Muscheln
Muscheln | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Bivalvia | ||||||||||||
Linnaeus, 1758 |
Die Muscheln (Bivalvia oder Lamellibranchia) stellen eine Klasse der Weichtiere (Mollusca) dar. Die Klasse enthält etwa 7.500 rezente Spezies die in 105 Familien eingeteilt werden. Die meist bilateral-symmetrischen Tiere mit weitestgehend reduziertem Kopf sind weltweit verbreitet und leben im Salz- (zu 80%), Süß- und Brackwasser. Viele leben zwischen 0 und 100 m Wassertiefe, selten sind Tiefwasserformen bis -10.000 m. Muscheln gehören zum Benthos, sind sessil, flexisessil oder als Sedimentlieger beweglich. Die Ernährungsweise der meisten Arten ist das Filtrieren von Wasser. Muscheln stellen eine wichtige Nahrungsquelle etwa für einige Arten von Seevögeln, Entenvögel oder Seesterne.
Einige Arten sind wirtschaftlich von großer Bedeutung, sie werden als Nahrungsmittel gehandelt (z.B. Austern, Miesmuscheln) liefern Perlen oder können als Schädlinge wie z. B. Schiffsbohrwurm hölzerne Hafenanlagen oder Schiffsrümpfe zerstören. Auch der Handel mit Muscheln für die Andenkenindustrie ist ökonomisch und ökologisch nicht ohne Bedeutung. Wenige Arten z. B. Macoma nasuta dienen bei Naturvölkern als Muschelgeld. Muscheln sind für Wissenschaftler und Amateursammler ein klassisches Arbeitsgebiet.
Wissenschaftliche Bezeichnung
Der wissenschaftliche Name Bivalvia Linné 1758 ist von der zweigeteilten Kalkschale abgeleitet, die ihren Körper je nach Art mehr oder weniger schützend umhüllt. Die Bezeichnung Lamellibranchia Blainville 1824 wurde nach der Gestaltung der Kiemen gewählt und ist in der wissenschaftlichen Literatur am häufigsten zu finden. Weitere vor allem historische Namen sind Pelecypoda Goldfuß 1820 nach der Gestaltung des Fußes oder Acephale Cuvier 1798 aufgrund des fehlenden Kopfes oder Conchifera Lamarck 1818, wegen der Muschelschalen. Die Begriffe sind nicht ganz synonym, Probleme bilden die Abgrenzungen der Gruppen, so umfasste z. B. Bivalvia für Linné auch die Brachiopoden. Die deutsche Bezeichnung Muscheln wird nicht nur bei Weichtieren verwendet, sondern auch etwa für die zu den Krebsen gehörenden Entenmuscheln).
Entwicklungsgeschichte

Die ältesten Fossilien von Muscheln stammen aus dem Kambrium vor etwa 500 Millionen Jahren. Diese Fossilien waren noch einfach gebaute Weichtiere mit nur einer Schale. Im mittleren Ordovizium erschienen erstmals Vertreter aller modernen Unterklassen.
Die rezenten Muscheln sind aus sedimentgrabenden Vorformen entstanden. Diese hatten als Anpassung an das Leben im Meeresboden den Kopf bis auf die Mundöffnung und die Mundlappen zurückgebildet. Modernere Formen stellten auf eine Ernährung durch Filtration um. Evolutiv haben sich aus einfachen Fiederkiemen zur Atmung die komplexeren Faden- und Blattkiemen zur Filtration entwickelt.
Während der Kreidezeit bildeten schnellwachsende Muscheln riffähnliche Strukturen die mit heutigen Korallenriffen vergleichbar sind. Diese Muscheln lebten teilweise in Symbiose mit Photosynthese treibenden Einzellern. Ihre Schalen besitzen lichtleitende Elemente.
In vielen Gesteinen zählen Muscheln zu den besonders häufigen Fossilien, da ihre Schale sich gut erhält. Sie dienen deswegen oft als Leitfossilien, werden von Laien aber oft mit den ähnlichen Armfüßern (Brachiopoda) verwechselt.
Die Evolutionsgeschwindigkeit der Muscheln ist sehr unterschiedlich, während Leitfossilien eine durchschnittliche Lebensdauer der Art von 0,3 bis 1 Mio. Jahre besitzen, sind einzelne Gattungen langlebig. Die Gattungen Gryphaea ist seit dem unteren Jura (195 Mill. Jahre), die Gattung Spondylus seit dem Perm (285 Mio. Jahre) und Lima seit dem Oberen Karbon (320 Mio. Jahre) nachgewiesen.
