Die Känguru-Chroniken
Die Känguru-Chroniken sind Textsammlungen des deutschen Autors, Liedermachers, Kleinkünstlers und Kabarettisten Marc-Uwe Kling.[1] Sie entstanden in den Jahren vor 2009, wurden zuerst wöchentlich im Podcast Neues vom Känguru beim Berliner Radio Fritz gesendet und danach in Buchform 2009 im Berliner Ullstein Verlag und als Hörbuchversion veröffentlicht. 2011 folgte der zweite Band der Känguru-Chroniken unter dem Titel Das Känguru-Manifest. Ein dritter und offiziell letzter Band mit dem Titel Die Känguru-Offenbarung erschien im März 2014.
Inhalt
Zu Beginn der Handlung steht plötzlich ein Känguru vor der Tür von Marc-Uwe Kling und möchte sich ein paar Eier ausborgen, da es Eierkuchen machen möchte.[2] Der Autor ist verblüfft über die Begegnung mit einem sprechenden Tier, reagiert aber schnell wie üblich und der Situation angemessen und borgt ihm die Eier. Kurz darauf klingelt das Känguru erneut, weil ihm noch Salz, Milch und Mehl fehlen, Öl und eine Pfanne ebenfalls und um dann erneut vor der Tür zu stehen und resigniert zu sagen: „Kein Herd!“ Der Autor bittet das Känguru in seine Küche, und kurze Zeit später zieht das Känguru, mehr den Autor überrumpelnd als ihn nach seiner Zustimmung fragend, in das bisherige Wohnzimmer des Autors ein, und die beiden bilden eine Wohngemeinschaft.[3]
Da das Känguru keiner geregelten Arbeit nachgeht und auf die Frage danach lediglich antwortet: „Ich bin Kommunist! Was dagegen?“, kommt der Autor für den Lebensunterhalt des Kängurus auf. Die Gespräche und Erlebnisse der beiden, die in kurzen, in sich abgeschlossenen, jedoch immer wieder aneinander anknüpfenden und aufeinander aufbauenden Kapiteln mit viel wörtlicher Rede erzählt werden, bilden die Chroniken. So zieht der Autor beispielsweise einmal ein Buch aus einer Stoppersocke. In einem vorangegangenen Kapitel wird erwähnt, dass die Bücher nicht mehr vom schiefen Regalbrett rutschen, weil sie nun in Stoppersocken stecken. Solche verbindenden Elemente, in denen vergangene Pointen, ähnlich einem Running Gag, wieder zitiert werden, und die zum Verständnis die Kenntnis des bisherigen Geschehens erfordern, tauchen immer wieder auf.
Ort der Handlung ist Berlin. Gelegentlich werden Kreuzberg und Orte wie die U-Bahn-Station Kottbusser Tor als Handlungsorte erwähnt.
In den einzelnen Kapiteln entsteht wie in einem Mosaik ein Bild dieser ungewöhnlichen Wohngemeinschaft, die sich – allerdings nur in Bezug auf Streitereien, Eifersuchtsattacken und Freizeitgestaltung – zu einer fast „eheähnlichen“ Beziehung entwickelt. Die Gesprächsthemen der beiden reichen von Medien- und Sprachkritik bis zu Problemen von Staat und Kapitalismus, Glaubensfragen, von der zeitgenössischen Protestkultur zu Karl Marx, Bert Brecht, der RAF und den Vietcong, d. h. es geht um „Gott und die Welt“.
Figuren
Der Erzähler
Protagonist der Chroniken ist der Kleinkünstler, Sänger und Dichter Marc-Uwe Kling.
Kling ist ein gebildeter, kritischer und reflektierender junger Intellektueller und Kleinkünstler, ein typischer Vertreter der Berliner Kleinkunstszene. Geboren und aufgewachsen im Westen Deutschlands, lebt er bis zum Einzug des Kängurus allein in seiner Wohnung. Andere Freunde werden nicht erwähnt, und erst gemeinsam mit dem Känguru lernt er andere Menschen in Berlin kennen, was die Interpretation nahelegt, dass er vor der Begegnung mit dem Känguru noch nicht allzu lange Zeit in Berlin gelebt hat. Gelegentliche Geldsorgen gehören ebenso zu seinem Alltag wie unverhoffte Auftrittsmöglichkeiten oder Preise für seine Kunst. Mit seiner Band oder alleine geht er regelmäßig auf Tour, wovon er dem Känguru nach seiner Rückkehr berichtet; er liest ihm seine Gedichte vor und teilt ihm seine Gedanken, Pläne und Ideen mit, wobei sich das Känguru als schonungsloser und ehrlicher Kritiker erweist. Dabei kommt es gelegentlich zu Streitgesprächen und Diskussionen, in denen die beiden einander ebenbürtig sind. Das Känguru gewinnt zwar häufiger, da es dazu neigt, rücksichtslos auch unfaire und boshafte Mittel einzusetzen, stellt sich damit gelegentlich allerdings selbst ein Bein.
