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Neuapostolische Kirche

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Die Neuapostolische Kirche (NAK) ist eine christliche Religionsgemeinschaft, die sich Ende des 19. Jahrhunderts aus den katholisch-apostolischen Gemeinden entwickelt hat.

Andere Bezeichnungen

Die offizielle Abkürzung lautet im deutschsprachigen Bereich NAK (in anderen Sprachen: z. B. engl. NAC, franz. ENA). Im Internet hat sich inzwischen das Präfix "nak-" für Bezirks- und Gemeindeseiten, Gruppen und Organisationen innerhalb der NAK eingebürgert. Die internationale Kirche wird mit NAKI (= NAK International) abgekürzt. In Internetforen wird auch häufig der Ausdruck "Naki" für ein Mitglied der NAK verwandt und Ex-Naki für einen Aussteiger.

Emblem

Kirchengebäude mit Emblem (Karlsruhe, Karlstraße)

Das Emblem der Neuapostolischen Kirche ist in Weiß auf hellblauem Grund gehalten: Ein Kreuz schwebt über stilisierten Wellen; am Horizont geht aus diesen Wellen die Sonne auf. Die drei Sinnbilder sind das Kreuz, die aufgehende Sonne und die Wellen des Meeres. Eine offizielle Auslegung des Emblems durch die Kirchenleitung findet nicht statt. Bild

Ein möglicher Bezug kann in den drei Sakramenten der NAK gesehen werden: Die Wellen stehen für die Wassertaufe, das Kreuz für das Abendmahl und die aufgehende Sonne für die Geistestaufe.

Verbreitung

Die Neuapostolische Kirche hat weltweit rund 11 Millionen Mitglieder (Stand: 31. Dezember 2005) und ist in Deutschland mit rund 377.000 Mitgliedern (Stand: 31. Dezember 2004) die drittstärkste Einzelkirche und (nach den Orthodoxen Kirchen) die viertstärkste christliche Konfession.

Die Zahl der Gemeinden wächst aufgrund der engagierten Missionstätigkeit vor allem in Afrika stetig an, wo die NAK heute einen Großteil ihrer Mitglieder hat. Weltweit gibt es mehr als 360 Apostel.

Neben dem deutschsprachigen Raum ist sie besonders stark in Zentralafrika (speziell Angola, Dem. Rep. Kongo und Sambia), Nordamerika, Australien sowie in einigen asiatischen Ländern (hauptsächlich Indien) verbreitet. Generell ist die Kirche aber in fast allen Ländern der Erde vertreten.

Geschichte

In den 1830ern glaubte man in den katholisch-apostolischen Gemeinden, durch zwölf neu berufene Apostel auf die erwartete Wiederkunft Christi vorbereitet zu werden. Die Gemeinschaft geriet 1855 nach dem Tod dreier Apostel in eine Krise, da man die vakant gewordenen Plätze wegen fehlender biblischer Belege nicht wieder besetzte. Daraus ging 1863 in Hamburg zunächst die "Allgemeine christliche apostolische Mission" und später, ab 1878, die "Neuapostolische Gemeinde" hervor (seit 1907 offizielle Bezeichnung, seit 1930 "Neuapostolische Kirche"). Im Verlauf der weiteren Entwicklung der NAK kam es zu zahlreichen Abspaltungen. Beispiele sind (in Deutschland) der "Reformiert-Apostolische Gemeindebund", die "Apostolische Gemeinschaft" und die "Apostolische Gemeinde des Saarlandes". Auch das Apostelamt Juda, aus dem wiederum das Apostelamt Jesu Christi hervorging, entstand aus der Neuapostolischen Kirche.

Frühphase (1863-1878)

siehe den Artikel Allgemeine christliche apostolische Mission.