Das ursprüngliche Schloß der Muscheln besitzt eine große Zahl kleiner, gleichförmiger Zähnchen, während hoch abgeleitete Formen wenige spezialisierte oder gar keine Zähne besitzen.
Körperbau
Muschelschale



Die Muschelschale besteht aus zwei Klappen, einer rechten und einer linken und umgibt den Weichkörper der Muschel. Beide Klappen werden auf dem Rücken (also oben) mittels einem Schloß und einem Ligament zusammengehalen. Die Schalen besteht hauptsächlich aus Kalk in Form des Aragonit, dessen Kristalle mittels einer organischen Substanz, dem Conchin, verkittet werden. Sie wird vom Mantel, einer Hautfalte der Muschel, gebildet und zwar in drei Schichten: dem farbigen Periostracum, der Prismenschicht und der oft regenbogenfarbig schillernden Perlmuttschicht. Die beiden Hälften werden durch zwei innere Schließmuskeln zusammengehalten und sind rückenseitig durch ein Schlossband aus nicht verkalkendem Conchin, dem so genannten Ligament, gelenkig verbunden. Dieses ist sehr elastisch und arbeitet antagonistisch zu den Schließmuskeln. Nach dem Tod des Tieres klaffen daher die beiden Schalen auseinander und werden durch mechanische Beanspruchung, wie etwa die Brandung, leicht getrennt, sodass man meist nur mehr einzelne Schalenhälften findet, im Gegensatz zur selteneren Dublette, die noch aus beiden Klappen besteht. Die Ansatzstellen der Schließmuskel und der Mantelrückziehmuskel (die Mantellinie) spielen für Systematik und Bestimmung eine wichtige Rolle.
Damit die beiden Hälften seitlich nicht verrutschen, tragen sie meist so genannte Schlosszähne, deren Ausbildung auch die systematische Zuordnung erleichtert. Diese Schlosszähne bestehen aus zahn- oder leistenförmigen Erhebungen am inneren Rückenrand der Klappen beziehungsweise entsprechenden Gruben auf der Gegenklappe, die ineinander greifen. Aus den ursprünglich taxodonten Muscheln mit vielen gleichartigen Zähnen haben sich die heute dominierenden heterodonten Formen entwickelt, deren Schloss aus wenigen Hauptzähnen und bis zu vier leistenförmige Seitenzähnen besteht.
Auch ineinander greifende Einkerbungen am unteren Schalenrand können ein seitliches Verrutschen verhindern. Diese Einkerbungen sind ebenfalls bestimmende Merkmale einer Muschelart.
In Farbe, Form und Beschaffenheit sind die Schalen der einzelnen Arten sehr unterschiedlich. Weiße stachlige existieren ebenso wo längliche, schwarze und glatte Schalen.
Weichkörper
Mantel

Der Weichkörper der Muschel wird beidseitig von den Mantellappen bedeckt und geschützt. Der von den beiden Mantellappen gebildete Raum wird als Mantelraum bezeichnet. Meist sind die aneinander liegenden Mantelränder miteinander verwachsen, mit Ausnahme von zwei Öffnungen am hinteren Ende der Muschel, durch die Atemwasser und Nahrung in den Mantelraum gelangen, sowie einer Öffnung für den Fuß. Mit Ausnahme des Fußes befindet sich der übrige Weichkörper der Muschel im Inneren des Mantelraumes.
Der Mantelrand besteht aus drei Falten, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen: Die äußerste Randfalte bildet Schale und Schalenhaut (Periostracum), die mittlere dient der Wahrnehmung sensorischer Aufgaben und die innere Falte reguliert den Wasserstrom in den Mantelraum.
Aufgrund der vorwiegend ortsfesten Lebensweise der meisten Muschelarten ist der Kopf mit Ausnahme der Mundregion zurückgebildet (deswegen nannte Frédéric Cuvier 1798 die Muscheln Acephala - die Kopflosen).
Bei schwimmenden Muscheln, wie Kamm- (Pecten) und Feilenmuscheln (Lima), die genauere Informationen über ihre Umgebung brauchen, ist der Mantelrand mit einfachen Ocellen (Punktaugen) besetzt. Bei der Gattung Arca können es über 200 Augen sein.
