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Osiandersche Buchhandlung

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Osiandersche Buchhandlung GmbH

Logo
Rechtsform GmbH
Gründung 1596
Sitz Tübingen, Deutschland
Leitung
  • Christian Riethmüller
  • Heinrich Riethmüller
Mitarbeiterzahl 550
Umsatz 74,5 Mio. Euro[1]
Branche Buchhandlung
Website www.osiander.de

Die Osiandersche Buchhandlung ist ein von Erhard Cellius gegründetes und später nach Christian Friedrich Osiander benanntes süddeutsches Buchhandelsunternehmen. Der Hauptsitz befindet sich in Tübingen. Das Unternehmen betreibt in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und Bayern 36 Buchhandlungen und beschäftigt 550 Angestellte. Osiander ist die älteste und größte Buchhandlung Baden-Württembergs[2], die drittälteste Buchhandlung Deutschlands[3] und gehört zu den zehn größten deutschsprachigen Buchhandlungen.[4][5]

Geschichte

1596–1734 Dynastie Cellius/Brunn

Prof. Erhard Cellius
Lange Gasse 2
Celliuswappen

Die Vorgängerin der heutigen Buchhandlung wurde am 4. Juni 1596 von Erhard Cellius († 1606) in der Langen Gasse in Tübingen als Druckerei mit Verlag und Buchhandlung gegründet.[6][5] Cellius' erster Titel war Imagines Professorum Tubingensium (1601);[7] Nach dem Tod seines Vaters übernahm Johann Alexander Cellius das Unternehmen und baute es zum bedeutendsten süddeutschen Verlag aus. Er starb 1623. 1625 heiratete der Geschäftsführer die Witwe Cellius'. Nach seinem Tod übernahm 1657 Brunn II. den Betrieb. Nach dessen Tod 1658 folgte als Geschäftsführer der Buchhandlung Johann Georg Cotta, der 1659 die Witwe Brunns II. heiratete. 1681 übernahm der Stiefsohn Brunn III. von Cotta die Firma. Cotta führte seinen eigenen, 1659 gegründeten Verlag weiter, der zum bekanntesten deutschen Verlag des 19. Jahrhunderts wurde und 1810 nach Stuttgart übersiedelte.

1704 heiratete die Witwe von Brunn III. († 1696) den Buchhändler Stoll, der das Unternehmen 1721 an Theodor Metzler abgab. Seine Frau Susanne führte das Geschäft weiter und heiratete 1727 Karl-Gottlieb Ebert († 1732).

1734–1778 Heinrich Berger

Die kinderlose Susanne Ebert-Metzler verkaufte 1743 das Unternehmen an Heinrich Berger, einen Angestellten der Buchhandlung. Er wurde der Verleger von Johann Albrecht Bengel, Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und dem Mediziner Autenrieth. 1769 wurde Berger im Rahmen auf Veranlassung der Zensur zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er unter dem Druckort Esslingen die Lieder Zinzendorfs herausbrachte, ein Buch, das offenbar "ein verrücktes Gehirn, das nie durch Vernunft regiert noch durch einen gründlichen Verstand der Heiligen Schrift geläutert wurde", verfasst habe.

1778–1920 Dynastie Heerbrandt, Osiander, Köhler

Münzgasse

Da auch Heinrich Berger kinderlos war, veräußerte er 1778 die Buchhandlung an Jacob Friedrich Heerbrandt, einen Buchhandlungsbediensteten in seinem Unternehmen. Daraufhin zog die Buchhandlung in die Münzgasse, die damals schönste Straße Tübingens. In den folgenden Jahren zog die mit Tübingen konkurrierende Universität, die Karlsakademie Stuttgart, immer mehr Studenten von Tübingen ab, so dass die Studentenzahl 1781 auf 188 gesunken war. Heerbrandt verlegte in dieser Zeit ein Buch von Schelling und veröffentlichte den „Deutschen Dichterwald“, das wichtigste Werk der Schwäbischen Romantik.

Christian Friedrich Osiander

Christian Friedrich Osiander, 1789 geboren, heiratete 1813 Heerbrandts Tochter und übernahm die Buchhandlung, die bis heute seinen Namen trägt. Wichtige Titel aus seinem Verlag waren Osiander: Handbuch der Entbindungskunde und Osiander: Hebammenkunde. Nach dem Tode Osianders 1839 führte seine Frau das Geschäft fort, bis 1843 der Sohn Franz Osiander die Firma übernahm. Er übergab wiederum die Buchhandlung 1861 an seine Frau Louise.

