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Taiping-Aufstand

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Der Taiping-Aufstand (1851-1864) ist einer der blutigsten Konflikte in der Geschichte. Er war eine Konfrontation zwischen dem Kaiserreich China unter der niedergehenden Qing-Dynastie und einer Sekte um Hong Xiuquan (洪秀全), einem zum Christentum konvertierten Mystiker. In diesem Konflikt starben wahrscheinlich 30 Millionen Menschen. Damit war der Taiping-Aufstand der opferreichste Bürgerkrieg der Menschheitsgeschichte. Der Aufstand ist nach dem Taiping Tianguo (太平天國) benannt, dem Himmlischen Königreich des vollkommenen Friedens, welches von den Aufständischen gegründet wurde.

Ursachen und Ursprünge

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts war China von vielen Problemen gezeichnet. Eine Reihe von Naturkatastrophen hatte das Land getroffen. Die Qing-Dynastie war nicht in der Lage, die u.a. durch hohes Bevölkerungswachstum und eine verkrustete Bürokratie verursachten ökonomischen Probleme zu lösen. Dazu kamen die militärischen Niederlagen gegen westliche Mächte, zum Beispiel im Ersten Opiumkrieg. Besonders im Süden gab es starke Anti-Mandschu-Gefühle.

Hong Xiuquan (1814-64) gründete seine Sekte gegen 1847 im Süden Chinas. Der Sohn eines Hakka-Nomaden aus der Umgebung von Kanton wollte ursprünglich Beamter werden. Aber er fiel in den Prüfungen durch und wurde schließlich schwer krank. Bei seinen Halluzinationen erschien ihm ein weißbärtiger Greis auf einem Thron, den er anhand eines christlichen Schriftstücks als Jesus identifizierte. Seitdem hielt er sich für den „Kleinen Bruder Jesu“ und scharte in der zerrüttelten Gesellschaft 30 000 Anhänger um sich.

Ein Waffenfabrikant trat z.B. in seine Sekte ein, da er als Angehöriger der Miao von den Chinesen verachtet wurde und sich bei seinen Nachbarn revanchieren wollte. So mit Waffen ausgerüstet, begingen Hong und seine Leute Überfälle, die in der schlecht verwalteten Provinz zunächst gewöhnlichen Verbrechern zugeschrieben und daher nicht sonderlich beachtet wurden.

Die Sekte wurde schließlich verfolgt, was zu einem Guerillakrieg führte. Der Aufstand begann in der Provinz Guangdong, wo die Taiping-Kämpfer den kaiserlichen Truppen eine Niederlage zufügten. Im Jahr 1851 rief Hong das Taiping-Königreich aus und proklamierte sich zu dessen „Himmlischen König“. Sein fähigster Mann war der „König des Ostens“, ein ehemaliger Holzkohlebrenner namens Yang. Der brach mit 10 000 Mann nach Norden auf, befehligte aber schon bald 200 000 Mann und eroberte damit 1852 Wuhan.

Danach wandte er sich nach Nanking und schloss es am 8. März 1853 ein. Elf Tage später wurde Nanking eingenommen, wobei 30.000 kaiserliche Soldaten und tausende Zivilisten getötet wurden. Die gewöhnliche Bevölkerung wurde verschont, wenn sie das Schriftzeichen für Unterwerfung auf die Tür malte und Tee bereitstellte. Nanking wurde Hauptstadt des Himmlischen Königreichs und als solche in Tianjing (Himmlische Hauptstadt) umbenannt. Da Hong Xiuquan der Gouverneurspalast nicht groß genug erschien ließ er ihn abreißen und eine neue „Verbotene Stadt“ von fünf Kilometer Durchmesser errichten.

Armee

Die Armee der Aufständischen war durch hohe Disziplin und Fanatismus gekennzeichnet. Die Soldaten trugen rote Jacken, blaue Hosen und lange Haare. Männer und Frauen waren auf den Feldzügen in getrennten Lagern untergebracht, wobei sexueller Kontakt (auch zwischen Eheleuten) mit dem Tod bestraft wurde. Wer sich nicht vor einem vorbeigehenden Befehlshaber niederkniete wurde sofort getötet.

Die Kämpfe waren extrem brutal, weil wenig Artillerie, aber große Mengen an Menschen mit Handwaffen eingesetzt wurden. Allein in der Dritten Schlacht von Nanking (1864) wurden innerhalb von nur drei Tagen 100.000 Menschen getötet.

Verwaltung

Unter dem „Himmlischen König“ Hong Xiuquan war das Gebiet an Könige und Prinzen verteilt. Ursprünglich gab es vier dieser Könige, da das Territorium in vier Gebiete eingeteilt war. Der Himmlische König führte auch ein Hofzeremoniell ein, das er dem Volkstheater abgeschaut hatte. Seine Regierung war eine theokratische und militärische Diktatur.

