Zum Inhalt springen

Tabaksteuer (Deutschland)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. April 2006 um 14:51 Uhr durch Gray62 (Diskussion | Beiträge) (Vergleich von Steuereinnahmen und gesellschaftlichen Kosten: Korrekturen anhand der ÄARG Veröffentlichung.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Tabaksteuer wird in Deutschland auf Tabakwaren aller Art erhoben (seit 1993 nicht mehr auf Schnupf- und Kautabak). Sie ist eine indirekte Steuer – vergleichbar mit der Mehrwertsteuer, eine Verbrauchsteuer wie z.B. die Mineralölsteuer und eine Mischform aus Mengensteuer und Wertsteuer.

Die Tabaksteuer soll, wie z.B. die Ökosteuer auch, eine Senkung des Konsums bewirken (so genannte Lenkungssteuer). Dieses Konzept ist nicht unumstritten, weil der Gesetzgeber dabei zwei widersprüchliche Ziele zugleich vertritt: Einerseits hat er Interesse an möglichst hohen Steuereinnahmen zur Deckung des Staatshaushalts, andererseits verursacht eine wirkungsvolle Lenkungssteuer eine Verringerung des Steueraufkommens.

In den letzten Jahren wurde die Tabaksteuer deutlich angehoben. Beispielsweise wurde in den Jahren 2002 und 2003 die Steuer jeweils um 1 Cent pro Zigarette erhöht, um das erste Anti-Terror-Paket zu finanzieren. Mit Einnahmen von rund 14 Mrd. Euro im Jahr 2003 (1970 waren es 6,5 Mrd. Euro) ist die Tabaksteuer nach der Mineralölsteuer die ertragreichste besondere Verbrauchsteuer. Mit ca. 13,3 Mrd. Euro stellt die Fertigzigarette den Hauptanteil. Die von der Zollverwaltung eingenommene Tabaksteuer fließt ausschließlich dem Bundeshaushalt zu.

In der Bundesrepublik Deutschland scheint die drastische Erhöhung der Tabaksteuer zusammen mit der verstärkten Information der Raucher und zunehmenden Rauchverboten an Arbeitsplätzen erfolgreich zu sein. Der Tabakkonsum ging stark zurück und viele Raucher hörten mit dem Rauchen auf.

Entwicklung des Tabaksteueraufkommens in DE

Allerdings ist die Vermutung einer erfolgreichen Lenkungswirkung der Tabaksteuererhöhung nicht unumstritten: Kritiker argumentieren, dass der nach den letzten Steuererhöhungen verzeichnete geringfügige Rückgang des Steueraufkommens (im Jahr 2003 ein Rückgang um 400 Millionen Euro oder 15,8 % gegenüber 2002) womöglich nicht einen reduzierten Tabakkonsum anzeige, sondern lediglich eine verstärkte Verlagerung des Erwerbs der Tabakwaren in die an Deutschland angrenzenden Nachbarstaaten mit ihren zum Teil erheblich niedrigeren Preisen, insbesondere in Polen und Tschechien. Mit diesem Problem kämpfen auch Dänemark, Norwegen und Schweden, da dort die Tabaksteuer noch deutlich höher ist.

Viele Raucher drehen auch selber, oder 'bauen' sich ihre Zigaretten aus Hülsen und vorgefertigten Tabaksticks selber, da allein hier schon mit geringem Aufwand der Preis einer Zigarette auf 10 Eurocent fällt und man keine Angst haben muss billige, aber gefälschte/verunreinigte Zigaretten zu rauchen, wie es bei Schmuggelware oft der Fall ist. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im November 2005 sollen diese vorgefertigten Tabaksticks allerdings nun gleich den industriell vorgefertigten Zigaretten versteuert werden, was ihr markttechnisches Aus bedeuten würde.