Im Mantelrand der Riesenmuscheln (Tridacna) leben symbiotische Algen (Zooxanthellen), die von der Muschel geschützt werden, die im Gegenzug dafür in den Genuss der Photosyntheseprodukte der Algen kommt.
Die Atemöffnungen des Mantels sind bei grabenden oder bohrenden Muschelarten oft schlauchförmig verlängert, so dass die Muschel auch im Substrat mit Atemwasser und Nahrung versorgt ist. Die schlauchförmigen Mantelfortsätze bezeichnet man als Siphonen, man unterscheidet einen zuführenden Sipho (Ingestionssipho) und einen ausführenden Sipho (Egestionssipho). Beide können zu einer einziehbaren Doppelröhre verwachsen sein, die im ausgestreckten Zustand länger sein kann, als die Muschel selbst.
Sandklaffmuscheln (Mya arenaria) leben so z.B. eingegraben im Substrat des Wattenmeers und versorgen sich über die Siphone mit Nahrung. Werden sie aus dem Substrat ausgespült, müssen sie sterben. Im Gegensatz dazu lebt die Gemeine Miesmuschel (Mytilus edulis) auf dem Substrat und besitzt daher keine Siphone. Wird sie vom Substrat bedeckt, muss sie ihrerseits sterben.
Kiemen
Die im Mantelraum liegenden Kiemen der Muschel dienen ihr nicht nur zur Atmung, sondern den meisten Arten außerdem zur Nahrungsaufnahme. Dei Kiemen sind - wie die ganze Mantelhöhle - mit Wimpern besetzt die einen Atemwasserstrom produzieren der auch Nahrungspartikel einstrudeln kann. Evolutiv haben sich aus einfachen Fiederkiemen zur Atmung die komplexeren Faden- und Blattkiemen zur Filtration entwickelt.
- Die paarigen Fiederkiemen (Ctenidien) bestehen jeweils aus einem Schaft mit mehreren Kiemenblättchen.
- Bei den Fadenkiemen (Filibranchien)hängen vor und hinter dem Fuß W-förmige Kiemenfäden in zwei Reihen in den Mantelraum. Die Kiemenfäden sind dorsal an der mittleren Spitze des W befestigt und miteinander durch kleine Wimpernstrukturen verbunden.
- Die netzartigen Schein-Blattkiemen (Pseudolamellibranchie) dieser Gruppe sind durch seitliche Verwachsung der Kiemenfäden entstanden.
- Die echten Blattkiemen (Eulamellibranchie)dieser Gruppe sind durch echte, von Blutgefäßen durchzogene, Gewebebrücken zwischen den Kiemenfäden entstanden.
Kreislaufsystem
Das Blutgefäßsystem der Muscheln ist, wie bei den meisten Weichtieren, offen. Das Herz hat zwei Vor- und eine Hauptkammer. Die Hauptkammer wird sekundär vom Enddarm durchzogen.
Fuß
Der ursprünglich flach beilförmige Fuß der Muscheln kann, angepasst an Lebensweise und Fortbewegung, unterschiedliche Formen wie balkenförmig, zungenförmig oder wurmförmig annehmen. Schwimmende und festsitzende Muschelarten haben oft einen weitgehend zurückgebildeten Fuß. Der Fuß trägt die Byssus-drüsen die vor allem bei Jungmuscheln Haftfäden (70% Kollagen) produzieren. Bei einigen Arten produzieren auch die adulten Tiere Byssusfäden, mit denen sich die Muscheln am Untergrund verankern. (Miesmuscheln (Mytilus), Archenmuscheln (Arca), Kammmuscheln (Pecten), Steckmuscheln (Pinna)). Die Byssusverbindung kann später gelöst werden, indem die Muschel die Fäden sekretorisch abtrennt (Mytilus) oder ganz abstößt (Perlmuscheln (Pinctada). Miesmuscheln nutzen ihre Byssusfäden auch zur Verteidigung, indem sie kleinere Schnecken, z. B. Reusenschnecken (Hinia) damit einspinnen.