Das Känguru
Das Känguru hat nach eigener Aussage im Vietnamkrieg auf Seiten des Vietcong gekämpft und kam nach dem Ende des Krieges mit seiner Mutter als Vertragsarbeiter in die DDR. Gegenüber Marc-Uwe gibt es an, hauptberuflich Kommunist zu sein, meldet sich jedoch im Verlaufe der Geschichte arbeitslos. Es ist ein schonungsloser Kritiker des Kapitalismus und kämpft für eine gerechte Weltordnung, Brot für alle und die Ächtung von sogenanntem Musikfernsehen, wofür es die „Jüdisch-Bolschewistische Weltverschwörung e.V.“ gegründet hat. Doch all diese Bestrebungen scheitern logischerweise an der Bedeutungslosigkeit des Kängurus im Weltgeschehen und an seiner Faulheit. Seine kapitalismuskritische Haltung wird dabei häufig konterkariert, da es sich vom Erzähler finanziell aushalten lässt und diesen zudem als Versuchsobjekt für seine unlauteren Geschäftsmethoden (wie aufgezwungene Klingelton-Abos) nutzt.
Das Känguru liebt Schnapspralinen, Eierkuchen mit Hackfleisch und Schnitzelbrötchen, außerdem die Band Nirvana und Spielfilme mit Bud Spencer, aber am liebsten ohne Terence Hill. Es ist belesen und argumentiert radikal und konsequent, benimmt sich aber gleichzeitig oft kindisch, trotzig und bockig, es klaut bei jeder Gelegenheit Aschenbecher und ist gelegentlich boshaft und hinterhältig. In brenzligen Situationen steht das Känguru seinem Mitbewohner allerdings selbstlos bei. In seinem Beutel trägt es stets eine Unmenge an Sachen. Oft muss es lange suchen, bis es findet, was es gerade braucht, und zieht dann Bücher, Bolzenschneider, Zeitungen, geklaute Aschenbecher und vieles mehr heraus. Häufiger kommen die im Beutel getragenen roten Boxhandschuhe zum Einsatz, die zumeist zielsicher gefunden werden.
Es arbeitet an seinem unveröffentlichten Hauptwerk, das, so das Känguru, die beiden menschlichen Haupttriebkräfte im Titel trägt: „Opportunismus und Repression“. Gelegentlich zitiert es kürzere Passagen daraus.
Das Känguru als fiktive Figur – auch wenn vom Autor in Interviews immer wieder dessen Existenz beteuert wird – fungiert als Alter Ego des Autors,[1] als ein nicht an die üblichen Normen gebundenes Wesen, das deshalb aussprechen und tun kann, was dem Autor im realen Leben normalerweise verwehrt wäre, und nutzt damit ein in der Literatur bekanntes und häufig angewandtes Stilmittel. Dem Känguru ist es möglich, Beamte zu beleidigen oder kleine Hunde aus dem Weg zu kicken und dabei noch wie selbstverständlich über deren jeweilige Flugeigenschaften zu fachsimpeln. Es kann Jörn Dwigs, dem Gründer einer fiktiven rechtspopulistischen Partei, auf einem Stehempfang ans Bein pinkeln, weil es gerade beschlossen hat, Redewendungen wörtlich zu nehmen. Aus diesen Freiheiten des Kängurus entsteht die Komik der „Chroniken“. Zudem kann das Känguru auch unkonventionelle Wahrheiten aussprechen, ähnlich dem Kind im Märchen Des Kaisers neue Kleider. Dabei ist das Känguru ein oft geradezu kindischer und kindsköpfiger Charakter, gerissen und manchmal boshaft, letztlich aber doch zur Versöhnung mit dem Autor bereit, am liebsten allerdings, wenn der dabei verliert.
