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Paul von Hindenburg

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Paul von Hindenburg

Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (* 2. Oktober 1847 in Posen; † 2. August 1934 auf Gut Neudeck, Westpreußen), war ein deutscher Generalfeldmarschall und Politiker. Er war der dritte Reichspräsident der Weimarer Republik. Am 30. Januar 1933 ernannte er aufgrund der erheblichen Einflussnahme seiner inoffiziellen Berater (Kamarilla) Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Leben

Beginn der militärischen Laufbahn

Als Sohn eines preußischen Offiziers wählte er ebenfalls die militärische Laufbahn. Von 1859 bis 1866 besuchte er, nach einem kurzen Besuch des Gymnasiums, eine Kadettenanstalt in Wahlstatt (heute Legnickie Pole, Polen) im damaligen Landkreis Liegnitz und später in Berlin. In den frühen 1860er Jahren diente er der Witwe des verstorbenen preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. als Page. 1866 nahm er bereits als Leutnant am Deutschen Krieg teil, ebenfalls am Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Am 18. Januar 1871 wohnte er als Abgesandter seines Garderegiments der Kaiserproklamation im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles bei. 1888 zählte er zu den Offizieren, die den aufgebahrten Leichnam des verstorbenen Kaisers Wilhelm I. als Totenwache flankierten. In den 1890er Jahren war er u.a. im preußischen Kriegsministerium in Berlin tätig. 1903 wurde er Kommandierender General und nahm 1911 im Alter von 64 Jahren seinen Abschied aus dem aktiven Dienst. 1912 hatte er auf Anfragen Kaiser Wilhelms II. seine Bereitschaft erklärt, im Falle eines Krieges das Kommando über eine Heeresgruppe zu übernehmen.

Stationen seiner militärischen Laufbahn

  • 1859 Eintritt als Kadett in das Kadettenhaus Wahlstatt/Liegnitz
  • 1863 Kadett in der Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde
  • 7. April 1866 Seconde-Lieutenant im 3. Garde-Regiment zu Fuß und Teilnahme an der Schlacht von Königgrätz 1866
  • Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und an der Reichsproklamation in Versailles
  • 13. April 1872 Premier-Lieutenant und kommandiert zur Kriegsakademie
  • 1. Mai 1877 kommandiert zum Großen Generalstab
  • 18. April 1878 Beförderung zum Hauptmann
  • 5. Mai 1881 im Generalstab der 1. Division in Königsberg
  • 12. November 1885 Beförderung zum Major
  • 25. November 1890 Chef der II. Abteilung im Kriegsministerium
  • 14. Februar 1891 Beförderung zum Oberstleutnant
  • 17. Juni 1893 Kommandeur des Oldenburgischen Infanterie-Regiments Nr. 91
  • 17. März 1894 Beförderung zum Oberst
  • 14. August 1896 Chef des Generalstabes des VIII. Armeekorps Koblenz
  • 22. März 1897 Beförderung zum Generalmajor
  • 9. Juli 1900 Beförderung zum Generalleutnant und Kommandeur der 28. Division Karlsruhe
  • 22. Juni 1905 Beförderung zum General der Infanterie und Kommandierender General des IV. Armeekorps Magdeburg
  • 18. März 1911 unter Verleihung des Schwarzen Adlerordens in den Ruhestand verabschiedet. Ruhesitz in Hannover.
  • 22. August 1914 Oberbefehlshaber der 8. Armee, am nächsten Morgen Abreise nach Ostpreussen
  • 26. August 1914 Schlacht bei Tannenberg und Beförderung zum Generaloberst
  • 2. September 1914 Verleihung des Ordens Pour le mérite
  • 1. November 1914 Oberbefehlshaber Ost
  • 27. November 1914 Beförderung zum Generalfeldmarschall
  • 23. Februar 1915 Eichenlaub zum Pour le mérite
  • 30. Juli 1916 Chef des Generalstabes des Feldheeres
  • 25. März 1918 Großkreuz des Eisernen Kreuzes mit goldenen Strahlen
  • 25. Juni 1919 Rücktritt als Chef des Generalstabes des Heeres
  • 3. Juli 1919 Aufhebung der Mobilmachungsbestimmung

Hindenburgs Aufstieg während des Ersten Weltkrieges

Datei:PaulvonHindenburg2okt1917.jpg
Paul von Hindenburg an seinem 70. Geburtstag im Großen Hauptquartier des Westens in Bad Kreuznach, 2. Oktober 1917

Drei Jahre später, bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, wurde er aus dem Ruhestand zurückgeholt und zum Oberbefehlshaber der 8. Armee an der Ostfront ernannt. Der Sieg über die russische Armee bei Tannenberg Ende 1914 machte ihn berühmt und brachte ihm die Ernennung zum Generalfeldmarschall. Seitdem war er von dem Mythos „Sieger von Tannenberg“ umgeben. Im August 1916 übernahm er mit Erich Ludendorff die Oberste Heeresleitung, die schnell an Einfluss gewann. Ein großes Rüstungsprogramm ("Hindenburgprogramm") trug seinen Namen.