Fortbewegung
Folgende Fortbewegungsarten sind bei Muscheln beobachtet worden:
- Durch Schalenklappern freies Schwimmen auf kurzen Strecken
- Arten der Gattung Feilenmuscheln Lima schwimmen gut, einige der Familie Kammmuscheln Pectinidae ebenfalls. Sie können durch ruckartiges Zusammenklappen der Schalenhälften einen gerichteten Wasserstrom erzeugen und sich so nach dem Raketenprinzip ein Stückchen durch das Wasser bewegen. Kammmuscheln können angeblich Wasser auch gezielt durch die Öhrchen an den Seiten ausstoßen und so ihre Bewegungen unterstützt durch ihre Linsenaugen feiner koordinieren.
- Fortbewegung mit Hilfe des Fußes
- Die häufigste Fortbewegungsweise bei Muscheln ist die Fortbewegung mit Hilfe ihres Fußes. Dieser Körperteil kann z. B. bei Herzmuscheln Cardiidae auf die dreifache Länge des Schalendurchmessers gestreckt werden. Dank ihres Fußes können sich Muscheln schnell eingraben, ruckweise kriechen oder sogar springen (knotige Herzmuschel Acanthocardia tuberculata aus 20 cm hohem Aquarium). Für die Fortbewegung brauchen die Muscheln ein geeignetes Substrat, da sie im Gegensatz zu den Schnecken nie einen echten Kriechfuß besitzen.
- Verankern mit Byssusfäden
- Einige Muscheln (u. a. Miesmuscheln Mytilus, Steckmuscheln Pinnidae, Archenmuscheln Arcidae, Sattelmuschel Anomia ephippium) spinnen mit einem Sekret der Byssusdrüse an ihrem Fuß so genannte Byssusfäden, mit denen sie sich aneinander und an der Unterlage festkleben. Für Positionswechsel können zumindest Miesmuscheln die Byssusfäden mit einem Sekret wieder auflösen.
- Feste Verankerung mit der Schale am Untergrund
- Bekanntestes Beispiel sind die Austern Ostreidae. Weitere festgewachsene Gattungen: Chama, Pseudochama, einige Anomia-Arten, Stachelauster Spondylus.
Fortpflanzung und Entwicklung
Die meisten Muschelarten sind getrennt geschlechtlich; es existieren also sowohl männliche, als auch weibliche Tiere. Befruchtung und anschließende Larvalentwicklung finden äußerlich im Wasser statt. Der Ausstoß von Eiern und Samenzellen kann etwa bei den Riesenmuscheln (Tridacna) hormonal koordiniert sein. Nach einer Entwicklung über ein Larvenstadium vom Trochophora- oder Veliger-Typus entsteht aus der Larve nach einer Metamorphose die Jungmuschel, die sich während ihres Heranwachsens einen passenden Ort sucht, an dem sie das Erwachsenenleben verbringen kann. Bei Miesmuscheln (Mytilus), Austern (Ostrea) und anderen koloniebildenden Arten bleiben die Jungmuscheln meist in der Nähe der Kolonie und befestigen sich anschließend nicht nur am Untergrund, sondern auch an anderen Muscheln. So entstehen beispielsweise die Muschelbetten der Miesmuschel wie man sie aus dem Wattenmeer kennt.
Die im Süßwasser lebenden Muschelarten zeigen sehr unterschiedliche Fortpflanzungs- und Entwicklungsmethoden. Diese Muschelgruppen, ebenso wie die im Süßwasser und an Land lebenden Schneckengruppen, haben sich im Verlauf ihrer Entwicklung stark an die wechselhaften Lebensbedingungen, die das Süßwasser von den relativ konstanten Bedingungen im Meer unterscheiden, angepasst. Die Gruppe der Flussmuschelverwandten (Unionacea), zu denen die in Mitteleuropa heimischen Großmuscheln (Maler-, Bach-, Teich- und Flussperlmuscheln) gehören, entwickelt sich über ein parasitisches Larvenstadium, die so genannten Glochidien, die sich zur weiteren Entwicklung erfolgreich an einem vorbeischwimmenden Fisch festheften müssen.
Im Gegensatz dazu sind die meisten im Süßwasser lebenden Kleinmuscheln (Erbsenmuscheln (Pisidium) und Kugelmuscheln (Sphaerium) zwittrige Tiere, die lebende Larven gebären (Ovoviviparie). Die zu den Dreikantmuscheln gehörende Wandermuschel (Dreissena polymorpha) hingegen entwickelt sich, wie ihre meereslebenden Verwandten, über ein veligerähnliches planktontisches Larvenstadium.