Neue Straße

Die erste Filiale der Buchhandlung eröffnete 1862 in Rottenburg, sie wurde allerdings nach einem halben Jahr wieder aufgegeben und an einen Buchhändler aus Schwäbisch Gmünd verkauft, der Wilhelm Bader als Geschäftsführer einsetzte. Die Tübinger Buchhandlung zog derweil von der Münzgasse in die Neue Straße, und das Unternehmen verkaufte seine Verlagsrechte.

1880 wurde Karl Köhler, ein Enkel Osianders, Nachfolger seiner Tante Louise Osiander. Es wurden nun Geschäftsbücher speziell für den Buchhandel verlegt. Köhler wurde 1901 zum Königlichen Hofbuchhändler ernannt.

Seit 1920 Familie Jordan / Riethmüller

1925 kaufte Richard Jordan die Buchhandlung. Im gleichen Jahr übernahm er auch die Buchhandlung Fischer und zog in die Wilhelmstraße 12. Die Buchhandlung in der Neuen Straße wurde 1939 aufgegeben. Nach dem Tod Richard Jordans 1955 ging die Buchhandlung zunächst auf seine Frau Eva Jordan, dann auf seine Tochter Brigitte Riethmüller über.[8] Geschäftsführer wurde sein Schwiegersohn Konrad-Dietrich Riethmüller, der Osiander nach dem Eintritt der Söhne Hermann-Arndt (1973) und Heinrich (1977) 1979 in eine GmbH mit 26 Zweigstellen umwandelte. Unter Konrad-Dietrich Riethmüller wurden moderne betriebswirtschaftliche Methoden eingeführt, das Stammhaus in der Wilhelmstraße mehrfach umgebaut, nach dem Eintritt der Söhne die ersten Buchhandlungen gegründet, eine fahrende Buchhandlung („Buchmobil“: 1979–1981) ins Leben gerufen und ein Einkaufsbüro in den USA eröffnet („Osiander Booktrade“ zuerst in New York, dann in Baltimore: 1985–2002).

Wilhelmstraße

1995 wurden die Verwaltung und der Wareneingang in das neue Logistikzentrum am Rande Tübingens ausgelagert. Im Jahr des 400-jährigen Jubiläums 1996 starb Konrad-Dietrich Riethmüller. Er erlebte noch den Online-Auftritt von Osiander im Internet.

Die Geschäftsleitung von Osiander, Heinrich, Hermann-Arndt Riethmüller und Claudia Zürcher-Riethmüller, wurde 2002 durch Christian Riethmüller verstärkt, der 2004 Gesellschafter des Unternehmens wurde. Damit übernahm die vierte Generation der Familie Jordan / Riethmüller unternehmerische Verantwortung. Ab 2010 gehörten mit Kathrin von Papp-Riethmüller und Ulrike Sander zwei weitere Familienmitglieder der Geschäftsleitung des Unternehmens an. Zum 31. Dezember 2015 ist Hermann-Arndt Riethmüller aus der Geschäftsführung ausgeschieden und in den zum 1. Januar 2016 neu gegründeten Aufsichtsrat gewechselt, den er leitet.[9] Auch Claudia Zürcher-Riethmüller, Kathrin von Papp-Riethmüller und Ulrike Sander sind bei Gründung des Aufsichtsrats aus der Geschäftsführung ausgeschieden, die nunmehr lediglich aus Christian und Heinrich Riethmüller besteht.[10]

Heinrich Riethmüller ist seit Abschluss der Frankfurter Buchmesse 2013 Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.[11]

Ludwig Uhland, die Vorlage des Logos.

Das Logo des Unternehmens basiert auf einem schwarzen Scherenschnitt der den Tübinger Dichter Ludwig Uhland darstellt. Der Original Scherenschnitt wurde 1817 von der Künstlerin Luise Duttenhofer kreiert und trägt den Namen "Ludwig Uhland als Advokat". Aus diesem Kunstwerk wurde nur der Kopf des Dichters extrahiert und in das Logo eingearbeitet.

Filialentwicklung und Standorte

Ab Mitte der 1970er bis Mitte der 2000er Jahre filialisierte Osiander ausschließlich in Baden-Württemberg, 2007 wurde erstmals eine Buchhandlung in Rheinland-Pfalz (Neustadt an der Weinstraße), 2011 eine in Bayern (Memmingen) und 2013 eine in Hessen (Frankfurt) eröffnet.[12]