Die deutsche Kirche (1878-1960)

Die anfänglich tief ökumenische Überzeugung, die in den katholisch-apostolischen Gemeinden und auch noch von Heinrich Geyer gepflegt wurde, wich mit den Jahren der starken Abgrenzung gegenüber den anderen christlichen Konfessionen. Hierfür sind sicherlich mehrere Gründe verantwortlich: Ausschlag gebend wird gewesen sein, dass die theologische Bildung der Geistlichen der Mutterkirche nicht mehr vorhanden war; nur wenige Geistliche hatten noch in den katholisch-apostolischen Gemeinden Dienst getan. Wesentlich für das Wachstum der Gemeinschaft wurden die sozial schwächeren Schichten, aus denen später wichtige Amtsträger hervorgingen. Auch nationalistische Anklänge finden sich in dieser Zeit in den Gesangbüchern und theologischen Schriften. Kennzeichnend ist in diesem Zeitraum die zunehmend hierarchische Kirchenstruktur. Das charismatische Element der katholisch-apostolischen Gemeinden, die Weissagungen, entfallen ebenso wie das Prophetenamt. Neuapostolische Christen gelten in der Zeit der Weltkriege als "ehrlich, aufrichtig, gewissenhaft und treu", wie vielen alten Publikationen zu entnehmen ist. Dies ist auch das Leitbild der Kirche in jener Zeit. Öffentlicher Widerstand gegen den Staat wurde nicht geübt.

Eine tiefe Krise, aus der mehrere neue Gruppierungen hervorgingen (vgl. Vereinigung Apostolischer Gemeinden), erlebte die Neuapostolische Kirche in den letzten Amtsjahren des Stammapostels Johann Gottfried Bischoff (verstorben 1960). Bischoff, der 1930 das Stammapostelamt antrat, verkündigte, Christus werde noch zu seinen Lebzeiten wiederkommen. Diese "Botschaft" genannte Aussage wurde zum neuapostolischen "status confessionis". Amtsträger, die diese öffentlich anzweifelten bzw. nicht lehrten, wurden ihrer Ämter enthoben. Das prominenteste "Opfer" war der designierte Nachfolger des Stammapostels, der rheinische Bezirksapostel Peter Kuhlen (Stammapostelhelfer von 1948-1950). Beitrittswillige wurden vielerorts erst nach einem Bekenntnis zur "Botschaft" in die Kirche aufgenommen. Als Bischoff starb und die Wiederkunft Jesu nicht eingetreten war, wurde seitens des Apostelkollegiums geäußert, Gott habe "seinen [durch Stammapostel Bischoff geäußerten] Willen geändert".

Die neue internationale Kirche (1960-heute)

Der Tod des Stammapostels Bischoff löste einen langsamen, aber stetigen Wandel aus, der z. B. zur Formulierung der "Eigenverantwortung" durch Stammapostel Hans Urwyler in den achtziger Jahren führte (jedes Mitglied ist persönlich verantwortlich für sein Seelenheil), oder zu den wenigen, aber kontinuierlichen Gesprächskontakten mit Gruppierungen, die aufgrund der "Botschaft" entstanden waren. Auch die ökumenische Öffnung der NAK kann man in diesem Kontext sehen. Strukturell verschieben sich die Mitgliederzahlen ganz erheblich. Ist die NAK 1960 noch eine deutsch-europäische Gemeinschaft mit Dependancen in einigen außereuropäischen Ländern, so finden sich im Jahr 2005 nur noch etwa 5 % der Mitglieder in Europa.

Lehre

Die Neuapostolische Kirche sieht sich als Fortsetzung der urchristlichen Kirche, ist auf die nahe Wiederkunft Christi und konsequent eschatologisch ausgerichtet. Ziel der neuapostolischen Christen ist es, bei der Wiederkunft Christi, zugehörig zur Brautgemeinde, in die ewige Gemeinschaft mit Gott geführt zu werden. Das Glaubensbekenntnis ist in zehn Glaubensartikeln festgeschrieben.

Nach dem Verständnis der Neuapostolischen Kirche ist für die Vorbereitung der Seelen das durch göttliche Intervention wiederaufgerichtete Apostelamt notwendig. Als Grundlage der Lehre dient die Bibel und deren zeitgemäße Auslegung der Apostel und des Stammapostels, die reine Laienprediger sind.

Die Neuapostolische Kirche kennt drei Sakramente: Wassertaufe, Abendmahl und Versiegelung. Taufe und Versiegelung werden an jedem Mitglied einmal vollzogen und gelten als heilsnotwendig. Beide Sakramente zusammen bewirken die "Wiedergeburt" aus Wasser und Geist und vermitteln die "Gotteskindschaft". Durch die Taufe (mit Wasser) wird nach neuapostolischem Verständnis "die erste und grundlegende Gnadenmitteilung an dem Menschen, der an Christus glaubt" vollzogen (siehe News vom 24.1.2006). Sie bewirkt außerdem die Abwaschung der "Erbsünde". Die Versiegelung (Taufe mit Heiligem Geist) wird als Übermittlung Heiligen Geistes verstanden. Sie geschieht nur durch Handauflegung und Gebet eines lebenden Apostels.

