Homosexualität im Fernsehen
Die Darstellung von Homosexualität im deutschen Fernsehen, seit Ende der 90er Jahre nahezu üblich, war lange Zeit ein Tabuthema. Zwar wurden immer mal wieder Filme, die Homosexualität thematisierten (vgl. Homosexualität im Film), ausgestrahlt, auch wurde in Talkshows darüber gesprochen, aber in Fernsehproduktionen, die sich an die breite Masse richteten, insbesondere TV-Serien, wurde das Thema lange totgeschwiegen oder es wurden Witze über "Homos" gemacht (z.B. in Ein Herz und eine Seele).
Die 70er Jahre
In den 70er Jahren strahlte die ARD zum ersten Mal Filme aus, die sich gezielt mit der Homosexualität auseinandersetzten. Im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks produzierte Rosa von Praunheim 1970 einen Film mit dem provokanten Titel: "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt". Nach vielen Rangeleien wurde der Film erstmals 1972 im 3. Programm des WDR ausgestrahlt. Diese Produktion machte über Nacht den homosexuellen Filmemacher zur Ikone der gerade erwachenden Schwulenbewegung. Bei der Erstausstrahlung des Films im gemeinsamen ARD-Programm am 15. Januar 1973 schaltete sich der Bayerische Rundfunk aus und produzierte damit ein riesiges Medienecho. Mit dem TV-Film "Die Konsequenz" aus dem Jahre 1977 erlebte die ARD einen weiteren Skandal, da sich bei der Erstaustrahlung dieses Films der Bayerische Rundfunk erneut aus dem Sendeverbund ausschaltete und ein Ersatzprogramm sendete.
Von den 80ern bis Heute
1990 gab es dann den ersten Kuss zwischen zwei Männern in der ARD-Serie Lindenstraße zwischen Carsten Flöter (Georg Uecker) und Robert Engel (Martin Armknecht). Damals gab es in der Boulevard-Presse und auch im konservativen Bayern einen Aufschrei der Empörung. Schauspieler Georg Uecker erhielt damals Morddrohungen. Daraufhin schickten die Serien-Macher den schwulen Carsten jahrelang nach Australien und ließen seinen Freund Robert zum Hetero mutieren. Inzwischen verfügt der Dauerbrenner Lindenstraße neben zahlreichen heterosexuellen Rollen über drei schwule Figuren: Georg Uecker als Carsten Flöter, Claus Vinçon als Georg "Käthe" Eschweiler und Gunnar Solka als Peter "Lotti" Lottmann. Vertreterinnen lesbischer Liebe in der Lindenstraße sind Sibylle Waury als Tanja Schildknecht, Susanne Evers als Suzanne Richter und Ines Lutz als Franziska Brenner.
Lesbische Hauptfigur der RTL-Serie Hinter Gittern ist Katy Karrenbauer als inhaftierte "Walter". Katja Bellinghaus ist die lesbische "Coco" in der Serie Lukas, in der sie Affären mit diversen Frauen hat, unter anderem Andreja "Fräulein" Schneider. In der Serie Bewegte Männer sind Oliver Muth (als Norbert), Victor Schefé (als "Waltraut"), Ingo Naujoks als Frank seit 2004 auf deutschen Bildschirmen.
International ist die berühmteste lesbische TV-Serien-Heldin Ellen DeGeneres in Ellen, die Ende der 1990er Jahre durch ein paralleles Coming-out der Darstellerin und der Rolle für Aufsehen sorgte. Die Schwulen sind vor allem mit Queer as Folk vertreten sowie seit 2004 im deutschen Fernsehen mit der amerikanischen Kultserie Six Feet Under – Gestorben wird immer, in der Michael C. Hall den schwulen Bestattungsunternehmer David Fisher spielt. Auch in der Sitcom Will & Grace wird Homosexualität thematisiert. In der Kultserie Sex and the City hat Darstellerin Kim Cattrall als Samantha heterosexuelle und eine lesbische Beziehung. Eine der Vorreiterinnen im internationalen Fernsehen ist hierbei die offen lesbische Sandra Bernhard, die diese Rolle auch in der Serie Roseanne verkörpert.