Das Führungsduo Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff

1918 versuchte er, die Monarchie zu retten, indem er Kaiser Wilhelm II. riet, das Land zu verlassen. Durch die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung versuchte er, den Unruhen innerhalb der Bevölkerung entgegenzuwirken. Mit Abschluss des Versailler Vertrages im Juli 1919 trat Hindenburg zurück. Vor dem Untersuchungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung verbreitete er die „Dolchstoßlegende“, wonach das deutsche Heer unbesiegt geblieben und von den Novemberrevolutionären durch einen Waffenstillstand „von hinten erdolcht“ worden sei.

1919 - 1925 Ruhestand in Hannover

Am 25. Juni 1919 trat Hindenburg von seinem Posten als Chef des Generalstabes des Heeres zurück und verließ seinen letzten Dienstort Kolberg. Er wählte Hannover zu seinem Alterssitz. Von dort unternahm er in den folgenden Jahren viele Reisen durch das ganze Reich, besonders durch Ostpreussen, wo er sich als Befreier Ostpreussens einer ungeheuren Popularität erfreute. Er bewohnte im Hannoveraner Zooviertel ein Haus in der Seelhorststraße, welches heute noch steht und mit einer Gedenktafel versehen ist. Als Adjutant arbeitete in diesen Jahren der Oberstleutnant Wilhelm von Kügelgen für Hindenburg. Nachdem beim ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl am 29. März 1925 kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreichte, drängten die Rechtsparteien den parteilosen Hindenburg zur Kandidatur.

Die Reichspräsidentenschaft Hindenburgs

Am 26. April 1925 wurde Hindenburg im zweiten Wahlgang im Alter von 77 Jahren als Nachfolger Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten gewählt (siehe: Reichspräsidentenwahl 1925) und am 12. Mai vereidigt. Trotz seiner monarchistischen Überzeugung und der daraus folgenden skeptischen Haltung gegenüber der Weimarer Republik versuchte er, sein Amt verfassungsgerecht auszuüben.

Beginn der Präsidialkabinette

Wegen seiner Unterschrift unter den Young-Plan, der von den rechtsradikalen Parteien als Verpflichtung zu jahrzehntelanger Versklavung des Volkes hingestellt wurde, rückten seine ehemaligen politischen Freunde immer mehr von ihm ab. Daher beschloss Hindenburg, die derzeit regierende Große Koalition unter Kanzler Hermann Müller (SPD) durch eine antimarxistische und antiparlamentarische Regierung zu ersetzen. Zu diesem Zweck berief er 1930 Heinrich Brüning (Zentrum) zum Reichskanzler eines Minderheitskabinetts, ohne das Parlament zu konsultieren. Damit begann die Zeit der Präsidialkabinette, in denen der jeweilige Kanzler vom Vertrauen des Präsidenten, nicht des Reichstags abhängig sein sollte. Ganz gelang die geplante Ausschaltung des Parlaments indes nicht, da der Reichstag die von der Regierung gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung erlassenen Notverordnungen jederzeit aufheben konnte. Als er das im Juni 1930 tat, löste Hindenburg ihn kurzerhand auf - ein verhängnisvoller Fehler, denn dieser Reichstag war der letzte mit einer demokratischen Mehrheit. Durch die beginnende Weltwirtschaftskrise radikalisiert, gaben die Bürgerinnen und Bürger zunehmend den republikfeindlichen Parteien KPD, DNVP und nicht zuletzt der NSDAP ihre Stimme. Damit war die politische Notlage, die nach dem Sinn der Verfassung durch die Anwendung der Artikel 48 und 25 doch eigentlich behoben werden sollte, durch die Politik Hindenburgs erst herbeigeführt worden.

Um weitere Parlamentsauflösungen zu verhindern, beschloss daraufhin die SPD, künftig die Regierung Brüning zu tolerieren, das heißt gegen weitere Anträge der extremistischen Parteien auf Aufhebung der Notverordnungen zu stimmen. Damit war auch der zweite Teil von Hindenburgs Plan gescheitert: Die Regierung blieb weiter abhängig vom Parlament und von den verhassten Sozialdemokraten. 1932 wurde Hindenburg für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass sich alle demokratischen Parteien, einschließlich der Sozialdemokraten und des Zentrums, hinter den überzeugten Monarchisten stellten, um so Hitler als Reichspräsident zu verhindern (siehe: Reichspräsidentenwahl 1932).

Der Osthilfeskandal und die Steuersache Neudeck

Im Zusammenhang mit dem Osthilfeskandal gab es Korruptionsvorwürfe gegen Hindenburg. Historiker vermuten, dass dies die Entscheidung Hindenburgs für Hitler beeinflusst haben könnte. Für eine Argumentation siehe den Osthilfe-Artikel.

