeiten eingesetzt habe, auch wenn ihr dies zum Nachteil gereichte. Ihr politisches Engagement wurde erst durch die Saffa, die Schweizerische Ausstellung über Frauenarbeit, im Jahre 1958 geprägt. Ein Jahr später setzte sie sich vehement für die Einführung des Frauenstimmrechtes auf nationaler Ebene ein, nahm aber gelassen zur Kenntnis, dass die Zeit wohl noch nicht reif gewesen sei. Auch auf kantonaler Ebene engagierte sie sich mit demselben Anliegen, trat aber nicht als Hardliner auf, riet energisch von einer aussichtsreichen Beschwerde vor Bundesgericht ab (diesen Weg wählte man in Innerrhoden) und setzte dagegen auf die Karte Petition, die schliesslich die erfolgreiche Landsgemeindevorlage von 1989 auslöste. «Elisabeth Pletscher hat mit Klugheit, Humor und Augenmass appenzellische Geschichte mitgeschrieben», erklärte Dorle Vallender. Umrahmt wurde die Trauerfeier von einem hochkarätigen Streicherensemble und Orgelspiel, das auf ausdrücklichen Wunsch der Verstorbenen auch ein Zäuerli und ein Tänzchen beinhaltete sowie dem bewegenden Landsgemeindelied. Zuvor war die Asche von Elisabeth Pletscher im engsten Familienkreis im Gemeinschaftsgrab bestattet worden.[5]



Elisabeth Pletscher wurde auf dem Friedhof Trogen in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt – ohne Namensnennung. das Gemeinschaftsgrab liegt zentral in der Nähe des Aufbahrungsraums und ist mit Buchs eingefasst.