Das Abendmahl wird in jedem Gottesdienst nach dem gemeinsam gesprochenen "Unser Vater" und der Vergebung der Sünden gefeiert. Es erinnert an den Opfertod Jesu. Darüber hinaus empfängt der Gläubige im Abendmahl göttliche Kräfte um zu überwinden, was zum ewigen Seelenheil hinderlich sein kann. Am Abendmahl nehmen auch Kinder und Säuglinge teil. Solange sie nicht in der Lage sind, die Hostie in Empfang zu nehmen, empfangen die Eltern sie stellvertretend für das Kind. Die Vergebung der Sünden spielt im neuapostolischen Glauben eine wesentliche Rolle. Diese Handlung der Absolution erteilen in der NAK die Apostel und priesterliche Ämter im Auftrag der Apostel durch die Freisprache, die dem Abendmahl vorausgeht, jeden Sonntag und Mittwoch oder Donnerstag.

Eine konfessionelle Besonderheit bietet die Lehre vom Entschlafenenwesen. Danach finden sich Seelen nach ihrem Tod in verschiedenen Bereichen, je nach dem Zustand ihrer Seele. Die Aufgabe der Christen ist es nun, bei Gott für die Verstorbenen darum in Fürbitte einzutreten, dass die Seelen ihre Bereiche verlassen und noch unter die Gnade Jesu Christi kommen können. Die Kirche begründet ihre Entschlafenenlehre u. a. mit 1. Korinther 15,29 und mit Verweisen in den Apokryphen (nicht kanonisch). Dreimal jährlich findet ein "Gottesdienst für Entschlafene" statt, bei welchem den Seelen verstorbener Menschen die "Gnadenmittel der Kirche" - so ihnen diese noch nicht zu Teil wurden - in Taufe, Versiegelung und Abendmahl gespendet werden. Dazu werden die sakramentalen Handlungen stellvertretend an zwei neuapostolischen Amtsträgern, die den Verstorbenen als Medium dienen, durch den Stammapostel bzw. die Bezirksapostel vollzogen. Das Abendmahl wird in gleicher Weise jeden Sonntag in Gottesdiensten, die von Bezirksaposteln oder vom Stammapostel geleitet werden, verstorbenen "Berechtigten" (die vor Gott Gnade gefunden haben) gespendet.

Die Bibel

Die Bibel ist verbindliche Grundlage der Lehraussagen der NAK. Bis 1998 wurde die Lutherbibel von 1912 verwendet, heute gilt die Übersetzung der Lutherbibel von 1984. Nach einem aktuellen Beschluss (November 2005) sind auch die apokryphen Bücher fester Bestandteil neuapostolischer Lehre. In Predigten werden zudem auch häufig andere Bibelübersetzungen zitiert (Elberfelder, Albrecht usw.).

Im Glaubensalltag der Neuapostolischen spielt die Bibel jedoch eine eher untergeordnete Rolle. Auch gehören bibelorientierte Lehrveranstaltungen und Gesprächskreise nicht zum regulären Programm einer neuapostolischen Kirchengemeinde. Gesprächskreise werden allerdings vereinzelt zu aktuellen Themen und Glaubensfragen angeboten.

Innerkirchliche Arbeitsgruppen arbeiten jedoch an biblischen Themen und publizieren die Ergebnisse in der kircheneigenen Zeitschrift "Unsere Familie". Das Gesamtverständnis des Evangeliums auf Grund der Auslegung der Bibel wird durch Apostel geprägt und entspricht in etlichen konfessionsbestimmenden Ansichten nicht den Auslegungen anderer Kirchen. Zunehmend weitet und vertieft sich die Auffassung biblischer Inhalte, bezüglich der Authentizität und dem Hintergrund- bzw. Sprachverständnisses, durch die Verwendung von Quellen der großen Kirchen, was zu Korrekturen von Lehraussagen führt.

