Operation Phoenix
Das Phoenix-Programm, in Vietnam bekannt als Kế Hoạch Phụng Hoàng (angelehnt an den chinesischen mythischen Vogel Feng Huang, ähnlich dem griechischen und ägyptischen Phönix), war eine verdeckte Geheimdienstaktion der CIA während des Vietnamkriegs. Es diente dem Zweck, feindliche vietnamesische Guerillaeinheiten außer Gefecht zu setzen.
Zielsetzung und Methoden
Das Programm war dazu gedacht, Kader der FNL in Südvietnam zu identifizieren und zu „neutralisieren“. Neutralisieren bedeutete die Gefangennahme oder gar Ermordung von Mitgliedern der aufständischen Guerilla. Die Phung-Hoang-Aktionen wurden offiziell am 1. Juli 1968 durch einen Erlass der vietnamesischen Regierung eingeleitet, tatsächlich war das Programm schon vorher von der CIA durchgeführt worden. Später wurde es dann an die US Army und die südvietnamesische Armee weitergeleitet. Im Zuge der „Vietnamisierung“, bei der die südvietnameische Armee neu ausgestattet und ausgebildet wurde, während die amerikansichen Truppen das Land verließen, wurde das Programm an die vietnamesiche Regierung übergeben.
Der südvietnamesische Präsident Nguyen Van Thieu hob die Geheimhaltung auf und bestätigte die Existenz des Programms am 1. Oktober 1969, um eine breitere Akzeptanz und Zusammenarbeit mit den südvietnamesischen Bürgern zu erreichen. Es wurde schließlich sowohl von der US-amerikansichen als auch vietnamesischen Regierung als Fehlschlag eingestuft.
Der ehemalige Phoenix-Offizier Bart Osborne gab 1971 vor dem amerikanischen Kongress folgende Aussage zu Protokoll.
- „Ich wüßte von keinem Häftling, der während der Durchführung all dieser Operationen ein Verhör überlebt hätte. Sie starben alle. Es gab niemals eine überzeugende Begründung für die Behauptung, dass irgend eines dieser Individuen tatsächlich mit dem Vietcong zusammenarbeitete, aber sie starben alle und die Mehrheit wurde entweder zu Tode gefoltert oder aus dem Helikopter geworfen. [...] Es [das Phoenix-Programm] wurde ein steriles, unpersönliches Mordprogramm [...] Der Horror von ‚Phoenix‘, vergleichbar mit den Greueltaten der Nazis, muss studiert werden, um begreifbar zu sein.“)
Hintergründe
In Südvietnam bestand während der 1960er und der frühen 1970er ein geheimes kommunistisches Netzwerk zur militärischen und politischen Unterstützung der Nationalen Befreiungsfront (Vietcong). Die so genannte Viet Cong Infrastructure (VCI) legte Essens- und Ausrüstungsvorräte für Zuflucht suchende nordvietnamesischen Streitkräfte und Vietcong-Guerillagruppen an, stellte Führer und Nachrichten für Nordvietnamesen bereit und kontrollierte viele Dörfer Südvietnams.
Durch Terroranschläge wie die Ermordung gewählter Dorfoberhäupter oder Handgranatenexplosionen auf dem Marktplatz versuchte sie, den Widerstand in den Dörfern zu brechen. Im Jahr 1969 wurden bei solchen Anschlägen und gezielten Attentaten mehr als 7.200 Personen getötet und über 15.000 verletzt. Die Opfer stammten überwiegend aus der einfachen Bevölkerung.
Dieser kommunistische Apparat hat viele Jahre in Vietnam gearbeitet und war deshalb in Geheimaktionen geübt. Um den Krieg auf dieser Ebene zu führen, entwickelte die südvietnamesische Regierung ein Spezialprogramm. Dieses nannte sie dann Phung Hoang, also das Phoenix-Programm. Die Regierung veröffentlichte das Programm mit der Begründung, dass dieses nötig sei, um die Bevölkerung gegen den Terrorismus zu schützen und forderte die Bürger dazu auf, bei der Informationsbeschaffung zu helfen.
Da der Vietcong ein hoch entwickelter und erfahrener Gegner war, wurden Experten gebraucht, um ihn zu bekämpfen. Vor 1968 wurden die Geheimdienstaktionen gegen den Vietcong vom Commander der United Staates Military Assistance Command, Vietnam (COMUSMACV) in einer zivilen und militärischen Beraterfunktion mit dem Namen Intelligence Coordination and Exploitation (ICEX) koordiniert. Insbesondere als Helfer und Unterstützer der Regierung in einem koordinierten Angriff gegen den Vietcong. Anfangs erhielt dieses Programm offiziell nur wenig Beachtung und Unterstützung durch die Regierung. Das Phoenix-Programm wurde von offizieller Seite seit Mitte 1968 unterstützt, um so die Polizei, das Militär und andere staatliche Organisationen zusammenzubringen, damit diese ihr Wissen austauschen und gegen die feindlichen Einrichtungen vorgehen können. Das Ergebnis dieses Programmes war, dass Mitglieder des feindlichen Apparates gefangen wurden, sich freiwillig ergaben, in Gruppen exekutiert oder in Feuergefechten getötet wurden.