Tübingen Metzgergasse
Konstanz
Landsberg
Eröffnungsjahr Stadt Genauer Ort Notizen
1974 Tübingen Auf der Morgenstelle Schließung Ende November 2013[13]
1974 Böblingen City-Center seit Oktober 2014 Mercaden
1974 Tübingen Kleiner Osiander, Schließung 1984
1983 Reutlingen Kaiserpassage Schließung 1993
1992 Reutlingen Listhaus Wurde 2001 zur größten Buchhandlung in Baden-Württemberg ausgebaut
1995 Schwenningen City Rondell
1996 Rottenburg Marktplatz Übernahme der Buchhandlung Bader
1998 Stuttgart bei Tritschler Schließung Ende 2003
2000 Tübingen Metzgergasse
2003 Konstanz Kanzleistraße und Universität Übernahme der Buchhandlung Gess
2004 Villingen Übernahme der Buchhandlung Hügle
2005 Speyer Übernahme der Buchhandlung Librodrom
2006 Tübingen-Derendingen Service-Center
2006 Heilbronn
2006 Baden-Baden Schließung im Februar 2010
2007 Biberach Übernahme der Buchhandlung Weichhardt
2007 Neustadt an der Weinstraße
2008 Tübingen Holzmarkt Übernahme der Buchhandlung Tabula, Neueröffnung unter Osiander Aktuell
2008 Konstanz Rosgartenstraße
2009 Backnang Übernahme der Buchhandlung Schwanen
2009 Albstadt
2010 Pforzheim Schlössle-Galerie
2010 Schwäbisch Hall
2010 Calw
2011 Aalen Übernahme der Buchhandlung Jahn
2011 Memmingen
2012 Bietigheim-Bissingen
2012 Landsberg am Lech Hauptplatz Übernahme der Buchhandlung Verza
2012 Tübingen Uhlandstraße Osiander City
2012 Überlingen
2013 Stuttgart Nadlerstraße Übernahme der Buchhandlung Lindemanns, Schließung Ende 2016
2013 Frankfurt am Main Skyline Plaza
2013 Balingen Friedrichstraße
2014 Pfaffenhofen an der Ilm Übernahme der Buchhandlung Pesch
2014 Stuttgart Gerber
2014 Stuttgart Milaneo
2015 Schorndorf Übernahme der Buchhandlung Bacher
2015 Lörrach Alter Marktplatz
2015 Heilbronn Osiander Extra (zusammen mit Buchvertrieb Blank)
2016 Waiblingen Kurze Straße Übernahme der Buchhandlung Hess
2016 Bad Säckingen Beck-Arkaden
2016 Esslingen am Neckar Innere Brücke Übernahme der Buchhandlung H. Th. Schmidt
2016 Waldshut Übernahme der Hochrhein-Buchhandlung
2017 Bad Kreuznach bei Schuhhaus Wagner
2017 Esslingen am Neckar Pliensaustraße
2017 Stuttgart Haufler am Markt

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. http://www.buchreport.de/nachrichten/handel/handel_nachricht/datum/2016/04/25/expansion-im-stammland.htm?no_cache=1
  2. http://www.osiander.de/download/Osiander_Geschichte_kurz.pdf
  3. http://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bad-kreuznach/stadt-bad-kreuznach/schuhhaus-wagner-teilt-sich-ab-2017-seine-spitzenlage-mit-der-osianderschen-buchhandlung_16868250.htm
  4. buchreport-Ranking Die größten Buchhandlungen, abgerufen am 23. Juni 2011
  5. a b http://www.rtf1.de/news.php?id=13670
  6. Börsenblatt abgerufen am 23. Juni 2011
  7. Imagines professorum Tubingensium auf Wikimedia Commons Statuta Universitatis Scholasticae Studii Tubingensi Renovata: Universitätsstatuten (1601).
  8. http://www.osiander.de/unternehmen/geschichte.cfm
  9. http://www.boersenblatt.net/artikel-weichenstellung_fuer_die_zukunft_.1068655.html
  10. http://www.tagblatt.de/Nachrichten/Geschaeftsfuehrer-Christian-Riethmueller-ueber-420-Jahre-Osiander-und-die-Konkurrenz-290381.html
  11. Frankfurter Allgemeine Rhein-Main vom 21. Juni 2013: Frankfurter Börsenverein Heinrich Riethmüller neuer Vorsteher (LHE), abgerufen am 14. Oktober 2013
  12. 30 Buchhandlungen in 24 Städten Süddeutschlands, abgerufen am 30. August 2013
  13. Osiander Tübingen Morgenstelle, abgerufen am 21. Februar 2014
  14. Wettbewerb Dienstleister des Jahres – Preise und Top 20.
  15. Tagblatt.de, abgerufen am 23. Juni 2011
  16. OSIANDER ist Gewinner vom Zukunftspreis Handel 2011
  17. Osiander als Finalist beim Großen Preis des Mittelstandes ausgezeichnet
  18. Ernst & Young-Ranking: OSIANDER erhält Auszeichnung. Abgerufen am 9. Oktober 2012.
  19. buchreport.de, abgerufen am 15. November 2013
  20. boersenblatt.net, abgerufen am 30. Oktober 2015
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