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Augustinum-Gruppe

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Augustinum

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Rechtsform gemeinnützige GmbH
Sitz München, Deutschland
Leitung Markus Rückert, Joachim Gengenbach
Mitarbeiterzahl mehr als 4.200 (2012)[1]
Umsatz 314,1 Mio. Euro
Website www.augustinum.de

www.augustinum-gruppe.de

Die Augustinum Gruppe ist ein deutsches soziales Dienstleistungsunternehmen. Das Unternehmen besteht aus 23 Wohnstiften mit ungefähr 7.200 Bewohnern, zwei Kliniken, zwei behütenden Häusern für altersdemente Menschen sowie Schulen und Behinderteneinrichtungen.

Gründung

Die nach dem Kirchenvater Aurelius Augustinus von Hippo benannte Augustinum Gruppe bekennt sich zu den christlichen Grundwerten und ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Bayern. Die Gründung ihrer historischen Keimzelle in München durch den evangelischen Pfarrer Georg Rückert und seine Frau Gertrud geht zurück bis in das Jahr 1954, das Jahr des 1600. Geburtstages von Kirchenvater Augustinus.

Struktur

Nach dem Tod des Gründers im Jahr 1988 trat Pfarrer Markus Rückert, der Sohn von Georg Rückert, dessen Nachfolge an. Er hatte Betriebswirtschaftslehre und Theologie studiert, und seine 1988 gefertigte Dissertation behandelte das Thema Finanzierung diakonischer Arbeit. Das Dach der Augustinum Gruppe bildet seit Januar 1999 die Augustinum Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender Honorarprofessor Dr. Markus Rückert ist. Von der Augustinum gGmbH wird die Unternehmensführung verantwortet, wobei Vorsitzender der Geschäftsführung seit 1988 ebenfalls Markus Rückert ist. Die Augustinum gGmbH führt als Muttergesellschaft zentral alle nachgeordneten fünf Tochtergesellschaften, in denen die einzelnen Geschäftsbereiche des Augustinum organisiert sind.

Wohnstifte für Senioren

Motto des Augustinums Hamburg (aus den Bekenntnissen des Kirchenlehrers Augustinus)
Ehemaliges Union Kühlhaus, heute Augustinum in Hamburg Neumühlen, 1963.
Das Seniorenstift des Augustinum Hamburg in unmittelbarer Nähe zum Museumshafen Oevelgönne (53° 32′ 38″ N, 9° 55′ 1,4″ O).
Augustinum Kassel 2010

Schon Ende der 1950er Jahre entstand im Augustinum die Idee des Wohnstiftes für ältere Menschen mit dem Ziel, seinen Bewohnern Unabhängigkeit und Sicherheit zu garantieren. 1962 wurde das erste Haus München-Neufriedenheim bezogen. Die Augustinum Gruppe eröffnete seither weitere 22 Häuser in Deutschland und ist damit zu einem europäischen Marktführer für das gehobene Leben im Alter geworden. Rund 7.000 ältere Menschen leben in den Häusern. Bereits 1980 wurde eine Pflegekostenergänzungsregelung (PER) eingeführt, die als „Solidarfonds“ konzipiert ist und Pflegekosten oberhalb eines monatlichen Selbstbehalts absichert. Die Pflege wird im Bedarfsfall vom hausinternen Pflegedienst in der eigenen Wohnung organisiert, was auf diese Weise für die meisten ein erfüll- und finanzierbares Versprechen darstellt. Rechtlich sind die Wohnstifte als Altenheim zu betrachten, da die individuelle Haushaltsführung von Nahrungszubereitung und hauswirtschaftlicher Zimmerpflege entlastet wird.

Die Standorte der 23 Wohnstifte, in denen ca. 2600 Mitarbeiter für ca. 7000 Senioren sorgen, sind: Aumühle bei Hamburg, Bad Neuenahr, Bad Soden, Bonn, Braunschweig, Detmold, Dießen am Ammersee, Dortmund, Essen, Freiburg im Breisgau, Hamburg, Heidelberg, Kassel, Kleinmachnow bei Berlin, Meersburg, Mölln, München-Neufriedenheim, München-Nord, Roth, Schweinfurt, Stuttgart-Killesberg (auch als Augustinum Stuttgart II bezeichnet), Stuttgart-Sillenbuch und Überlingen.

Kliniken

Ein weiterer Unternehmensbereich der Augustinum-Gruppe ist die Klinik Augustinum München mit 155 Krankenhausbetten. Im April 1962 nahm sie ihre Arbeit auf. Die Herzklinik hat sich seit 1995 in Zusammenarbeit mit der Münchner Uniklinik als eine der ersten Adressen für Herzchirurgie etabliert.

Schulen und Internate für Hörgeschädigte

Die schulische und berufliche Ausbildung hat im Augustinum eine lange Tradition. Im SchulCentrum Augustinum werden ca. 750 Schüler mit Hörschäden oder Lern- und Leistungsstörungen von ca. 150 Mitarbeitern unterrichtet. Zum SchulCentrum gehören:

Die Samuel-Heinicke-Realschule München, die seit September 1971 hörgeschädigte und gut hörende Schüler gemeinsam zur Mittleren Reife führt.

Die staatlich anerkannte Samuel-Heinicke-Fachoberschule in München führt seit 1983 hörgeschädigte und gut hörende Schüler mit mittlerem Schulabschluss zur Fachhochschulreife. Wobei das angeschlossene Evangelische Studienheim in München Internat und Tagesstätte vereint.

