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Marcus Jastrow

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Marcus Jastrow
Marcus Jastrow

Marcus Jastrow (auch Marcus Mordechai Jastrow) wurde am 5. Juni 1829 in Rogasen, Preußen geboren, als fünftes Kind von Abraham Jastrow und Henrietta Rolle.[1] Er starb am 13. Oktober 1903 in Germantown, Philadelphia. Er war ein Rabbi in Warschau, Worms und Philadelphia und an der Erstellung der Jewish Encyclopedia beteiligt. Heute ist er vor allem noch bekannt durch sein Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature, das immer noch im Druck erhältlich ist.

In seiner Jugend wurde er zunächst bis 1840 privat unterrichtet, von 1843-1852 war er am Friedrich Wilhelm Gymnasium in Posen. Nach seinem Abschluss ging er nach Berlin, um unter den Berliner Rabbis den Talmud zu studieren. Am meisten Einfluss hatte Michael Sachs. 1855 erlangter die Doktorwürde an der Universität in Halle mit der Schrift De Abraham ben Meïr Aben Esræ Principiis Philosophiæ. 1857 erlangte er die rabbinische Autorisierung von Rabbi Moses Feilchenfeld (1794-1872)[2][3] aus Rogasen und von Wolf Landau aus Dresden. Er unterrichtete in der Schule der Berliner Versammlung, unter der Leitung von David Rosin.

Als Rabbi zog Jastrow nach Warschau und wurde auf Empfehlung von Heinrich Graetz zum Prediger berufen an die Deutsche Synagoge in der Daniłowiczowska Straße[4] dadurch beschäftigte er sich mit der polnischen Sprache und Situation. Am 27. Februar 1861 kam es zu Aufständen in Warschau gegen die russische Regierung, fünf Menschen starben bei einem russischen Militäreinsatz. Die Beerdigung wurde zu einer politischen Demonstration, an der sich die die „Brüder des Alten Testaments“ als Gemeinschaft beteiligten.

Obwohl es Sabbat war, nahmen drei Rabbis inklusive Jastrow an den Trauerfeiern teil, in der Gedenkfeier in der Synagoge hielt Jastrow seine erste polnische Predigt. Diese fand großen Anklang, so dass die Zuhörer am Sonntag ein zweites Mal zusammenkamen und die Predigt als Diktat aufschrieben. Unter Umgehung der Zensur wurden zehntausend handgeschriebene Kopien in einer Woche verbreitet.

Jastrow und die beiden anderen Rabbis wurden am 10. November 1861 verhaftet. Jastrow war zunächst 23 Tage in Einzelhaft, danach verbrachte er 27 Tage zusammen mit Rabbi Dow Ber Meisels in einer Zelle. Als preußischer Staatsbürger wurde er am 12. Februar 1862 entlassen und des Landes verwiesen.

Jastrow verbrachte den Rest des Jahres 1862 mit seiner Familie in Breslau, Berlin und Dresden. Im Herbst sagte er einem Ruf nach Mannheim zu, aber er war dort nur drei Monate. Seine Ausweisung wurde wiederrufen und im Januar 1863 ging er wieder nach Warschau. Kurze Zeit später begann mit dem Januaraufstand die Revolution in Polen. Während Jastrow auf einer Reise war, wurde die Gültigkeit seines preußischen Passes widerrufen, so dass er nicht nach Warschau zurück konnte. Jastrow folgte 1864 einem Ruf nach Worms als Bezirksrabbi, in dieser Zeit veröffentlichte er "Vier Jahrhunderte aus der Geschichte der Juden von der Zerstörung des Ersten Tempels bis zur Makkabäischen Tempelweihe" (Heidelberg, 1865).

1866 zog Jastrow nach Philadelphia als Rabbi der deutsch-hebräischen Versammlung Rodeph Shalom. In dieser Gemeinde war er aktiv im Dienst bis 1892 und blieb ihr zeitlebens verbunden. In dieser Zeit beschäftigte man sich mit organisatorischen Fragen. In den Oststaaten drängte Isaac Leeser und im Westen Isaac Mayer Wise dazu, sich zu organisieren. Dabei ging es um höhere Ausbildung, Repräsentation und die Regelung liturgischer Veränderungen, wobei Jastrow ein Faktor bei der Behandlung dieser Probleme wurde.

Mit Hilfe von Isaak Leeser wurde 1867 in Philadelphia das Maimonides-College eröffnet. Dort hielt Jastrow den Lehrstuhl für religiöse Philosophie und Jüdische Geschichte und später auch noch für biblische Exegese. Er war ein Aushängeschild des Colleges bis dieses wieder geschlossen wurde. In den Jahren 1867 bis 1871 wandte er sich gegen bestimmte Tendenzen, die in den Resolutionen der rabbinischen Konferenzen 1869 und 1871 zum Ausdruck kommen. Er veröffentlichte dazu eine Reihe von polemischen Artikeln in The Hebrew Leader und The Jewish Times.