Offiziell ist das Wort Phung Hoang von dem vietnamesischen Wort für Koordination abgeleitet. Es wird aber auch vermutet, dass es, etwas gröber übersetzt, von einem mystischen vietnamesischen, der Sage nach allmächtigen Vogel stammt.
Aktionen
Das Phoenix-Programm war der Versuch, bestimmte Zielpersonen innerhalb des Vietcongs durch Bestechung oder Verhör ausfindig zu machen. Eine Methode der US-Armee zum Auffinden des Vietcongs war, ein Dorf, das unter Verdacht stand, vom Vietcong als Stützpunkt benutzt zu werden, mit einer Postenkette abzusperren und jeden Bewohner zu Verhören und danach zu evakuieren. Einige Phoenixoperationen, wie das Legen von Hinterhalten, um einen Trupp bewaffneter Attentäter zwischen zwei Dörfern aufzuhalten, waren militärischer Natur.
Provincial Interrogation Centers (PIC) (deutsch: Provinzielle Verhörzentren) wurden in jeder der 44 südvietnamesischen Provinzen eingerichtet. Die meisten der Gegenmaßnahme-Experten gehörten den Provincial Reconnaissance Units (PRUs) (deutsch: Provinzielle Aufklärungseinheiten) an. Zusammen mit nordvietnamesischen Überläufern und Südvietnamesen waren sogar kambodjanische und chinesische Söldner im Einsatz. Diese Einheiten von etwa je 118 Mann wurden von der CIA, mit Hilfe der Navy Seals und der Green Berets Spezialeinheit, rekrutiert, ausgebildet und bezahlt.
Die Verantwortlichen für das Programm setzten Mindestquoten fest, die von den Provinzverantwortlichen erfüllt werden mussten, um damit die Teilnahme und die Effektivität des Phung Hoang Programms zu verbessern. Ende 1969 lag die geforderte Quote bei 1.800 Personen pro Provinz.
Im Januar 1970 waren 450 militärische Berater der USA als Helfer bei der südvietnamesischen Regierung mit dem Phoenix-Programm beschäftigt.
Kriterien für einen Erfolg oder Fehlschlag
Es war ein Programm, das zu vielen zivilen Flüchtlingen und großer Unzufriedenheit in der Bevölkerung führte. Es war gefährlich, da es gegen politische Gegner des Regimes verwendet wurde, unabhängig davon, ob diese Mitglieder des Vietcongs waren. Des Weiteren trug das Programm wesentlich zur Steigerung der Korruption bei. Einige Lokalpolitiker verlangten Bezahlungen mit der Drohung, die Betroffenen bei Nichtzahlung unter den Regeln des Programms verhaften zu lassen oder sie entließen richtige Vietcongs gegen Zahlung. Einige Militärexperten vermuteten, dass das Phoenix-Programm dem Vietcong mehr half als schadete. Indem sie meistens nur kleine Arbeiter ins Gefängnis warfen – oft auch nur Leute, die gezwungen wurden, für den Vietcong zu arbeiten – entfremdete sich die Regierung einem großen Teil der Bevölkerung.
Das Programm wurde auch als eine „Mordkampagne“ gebrandmarkt und hat viel Kritik als ein Musterbeispiel für Menschenrechtsverletzungen erfahren, welche die CIA und von dieser unterstützte Organisationen begangen haben. Tatsächlich führte fehlerhafte Geheimdienstarbeit oft zu Morden an unschuldigen Zivilisten und Übertretungen der Genfer Konventionen. Amerikanische Statistiken belegen, dass 19.534 Mitglieder des Vietcongs 1969 neutralisiert wurden – 6.187 getötet, 8.515 gefangen und 4.832 zur südvietnamesischen Seite Übergelaufene. Die Statistiken Südvietnams nannten viel höhere Zahlen. Trotzdem wurden nur weniger als 10 % der Verluste, die meist als Mitglieder des Vietcongs vermerkt waren, wirklich von dem Phoenix-Programm betroffen. Die Bemühungen der Lokalpolitiker, ihre Quoten zu erreichen, führten auch zu Manipulationen der Statistiken, da diese oft auch Verhaftete ohne Zusammenhang zum Vietcong zählten, dieselbe Person mehrmals verhafteten und militärische Verluste als Tote des Programms aufzählten. Es war allgemein bekannt, dass die geführten Statistiken der ersten Jahre des Phoenix-Programms durch Verzerrungen und Beschönigungen sehr ungenau waren.
Wegen der Ineffektivität der Geheimdienste und nur wenigen effektiven Verhaftungen, war das Phoenix-Programm letztlich ein Fehlschlag. Doch man hatte versucht, mit den Schwierigkeiten einer aufständischen Bevölkerung in Kriegszeiten umzugehen. Trotz der umstrittenen Beschaffenheit der Phoenix-Operationen wurde eine gewisse Erfolgsstufe erreicht. Der kommunistische vietnamesische Vizepräsident Nguyen Co Thach äusserte dazu nach Kriegsende, dass das Phung Huang Programm den Vietcong geschwächt hatte, indem mehr als 95 % des kommunistischen Kaders in Südvietnam enttarnt wurden.