Nachruf: Eine «Emanze» sei sie gewiss nicht und auch keine «Feministin». Aber kein Mann war für sie als Ehemann gut genug. Ohnehin gehe das Leben ohne Männer besser. So wandte sie sich statt dem privaten dem öffentlichen Haushalt zu und verhalf den Frauen in Appenzell Ausserrhoden zu ihrem Stimmrecht. Als Elisabeth Pletscher im hohen Alter dafür das Ehrendoktorat der Universität St. Gallen erhielt, meinte sie: «Ich hätte mir keinen solchen Titel verliehen. Ich bin weder Akademikerin, noch habe ich etwas Bahnbrechendes erfunden oder geleistet.» Dass auch die Frauen im Ausserrhodischen politische Rechte ausüben sollten, schien ihr selbstverständlich. Im Städtchen Trogen war Elisabeth 1908 geboren worden, als Nachfahrin jenes Textilhändlergeschlechts der Zellweger, die am Hauptplatz ihre Patrizierhäuser errichtet hatten. Da ihr Vater früh starb, wuchs sie mit ihrer Schwester bei der Mutter auf: «Ich bin das typische Produkt einer alleinerziehenden Mutter», pflegte sie zu erklären. Es war ein Weiberhaushalt, in dem man zwar wenig Geld besass, aber ungebrochen stolze Gesinnung: Die verwitwete Mutter sprach mit den Kindern Französisch. «Einen Vater habe ich nie vermisst.» Mädchen trugen Wollstrümpfe und Röcke, Buben Hosen. Elisabeth war das einzige Mädchen in ihrer Klasse im Gymnasium. Das stellte Probleme, beim Turnunterricht etwa. Elisabeth hatte durchgesetzt, dass auch sie teilnehmen durfte. Doch beim Schnelllauf springen die Knöpfe der Strumpfhalter ab. Die Mutter hat eine revolutionäre Idee: Warum nicht einfach Hosen nähen für das Mädchen? Elisabeth wehrt sich noch eine Zeit lang dagegen. Ihr Traum war, Ärztin zu werden. Der Berufsberater schüttelte den Kopf. Später heiraten die ja doch alle. Und wie soll man das finanzieren? Stipendien gab es nur für Knaben. Auch Apothekerin kam nicht in Frage. Er schlug ihr vor: Köchin. Oder Korsettnäherin. Per Zufall erfuhr Elisabeth von einer neuen Ausbildung: medizinische Gehilfin. Als eine der Ersten erlernte Elisabeth Pletscher in Bern diesen typischen Frauenberuf. Sie erhielt schnell eine Stelle am Universitätsspital in Zürich als medizinische Laborantin. Zum Schlüsselerlebnis wurde für sie - wie für viele Frauen ihrer Generation - die Saffa: die «Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit», die 1958 an beiden Zürichseeufern stattfand. Erstmals sahen die berufstätigen Schweizer Frauen ihre Anliegen in der Öffentlichkeit vertreten. Sie waren in Hochstimmung, obwohl es noch kein Frauenstimmrecht gab. Erst ein Jahr später werden die mündigen Männer der Schweiz über die Zulassung der Frauen zur Urne entscheiden. Die Appenzeller Freisinnigen organisieren eine Diskussionsrunde dazu. Aber sie finden niemanden, der den befürwortenden Standpunkt vertritt. Elisabeths Mutter sagt: «Fragt meine Tochter in Zürich.» So tritt diese im Saal des Restaurants «Krone» in Trogen auf, ihr Gegner ist der Ausserrhoder Regierungschef. Der Milchhändler meint nach der Veranstaltung, sie habe gut gesprochen. Er sei aber weiterhin dagegen. Wie die meisten. In der Parteiversammlung stimmten neun Männer dafür, «davon drei, die ich akquiriert hatte», erzählte Pletscher später lächelnd. So gelassen war sie nicht immer. 1971 wurde das Stimmrecht in der Schweiz endlich gutgeheissen. Die Appenzeller blieben bockig. In ihren Halbkantonen hatten die Frauen weiterhin nichts zu sagen. «Die sagen ja schon längst zu Hause, wie die Männer zu stimmen haben», lauten die Scherze. Der Landsgemeindesonntag gehört den Herren, die, eine Hand am Säbel, Schwurfinger in der Höhe, sich an die politischen Geschäfte machen. Elisabeth Pletscher hatte die fixe Idee, dass sie da auch dabei sein wollte. Dafür weibelte sie fortan. Als sie in die Freisinnige Partei eintreten wollte, um ihre Idee wirksamer vertreten zu können, hiess es noch: Keine Frauen in der Partei! So blieb sie draussen. 1989 war es auch in Appenzell Ausserrhoden so weit. Hellebardenträger, Trommler und Pfeifer führen den Zug an. «Das Landsgemeindelied ertönt», rapportiert der «Bund», «die Glocken läuten.» Dann: «Die schwere Stunde der Entscheidung ist da.» Wem es «wohlgfallt», erhebe die Hand. Der Weibel stellt es fest: «Ihr habt das Frauenstimmrecht angenommen.» Im nächsten Jahr erscheint Elisabeth Pletscher - die pensionierte Cheflaborantin des Unispitals Zürich - in Appenzeller Tracht an der Landsgemeinde. Und ist an jeder folgenden zu sehen. «Man muss hartnäckig sein im Leben», sagt sie; «ein Wort hat mich immer gereizt: Erst recht!» Doch die Landsgemeindedemokratie gilt manchen als veraltet. Zu wenig effizient, ein blosses Ritual. 1997 schafft das Volk die Volksversammlung ab. Die politischen Rechte aber bleiben. Als 88-Jährige tritt Pletscher doch noch in die Freisinnige Partei ein. Die Dame, die zum Trogener Ortsbild gehörte wie die Häuser ihrer Vorfahren, ist an den Folgen eines Autounfalls verstorben. Wie die Kantonspolizei berichtet, war sie von einer unter Drogeneinfluss stehenden Frau angefahren worden. [6]


«Elisabeth Pletscher war ein Leben lang mit der Gemeinde Trogen verbunden und hat sie testamentarisch als Miterbin ihres Vermögens eingesetzt. Sie hat daran keine Auflagen bezüglich Zweckbindung geknüpft. Damit war der Gemeinderat frei zu entscheiden, wofür er den Erbanteil verwenden will. Mit der Einlage in den Fonds ‹Landsgemeindeplatz› soll das Geld zu einem späteren Zeitpunkt für einen Zweck eingesetzt werden, der auch Elisabeth Pletscher stets am Herzen lag.»[7]