Das Känguru weist Charakterzüge auf, die sowohl als typisch weiblich als auch typisch männlich gedeutet werden können. Das Geschlecht des Kängurus ist daher nicht eindeutig definierbar. Zwar haben lediglich weibliche Kängurus einen dauerhaft angelegten Beutel, und das Känguru nutzt seinen Beutel im Lauf der drei Bände klischeehaft weiblich als eine Art chaotische Handtasche, doch weist es im Verlauf des dritten Bandes darauf hin, dass der Beutel lediglich angetackert sein könnte. Auf das Geschlecht des Kängurus angesprochen behauptete der Autor im Interview, das Känguru sei „bi-trans-metro-sexuell“.[4]
Der Pinguin
Der Pinguin zieht in der Mitte des ersten Buches in eine gegenüber von Marc-Uwe und dem Känguru gelegene Wohnung ein, in der das Känguru einige Zeit lang gewohnt hatte. Kurz darauf wird er vom Känguru zum „kosmischen Antagonisten“[5] erklärt. Ab dem zweiten Teil versuchen Känguru und Pinguin, sich gegenseitig u. a. durch Lärm zu terrorisieren. Im dritten Band verfolgen Marc-Uwe und das Känguru den Pinguin um die ganze Welt, um dessen „Kapitalistischen Weltverschlechterungsplan“ zu vereiteln.[6]
Friedrich-Wilhelm und Otto-Von
Friedrich-Wilhelm und Otto-Von sind zwei türkischstämmige Brüder, deren Eltern es laut Friedrich-Wilhelm „ein wenig übertrieben [haben] mit dem Integrationswillen“. Sie sind Teil des vom Känguru gegründeten „Asozialen Netzwerkes“ und in diesem neben dem Känguru und dem Erzähler die Schlüsselfiguren.
Friedrich-Wilhelm kommt weitaus häufiger vor; über ihn erfährt man, dass er Medizinstudent ist und im Zeitraum zwischen dem zweiten und dritten Teil der Buchreihe eine Freundin gefunden und mit dieser einen Sohn namens Bartholomäus hat. Sein Name führt im Kreise der Freunde häufig zu Diskussionen über das Königshaus der Hohenzollern.
Otto-Von kommt hauptsächlich im zweiten Band vor. Er betreibt einen kleinen Laden namens „Snacks and the City“, der am Anfang noch dem Verkauf von Dönern und Obst dient, dann aber, einer Geschäftsidee Otto-Vons zufolge, nur noch Billigbier verkauft. Im Laufe des Buches expandiert dieser und entwickelt sich zur Ladenkette.
Axel Krapotke
Krapotke ist ein etwas dümmlicher junger Bundeswehrsoldat, der erstmals im zweiten Teil auftritt und sich später dem „Asozialen Netzwerk“ anschließt. Er wird häufig vom Rest der Gruppe ausgeschlossen und bringt das Känguru nicht selten zu spektakulären Wutausbrüchen, etwa weil ihm die Regeln für Mau-Mau zu kompliziert sind.
Hertha Müller
Hertha ist die Besitzerin der Stammkneipe Klings und des Kängurus. Sie ist offenbar ehemalige Bürgerin von Ostberlin, da sie etwa Westdeutsche bei der Aufstellung ihrer Kneipentoiletten benachteiligt, zudem hat sie einen ausgeprägten Berliner Dialekt. Nachdem sie ihre Eckkneipe im zweiten Band schließen muss, da sich ein Anwohner über Lärmbelästigungen beschwert, eröffnet sie bei sich zuhause eine illegale Szenekneipe, die hauptsächlich von Mitgliedern des Asozialen Netzwerkes, dem sie auch angehört, und von spanischen Touristen besucht wird. Ihr Lebensmotto lautet: „Es jibt sone und solche, un’ denn jibt’s noch janz andre, aber det sind die Schlimmsten.“
Schmidtchen
Schmidtchen ist ein Streifenpolizist, der das Känguru gerne verhaften würde, diesem aber rhetorisch unterlegen ist und deshalb seine berechtigten Verdachtsmomente vergisst, sobald er die Wohnung betritt und sich auf eine Diskussion mit verwirrenden Kreisargumenten des Kängurus einlässt. Er kommt nur in den Chroniken zum Einsatz, und zwar zweimal.
