Spike Lee
Spike Lee, eigentlich: Shelton Jackson Lee, (* 20. März 1957 in Atlanta, Georgia) ist ein US-afro-amerikanischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler. In seinen Filmen behandelt er gesellschaftspolitische und soziale Themen, insbesondere der afroamerikanischen Bevölkerung.
Leben
Jugend
Spike Lee ist der älteste Sohn von fünf Geschwistern des Jazz-Bassisten und -Komponisten Bill Lee und der Lehrerin Jacquelyn Shelton, die Kunst und afrikanisch-amerikanische Literatur unterrichtete. Er bekam von seiner Mutter den Spitznamen Spike (Stachel, Dorn) wegen seines leidenschaftlichen und hitzigen Temperaments. Spike Lee bestreitet dies jedoch, er hatte ein gespanntes Verhältnis zu seiner Mutter, da sie strenger zu ihm als der Vater war. Noch als kleines Kind zog er mit seiner Familie von Atlanta nach Brooklyn. Dort besuchte er die John Dewey High School.
Die Eltern achteten darauf, daß ihre Kinder so wenig wie möglich Freizeit vor dem Fernsehen verbrachten, verbaten ihnen die Rockmusik, förderten stattdessen Jazz und Folk und forderten jedes Kind zum Erlernen eines Musikinstrumentes auf. Spike entschied sich für Gitarre und Klavier, seine große Liebe gehörte jedoch dem Sport. Seine Mutter starb 1977 an Leberkrebs. Zum Film-Studium zog es ihn wieder zurück nach Atlanta an die Clark Atlanta University, doch machte er 1979 seinen Abschluß in dem Bachelor-Studiengang Mass Communications bei der afroamerikanischen Eliteuniversität Morehouse College. Dazu wurde er von seiner mütterlichen Großmutter Zimmie Shelton ermutigt und finanziell unterstützt, sie hatte an der Partneruniversität Spelman College studiert, die im Gegensatz zum nur für männliche Studenten zugelassenem Morehouse College eine reine Frauenuniversität ist. Zimmie Shelton finanzierte auch seinen ersten kommerziellen Kinofilm She's Gotta Have It und zählt zu Lees entschiedensten Unterstützerinnen.
Film
Ein weiteres Master-Studium belegte er an der New Yorker Tisch School of the Arts, das er 1982 als Master of Fine Arts abschloß; einer seiner Studienkollegen war der Regisseur Ang Lee. Seinen Abschlußfilm Joe's Bed-Stuy barbershop: we cut heads (1982) finanzierte ihm seine Großmutter, Ang Lee machte die Regieassistenz und sein Vater steuerte die Filmmusik bei. Der 45-Min.-Film kostete 175.000 $ und spielte acht Mio. Dollar ein; auf den Filmfestspielen von Cannes erhielt Lee dafür den Prix de Jeunesse. Anschließend gründete er auch seine eigene Produktionsfirma 40 Acres & A Mule Filmworks. Der Name seiner Firma bezieht sich auf ein unerfülltes Versprechen, das 1865 viele Politiker den freigelassenen Sklaven nach dem amerikanischen Bürgerkrieg machten.
Spike Lee war der Entdecker bis dahin unbekannter afroamerikanischer Schauspieler, die später internationale Berühmtheit erlangten wie Halle Berry, worauf sie auch in ihrer Dankesrede für den Oscar 2002 hinwies, sowie Denzel Washington, Samuel L. Jackson und Laurence Fishburne. [1]
Lee ist einer der bekanntesten Protagonisten und Mitbegründer des New Black Cinema der 1980er Jahre, das kaum begonnen, schon wieder in den 1990er Jahren von der Filmindustrie an den Rand gedrängt worden ist. Er lehrt Film an der New York University.
Anfang der 1990er Jahre war er der Regisseur von vielen Nike-Werbefilmen mit Michael Jordan. Daneben hielt er auch als Gastdozent Vorlesungen für Afro-Amerikanische Studien sowie für Visuelle und Umwelt-Studien an der Harvard University.