Wirken

Politik

SAFFA

Die nach der Ausstellung benannte Saffa-Insel in Zürich-Wollishofen

Mit der Frauenbewegung war Elisabeth Pletscher über die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) in Kontakt gekommen, die 1958 in Zürich das zweite Mal stattfand. An der SAFFA wurde auch der Beruf der medizinischen Laborantin ausgestellt, an deren Vorbereitungsarbeiten Elisabeth Pletscher beteiligt war. An der SAFFA 1958 wurde sie entscheidend für ihr weiteres politisches Engagement geprägt – Elisabeth Pletscher wurde die Bedeutung der Frau in der Arbeitswelt in vollem Ausmass bewusst. Im Sommer 1928 hatte die SAFFA das erste Mal stattgefunden. Damals schon trat der Schweizerische Verein für Frauenstimmrecht im Eröffnungsfestzug auf. Der Schweizerische Verein für Frauenstimmrecht zog dabei an einem Wagen, auf dem eine riesengrosse Schnecke angebracht war. Auf beiden Seiten des Wagens waren Spruchbänder befestigt mit dem schlichten Schriftzug: „Die Fortschritte des Frauenstimmrechts in der Schweiz“. In der Tat verlief die Annahme des Frauenstimm- und Wahlrechts in der Schweiz sehr langsam, vor allem in den zwei Halbkantonen Appenzell A.Rh. und Appenzell I.Rh.

1958 Mithilfe an der Saffa (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) vom 17. Juli bis 15. September


Schlüsselerlebnis für die Frauenarbeit: «Was mich geprägt hat, war die SAFFA 1958 in Zürich, die zweite schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit. Ich war gerade 50 Jahre alt. Der Berufsverband der medizinischen Laborantinnen, als deren Präsidentin ich damals amtete, hat an der SAFFA ein Labor geführt. Wir waren involviert in die Planung, Organisation und Durchführung dieser Ausstellung, und ich habe hautnah miterlebt, was Frauen alles leisten - ohne je Anerkennung dafür zu erhalten. Ich empfand es schon nach dem Zweiten Weltkrieg als stossend, wie viele Aufgaben und Pflichten die Frauen während des Krieges übernommen hatten, ohne dass ihnen entsprechende Rechte zugestanden worden wären. Wir sind damals, nach dem Krieg, ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Frauen nun auch ihre politischen Rechte bekommen. Das ist aber etwas gar nicht automatisch geschehen. Und an der SAFFA, fünfzehn Jahre später, haben wieder so viele Frauen gezeigt, was sie alles können. [...] Mich hat damals auch das Engagement und die enorme Leistung der Pionierinnen für die Anliegen der Frauen beeindruckt. [...] Da ich beruflich sehr beansprucht war, konnte ich mich nie im selben Ausmass engagieren wie andere Frauen. so habe ich mich während der Zeit der zweiten SAFFA entschieden, nie Nein zu sagen, sollte ich angefragt werden, mich für etwas einzusetzen: Was ich tun kann, das tue ich. [...] Ich tue es aus Dankbarkeit und Solidarität mit den Pionierinnen für die Frauenrechte und die Anliegen der Frauen, als einen kleinen persönlichen Tribut für all das, was diese Frauen erdulden und durchstehen mussten.»[8]

Frauenstimmrecht

Ab 1959 engagierte sich P. in Podiumsdiskussionen, insbesondere im Kt. Appenzell Ausserrhoden, mit appenzell. Witz für das Frauenstimmrecht, bis zu dessen Annahme an der Landsgemeinde 1989.

Dabei verlor sie das Stimmrecht auf kantonaler Ebene, denn diese hatte in Ausserrhoden gerade erst an der Trogener Landsgemeinde von 1972 eine herbe Niederlage einstecken müssen. Im Kanton Appenzell Ausserrhoden konnten die Frauen auf Bundes- und Gemeindeebene abstimmen, das kantonale Stimm- und Wahlrecht wurde ihnen aufgrund der Institution Landsgmeinde verwehrt.

Nachdem 1972 und 1976 an der Landsgemeinde das Frauenstimm- und Wahlrecht scheiterte und auch die Motion von Otto Schoch 1979 an der Landsgemeinde verworfen wurde, engagierte sich Elisabeth Pletscher 1983 in der Interessengemeinschaft für politische Gleichberechtigung der Frauen im Kanton Appenzell Ausserrhoden (IG). 1983 war sie Mitinitiantin einer Petition für den National- und Ständerat, die die Räte ersuchte, eine eidgenössische Volksabstimmung zur Aufhebung des Artikels 74 Abs. 4 der Bundesverfassung einzuleiten. Der Artikel 74 Abs. 4 sprach dem kantonalen Recht für Abstimmungen und Wahlen der Kantone und Gemeinde Vorrang zu. Der Gang nach Bern löste jedoch im Kanton Appenzell Ausserrhoden heftige Reaktionen aus, worauf die Initiantengruppe ihre Petition zunächst wieder zurückzog. Anstelle der Petition lancierten sie nun eine Initiative, die eine Urnenabstimmung über die Einführung des Frauenstimmrechts verlangte. Als 1984 an der Landsgemeinde in Trogen auch diese Initiative verworfen wurde, reichte die IG die Petition beim Bund ein. Im Ständerat stiess die Petition der IG für Änderung des Artikels 74 Abs. 4 auf kein Gehör, im Nationalrat wurde der Petition knapp zugestimmt.