Während in den meisten dieser Serien-Produktionen aber stets nur wenige Schwule und Lesben auftauchen und eine tolerierte Randgruppe darstellen, produziert der Filmemacher Andreas Weiß seit 1991 Fernseh-Serien, in denen das schwule und lesbische Leben in der Metropole Berlin bewusst in den Mittelpunkt gestellt wird. In Serien wie "Montagskinder" und "Berlin Bohème" dreht sich das Geschehen hauptsächlich um einen schwul-lesbischen Freundeskreis, und heterosexuelle Figuren werden zur Minderheit.
Fördern gerade Serien die Akzeptanz Homosexueller in der Gesellschaft, so wird TV-Sendungen wie der Talkshow Arabella eine eher diskriminierende Wirkung zugeschrieben.
Neben Georg Uecker zählen Dirk Bach, Hella von Sinnen, Hape Kerkeling und Alfred Biolek zu den prominentesten Vertretern der Thematisierung von Homosexualität im deutschen Fernsehen.
Seifenopern und Homosexualität
Eine der sieben Folgen der Erfolgsserie Dallas, die von der ARD dem Zuschauer bei der Erstausstrahlung ab 1981 vorenthalten und bis heute nicht im deutschen Fernsehen ausgestahlt wurden, behandelte das Thema Homosexualität. In dieser Episode (Nr. 26 mit dem Original-Titel „Royal Marriage“) will Lucy Ewing sich mit Kit Mainwaring verloben. JR weiß, dass Kit schwul ist, will ihn aber trotzdem in die Ehe drängen. Als Kit Lucy über seine Homosexualität informiert, teilt Lucy ihrer Familie mit, dass sie Kit nicht heiraten werde.
Bei der im ZDF laufenden Dallas-Konkurrenz Der Denver-Clan wurde bei der Erstausstrahlung in einer Episode eine Szene stark gekürzt, die den schwulen Sohn Steven beim Abschied von seinem sterbenden Freund Luke zeigt. Diese Szene wurde bei Wiederholungen im Privatfernsehen Ende der 1990er Jahre dann gesendet.
Da war die ARD mutiger (siehe oben, Lindenstraße, und zeigte den ersten TV-Kuss zwischen zwei Männern - der Bayerische Rundfunk klinkte sich allerdings aus).
Auch in täglichen Seifenopern wie Verbotene Liebe und Gute Zeiten Schlechte Zeiten wird Homosexualität immer wieder thematisiert. In Marienhof gibt es viele lesbische Beziehungen, wobei Leonore Capell als Andrea und Katja Keller als Billi im Zentrum stehen.
Schwul-Lesbische TV-Magazine
Auch im Infotainmentbereich hat die Homosexualität in der deutschen TV-Landschaft Einzug gehalten. Das von Lindenstraßen-Darsteller Georg Uecker entwickelte Magazin Anders Trend beschäftigen sich hauptsächlich mit Homosexualität und informiert über Neuigkeiten aus der Szene.
Vorläufer für "Anders Trend" waren diverse schwule Magazin-Sendungen, die es seit den 90er Jahren gibt bzw. gab, diese wurden jedoch meist nur in regionalen Sendern und offenen Kanälen ausgestrahlt.