Gottesdienst und Praxis

Von den in den Kirchenbüchern registrierten Mitgliedern besuchen je nach Gemeinde 20 bis 100% regelmäßig die Gottesdienste. Soweit das der Fall ist, beteiligen sie sich rege am Gemeindeleben und zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl aus. Es existiert eine ausgeprägte Jugend- und Seniorenbetreuung. Zudem sind oft gepflegtes Auftreten und formelle Kleidung üblich - die Frage nach der Form "angebrachter" Kleidung ist aber oft Diskussionsthema und von Gebietskirche zu Gebietskirche unterschiedlich.

Mit der beginnenden Öffnung der Kirche hat sich auch das kulturelle Leben in der NAK entwickelt. Mittlerweile gibt es neben traditionellen Kirchenchören, die in einigen Fällen auch über Konfessionsgrenzen hinaus für ihre Qualität bekannt sind, progressivere Musikgruppen und Ensembles, die zunehmend auch im außerkirchlichen Bereich auftreten. Wesentlicher Bestandteil der Musikliteratur sind dabei Werke, die im 19. Jahrhundert oder später verfasst wurden.

Teile der neuapostolischen Musikliteratur werden derzeit überarbeitet und durch Literatur aus anderen christlichen Kreisen ergänzt. Seit Ostern 2005 ersetzt - zunächst nur im deutschsprachigen Raum - das neue Gesangbuch das bis dahin verwendete von 1925. Im Gespräch ist auch die Überarbeitung der für Deutschland einheitlichen Chormappe; diese soll bis 2008 erfolgen.

Heute gibt es auch zahlreiche Linklisten, Chaträume, Internetforen, private Internet-Auftritte und Kleinanzeigenseiten aus dem Umfeld der Neuapostolischen Kirche oder von Mitgliedern.

Liturgie

Die Gottesdienste der Neuapostolischen Kirche sind diszipliniert, geregelt und formell. Die Liturgie der Neuapostolischen Kirche entsprach anfänglich (bis etwa 1885) der der katholisch-apostolischen Gemeinden, die starke Elemente des Ritus der katholischen und anglikanischen Kirchen enthielt.

Unter dem Einfluss des niederländischen Calvinismus verlagerte sich der gottesdienstliche Schwerpunkt um 1885 auf den Wortgottesdienst (hoher Predigtanteil). Vereinzelt finden sich noch Rudimente der katholisch-apostolischen Tradition in der neuapostolischen Liturgie. Bis 1998 wurde das Abendmahl nur am Sonntag und kirchlichen Feiertagen gefeiert, seit 1998 findet auch in den wöchentlichen Gottesdiensten eine Abendmahlsfeier statt.

Schematischer Ablauf eines neuapostolischen Gottesdienstes:

  • Vor dem Beginn des Gottesdienstes:
    • Chorgesang
    • Orgelmusik
    • Instrumentalmusik
    • Organisatorische und/oder terminliche "Bekanntmachungen" durch einen Amtsträger
  • Gottesdienst
    • Gemeindelied (Einzug des/der Apostel und/oder priesterlichen Amtes/Ämter in das Kirchenschiff, der Dienstleiter nimmt seinen Platz hinter dem Altar ein)
    • Gebet des Dienstleiters
    • Verlesen des Bibelwortes für den Gottesdienst
    • Musikbeitrag (meistens Chorgesang, aber auch Gemeindelied, Solo- oder Instrumentalstück)
    • Predigt des Dienstleiters
    • evtl. Musikbeitrag (meist Chorgesang) und Predigten weiterer Amtsträger
  • Abendmahlsfeier
    • Gemeindegebet Unser Vater
    • Freisprache (Absolution - Vergebung der Sünden)
    • Opfergebet
    • Aussonderung des Abendmahls (Abendmahl für die Apostel/priesterlichen Ämter)
      • anschließend eventuell
        • Taufe
        • Aufnahme
        • Versiegelung
        • Konfirmation (Segenshandlung - in der Regel am Palmsonntag)
    • Abendmahl (Ausgabe der Hostien) an die Gemeinde (währenddessen Gemeindegesang und/oder Chorgesang)
    • nur bei Gottesdiensten der Bezirksapostel und des Stammapostels: Spendung des Abendmahls für die Entschlafenen
      • anschließend eventuell Segenshandlungen, zum Beispiel:
        • Trauungen, Hochzeitsjubiläen
        • Ordinationen oder Ruhesetzung von Amtsträgern usw.
  • Abschluss:
    • Dankgebet
    • Schlusssegen
    • Musikbeitrag (Gemeindegesang, Chorvortrag etc.)

