Überlichtgeschwindigkeit
Als Überlichtgeschwindigkeit wird jede Geschwindigkeit bezeichnet, die größer als die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit ist. Ob sich Materie oder Information auch überlichtschnell (superluminar) ausbreiten kann, ist eine von vielen Physikern verneinte, aber noch nicht abschließend geklärte Frage. In Science-Fiction-Büchern und -Filmen werden Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit oft als Realität dargestellt, weil sonst interstellare Reisen viel zu lange dauern würden. Es gibt zwei Beobachtungen, die auf den ersten Blick superluminare Bewegungen zu bestätigen scheinen:
- Seit einigen Jahren werden im Universum Jets beobachtet, die sich superluminar von ihrem Ursprungsort zu entfernen entfernen scheinen.
- In der Universität Köln, und mittlerweile mehrfach durch andere überprüft, wurde nachgewiesen, dass es beim Tunneln von Photonen zu superluminaren Geschwindigkeiten kommen kann. Die Interpretation dieser Beobachtungen ist sehr kontrovers.
Einstein machte in seiner speziellen Relativitätstheorie die Annahme, dass sich Objekte mit einer von null verschiedenen reellen Ruhemasse nur langsamer als das Licht bewegen können. Superluminare Geschwindigkeiten sind aber nicht kategorisch ausgeschlossen, lediglich das Über- oder Unterschreiten der Lichtgeschwindigkeit ist für Objekte mit einer von null verschiedenen Ruhemasse nicht möglich. Theoretisch existiert ein superluminares Teilchen, das Tachyon, welches sich ausschließlich superluminar bewegt und eine imaginäre Ruhemasse hat. Es kann jedoch nicht mit Objekten unterhalb der Lichtgeschwindigkeit wechselwirken, daher können wir es weder direkt beobachten noch nachweisen, und es kann euch keine sonstigen Auswirkungen haben.
Scheinbar überlichtschnelle Objekte in der Astronomie
Im Weltall hat man einige scheinbar superliminare Jets entdeckt, z.B. in Quasaren. Die Bewegung eines solchen Jets in unsere Richtung erklärt dies als Projektionseffekt. Der Jet in der Galaxie M87 bewegt sich z.B. mit scheinbar sechsfacher Lichtgeschwindigkeit gegen den Hintergrund (also quer zur uns).
Beispiel (links): Ein leuchtender Knoten im Jet im bewege sich mit fast Lichtgeschwindigkeit. Im linken Beispiel bewegt er sich im 45 Grad Winkel auf uns zu, also nach unten in Richtung Beobachter (rot). D.h. er hat nach einem Jahr 0.7 Lichtjahre vor dem Himmelshintergrund und 0.7 Lichtjahre in unsere Richtung zurückgelegt. Das Licht, das der Knoten am Anfang des Jahres aussendet, ist uns um ein Lichtjahr nähergekommen (blaue Linie). Das Licht das der Knoten am Ende aussendet, startet um 0.7 Lichtjahre näher an der Erde als das zu Beginn des Jahre. Wir messen das Licht aus Punkt zwei also nur 0.3 Jahre nach dem Licht aus Punkt eins (Unterschied beider violetter Linien auf der Hochachse). Gegen den Himmelshintergrund hat der Knoten aber 0.7 Lichtjahre zurückgelegt. Er bewegt sich also scheinbar mit mehr als zweifacher Lichtgeschwindigkeit.
Beispiel (rechts): Hier bewegt der Knoten sich im 60 Grad Winkel auf uns zu. Die Argumentation bleibt dieselbe, aber die Zahlen ändern sich: Der Jet hat nun zwischen zwei im Zeitraum von 0.15 Jahren gemessenen Positionen 0.5 Lichtjahre vor dem Himmelshintergrund zurückgelegt, also scheinbar mehr als dreifache Lichtgeschwindigkeit.
Je genauer der Jet sich auf uns zubewegt, um so höher sind die scheinbaren Quergeschwindigkeiten. Es ist nicht notwendig, in dieser Argumentation relativistische Effekte zu bemühen. In radialer Richtung, also auf uns zu oder von uns weg, sind keine Überlichgeschwindigkeiten beobachtet, da die beschriebenen Projektionseffekte hier natürlich nicht vorkommen.
Überlichtschnelle Effekte in der Quantentheorie
In der Universität zu Köln wurde der Effekt des superluminaren Tunnelns von Mikrowellenphotonen als erstes nachgewiesen und ist mittlerweile durch andere Gruppen nachgeprüft und bestätigt. Experimente mit Photonen anderer Wellenlänge, insbesondere mit sichtbarem Licht, haben stattgefunden und die Beobachtungen wurden auch hier bestätigt. Paradoxerweise wird in allen Experimenten festgestellt, dass sich eine superluminare Geschwindigkeit dann einstellt, wenn sich zwischen der Quelle und dem Detektor eine Barriere befindet welche die Photonen erst überwinden (durchtunneln) müssen. So tunneln Mikrowellen mit mehrfacher Lichtgeschwindigkeit durch viel zu kleine Hohlleiter, die eigentlich ein Widerstand für diese Photonen sein sollten.
Die Interpretation dieser Messungen als Informationsausbreitung mit Überlichtgeschwindigkeit ist aber keineswegs unumstritten. So kann man z.B. zeigen, dass ein Wellenzug beim Tunneln stärker im hinteren Teil gedämpft wird als im vorderen, so dass sich sein Intensitätsmaximum nach vorne verlagert. Definiert man die Lage des Maximums als Position des Wellenzuges, so kann man eine Überlichtgeschwindigkeit errechnen, ohne dass irgendein Teil des Wellenzuges mit Überlichtgeschwindigkeit vorangeschritten wäre.