Der Psychiater
Seit dem ersten Band nimmt Marc-Uwe regelmäßig Termine bei seinem Psychiater wahr und berichtet ihm von seinen Erlebnissen mit dem Känguru. Dessen Existenz wird vom Psychiater dabei stets als Wahnvorstellungen auf Seiten von Marc-Uwe interpretiert, bis letzterer das Känguru zu einem Termin mitbringt. Der Psychiater erleidet daraufhin einen psychischen Kollaps, begibt sich selbst in Behandlung, verdrängt die Existenz des Kängurus und versucht im Folgenden weiterhin Marc-Uwe von dessen Nicht-Existenz zu überzeugen. Ein weiterer Running Gag ist, dass der Psychiater diverse Aussagen Marc-Uwes aus ihrem Kontext reißt und als romantische Avancen interpretiert. Seine Reaktion ist dabei nicht zwangsläufig abgeneigt, er beteuert jedoch stets, dass ihn sein Berufsethos daran hindere, Patienten privat kennen zu lernen.
Sarah
Sarah ist eine junge Backpackerin, der der Protagonist und das Känguru mehrfach auf ihrer Weltreise begegnen. Sarah ist eine äußert aufgedrehte Person, die große Textmassen auf einmal in sehr hoher Geschwindigkeit von sich gibt. Worte wie "Amazing" und "Awesome" sind daher besonders häufig in ihrem Vokabular vorzufinden. Grund dafür sind Tabletten, die ihr ihr Psychiater verschrieben hat (eine Anspielung auf einen zuvor vorgeführten Gag zwischen dem Protagonisten und seinem eigenen Psychiater). Sarah scheint während der Handlung Interesse am Protagonisten zu finden, so möchte sie ihn z.B. zu einem Konzert einladen, dieser scheint sie jedoch als etwas zu überdreht zu empfinden. Wie sich im Verlauf der Geschichte herausstellt, stammt Sarah auch aus Deutschland, woraufhin die zuvor noch im Englischen geführten Dialoge ins Deutsche wechseln.
Gott
Gott ist ein weibliches Mitglied des vom Känguru gegründeten "asozialen Netzwerks". Ihr wahrer Name bleibt während der gesamten Handlung unerwähnt. Ihr Codename im Netzwerk wird allerdings des Öfteren für einen Running-Gag verwendet (so reden die Figuren über Gott und nutzen dabei des Öfteren Sätze, die sich sowohl auf sie als auch auf die religiöse Figur beziehen lassen). Der Protagonist Marc-Uwe Kling verliebt sich während der Handlung in sie und ist in ihrer Gegenwart daher oftmals nervös und stammelnd. Gott selbst scheint allerdings kein sonderliches Interesse an ihm zu haben. Wie während der Handlung erwähnt wird, wohnt Gott in einer Sozialwohnung und hat einen kleinen Sohn.
Form und Sprache
Der erste Teil enthält 83 Kurzgeschichten, alle (bis auf das Kapitel 30, das sich genau dieses Themas annimmt) im Präsens erzählt, die zwischen einer und sechs Seiten lang sind. Einige Kapitel enden mit Textpassagen aus „Opportunismus und Repression“, einem sozialwissenschaftlichen Grundlagenwerk des Kängurus. Es dominiert der Dialog zwischen dem Känguru und dem Chronisten. Die Zwiegespräche in alltäglicher Umgangssprache sind durchsetzt mit Dialektausdrücken, Fremdwörtern, fremdsprachlichen Einsprengseln und Redensarten sowie Fußnoten des Verfassers oder des Kängurus. Einigen Episoden sind – wie in der Literatur zuweilen üblich – Zitate vorangestellt. Diese beziehen ihre Komik aus der Absurdität ihrer Zuordnung; so zum Beispiel von Marx/Engels:
„Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten.“
Oder von Kant:
„Handle stets nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Der Autor nennt die britische Komikergruppe Monty Python und die Comicfiguren Calvin und Hobbes als seine humoristischen Vorbilder.[3]
Gattung
Die „Känguru-Chroniken“ sind keine Chronik, sondern ein satirischer und komischer, politischer und kritischer Episodenroman. Das Buch ist reich an Anspielungen und Intertextualität, an Wortspielereien, Pointen und Running Gags. Ein Hauptstilmittel sind collagenartige und an Comics erinnernde kurze Geschichten und Episoden. Die drei Bücher haben popkulturelle Bezüge[5] und beinhalten Hommagen an Spielfilme (darunter Star Wars, Der Herr der Ringe, Fight Club[9]) und Literatur (Die Wanderhure).[1]
Die Anspielungen auf den Vietcong, die DDR, die Geschichte der kommunistischen Ideologie und ihrer unterschiedlichsten Strömungen, auf Politik und Zeitgeschichte setzen einerseits ein hohes Maß an historischem und Allgemeinwissen voraus, können andererseits wegen ihres Humors auch ohne das Verständnis jedes Details problemlos konsumiert werden.