Um seinen dreistündigen Spielfilm Malcolm X (1992) fertigstellen zu können, wurde Lee vor allem von Bill Cosby finanziell unterstützt.
Er ist ein großer Fan von den Filmen Michael Moores und hat ebenfalls einige beeindruckende Dokumentarfilme vorgelegt, darunter 4 Little Girls (1997). Darin rekonstruierte er die Todesumstände von vier schwarzen Kindern aufgrund eines Brandanschlags 1963 auf eine Kirche (16th Street Baptist Church) in Birmingham, Alabama. Diese Tragödie gilt als der Wendepunkt der schwarzen Bürgerrechtsbewegung, da sie von nun an ins Bewußtsein der US-amerikanischen Öffentlichkeit gelangte.
Seine nächsten Projekte sind ein Dokumentarfilm über die Überschwemmung von New Orleans durch den Wirbelsturm Katrina, der vor allem die Tatenlosigkeit der Bush-Regierung zeigen soll und ein Boxerfilm über den Kampf von Joe Louis gegen Max Schmeling 1936. Lee bekannte, tief beeindruckt von Scorseses Boxfilm Like a raging bull gewesen zu sein.
Familie
Sein Vater zeichnet für die Filmmusik in einigen Filmen seines Sohnes verantwortlich, so etwa in She's Gotta Have It, Do the Right Thing und Mo' Better Blues, in denen er auch in Nebenrollen mitspielt.
Mit Auskünften über sein Privatleben hält sich Lee bedeckt, so untersagte er seinem Biographen Kaleem Aftab, seinen Vater zu befragen.
Lee hatte 1991 eine Beziehung mit Halle Berry. 1992 lernte er Tonya Lewis (* 15. März 1966) kennen, sie heirateten am 2. Oktober 1993 und bei der Hochzeitsfeier sang sein Freund Stevie Wonder. Tonya Lewis-Lee ist eine Wirtschaftsanwältin und wurde nach der Heirat mit Lee als Schriftstellerin und Produzentin von Kinderfernsehen tätig. Lee nennt sie öffentlich respektvoll nur „Lady T“ und hat mit ihr zwei Kinder, die Tochter Satchel (* 1994) und den Sohn Jackson (* 1997); die Familie lebt in Manhattan.
Auszeichnungen
Joe's Bed-Stuy barbershop: we cut heads erhielt 1982 bei den Filmfestspielen von Cannes den Prix de Jeunesse.
Lees sozialkritischer und kontrovers aufgenommener Film Do the Right Thing war 1989 für einen Academy Award für das beste Drehbuch nominiert.
Sein Dokumentarfilm 4 Little Girls nominierte man 1997 für den Best Feature Documentary Academy Award.
Eine Oscar-Nominierung erlangte 1992 Malcolm X.
Von der Zeitschrift Entertainment Weekly wurde Lee bei der Wahl zum größten Regisseur aller Zeiten auf Platz 48 gesetzt.
Filmografie (Auswahl)
- Last Hustle in Brooklyn (1977)
- Joe's Bed-Stuy barbershop: we cut heads (1982)
- She's Gotta Have It (1986)
- School Daze (1988) mit Laurence Fishburne
- Do the Right Thing (1989)
- Mo' Better Blues (1990)
- Jungle Fever (1991) mit Wesley Snipes, Samuel L. Jackson und Halle Berry
- Malcolm X (Film) (1992) mit Denzel Washington
- Clockers (1995) mit Harvey Keitel
- 4 Little Girls (1997)
- He Got Game (1998) mit Denzel Washington und Ray Allen
- Bamboozled (2000) mit Damon Wayans
- Summer of Sam (2001) mit Adrien Brody
- 25 Stunden (2003) mit Edward Norton
- Inside Man (2006) mit Denzel Washington
Literatur
- Gunnar Landsgesell, Andreas Ungerböck (Hrsg.): Spike Lee, Berlin, Bertz + Fischer 2006, 242 Abbildungen, 304 S., ISBN 3-929470-87-X (14 Essays)
- Aftab, Kaleem: Spike Lee: That's My Story and I'm Sticking to It, as told to Kaleem Aftab. London: Faber & Faber 2005, VIII, 324 S., Ill. ISBN 0-571-22040-1 (von Lee autorisierte Biographie)
- Lee, Spike und Wiley, Ralph: Best seat in the house. A basketball memoir. New York, NY: Crown Publ. 1997, 327 S., Ill.