Das Gut Neudeck hatte Hindenburg zu seinem Geburtstag geschenkt bekommen. Um Erbschaftssteuern zu sparen, wurde es gleich auf seinen Sohn Oskar überschrieben.

Von von Papen zu Hitler

Nach der Wahl geriet Hindenburg noch stärker als zuvor unter den Einfluss der Kamarilla, eines Kreises von Freunden und Weggefährten der politischen Rechten. Dieser gehörten unter anderen sein, wie es ironisch hieß, in der Verfassung nicht vorgesehener Sohn Oskar von Hindenburg an, ferner sein Nachbar auf Neudeck Elard von Oldenburg-Januschau sowie Generalleutnant Kurt von Schleicher und schließlich auch Franz von Papen. Diese überredeten Hindenburg, Brüning zu entlassen und stattdessen von Papen zum Reichskanzler zu ernennen, der mehr nach Rechts regieren sollte. Als dies nicht zum Erfolg führte, erwog der Kreis kurzfristig einen Staatsstreich, um ein autoritäres Regime zu errichten, doch weigerte sich Schleicher, dafür die Reichswehr zur Verfügung zu stellen. Der neu zum Reichskanzler ernannte Schleicher versuchte noch, Teile der NSDAP um Gregor Strasser von Hitler loszubrechen, doch dies misslang . Am 19. November 1932 erhielt er eine Eingabe von führenden Industriellen mit der Aufforderung, Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen.

Ernennung Hitlers und politisches Ende

Am 30. Januar 1933 berief Präsident Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Immer mehr geriet er, trotz seiner Abneigung gegen diesen, in den Einflussbereich der Nationalsozialisten. Er unterzeichnete die unter dem Begriff Reichstagsbrandverordnung bekannt gewordene Verordnung Zum Schutz von Volk und Staat, welche alle Grundrechte aufhob und so der Willkür freien Lauf ließ. Das am 24. März 1933 verabschiedete Ermächtigungsgesetz setzte dann die Weimarer Verfassung faktisch außer Kraft und ermöglichte Hitler die totale Kontrolle.

Tod und geschichtliche Einordnung

Hindenburg verfiel seit längerer Zeit geistig und körperlich. Am Vorabend seines Todes in Neudeck hielt er Hitler für den Kaiser und sprach ihn mit Majestät an. Er sollte eigentlich an seinem Sterbeort, auf Gut Neudeck, begraben werden. Hitler organisierte jedoch eine Beerdigung im Denkmal der Schlacht bei Tannenberg. Nach dem Tod des Reichspräsidenten war für Hitler endgültig das letzte Hindernis für die nationalsozialistische Diktatur aus dem Weg geräumt.

Das Kabinett Hitler setzte schon am 1. August, also dem Tag vor Hindenburgs Tod, eine Volksabstimmung über die Zusammenlegung des Amtes des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in der Person des "Führers" Hitler für den 19. August 1934 an. Am Tag davor warb Oskar von Hindenburg, der Sohn des verstorbenen Reichspräsidenten, in einer Rundfunkrede für Hitler als einzig legitimen Nachfolger Hindenburgs. Angeblich sollte Hindenburg in seinem Testament Hitler als seinen Nachfolger benannt haben.

Januar 1945 wurden sein Sarg und der seiner Frau bei Anrücken der Roten Armee von der Wehrmacht aus dem Tannenberg-Denkmal entfernt und mit dem Leichten Kreuzer Emden über die Ostsee nach Westen abtransportiert und anschließend nach Marburg verbracht, wo sie in der Elisabethkirche in deren Nordturmkapelle heute noch liegen. Sie werden allerdings, nach einer Entscheidung des Kirchenvorstandes der Gemeinde, nicht mehr beleuchtet. Dies veranschaulicht die noch heute zwiespältige Bewertung Hindenburgs. Über siebzig Jahre nach seinem Tod beschäftigen sich einzelne Gemeinden mit der Umbenennung von Straßen und Plätzen, die jahrzehntelang seinen Namen trugen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist die Stadt Darmstadt.

Noch immer seinen Namen trägt der 1927 durch ihn eingeweihte Eisenbahndamm, der die Nordseeinsel Sylt mit dem Festland verbindet, der Hindenburgdamm, ebenso wie die Hindenburg-Kaserne in Ulm.

Paul von Hindenburg war Ehrenbürger der Städte Berlin, Bietigheim, Detmold, Dresden, Eberswalde, Frankfurt am Main, Gotha, Hagen, Hamburg, Karlsruhe, Kassel, Koblenz, Kulmbach, Ludwigsburg, Lübeck, Münster, Nürnberg, Oldenburg (Oldb), Paderborn, Potsdam, Rostock, Stuttgart, Witten und Zwickau.

Siehe auch: Hindenburglicht.