Diese Vermutung wird untermauert durch die Beobachtung, dass gleichzeitig mit dem stark rückläufigen Absatz von Zigaretten eine deutliche Zunahme des Absatzes von Zigarren (+16,7 %), Tabakspfeifentabak (+1,6 %) und insbesondere von Feinschnitttabak für selbstgedrehte Zigaretten (+30,4 %) beobachtet wurde. Alle diese Tabakprodukte sind relativ mit einem deutlich niedrigeren Steueranteil am Warenwert belastet als Zigaretten, wie die folgende Tabelle zeigt.

Tabaksteuersätze 2003:
Produkt spezifischer Anteil

(Cent je Stück/Euro je kg)

Wertanteil

(Prozent des Kleinverkaufspreises)

Zigaretten 6,17 Cent/Stück 24,23 %
Zigarren/Zigarillos 1,3 Cent/Stück ca. 1 %
Rauchtabak als Feinschnitt 21,40 Euro/kg 18,32 %
Rauchtabak als Pfeifentabak 10,70 Euro/kg 13,5 %
Tabaksteuersätze 2005:
Produkt spezifischer Anteil

(Cent je Stück/Euro je kg)

Wertanteil

(Prozent des Kleinverkaufspreises)

Zigaretten 8,27 Cent/Stück 25,29 %
Zigarren/Zigarillos 1,4 Cent/Stück ca. 1.5 %
Rauchtabak als Feinschnitt 34,06 Euro/kg 19,04 %
Rauchtabak als Pfeifentabak 15,66 Euro/kg 13,46 %


Hinzu kommt natürlich noch der Preisaufschlag durch z.Z. 16 % Mehrwertsteuer.

Tabakabsatz in Deutschland

Vergleich von Steuereinnahmen und gesellschaftlichen Kosten

Im Jahr 1995 veröffentlichte der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e.V. (ÄARG) eine Berechnung, die den Schaden am Bruttosozialprodukt durch das Rauchen betrachtete. Dieser Schaden (alte Zahlen umgerechnet auf Euro) beläuft sich auf:

  • 12,1 Milliarden Euro durch Arbeitsunfähigkeit,
  • 6,4 Milliarden Euro durch Übersterblichkeit,
  • 23,1 Milliarden Euro durch Frühinvalidität.

Durch das entgangene BSP von 41,6 Mrd. Euro gingen Steuereinnahmen in der Höhe von 25,3 Prozent, also 10,5 Mrd. Euro, verloren. Diese werden durch die Einnahmen aus der Tabaksteuer in Höhe von 10 Mrd. Euro nicht kompensiert. Die Berechnung des ÄARG kommt deshalb zu dem Schluss, dass der Staat unter dem Strich am Rauchen nicht verdient.

Allerdings bezieht sich die Berechnung auf das BSP der alten Bundesländer, während sie in anderen Tabellen auch Daten aus den neuen Bundesländern verwendet. Die Berechnung kann daher nur eine grobe Abschätzung geben.

Demgegenüber argumentiert die Studie "The Health Care Costs of Smoking" (JJ Barendregt et al): "Raucher haben mehr Krankheiten als Nichtraucher, aber Nichtraucher leben länger und können in höherem Alter höhere Gesundheitskosten auf sich laden." Unter Berücksichtigung der durchschnittlich längeren Lebenserwartung von Nichtrauchern und der in den 'zusätzlichen' Jahren entstehenden Gesundheitskosten lautet das Ergebnis: "Falls alle Raucher aufhören würden, würden die Gesundheitskosten zuerst niedriger sein, aber nach 15 Jahren würden sie höher sein als in der Gegenwart."

Siehe auch: Tabaksteuer (Schweiz)

Bundesministerium der Finanzen, Einnahme durch die Zollverwaltung

Bundesministerium der Finanzen, Tabaksteuer

Die Welt Höhere Tabaksteuer spart jährlich 2,2 Milliarden Euro

Aktiv Rauchfrei Themenarchiv Tabaksteuer