Können wir damit in der Zeit zurückreisen ?
Die folgende Argumentation basiert zwingend auf der Existenz einer absoluten Gleichzeitigkeit. Aus physikalischer Sicht ist anzumerken, dass dies gleichbedeutend mit der Wiedereinführung des absoluten Bezugssystems ist, die Argumentation folgt daher im wesentlichen Newtonscher Mechanik. Im Rahmen der speziellen Relativitätstheorie ist die untenstehende Argumentation nicht haltbar. Eine Argumentation, dass die Äquivalenz der Überlichtgeschwindigkeit mit der Zeitreise unbedingter Bestandteil der Relativitätstheorie ist, läßt sich aus den Eigenschaften der Lorentz-Transformation im Minkowskidiagramm ableiten.
Dass bei nichtrelativistischer Beschreibung eine Reise mit Überlichtgeschwindigkeit nicht zur Möglichkeit von Zeitreisen in die Vergangenheit führt, ist auch nicht weiter verwunderlich, weil die Lichtgeschwindigkeit in dieser Beschreibung keine ausgezeichnete Rolle spielt.
Außerdem setzt die folgende Argumentation voraus, dass ein überlichtschnelles Objekt Licht in Flugrichtung aussenden kann. Das funktioniert jedoch nicht, weil das Objekt das Licht im Augenblick des Entstehens wieder einholen und absorbieren würde.
Newtonsche Argumentation
Die allgemeine Meinung ist, dass superluminare Bewegung uns in der Zeit zurückführt. Dies basiert jedoch darauf, dass im Einsteinschen Universum Beobachter an verschiedenen Orten ihre Uhren mittels Lichtsignalen aufeinander abstimmen. Reist ein Signal schneller als das Licht, so "überholt" es das Eichsignal und ein Beobachter beobachtet das Ereignis früher als es eigentlich stattgefunden hat.
Machen wir ein Gedankenexperiment unter der Annahme, wir könnten mit einer Rakete schneller als das Licht fliegen, lassen die Relativitätstheorie außen vor, die uns einen Streich mit unseren angenommenen Zeitabschnitten spielen könnte und gehen zum einfachen Newtonschen Weltbild zurück (ohne dieses jedoch als das Richtige anzuerkennen).
Suchen wir uns nun einen beliebigen Ort in 10 Lichtminuten Entfernung, setzen uns in die Rakete und fliegen, unter Vernachlässigung notwendiger Beschleunigungszeiten, diesen Ort mit fünffacher Lichtgeschwindigkeit an. Wir erreichen unser Ziel also in 2 Minuten. Nun schauen wir auf unsere Flugbahn zurück und können 8 Minuten lang verfolgen, wie eine Rakete rückwärts bis zur Erde fliegt, sich mit der dort seit 8 Minuten stehenden Rakete vereinigt und (vielleicht mit einem kleinen Puff) verschwindet.
Klingt paradox, ist es aber im Grunde nicht. Wir haben gesehen, dass wir eine gewisse Zeit benötigen, einen entfernten Ort anzusteuern. Wir sind nicht in der Zeit zurückgeflogen, haben jedoch unsere Historie von einem anderen Standpunkt aus sehen können.
Licht ist losgelöst und unabhängig von unserer Rakete. Es wird beständig von der Rakete reflektiert und durch eigene Leuchtquellen abgegeben und breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Unsere Rakete ist jedoch schneller als das Licht und deshalb überholen wir ständig die Photonen, die wir abgeben. Bleiben wir stehen, holen uns diese Photonen wieder ein und wir können unsere Historie sehen. Da uns erst die Photonen erreichen, die näher zu uns emittiert wurden, sehen wir unsere Flugbahn rückwärts.
Anstatt unserer Flugbahn können wir auch die Erde betrachten. Wir können dort die letzen 8 Minuten der Startvorbereitungen verfolgen. Sehen ihn also zum zweiten Mal.
Zusammengefasst sehen wir uns also dreifach:
- Die Realität der Rakete, in der wir uns befinden
- Die Rakete, die von unserer Position aus rückwärts bis zur Startrampe fliegt
- Die Startvorbereitungen auf der Erde
Angenommen, wir hätten eine Gefahr entdeckt, könnten wir uns nun selber warnen, da wir unsere Startvorbereitungen sehen können? Nein! Wir wissen, dass seit unserem Start 2 Minuten vergangen sind. Senden wir jetzt eine Botschaft zurück, so benötigt auch diese 2 Minuten, die Erde zu erreichen und träfe 4 Minuten nach unserem Start (den wir dann immer noch nicht beobachtet haben) auf der Erde ein. Fakt ist, zu keinem Punkt können wir uns warnen, da alles Vergangenheit ist und wir nur zwei Echos sehen, auf die wir keinen Einfluss haben. Die Photonen agieren hier ein wenig wie bespieltes und entwickeltes Filmmaterial; obwohl der Schauspieler verstorben sein mag, können wir den Film immer noch sehen.
Weblinks
- http://www.uni-koeln.de/~abb11: Dokumente von der Kölner Gruppe, die superluminares Tunneln von Mikrowellen entdeckt hat bzw. entdeckt haben will
- http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/nimtz/nimtz.html: Argumente dagegen