Organisation

Hierarchie

Die Organisation der Neuapostolischen Kirche ist streng hierarchisch in pyramidenförmiger Funktionsträgerstruktur aufgebaut. Als kirchenleitendes Amt gilt das Apostelamt. Oberster Leiter und oberste geistliche Autorität der Kirche ist der Stammapostel (das Amt wird als das Petrusamt der Neuapostolischen Kirche verstanden). Gegenwärtiger Stammapostel ist der gebürtige Westfale Dr. Wilhelm Leber, welcher Pfingsten 2005 dem Schweizer Richard Fehr im Amt folgte. Hierbei war es erstmals so, dass der Stammapostel nicht mehr durch die Apostelversammlung gewählt wurde, sondern durch seinen Vorgänger Richard Fehr bestimmt wurde. Der Stammapostel ernennt die übrigen Apostel und kann diese beurlauben und abberufen. Zur Verwaltung einer Gebietskirche wird ein Apostel aus diesem Bereich zum Bezirksapostel gesetzt. Er hat dadurch in der Regel neben der geistlichen Autorität auch die administrative Leitung einer Gebietskirche inne. Die übrigen Amtsträger werden von den Aposteln berufen und haben ihre Amtsvollmacht von diesem. D.h. dass es bei einer Lösung vom Apostel oder auch einem Umzug in einen anderen Bereich erlischt und bestätigt werden muss. Künftige Amtsträger werden dabei meist von Vorstehern bzw. Bezirksvorstehern den Aposteln zur Berufung vorgeschlagen. Voraussetzung für die Berufung in ein Amt sind vor allem ein am Evangelium Jesu Christi orientierter Lebenswandel, Kenntnisse der Lehre und der Einsatz in den Gemeinden. Die Ordination geschieht dann durch Handauflegung unter Gebet durch einen Apostel.

Die Hierarchie umfasst in absteigender Reihenfolge drei Amtsgruppen

Die NAK kennt in der Amtsgruppe der Apostel die Beauftragung (Tätigkeit ohne Ordination) als "Bezirksapostelhelfer"; bei den priesterlichen Ämtern die Beauftragung als Vorsteher (Leiter) einer Gemeinde (regulär werden Hirten / Evangelisten / Priester beauftragt) bzw. eines Bezirkes (in der Regel Bischöfe / Bezirksälteste / Bezirksevangelisten).

Alle Amtsträger sind Männer und Laien; sie arbeiten bis zur Stufe des Ältesten in der Regel ehrenamtlich. Bischöfe und Apostel (Apostel, Bezirksapostel und Stammapostel) sind oftmals Angestellte der Kirche.

Eine Frauenordination ist in der Neuapostolischen Kirche nicht bekannt. Jedoch nehmen Frauen Lehrtätigkeiten in der Vorsonntagsschule (Kinder bis 6 Jahren), der Sonntagsschule, im Religions- und Konfirmandenunterricht sowie leitende Aufgaben im Musikwesen wahr.

Jeder Funktionsträger unterliegt in seinem Handeln für die NAK auch in Details oft noch den Weisungen des höhergeordneten Amts- bzw. Funktionsträgers. Während über organisatorische Fragen durchaus auch diskutiert wird, sind Fragen, die den Glaubensinhalt und die damit verbundenen Glaubenslehren betreffen, nicht ausdiskutierbar und keine bloße Ansichtssache. In diesen Punkten existiert eine klare Linie. Verbreitungen anderer oder verfälschter Lehren von Amtsträgern der Neuapostolischen Kirche werden nicht toleriert. In einem solchen Fall geht ein Funktionsträger teilweise seiner Amststellung verlustig, für einen hauptamtlich tätigen Funktionsträger kann dies unter anderem auch den Verlust der Rentenansprüche zur Folge haben.

Struktur

Der Hauptsitz der NAKI (Neuapostolische Kirche International), als dem Verbund aller neuapostolischen Apostel, befindet sich in Zürich.