Besonders Yang, der „König des Ostens“ war gnadenlos und schickte ständig Menschen als „Himmlische Fackeln“ zu Gott. Hong Xiuquan entglitt die Macht und eines Tages forderte Yang seine Gleichstellung mit ihm. Aber Hong gelang es, einen anderen „König“ namens Wei aus dem Krieg zurückzurufen. Wei tötete Yang und schaltete unter dem Vorwand einer öffentlichen Veranstaltung auch dessen Anhänger aus (September 1856). Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Elite der Taiping keine Probleme lösen konnte, ihr Niedergang begann.

Von den großen Städten abgesehen war die Zivilverwaltung äußerst schwach. Besonderheiten gegenüber der Qing-Dynastie waren:

Hong beschäftigte sich nach 1853 auch mit einer Agrarreform, die allerdings nur auf dem Papier bestand. Er teilte das Land entsprechend seiner Fruchtbarkeit in Parzellen und verteilte es entsprechend der Anzahl der arbeitsfähigen Männer. Pro Familie wurden maximal 5 Hühner und zwei Schweine zugestanden. 25 Familien bildeten eine Gemeinschaft mit einer Kirche.

Höhepunkt und Niedergang

Nach der Eroberung Nankings 1853 zog Hong sich aus Politik und Administration zurück, um sich der Meditation zu widmen. Er verbrachte seine Zeit in seinem neuen Palast mit der Bartpflege und seinem Harem. Der Fall der Qing-Dynastie schien zum Greifen nahe.

Zu dem Zeitpunkt umfasste das Gebiet des Himmlischen Königreichs fast ganz Süd- und Mittelchina. Zwar war kein Hafen unter Kontrolle der Aufständischen, weshalb man sich keine Unterstützung von außen sichern konnte. Aber entsprechende Verhandlungen scheiterten auch schon am Protokoll, denn die Taiping glaubten an ihren Vorrang.

Bald nach dem Fall von Nanking rückten die Taiping im Mai 1853 auf Peking vor. Der Mandschu-Kaiser und sein Hof flohen aus der Stadt, aber überraschenderweise hielt ein mongolischer Befehlshaber mit nur 4500 Reitern die Taiping auf. Die Moral unter den Truppen sank, der Winter brachte Nahrungsmangel und damit das Feldzugsende.

Nach der Niederlage in der Nähe von Beijing 1853/54 expandierte das Reich in Richtung Westen, aber die meisten Kämpfe fanden im Tal des Jangtsekiangs statt. Dort versuchte der Mandarin Zeng Guofan für den Hof verloren gegangene Positionen zurückzuerobern. Gleichzeitig kam es zum o.g. Machtkampf zwischen Hong Xiuquan und Yang, dem König des Ostens, den letzterer September 1856 verlor.

Zu dem Zeitpunkt wurde langsam klar, dass das Taiping-Königreich weder die Dynastie stürzen noch die angehäuften Probleme lösen konnte. Die Führungsriege zerfleischte sich, und predigte Regeln, an die sie sich selbst nicht hielt. Sie konnte in der Mittelschicht keinen Rückhalt finden und sich keine Unterstützung von außerhalb schaffen. Damit war sie zum Scheitern verurteilt.

Ein Angriff der Kaiserlichen auf Nanking scheiterte 1859/Mai 1860. Die Taiping gingen wieder zur Offensive über, griffen im August 1860 sogar Shanghai an und wurden von einem kolonialen Freikorps unter Frederick Townsend Ward zurückgeschlagen.

Im Interesse ihres Handels mischten sich nun auch die Kolonialmächte mit einer Fremdenlegion unter Charles Gordon in die Kämpfe ein und schlossen sich mit den Kaiserlichen zusammen. Die Kaisertruppen wurden unter Zeng Guofan und Li Hongzhang konsolidiert und marschierten 1864 gegen das Taiping-Reich. Der Thron ging im Mai 1864 an Hongs Sohn Hong Tianguifu, der allerdings nichts unternahm, um sein Reich zu retten. Hong verkündete, dass Gott die Hauptstadt Tianjing verteidigen würde, aber als die kaiserlichen Truppen anrückten, vergiftete er sich. Nach dem Fall von Tianjing wurden die meisten Taiping-Prinzen von den Qing hingerichtet.

Im Norden (mit den Nian bis 1868) und im Südwesten Chinas (mit den Miao bis 1872) jedoch ging der Kampf weiter, schließlich flohen zahlreiche Taiping-Rebellen nach Vietnam, wo sie noch 1884 als "Schwarzflaggen-Partisanen" gegen die Franzosen kämpften.

Siehe auche