Am 30. April 1989 wurde an der Landsgemeinde in Hundwil schliesslich das Frauenstimm- und Wahlrecht angenommen. Elisabeth Pletscher war an diesem Tag das letzte Mal als Zuschauerin anwesend, an den folgenden und letzten acht Landsgmeinden durfte sie im Ring stehen. An ihrer ersten Landsgemeinde als Stimmberechtigte, an der Landsgemeinde Trogen im Jahr 1990, war Elisabeth Pletscher 82 Jahre alt.

Die Fotographie zeigt Elisabeth Pletscher (1908-2003) an der Landsgemeinde in Trogen im Jahr 1990. Gekleidet in eine Ausserrhoder Tracht steht sie im Ring und hebt für die Stimmabgabe ihren Arm hoch.

Kantonsschulverein

Der Kantonsschulverein Trogen (KVT) entstand 1921 anlässlich der 100-Jahr-Feier der KST und entsprach dem Bedürfnis Ehemaliger und Freunde der KST, sich nicht aus den Augen verlieren. Er hat heute über 1100 Mitglieder, die sich auf der ganzen Welt verteilen. Ziel des Vereins ist es, sowohl die Ehemaligen untereinander, als auch mit der KST zu vernetzen. Der KVT informiert seine Mitglieder hauptsächlich mit dem gedruckten Jahresbericht und seiner Website.

Mädchenkonvikt

Ehemaliges Mädchenkonvikt am Dorfplatz

Seit der Gründung der KST sollten beinahe 150 Jahre vergehen, bis die Schule auch ein eigenes Mädchenkonvikt hatte. Im Jahre 1959 erwarb der Kantonschulverein der ehemaligen Schüler (KVT), das für Anna und Conrad Zellweger-Rechsteiner um 1650 erbaute Fabrikantenhaus am Trogener Dorfplatz. Dieses konnte schliesslich 1968 unter der KVT-Präsidentschaft von Elisabeth Pletscher eröffnet werden. Die Anmeldungen waren so zahlreich, das von Beginn an mit einem voll besetzten Haus gestartet werden konnte. In den kommenden 28 Jahren, in denen im Mädchenkonvikt Schülerinnen der KST wohnten und sich verpflegten, wurde das Haus von vier Konviktleiterinnen geführt. Gegen Ende der 1980er-Jahre wurde ein erster Rückgang an Bewohnerinnen verzeichnet; derselbe Rückgang an Schülern konnte damals auch im Knabenkonvikt beobachtet werden. Aus wirtschaftlichen Gründen hob man deshalb das Mädchenkonvikt im Sommer 1996 auf und legte es mit dem Knabenkonvikt zusammen, bis dieses sechs Jahre später ganz geschlossen wurde. 2014 wurden die Wohnungen renoviert, um als KST-Wohngemeinschaft Interessierten (z.B. Sport- und Austauschschüler der KST) eine Wohnmöglichkeit in unmittelbarer Nähe zum Campus zu geben.[9]

da damals die meisten Schüler gezwungen waren, während der Schulzeit in Trogen zu wohnen, weil die öffentlichen Verkehrsmittel das Pendeln noch nicht eraubten. Lernenden, welche im Kanton wohnten, war in der Regel das Konvikt der Kantonsschule vorbehalten. Da dessen Kapazität jedoch beschränkt war, gründeten etliche Privatfamilien aus Trogen eine Pension, um sich in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Zusatzverdienst zu sichern. Auch die meisten Kantonsschullehrer mit ihren Frauen eröffneten ein Pensionat, da die damals bescheidenen Gehälter sie zu einem solchen Schritt zwangen.[10]

Annemarie Elmer(-Schultheiss) (1968 - 1979), Barbara Schällibaum Tobler und Felix Kühne (1979 - 1985), Charlotte Jacquemart (1985 - 1991), Susan Romer und Edgar (1991 - 1996)

Kulturelles Engagement

Soziales Engagement

Ehrungen

Ausserrhoder Kulturstiftung

1997 Auszeichnung durch die Ausserrhoder Kulturstiftung

Ehrendoktorat

1998 Dr. h.c. der Univ. St. Gallen

verlieh ihr den Ehrendoktor Dr. h.c. (honoris causa)

Pletscher-Linde

Tafelinschrift: «Diese Linde wurde zu Ehren von Dr. h.c. Elisabeth Pletscher (1908-2003) von einem Freundeskreis gestiftet und im Herbst 1998 gepflanzt»

Nicht vergessen

Foto: Pletscher-Linde, Grab

Bild in Arche: Andrew James Ward (ev. Zürich), gekauft KVT.