Die Neuapostolische Kirche ist in Gebietskirchen aufgeteilt, die - rechtlich selbstständig - von Bezirksaposteln geleitet werden. In der Lehre sind die Bezirksapostel mit dem Stammapostel verbunden. Mehrere Gebietskirchen können von einem Bezirksapostel geleitet werden; sie werden dann als "Bezirksapostelbereich" bezeichnet. In Deutschland gibt es 10 Gebietskirchen in 6 "Bezirksapostelbereichen". Die Gebietskirche Österreich gehört mit der Gebietskirche Schweiz zu einem "Bezirksapostelbereich". Rechtlich sind die Gebietskirchen in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts, in der Schweiz ein Verein.

Die Gebietskirchen sind in rechtlich unselbstständige Bezirke untergliedert, die ihrerseits in ebenfalls rechtlich unselbstständige Gemeinden aufgeteilt sind. Die Leitung eines Bezirkes bzw. einer Gemeinde obliegt einem Bezirks- bzw. Gemeindevorsteher. Zehn bis dreißig Gemeinden bilden einen Bezirk. Ein Apostel und ein Bischof betreuen in der Regel drei bis sechs Bezirke.

Finanzen

Die Neuapostolische Kirche finanziert sich aus Spenden (so genannten Opfern) der Mitglieder. Die Spenden sind freiwillig und werden anonym in den Opferkasten (Opferstock) gelegt. Eine Orientierung am Zehnten (vgl. 4. Mose 18, 24) wird empfohlen. Eine Kirchensteuer wird, obwohl rechtlich zulässig, nicht erhoben. Die internationale Kirche wird durch Umlagen der Gebietskirchen finanziert, sie organisiert auch die Unterstützung finanzschwächerer Gebietskirchen durch finanzstärkere. Seit kurzem werden Jahresabschluss, Ein- und Ausgaben in der kircheneigenen Zeitschrift "Unsere Familie" in zusammengefasster Form veröffentlicht. Staatliche Zuschüsse werden nicht in Anspruch genommen. Karitative Hilfsmaßnahmen werden über Sonderopfer (Dankopfer zum Erntedankfest) und Spenden an das Hilfswerk der Neuapostolischen Kirchen Deutschlands "NAK-Karitativ" unterstützt.

Weitere kirchliche Einrichtungen

Der kircheneigene Verlag Friedrich Bischoff (gegründet von Johann Gottfried Bischoff, dem Vater des Namensgebers) hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. In Bielefeld befindet sich die zentrale Hostienbäckerei für Europa. Der Sitz von NAK-Karitativ, Förderverein für karitative Projekte der Neuapostolischen Kirchen Deutschlands e. V., befindet sich in Dortmund. Eine neuapostolische Einrichtung für ältere Menschen befindet sich in Fröndenberg.

Außerhalb Deutschlands (z. B. in Ländern wie Portugal, Indien und Südafrika) gibt es zahlreiche weitere kirchliche Einrichtungen wie Schulen, Kindergärten und Waisenhäuser, die teilweise von NAK-Karitativ betreut, teilweise auch von den örtlichen Gebietskirchen finanziert werden. Das Hilfswerk "Jugend hilft Jugend" der NAK Nordrhein-Westfalen betreut Projekte für benachteiligte Jugendliche im Ausland.

Ökumene

Die Neuapostolische Kirche ist weder im Ökumenischen Rat der Kirchen noch in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) vertreten und arbeitet auch nicht in der Evangelischen Allianz mit.

Aus Sicht der Neuapostolischen Kirche besteht die Möglichkeit, dass ein neuapostolischer Christ am Abendmahl einer anderen Konfession teilnimmt, solange keine neuapostolischen Ämter zur Verfügung stehen. Die Teilnahme an der Abendmahlsfeier in den Gottesdiensten der NAK ist eigentlich nur für Mitglieder und aufgenommene Gäste vorgesehen. Jedoch wird dies nicht kontrolliert und faktisch wird niemandem die Teilnahme verwehrt. Die neuapostolische Taufe wird von der katholischen und den evangelischen Kirchen anerkannt, da sie trinitarisch vollzogen wird; auch die Neuapostolische Kirche erkennt ihrerseits seit Januar 2006 jede in einer anderen Kirche trinitarisch vollzogene Wassertaufe als gültiges Sakrament an. Zu ihrer vollen Wirksamkeit ist jedoch noch die Versiegelung erforderlich.

Nicht anerkannt werden der Taufen der Mormonen und Zeugen Jehovas, da diese nicht rite (= trinitarisch / im Namen des Dreieinigen Gottes) vollzogen werden. Früher mussten Taufen anderer christlicher Konfessionen noch einmal von einem neuapostolischen Geistlichen "bestätigt" werden.

