Zum Inhalt springen

Travis Hirschi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. September 2016 um 14:13 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Travis Hirschi (* 15. April 1935 in Rockville, Utah) ist ein US-amerikanischer Soziologe und Kriminologe.

Hirschi wurde 1968 zum Ph.D. (Soziologie) an der University of California, Berkeley promoviert. Er arbeitete anschließend an verschiedenen Universitäten und ist seit 1981 Professor an der University of Arizona (inzwischen im Ruhestand).

Hirschi legte zwei weltweit beachtete Kriminalitätstheorien vor.

Die Theorie der vier Bindungen (1969)

Die Ausgangsfrage war nicht, wieso ein Mensch kriminell wird, sondern, wieso ein Mensch nicht kriminell wird.[1] Die Angepasstheit ist laut Hirschi vom Grad der Einbindung des Individuums in die Gesellschaft abhängig. Dabei sind nach seiner Auffassung besonders vier Bereiche von Bedeutung[2]:

  • attachment to meaningful persons - die emotionalen Bindungen, die ein Mensch zu seinen Bezugspersonen hat, erzeugen eine ständige Verpflichtung, sich mit Rücksicht auf diese Bezugspersonen konform zu verhalten.
  • commitment to conventional goals - eine Lebensplanung, die konventionellen Zielen verpflichtet ist (man hat etwas zu verlieren).
  • involvement in conventional activities - klar strukturierte berufliche und freizeitliche Einbindungen in konventionelle Tätigkeiten lassen keine Zeit und keine Gelegenheit für abweichendes Verhalten.
  • belief in social rules - die innere Billigung des konventionellen Wertesystems hält die eigene Wertorientierung in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Normen.

Eine Allgemeine Theorie der Kriminalität (1990)

Zusammen mit Michael R. Gottfredson erarbeitete Hirschi mit A General Theory of Crime eine der Allgemeinen Kriminalitätstheorien. Diese basiert auf der Vorstellung einer geringen Selbstkontrolle (low self-control). Personen mit geringer Selbstkontrolle seien stets auch impulsiv, gefühlskalt und risikofreudig. Sie seien in ihrem Handeln auf sofortige Bedürfnisbefriedigung orientiert. Derartige Personen neigten zu riskanten Lebensweisen, wie starkem Rauchen, Alkohol- und Drogenmissbrauch, illegalem Glücksspiel, sexueller Promiskuität und strafbaren Handlungen. Diese Eigenschaften seien stabile Persönlichkeitsmerkmale.

Rezeption der beiden Theorien

Die Theorie der vier Bindungen ist in der Kriminologie unumstritten und von bleibender Bedeutung, sie wird von den Forschungsergebnissen der Entwicklungskriminologie bestätigt. Die Allgemeine Theorie der Kriminalität gilt dagegen als widerlegt, weil sie eine Kontinuität krimineller Karrieren unterstellt, die von der neueren entwicklungskriminologischen Forschung nicht bestätigt wird. Zudem wird ihre Gültigkeit für alle Bereiche der Kriminalität (etwa Wirtschaftskriminalität) bezweifelt.[3]

Grundlegende Schriften

  • Travis Hirschi: Causes of Delinquency (1969)
  • Michael R. Gottfredson/Travis Hirschi: A General Theory of Crime (1990).
  • Travis Hirschi/Michael Gottfredson (Hrsg.): The Generality of Deviance (1994)

Einzelnachweis

  1. Zusammenfassung der Bindungstheorie bei KrimTheo im Weblog von Lehrenden und Studierenden des Instituts für Kriminologische Sozialforschung.
  2. Darstellung nach Michael Bock: Kriminologie. Für Studium und Praxis, 4. Auflage, Vahlen, München 2013, S. 50.
  3. Michael Bock: Kriminologie. Für Studium und Praxis, 4. Auflage, Vahlen, München 2013, S. 51.