- Lee, Spike und Wiley, Ralph: Malcolm X. Der Film und die Legende. Ins Dt. übertragen von Adelheid Hartmann. Bergisch Gladbach: Bastei-Verlag Lübbe 1993 379 S.
- Lee, Spike und Wiley, Ralph: By any means necessary. The trials and tribulations of the making of Malcolm X. New York: Hyperion 1992, XVII, 314 S. (enthält das Film-Manuskript von Malcolm X)
- Lee, Spike: Spike Lee's gotta have it. Inside guerrilla filmmaking. New York; London: Simon & Schuster 1987, 366 S., Ill. ISBN 0671644173
Zitate
- „Making films has got to be one of the hardest endeavors known to humankind. Straight up and down, film work is hard shit.“ [2]
- Frage: „Früher sagten Sie, niemals gäbe Ihnen die Akademie einen Oscar.“
Lee: „Wenn überhaupt, kriege ich mal einen wie Robert Altman. Vorausgesetzt, ich unterziehe mich vorher einer Herz-, Nieren- und Gehirntransplantation. Glauben Sie, Amerika mochte den jungen, lebendigen, lauten, heftigen Muhamad Ali? Nein, sie umarmen ihn, wenn er alt ist, langsam spricht. Jetzt ist er liebenswert.“ [3] - Frage: „Sind die Bush's also clever, weil sie verstehen, die Verhältnisse zu manipulieren?“
Lee: „Ich glaube nicht, dass sie clever sind. Sie sind einfach dreist. Ich denke nicht, dass sie die Wahlen auf sehr clevere Art gestohlen haben. Sie haben noch nicht mal versucht, besonders glitschig zu sein. Sie haben es einfach gemacht: "So. Wir tun das, in breitem Tageslicht - die ganze Welt schaut zu. Scheiß drauf!" Tough! "Wir klauen die Wahlen!" Sie sind tough.“ (17. Mai 2003) [4]
Trivia
Nachdem bekannt geworden war, dass er in seinem Film Malcolm X (1992) die Vorbereitungen zur Ermordung von Malcolm X durch die Nation of Islam (NOI) darstellen wollte, erhielt er anonyme Morddrohungen. Daraufhin strich er diese Passagen aus dem Skript.
Der Wahl-New-Yorker ist ein Anhänger der Basketballmannschaft New York Knicks. Bekannt ist seine Feindschaft mit dem Basketballspieler Reggie Miller von den Indiana Pacers. Bei Dreharbeiten im Ausland musste ihm seine Produktionsgesellschaft häufiger einen eigenen Satellitenübertragungskanal ins Hotelzimmer legen, damit er kein Spiel seiner Lieblingsmannschaft verpassen musste.
2003 verklagte Lee den TV-Sender SPIKE TV wegen Namensähnlichkeit. Er gewann die Verhandlung und das Gericht erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen den Sender. Später einigte man sich außergerichtlich und SPIKE TV konnte seinen Namen behalten.
Siehe auch
Weblinks
- Artikel
- „Lover and a fighter“, The Scotsman, 12. Juni 2005
- „Play It Again, Spike. It's Worth It.“ New York Times, 26. März 2006
- „Zwei, drei Schwarze – und das wars“, St. Galler Tagblatt, 23. April 2006
- Interviews
- „Fuck you!“, Telepolis, 7. Mai 2003
- „Sikh oder Muslim, ganz egal“, Die Zeit, 16. März 2006
- „Die Vereinten Nationen der Geiseln“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. März 2006
Personendaten | |
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NAME | Lee, Spike |
ALTERNATIVNAMEN | Lee, Shelton Jackson |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Filmregisseur, Dokumentarfilmer und Filmschauspieler |
GEBURTSDATUM | 20. März 1957 |
GEBURTSORT | Atlanta, Georgia, USA |