Kontroversen

Die Neuapostolische Kirche wird von den meisten Konfessionskundlern in Deutschland den Sondergemeinschaften zugeordnet. Als Gründe werden aufgeführt:

  • Sonderlehren wie das Stammapostelamt, die Versiegelung und das Entschlafenenwesen, die aus Sicht der Neuapostolischen Kirche teilweise heilsnotwendig sind
  • die hierarchische Struktur

Von Seiten der Neuapostolischen Kirche wird der Öffnungsprozeß der Kirche betont.

Aufsehen und Kritik innerhalb der Kirchenbasis erregte jüngst die Ernennung des neuen Kirchenpräsidenten für die wichtige und finanzstarke Gebietskirche Süddeutschland. So hat der scheidende und als sehr konservativ geltende Bezirksapostel Saur seinen eigenen Schwiegersohn, Apostel Ehrich, dem Stammapostel (Präsidenten der NAK-International) als seinen Nachfolger vorgeschlagen. Die Kirchenleitung gab diesem Ersuchen statt. Teile der Kirchenbasis sprechen hier von "Vetternwirtschaft" und werfen der Kirchenleitung vor, so dem angeblichen Anliegen der scheidenden Präsidenten nach einem lenkbaren Nachfolger in seinem Sinne Vorschub geleistet zu haben. Viele Mitglieder hatten auf einen progressiven und liberalen Nachfolger und somit auf ein Signal zur weiteren Öffnung und Veränderung der Kirche gehofft. Vielfach wurde diese Personalie als Rückschritt bezeichnet. Auch früher war es in der Neuapostolischen Kirche keine Seltenheit, dass Vater und Sohn gemeinsam im Apostelkollegium vertreten waren. Es ist überdies festzustellen, das Verwandtschaftsbeziehungen bei der Besetzung von Kirchenämtern nicht selten eine Rolle spielen. Diese Umstände sind nicht zuletzt auf die strenge hierarchische Ordnung und der fehlenden Basisdemokratie in dieser Gemeinschaft zurückzuführen.

Literatur

  • Oswald Eggenberger: Die Neuapostolische Gemeinde: Ihre Geschichte und Lehre dargestellt und bewertet, 1953
  • Andreas Fincke: Die Neuapostolische Kirche im Umbruch. Zwischen Wachstum und Reformstau, Berlin 1999, ISSN 0085-0357
  • ders: Die Neuapostolische Kirche. Kompaktinformation, downloadbar unter www.ezw-berlin.de
  • Eduard Gerber: "Sekten, Kirche und die Bibel im neuen Jahrtausend, S 45-52, 1999, ISBN 385654822X
  • Lothar Gassmann: Neuapostolische Kirche: Gibt es wieder Apostel?, ISBN 3933828708
  • Horst Hartmann: In der Welt, aber nicht von der Welt. Die Gotteskinder der Neuapostolischen Kirche, 2000, ISBN 3831104999
  • Rüdiger Hauth (Hrsg.): ... neben den Kirchen, S. 252-262, 1995, ISBN 3767380129
  • Helmut Obst: Neuapostolische Kirche - die exklusive Endzeitkirche?, Neukirchen-Vluyn 1996, ISBN-3-7615-4945-8
  • Helmut Obst: Apostel und Propheten der Neuzeit - Gründer christlicher Religionsgemeinschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 2000, ISBN 3-525-55438-9 sowie ISBN 3-525-55439-7
  • Katja Rakow: Neuere Entwicklungen in der Neuapostolischen Kirche – Eine Dokumentation des Öffnungsprozesses, Berlin 2004, ISBN 3-89998-036-0
  • nak.at - Homepage der Neuapostolischen Kirche Österreich
  • nak.org - Homepage der Neuapostolischen Kirche International
  • nak.de - Homepage der Neuapostolischen Kirchen in Deutschland
  • NAK-Kompakt-Info (pdf) - Kompakt-Info der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) über die NAK
  • www.relinfo.ch über die NAK Informationen der evangelischen Informationsstelle: Kirchen - Sekten - Religionen "Relinfo" (Schweiz)
  • glaubenskultur - Kirchenunabhängiges Webmagazin rund um die Neuapostolische Kirche