Beispiele sind:
- das in Berlin im Programm FAB gesendete schwule Magazin "Schrill, schräg, schwul", welches später in "Andersrum" umbenannt und u.a. von David Wilms moderiert wurde. (monatliche Ausstrahlung von ca. 1991 bis 1993)
- das im Berliner OKB gesendete Magazin DAVID von Andreas Weiß, das es 1996 auf 6 Folgen à 30 min brachte
- die Magazin-Sendungen "Homo-viel" und "Schwul-das Magazin", die mehrere Jahre im Offenen Kanal Hamburg gesendet wurden. "Homo-viel" wurde von Mai 1994 bis zur Abwicklung des Offenen Kanals Hamburg im März 2003 gesendet.[1]"Schwul - das Magazin" läuft auch heute noch (2005) im Nachfolgesender des OK, "Tide-TV".[2]
- die Sendung "Regenbogen-TV", die seit 1997 im Offenen Kanal Münster gesendet wird.[3]
- die Sendung "Queer Funk" im Offenen Kanal Kiel (ab Februar 1994 bis ca. 2003 mit weit über 100 Sendungen )
- die Sendung "T3 - Typen-Themen-Toleranz" war ein schwules Magazin mit Nachrichten, Reportagen und Interviews im Offenen Kanal Flensburg.
In Berlin und Hamburg gab es zudem lesbische TV-Magazine:
- "Läsbisch-TV" (ca. 1991 - 1993) im FAB (Berlin)
- "Lesben in Sicht" (1994 - 1998 mit 51 Ausgaben) im Offenen Kanal Hamburg[4]
Schwul-Lesbische TV-Sender (deutschsprachig)
Am 1.März 2005 ging der schwule Sender "4Gay.TV" auf Sendung. Er ist empfangbar per Satelliten-TV, über Astra Digital 12460 MHz Transponder 103. Das Programm besteht zunächst aber nur aus Schrifttafeln mit Informationen für Homosexuelle.
Im Jahr 2006 plant GTV, ein weiterer schwul-lesbischer TV-Sender Deutschlands, die Verbreitung seines Programmes über DVB-T, DVB-S sowie DVB-C und das analoge Fernsehkabelnetz.
Serien
Serien mit überwiegend homosexuellen Themen
- Berlin Bohème
- Bewegte Männer
- Ellen
- The L Word (Gruppe von Lesben in Los Angeles, ab 30. Mai 2006 auf Pro7)
- Montagskinder
- Queer as Folk (britische Serie)
- Queer as Folk (US-Serie: deutsche Erstausstrahlung seit Januar 2006)
- Will & Grace
- Trautes Heim - Mein Vater, sein Freund, sein(e) Ex und ich
Serien, die Homosexualität oft thematisieren
- Berlin, Berlin (lesbische Hauptfigur Rosalie in Staffel 1)
- Buffy – Im Bann der Dämonen (Willow und Tara ab der 4. Staffel, Kennedy in der 7. Staffel)
- Chaos City
- Dawson's Creek (Hauptfigur Jack McPhee - ab Staffel 2)
- Der Denver-Clan (schwule/bisexuelle Hauptfigur Steven Carrington)
- Desperate Housewives (Andrew, der Sohn der Hauptfigur Bree, ist schwul)
- Emergency Room (Dr. Kerry Weaver ab der 7. Staffel)
- Hinter Gittern
- Lindenstraße
- Lukas
- Lüthi und Blanc
- Marienhof
- Mit Herz und Handschellen
- O.C., California (kurze, lesbische Beziehung zwischen der Hauptfigur Marissa und Alexandra, genannt Alex, in Staffel 2)
- Roseanne
- Sex and the City
- Die Simpsons (sehr selten thematisiert)
- Six Feet Under – Gestorben wird immer (Hauptfigur David mit Freund Keith)
- SK Kölsch
- Verbotene Liebe
- Xena (keine offene Darstellung, aber teilweise extrem deutlicher Subtext)
Siehe auch
Weiterführende Links
Deutschland
- GayWatch Schwul-lesbische Programmvorschau
- Schwulfernsehen Die ersten schwul-lesbischen Soaps in Deutschland
- cootv.de Lesbische Programmvorschau (einschl. Schweiz und Österreich) und Filmtips
Österreich
- [5] LesBiSchwulTransgendermagazin
Internationale Vollprogramme für Schwule und Lesben
- Pink TV französisch, aber auch englisch und gelegentlich deutsch (mit Untertiteln)
- Pride Vision Kanadisches Programm
- Gay.TV Italienisches Programm, Spielfilme in englisch, deutsch, japanisch, französisch (mit Untertiteln)