Die einzelnen Texte weisen Merkmale einer Kurzgeschichte auf: ein geradliniger, episodenhafter Handlungsverlauf, eine begrenzte Figurenzahl mit starker Typisierungstendenz, ein zielstrebiger Anfang und ein prägnanter, als Pointe konstruierter Schluss, eine stilistisch verknappte und suggestive Sprache sowie inhaltlich eine Hinwendung zum Außergewöhnlichen und Exemplarischen. Allerdings ist im Unterschied zur typischen Kurzgeschichte jede Erzählsituation durch die nahezu ständige Präsenz beider Protagonisten ausgeprägt multi-, genauer: biperspektivisch angelegt. Das Gesamtwerk hat Poetry-Slam-Charakter, aufgrund der Witzelemente und der Vortragskompatibilität. Ein Fabelcharakter entsteht durch die Tierprotagonisten mit menschlichen Eigenschaften und die kritisch-erzieherische Grundhaltung, wodurch auch eine Wirkung als Satire erreicht wird.
Rezeption
Im Falle der Känguru-Chroniken gibt es von Seiten der Presse überwiegend positive Resonanz: Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet das Buch als „der neue Überflieger der deutschen Kabarettszene“, die Frankfurter Allgemeine Zeitung bewertet die Kolumnen als „wortgewaltig, amüsant und temporeich“, der Radiosender Deutschlandradio Kultur mit „Kling schreibt feinsinnig überspitzt und radikal direkt.“[10] Nach Meinung von Elisabeth von Thadden in der Wochenzeitung Die Zeit bietet Kling alles, „was die Sozialphilosophie an Gesellschaftskritik so zu bieten hat: Das Känguru will politische Teilhabe (Jürgen Habermas), quengelt um Anerkennung (Axel Honneth), braucht Liebe (Eva Illouz) und unbedingt Resonanz (Hartmut Rosa), es sucht Gerechtigkeit (John Rawls), will das System abschaffen (vertritt keiner mehr), erklärt die biologische Geschlechterdifferenz für irrelevant (Judith Butler). Es möchte Tiere so behandeln wie Menschen (Martha Nussbaum) und erstickt in Ambivalenz (Zygmunt Bauman).“[2] Die Zeitschrift Titanic kritisiert, Kling wolle „zuvörderst einen Jux nach dem anderen machen und niemandem wehtun. Weshalb denn auch das Politische seiner Bücher genauso harmlos, unmotiviert und weitgehend sinnfrei daherkommt wie überhaupt das ganze Klingeling. Man muß schon über ein kindliches Gemüt verfügen, um sich von so etwas begeistern zu lassen.“[11] Sophie Weigand lobt, „nie war Gesellschaftskritik gleichzeitig so witzig und so pointiert, diese Lektüre ist nicht nur alternativ- sondern auch gänzlich konkurrenzlos. Es ist eine Satire-Bibel, eben die Heilige Schrift des Asozialen Netzwerks.“[12]
Auszeichnungen
- 2010 Deutscher Radiopreis in der Kategorie »Beste Comedy« für die Radiokolumne Neues vom Känguru.[13][1]
- 2013 Deutscher Hörbuchpreis in der Kategorie »Das besondere Hörbuch / Beste Unterhaltung« für Die Känguru-Chroniken. Live und ungekürzt[14]
Adaptionen
Eine erste Theaterfassung der Die Känguru-Chroniken stammt von Isabelle Chastenier und Benjamin Muth. Chastenier inszenierte das Stück als Abschlussarbeit ihres Freiwilligen Sozialen Jahres am Eduard-von-Winterstein-Theater, wo es im Frühjahr 2015 auf der Studiobühne Premiere hatte. Danach folgten unter anderem Gastspiele in Berlin (Brotfabrik), Dresden (Johannstadthalle) und Freiburg (Wallgraben-Theater).[15]
Hans Schernthaner adaptierte das Buch 2016 für die Bühne. Unter seiner Regie werden Die Känguru-Chroniken am Altonaer Theater aufgeführt. Die Premiere war am 17. April 2016. Die Besetzung besteht aus Stephan Möller-Titel als Marc-Uwe und Robert Zimmermann als Känguru sowie Johannes Merz, Katrin Gerken und Florian Miro in wechselnden Rollen.[16]
Ausgaben
- Die Känguru Chroniken: Ansichten eines vorlauten Beuteltiers. Ullstein, Berlin 2009, ISBN 978-3-548-37257-0.