Verbreitung

Muscheln sind an das Leben im Wasser gebunden. Sie kommen sowohl im Salzwasser, Brackwasser als auch Süßwasser vor, von der Arktis und Antarktis bis in die Tropen. Besonders im Wattenmeer findet man sehr große Mengen an Muscheln (beispielsweise Herzmuscheln und Miesmuscheln) im beziehungsweise auf dem Watt. Sie stellen eine wichtige Nahrung für Seevögel dar.
Die Art Enigmonia aenigmatica (HOLTEN, 1803) (eine Anomiidae) lebt in der Gezeitgischt auf Mangrovenblättern im Indopazifik und entspricht am ehesten einer Lebensweise an Land.
Muscheln leben als erwachsene Tiere überwiegend sessil (festsitzend), teils an festen Oberflächen, beispielsweise Felsen oder Steinen, teils im Sand oder Schlick. Sie gehören also zum Benthos. Sie sind von der Gezeitenzone bis in die Tiefsee verbreitet.
Ernährung
Die meisten Muscheln filtern das Wasser und verwerten essbare Partikel (Plankton). Die einfachsten Arten (Nuculoida) ernähren sich von Sedimenten des Meeresbodens. Im Mantelraum gelegene Wimpern erzeugen einen gerichteten Wasserstrom, der durch eine Atemöffnung eintritt und durch die andere wieder austritt. Verdauliche Partikel im Atemwasser werden an den Kiemen aufgefangen und gelangen in einem Schleimpaket zur Mundöffnung. Aufgrund ihrer Ernährung durch Filtration kommen Muscheln mit sehr großen Wassermengen in Kontakt, was sie besonders empfänglich für im Wasser enthaltene Schadstoffe macht und als Bioindikatoren prädestiniert.
Die urtümlichen Muscheln aus der Unterklasse Protobranchia sammeln mit verlängerten Mundlappen vom umgebenden Substrat essbare Partikel, wie Protozoen, Eier, Larven, und verdaulichen Detritus ein. Die Nahrung gelangt anschließend über eine Wimperrinne zur Mundöffnung. Im Gegensatz dazu ernähren sich die meisten höher entwickelten Muscheln ausschließlich durch Filtration ihres Atemwassers.
Die Riesenmuschel Tridacna und Solemya leben mit symbiontischen Algen im Mantelrand, im Darm der Schiffsbohrwürmer (Teredinidae) leben symbiontische holzabbauende Bakterien und Tiefseearten an Black smokern halten sich Sulfidbakterien in speziellen Strukturen ihrer Kiemen.
Einige wenige Arten (Anomalodesmata und Septibranchia) sind Jäger die kleine Krebstiere einsaugen.
Muscheln und der Mensch
Viele Arten von Muscheln besonders Miesmuscheln, Austern und Kammmuscheln dienen als Nahrung für Menschen. Allein in Europa werden jährlich um 100.000 t Miesmuscheln verzehrt. Eingeborene Bevölkerungen aus vielen Kulturen haben in ihren Küchenabfällen Beweise hinterlassen, dass Muscheln regelmäßig konsumiert wurden. Heute ist die Zucht von Muscheln auf Muschelbänken (besonders Austern und Miesmuscheln, die auch natürlich solche Bänke bilden) ein wichtiges Gewerbe an nahezu allen Küsten der Welt.
Vertreter der Ordnungen Unionoida oder Pteriidae sind seit jeher natürliche Quellen für Perlen und Perlmutt. Inzwischen werden vor allem in Japan künstlich Perlen mit Hilfe der Art Pinctada fucata gezüchtet.
Auch negative Auswirkungen vom Muscheln sind bekannt. Ein Beispiel für Bioerosion ist der Schiffsbohrwurm (Teredo navalis), der sich vom Holz von Schiffen, Stegen oder hölzernen Deichtoren ernährt und durch seine langen Gänge das Holz brüchig macht. Sein Vordringen in die Osttsee ist ein aktuelles Problem der Unterwasserarcheologie, da er historisch bedeutsame Holzschiffreste zerstört.
Vielen Kulturen, etwa die Ureinwohnern Nordamerikas, besaßen eine eigene Muschelwährung, da sie durch Seltenheit und Schmuckwert geschätzt wurden. Dadurch wurde etwa der englische Begriff shell out „bezahlen“ geprägt.
