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Militärischer Befehl

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Ein Befehl ist eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt.
Er spiegelt den Willen des Befehlsgebers nach Inhalt, Richtung und Form wieder. Der Befehl wird vor allem im militärischen Bereich verwendet, während man im politischen Bereich eher vom Erlass spricht. Die Verwandtschaft der beiden Vorgänge kommt im Wort einen Befehl erlassen zum Ausdruck.

Juristische Definition (Deutschland)

Nach juristischer Definition (§ 2 Nr. 2 Wehrstrafgesetz (WStG) ist ein Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter (§ 1 Abs. 5 des Soldatengesetzes) einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt.

Befehlsverantwortung

Verantwortung für Befehle trägt stets der Vorgesetzte (§ 10 Abs. 5 Soldatengesetz (SG)). Erteilt er nämlich schuldhaft rechtswidrige Befehle, begeht er ein Dienstvergehen nach §23 SG, das disziplinar geahndet werden kann. Darüber hinaus muss er unter bestimmten Umständen für die Folgen, sofern dem Bund ein Schaden entsteht, haften und Schadensersatz leisten. Weiterhin ist der Vorgesetzte gemäß §10 Abs. 5 SG verpflichtet, Befehle angemessen durchzusetzen. Hierbei geht es nicht nur um Befehle, die er selbst erteilt hat, sondern er muss auch für die Befolgung der Befehle sorgen, die andere Vorgesetzte für den Dienst gegeben haben, den er verantwortlich leitet.

Rechtmäßigkeit

Nach §10 Abs. 4 SG darf der Vorgesetzte Befehle nur
- zu dienstlichen Zwecken und
- unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts und
- unter Beachtung der Gesetze und
- unter Beachtung der Dienstvorschriften erteilen.
Nur wenn der Vorgesetzte alle vier Forderungen des §10 Abs. 4 SG erfüllt, ist der Befehl rechtmäßig. Wird nur eine der Forderungen nicht erfüllt, so ist der Befehl rechtswidrig und der Vorgesetzte hat damit einen Pflichtverstoß gegen §10 Abs. 4 SG begangen. Ein gleichzeitiges Dienstvergehen gemäß §23 SG liegt allerdings nur dann vor, wenn er schuldhaft seine Pflichten nach §10 Abs. 4 SG verletzt hat. Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Befehls nimmt der jeweilige Vorgesetzte vor.

Die Pflicht, dem Befehl zu gehorchen, wird nach § 11 SG geregelt.

Siehe auch: Vorgesetztenverordnung (Deutschland)

Befehl und Gehorsam

Das Prinzip von Befehl und Gehorsam stellt die tragende Säule des Militärs dar. Der Untergebene hat den Befehl des Vorgesetzten unverzüglich und vollständig auszuführen. Von der Weisung über die Anweisung zum Kommando ("Rechts um!") engt sich der Handlungsspielraum des Untergebenen ein.

In der Bundeswehr dürfen aufgrund der Erfahrungen im II. Weltkrieg Befehle, die Verbrechen oder Vergehen beinhalten, nicht befolgt werden. Ungehorsam wird mit abgestuften Erzieherischen Maßnahmen (EM) (z. B. Verweis, Geldbuße, Arrest usw.) vom zuständigen Disziplinarvorgesetzten geahndet. In schweren Fällen kann das Strafgesetzbuch zur Anwendung kommen.

Der Soldat hat nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln.

Geschichte

Als besonders verwerfliche Formen des Ungehorsams galten Feigheit vor dem Feind und Fahnenflucht, die in Kriegszeiten regelmäßig mit dem Tod bestraft wurden. Im II. Weltkrieg wurden gegen Soldaten der Wehrmacht 50.000 Todesurteile verhängt, davon etwa 16.000 vollstreckt (bei den Alliierten Truppen wurden nur wenige hundert Todesurteile ausgesprochen). Zur Abwehr von Defaitismus und Auflösungserscheinungen wurden gegen Kriegsende "Fliegende Standgerichte" eingerichtet, die die Urteile an Ort und Stelle vollstreckten. Ganz zum Schluss maßten sich Greiftupps der Feldgendarmerie ("Kettenhunde") richterliche Befugnisse an und knüpften Delinquenten am nächsten Baum auf.

In Heinrich von Kleists Drama Prinz von Homburg führt der Titelheld ihm unterstellte Truppenteile in die Schlacht, obwohl er den Befehl zum Eingreifen hätte abwarten müssen. Er muss sich für sein Verhalten vor Gericht verantworten.

Eine historisch herausragende Sanktion verhängte Friedrich Wilhelm I., der Soldatenkönig, gegen seinen Sohn, den Kronprinzen Friedrich und späteren Friedrich II. von Preußen. Dieser musste bei der Hinrichtung seines Freundes Katte, der ihm zur Flucht verholfen hatte, anwesend sein. Eine besondere Blüte stellte die Verleihung des bayerischen Max-Joseph-Ordens dar. Führte der Ungehorsam zum militärischen Erfolg, wurde dieser Orden verliehen, Offiziere wurden dabei in den Adelsstand ("Ritter von ...") erhoben.

Befehle im militärischen Einsatz

Im militärischen Einsatz ist der Befehl ein Mittel der militärischen Führung, um unterstellte Soldaten

  • über die Lage zu informieren,
  • den eigenen Auftrag klarzustellen,
  • die eigenen Absichten bekanntzugeben,
  • klare Einzelanweisungen zu erteilen,
  • das Zusammenwirken der eigenen Kräfte zu koordinieren,
  • Informationen über Einsatzunterstützung weiterzugeben,
  • Informationen über organisatorische Details zu verbreiten.

Befehlsschema

Das Befehlsschema gliedert sich wie folgt:

1. Lage

1a) Eigene Lage (Verteidigungskraft, benachbarte Kräfte, Ausweichmöglichkeiten)
1b) Feindlage
1c) Abgaben/Unterstellungen

2. Auftrag

3. Durchführung

3a) Absicht
3b) Einzelaufträge
(Einheit 1)
(Einheit 2)
(...)
3c) Maßnahmen zur Koordinierung

4. Einsatzunterstützung

4a) Logistik
4b) Sanitätsdienst

5. Führungsunterstützung

5a) Frequenzen, Funkordnung
5b) Bezugspunkte, Sprechtafel, Parole
5c) Aufenthaltsort des Kommandeurs

Für Großverbände, die im Rahmen einer Operation auf einem Kriegsschauplatz geführt werden, erfolgt die Befehlsgebung im Rahmen von Weisungen.

Literatur

Dieter Stockfisch: Der Reibert : das Handbuch für den deutschen Soldaten. Berlin 2003. ISBN 3-8132-0820-6