Zur selben Zeit überarbeitete er Benjamin Szolds Gebetsbuch Abodat Yisrael und das Hegyon Leb und die Übersetzung davon ins Englische. In seiner eigenen Versammlung bewirkte er Wachstum und Stabilität. In der allgemeinen jüdischen Gemeinschaft nahm er Teil in der Formung und Neuorganisation von Gesellschaften.

1876 wurde Jastrow ernsthaft krank, so dass er für einige Jahre kaum in die Öffentlichkeit konnte und in den Süden Europas reiste. In dieser Zeit wuchs der Plan für sein großes Werk A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature (London and New York, 1886-1903). Das Manuskript wurde gegen 1895 langsam fertig, als die Jewish Publication Society of America eine neue Bibelübersetzung ins Englische ins Auge fasste und Jastrow die Hauptherausgeberschaft übertrug. Zum Zeitpunkt seines Todes schaffte er die Revision von mehr als der Hälfte der Bücher. Zusätzlich zu diesen beiden großen Projekten war er ein Mitglied des Veröffentlichungskommitees der Jewish Publication Society seit diese eingerichtet wurde. Er war beteiligt an der Jewish Encyclopedia als Herausgeber der Teile, die den Talmud betreffen.

Er spielte eine wichtige Rolle in der Jewish Ministers' Association und war führendes Mitglied der Alliance Israélite Universelle in Paris, war im Meḳiẓe Nirdamim, einer der Vizepräsidenten der American Federation of Zionists, und unterstützte russische Immigranten in die USA materiell und intellektuell.

Im Jahr 1900 erhielt er einen Doktor für Literatur von der Universität von Pennsylvania.

Joseph Jastrow und Morris Jastrow jr. waren seine Söhne.

Werke

Artikel von ihm erschienen in "Revue des Etudes Juives"; Zacharias Frankels "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums"; Berliner's "Magazin für die Wissenschaft des Judenthums"; "Sippurim"; "Journal of Biblical Literature"; "Hebraica"; "Young Israel"; "Libanon"; "Jewish Record"; "Jewish Messenger"; "American Hebrew"; "Jewish Exponent".

  • Die Lage der Juden in Polen" (anonymous; Hamburg, 1859);
  • Kazania Polskie, (Posen, 1863); polnische Predigten
  • Die Vorläufer des Polnischen Aufstandes" (anonymous; Hamburg, 1864).
  • Wahrscheinlich hatte er bedeutenden Anteil an der Schrift "Beleuchtung eines Ministeriellen Gutachtens" (Hamburg, 1859 [?]). Juli 1864,
  • Vier Jahrhunderte aus der Geschichte der Juden, von der Zerstörung des ersten Tempels bis zur makkabäischen Tempelweihe, in 12 Vorlesungen.
  • A Dictionary of the Targumim, the Talmud Babli and Yerushalmi, and the Midrashic Literature (London and New York, 1886-1903)

Einzelnachweise

  1. Dieser Artikel basiert in Teilen auf dem Artikel Jastrow, Marcus (Mordecai) von Cyrus Adler und Henrietta Szold in der Jewish Encyclopedia, Bd. VII S. 77-79. Alle Angaben stammen aus dieser Quelle, wenn nicht anders angegeben.
  2. Michael Brocke, Julius Carlebach: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781-1871. Walter de Gruyter, 2004, ISBN 978-3-11-023232-5, S. 1812 (google.com [abgerufen am 14. Juli 2016]).
  3. Michael Brocke, Julius Carlebach: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781-1871. Walter de Gruyter, 2004, ISBN 978-3-11-023232-5, S. 479–480 (google.com [abgerufen am 14. Juli 2016]).
  4. YIVO | Jastrow, Markus. In: www.yivoencyclopedia.org. Abgerufen am 15. Juli 2016.

Bibliographie

Eric L. Friedland, “Marcus Jastrow and Abodath Israel,” in “Were Our Mouths Filled with Song”: Studies in Liberal Jewish Liturgy, pp. 55–69 (Cincinnati, 1997); Michał Galas, “Einmal Warschau-Mannheim und zurück: Rabbiner Marcus Mordechaj Jastrow zum hundertsten Todestag,” Judaica 59.4 (2003): 289–298; Natan Michael Gelber, “Dr. Mordekhai (Marcus) Yastrov,” He-‘Avar 11 (1964): 7–26; Magdalena Opalski and Israel Bartal, Poles and Jews: A Failed Brotherhood (Hanover, N.H., 1992); Amram David Werner, “Memorial Address on the Tenth Anniversary of the Reverend Doctor Marcus Jastrow Rabbi Emeritus of the Congregation Rodef Shalom by . . . (delivered at the Synagogue of the Congregation Rodef Shalom, October 23, 1913)” ([Philadelphia], 1913).