- Marc-Uwe Kling: Die Känguru-Chroniken. Hörbuch Hamburg, Downtown, Hamburg 2009, ISBN 978-3-86909-017-7 (2 CDs).
- Marc-Uwe Kling: Die Känguru-Chroniken. Live und ungekürzt. Hörbuch Hamburg, Downtown, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86909-108-2 (4 CDs; 291 min).
Weblinks
- Literatur von und über Marc-Uwe Kling im Katalog der deutschen Nationalbibliothek
- Klaus Weimar, Harald Fricke, Jan-Dirk Müller (Hrsg.): Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. 3. Auflage. Bd. 2, Berlin 2000, S. 369.
- Jürgen Wittner: "Weiss der Teufel!". In: uMagazine.de. Interview mit Marc-Uwe Kling.
- Britta Weddeling: Radikal poetisch. In: Focus Online. 18. November 2011.
- Elmar Krämer: Der Sprung auf die Bühne. In: Deutschlandradio Kultur. 6. Dezember 2010.
- Wiki zu den Känguru-Chroniken
- Kartenspiel zu den Känguru-Chroniken
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Anke Myrrhe: Schnapspralinen im Beutel. In: Der Tagesspiegel. 29. August 2011, abgerufen am 8. Juli 2015.
- ↑ a b Elisabeth von Thadden: Schnapspralinen fürs Tier. In: Die Zeit. Nr. 12/2014. 13. März 2014, abgerufen am 8. Juli 2015.
- ↑ a b Hannah Pilarczyk: Kängurus aller Länder, vereinigt euch. In: Spiegel Online. 6. September 2011, abgerufen am 8. Juli 2015.
- ↑ Katja Herzberg: Das Känguru lässt sich nichts gefallen. In: Neues Deutschland. 7. Oktober 2010, abgerufen am 8. Juli 2015.
- ↑ a b Hannes Hintermeier: Das Asoziale Netzwerk jagt den Pinguin. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. Februar 2015, abgerufen am 25. August 2015.
- ↑ Gérard Otremba: Marc-Uwe Kling – Die Känguru-Offenbarung. In: Sounds & Books. 7. April 2014, abgerufen am 24. August 2015.
- ↑ Marc-Uwe Kling: Das Känguru-Manifest. Ullstein-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-548-37383-6, S. 169
- ↑ Marc-Uwe Kling: Das Känguru-Manifest. Ullstein-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-548-37383-6, S. 163
- ↑ Joschka Bongard: Die Känguru-Offenbarung. In: Style Magazin. Abgerufen am 12. September 2015.
- ↑ Produktinformationen zu „Die Känguru Chroniken“. In: Verlagsgruppe Weltbild.
- ↑ Ahahamuhmuhmuh! In: Titanic. April 2014, abgerufen am 8. Juli 2015.
- ↑ Sophie Weigand: Marc-Uwe Kling – Die Känguru-Offenbarung. In: Literaturen. 5. April 2014, abgerufen am 24. August 2015.
- ↑ Internetseite des Ullstein Verlags.
- ↑ Deutscher Hörbuchpreis 2013 in der Kategorie »Das besondere Hörbuch / Beste Unterhaltung«, deutscher-hoerbuchpreis.de
- ↑ Im Kängurubeutel zurück in die Heimat. rp-online.de, abgerufen am 15. Juli 2916.
- ↑ Die Känguru-Chroniken altonaer-theater.de, abgerufen am 15. Juli 2916.