Im Internat und Landschulheim Elkhofen in Grafing, eine naturwissenschaftlich-technologische Realschule, werden seit 1988 Schüler mit überdurchschnittlicher Begabung sonderpädagogisch gefördert, wenn sie aufgrund von partiellen Lern- und Leistungsstörungen im normalen Schulsystem versagen.

Die Friedrich-Oberlin-Fachoberschule für Sozialwesen und Wirtschaft in München-Pasing führt nach zwei Jahren zur fachgebundenen und nach drei Jahren zur allgemeinen Fachhochschulreife.

Heilpädagogische Einrichtungen für geistig Behinderte

Im Heilpädagogischen Centrum Augustinum (HPCA) in München-Hasenbergl werden über 800 geistig und mehrfach behinderte Menschen jeden Alters begleitet.

Seit 1972 gibt es hier eine Schule für geistig behinderte Kinder und Jugendliche, die Otto-Steiner-Schule.

Eine weitere Einrichtung ist das 1977 gegründete Bildungswerk in Oberschleißheim. Im TIP-Programm werden dort volkshochschulähnliche Kurse für Menschen mit einer geistigen Behinderung angeboten.

Behütende Häuser für Demenzkranke

Zu diesen „Behütenden Häusern“ mit ca. 120 Sanatoriumplätzen für demenzerkrankte, zum Beispiel an Alzheimer erkrankte, ältere Menschen gehören das seit April 1982 bestehende Sanatorium Augustinum Schwindegg sowie das Itzel-Sanatorium in Bonn-Oberkassel seit Oktober 1993.

Verkauf von Wohnstiften, Räumungsklage in Aumühle, Strafverfahren

Das Augustinum hat von 2010 bis 2013 elf seiner Seniorenstifte an die Firma Nordic Kontor GmbH aus Heide (Schleswig-Holstein) bzw. deren hierzu gegründete Unterfirmen verkauft und anschließend zurückgemietet. Drei weitere Häuser, in denen das Augustinum nur Mieter war, kaufte Nordic Kontor mit Einverständnis des Augustinum von anderen Eigentümern. Für den Kaufpreis hat das Augustinum der Nordic Kontor ein Darlehen über 728 Millionen Euro geliehen. Der Verkäufer lieh also dem Käufer das Geld, damit dieser die Seniorenstifte kaufen konnte. Die Zinsen für die Darlehen beglich Nordic Kontor mit den Mieten, die das Augustinum zahlte.[2]

Verantwortlich für diesen Deal sollen der Anfang 2014 verstorbene Ex-Aufsichtsratsvorsitzende Artur Maccari und Ex-Augustinum-Geschäftsführer Kurt Wilkin sein. Ein in der Schweiz ansässiger Vermittler habe dafür fast 40 Millionen Euro als Provision kassiert. Einen Teil soll Maccari erhalten haben, ein anderer Teil soll in die Villa des früheren Augustinum-Geschäftsführers geflossen sein. Wilkin habe als Geschäftsführer ein doppelt so hohes Aufsichtsratshonorar wie sein Geschäftsführer-Kollege Markus Rückert erhalten, außerdem 90 Tage Urlaub im Jahr sowie weitere Honorare, darunter etwa 40 000 Euro für die Planung eines Kaminabends. Rückert fühlt sich nunmehr durch den Immobilienhandel getäuscht. Das Augustinum hat daher Strafanzeige gegen Wilkin erstattet und ihn im April 2014 entlassen, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs. Wilkin saß neun Monate in Untersuchungshaft.[3]

Nordic Kontor hat inzwischen beim Landgericht Lübeck Räumungsklage gegen das Seniorenstift Aumühle bei Hamburg eingereicht und könnte, wenn sie mit der Klage durchkäme, die Senioren möglicherweise zum Auszug zwingen.[4] Das Augustinum wiederum versucht derzeit, alle Verträge mit Nordic Kontor rückgängig zu machen, da diese nach seiner Auffassung nichtig seien.[5]

Literatur

  • Markus Rückert: Diakonie und Ökonomie. Verantwortung, Finanzierung, Wirtschaftlichkeit. Gütersloh 1990
  • Zeiten des Menschen. Festschrift 25 Jahre Collegium Augustinum. München 1979

Einzelnachweise

  1. Unternehmen - Zahlen & Fakten. Augustinum Gruppe, abgerufen am 5. März 2014.
  2. Süddeutsche Zeitung 24. Mai 2015 "Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Millionendeals mit Seniorenresidenzen" http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/immobiliengeschaefte-staatsanwaltschaft-ermittelt-wegen-millionendeals-mit-seniorenresidenzen-1.2490324
  3. Süddeutsche Zeitung 21. Juni 2015 "Teurer Kaminabend" http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/augustinum-teurer-kaminabend-1.2530738
  4. Hamburger Abendblatt 27. Mai 2015 "Räumungsklage gegen Seniorenresidenz in Aumühle" http://www.abendblatt.de/region/article205339947/Raeumungsklage-gegen-Seniorenresidenz-in-Aumuehle.html
  5. Pressemitteilung Augustinum 30. Mai 2015 "Medienberichte zu Augustinum-Immobilien" http://www.augustinum-gruppe.de/presse/pressemitteilungen/detail/medienberichte-zu-augustinum-immobilien/