Nährwert einiger ausgewählter Arten
Nährwert einiger ausgewählter Arten pro 100g verzehbaren Anteil. Die Angaben unterscheiden sich zwischen den Arten nur geringfügig.
Art | kj | Protein | Fett | Kohlehyd. |
Jacobsmuschel | 336 | 11,9 | 1 | 5,5 |
Klaffmuschel | 288 | 11,1 | 1,4 | 2,6 |
Miesmuschel | 292 | 10,2 | 1,5 | 3,4 |
Venusmuschel | 340 | 11,1 | 1,1 | 6,4 |
Symbole und Mythen

Venus ist nicht nur die Bezeichnung einer Muschelgattung, sondern auch der antiken römischen Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit. Viele Darstellungen zeigen die Geburt der Venus aus einer Muschel, rechts allerdings wie in vielen Fällen nicht einer Venusmuschel sondern einer Kammmuschel der Gattung Pecten.

Seit dem Mittelalter dienen die stärker gewölbten Klappen der Muscheln Pecten maximus den Jakobspilgern, die das Grab des heiligen Jakobus in Santiago de Compostela besuchen, als Erkennungszeichen. Die Art Pecten jacobaeus die der Bezeichnung Jakobsmuschel näher kommt, ist aufgrund ihres Verbreitungsgebietes nicht die von den Pilgern genutzte Art.
Das Wappen von Guinea-Bissaus beinhaltet eine stilisierte Kammmuschel als Symbol für die Lage des Landes an der Küste Afrikas.
Gefährdung
Durch Gewässerverschmutzung und Flussbegradigungen sind die großen Süßwassermuscheln (Überfamilie: Unionacea), zu denen auch die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) zählt, vielerorts stark in ihrem Bestand bedroht. Hinzu kommt die weitere Dezimierung durch die 1905 nach Eurasien eingeschleppten Bisamratte, die als Haupt-Fraßfeind dieser Muschelarten zählt.
Systematik
Eine Systematik der Muscheln beruht auf Form und Funktion der Kiemen, so werden Filibranchien (Fadenkiemen) und Eulamellibranchien (Blattkiemen) unterschieden. Des Weiteren ist auch die Anzahl und Form der Schließmuskelabdrücke von Wichtigkeit. Auch auf die Anzahl und Form der Schlosszähne kommt es an. So existieren verschiedene Typen von Schlosszähnen:
- taxodont: Zahlreiche Zähne sind in einer (meist abnehmenden) Reihe am Rand der Muschel platziert.
- desmodont: Die Zähne sind reduziert oder auch ganz verschwunden.
- schizodont: Große und kleine Zähne nebeneinander.
- heterodont: Andere Anordnung der Zähne.
Die Klasse lehnt sich in der folgenden Aufstellung an Kilias 1997 (Lexikon marine Muscheln und Schnecken) an. Es existieren aber noch weitere Systematiken, in denen die Ordnungen meist gleich sind aber die übergeordnete Einteilung variiert.
- Unterklasse Protobranchiata
- Ordnung Nuculoida = Palaeotaxodonta
- Ordnung Solemyoida = Cryptodonta
- Unterklasse Metabranchiata
- Überordnung Filibranchiata = Pteriomorphia = Mesobranchiata
- Ordnung Taxodonta = Arcoida = Eutaxodonta
- Ordnung Anisomyaria = Leptodonta
- Überordnung Eulamellibranchiata
- Ordnung Schizodonta = Paleoheterodonta
- Unterordnung Trigonoida
- Unterordnung Unionoida
- Ordnung Heterodonta
- Ordnung Anomalosdesmata
- Ordnung Schizodonta = Paleoheterodonta
- Überordnung Filibranchiata = Pteriomorphia = Mesobranchiata
Literatur
- Rudolf Kilias: Lexikon - Marine Muscheln und Schnecken, 1997, ISBN 3800173328
- Gert Lindner: Muscheln und Schnecken der Weltmeere, 1999, ISBN 3405154383
- Bernhard Grzimek: Grzimek's Animal Life Encyclopedia, 2003, ISBN 0787653624
Weblinks
- Muscheln auf weichtiere.at
- "Check List of European Marine Mollusca", Datenbank mit Suchfunktion, Nomenklatur und Literaturhinweisen, geplant sind Typusabbildungen