Galerie Andreas Thalmann Zürich 044 210 20 01 bilotta@andresthalmann.com Frau Veronika Bilotta

Andrew J Ward Grueneburgstr 1 Pfaffenweisbach – Wehrheim. 61273. Germany Tel. 06081- 965 33 36 Mobile 0049 (0)178 806 894 1 uk.andrew@live.co.uk

Nachrufe in Zeitung, KVT-Mitteilungen, Todesanzeige

Literatur

  • Elisabeth Pletscher: Trogen, das Schuldorf in den zwanziger Jahren. In: KVT-Mitteilungen Nr. 74, Eigenverlag, Trogen 1995, S. 71–73.
  • Elisabeth Pletscher: Verarbeitung 1. Weltkrieg und Zeitgeschichte. In: Sonderausgabe des Sodbrennens zur Arche-Einweihung, Eigenverlag, Trogen 1995, S. 10.
  • Rachel van der Elst: Eine Reise nach Passug - Die Geschichte der Elisabeth Pletscher. Eigenverlag, Trogen 1998
  • Renate Bräuninger (Hrsg.): Frauenleben Appenzell - Beiträge zur Geschichte der Frauen im Appenzellerland, 19. und 20. Jahrhundert. Herisau, Appenzeller Verlag 1999
  • Elisabeth Pletscher, Matthias Weishaupt: Geschichte des Mädchenkonvikts Trogen. In: KVT-Mitteilungen Nr. 82, Eigenverlag, Trogen 2002, S. 6–21.
  • Kanton Appenzell Ausserrhoden (Hrsg.): Zeitzeugnisse - Appenzeller Geschichten in Wort und Bild. Herisau, Appenzeller Verlag 1999
  • Hanspeter Strebel, Kathrin Barbara Zatti: Es gibt Dinge, die brauchen Zeit - Elisabeth Pletscher, Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts. Herisau, Appenzeller Verlag 2005, ISBN 3-85882-410-0.
  • Levin Engler, Reto Kefes, Viviane Schindler: Mit der KST durch die Zeit. Fachmaturaarbeit Berufsfachschule Wirtschaft, 63 Seiten, Trogen 2015

Einzelnachweise

  1. Elisabeth Pletscher: Trogen, das Schuldorf in den zwanziger Jahren. In: KVT-Mitteilungen Nr. 74, Eigenverlag, Trogen 1995, S. 71–73.
  2. Hanspeter Strebel, Kathrin Barbara Zatti: Es gibt Dinge, die brauchen Zeit - Elisabeth Pletscher, Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts. Appenzeller Verlag, Herisau 2005, ISBN 3-85882-410-0, S. 61.
  3. Elisabeth Pletscher: Verarbeitung 1. Weltkrieg und Zeitgeschichte. In: Sonderausgabe des Sodbrennens zur Arche-Einweihung, Eigenverlag, Trogen 1995, S. 10.
  4. Homepage der «Frauenstriichmusik»
  5. Hanspeter Strebel: «Sie faszinierte alle» - Trauerfeier für Elisabeth Pletscher in der Kirche Trogen. In: St. Galler Tagblatt, 16. August 2003.
  6. Willi Wottreng: Appenzeller Urgestein - Elisabeth Pletscher, die Appenzells Frauen zum Stimmrecht verhalf, starb 94-jährig. In: NZZ am Sonntag, 17. August 2003.
  7. 140'000 Franken geerbt. In: St. Galler Tagblatt, 2. November 2005.
  8. Hanspeter Strebel, Kathrin Barbara Zatti: Es gibt Dinge, die brauchen Zeit - Elisabeth Pletscher, Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts. Appenzeller Verlag, Herisau 2005, ISBN 3-85882-410-0, S. 20/21.
  9. Elisabeth Pletscher, Matthias Weishaupt: Geschichte des Mädchenkonvikts Trogen. In: KVT-Mitteilungen Nr. 82, Eigenverlag, Trogen 2002, S. 6–21.
  10. Elisabeth Pletscher: Trogen, das Schuldorf in den zwanziger Jahren. In: KVT-Mitteilungen Nr. 74, Eigenverlag, Trogen 1995, S. 71–73.