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Gottfried Wilhelm Leibniz

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Gottfried Wilhelm Leibniz

Gottfried Wilhelm Leibniz (* 1. Juli 1646 in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover) war ein deutscher Philosoph und Wissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Physiker, Historiker, Bibliothekar und Doktor des Weltlichen- und des Kirchenrechts. Der Name ist sorbischen Ursprungs. Er gilt als der universale Geist der Zeit und war einer der bedeutendsten deutschen Philosophen des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts.

Leben

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Denkmal in Leipzig

Leibniz wurde am 21. Juni (nach dem im Deutschen Reich erst 1700 eingeführten Gregorianischen Kalender am 1. Juli) 1646 in Leipzig geboren. Seine Eltern weckten bei ihm schon früh das Interesse an juristischen und philosophischen Problemen. Sein Vater war Jurist und Professor für Moralphilosophie (Ethik) und seine Mutter Tochter eines Rechtswissenschaftlers.

Der achtjährige Leibniz erlernt anhand der umfangreichen väterlichen Bibliothek autodidaktisch die lateinische Sprache. Zwölfjährig entwickelt er beim Durchdenken logischer Fragestellungen die Anfänge einer mathematischen Zeichensprache.

1661 immatrikuliert sich Leibniz an der Leipziger Universität und betreibt philosophische Studien bei dem Theologen Adam Scherzer und dem Philosophietheoretiker Jakob Thomasius.

1663 wechselt er an die Universität Jena, um sich dort unter Anleitung des Mathematikers, Physikers und Astronomen Erhard Weigel pythagoreischen Gedanken zu öffnen.

Mit 20 Jahren will er zum Doktor der Rechte promovieren, doch die Leipziger Professoren lehnen ihn als zu jung ab. Deshalb geht er nach Nürnberg, um dort an der Universität Altdorf das Verwehrte nachzuholen. Vorübergehend steht er in Verbindung zu einer dortigen alchimistischen Geheimgesellschaft, deren Experimente er jedoch schon bald verspottet.

Anschließend steht er bis 1672 im Dienst des Mainzer Erzbischofs Johann Philipp von Schönborn.

1672 reist Leibniz als Diplomat nach Paris. Dort unterbreitet er dem „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. einen Plan für einen kreuzzugsähnlichen Eroberungsfeldzug gegen Ägypten, um ihn von den geplanten Eroberungskriegen in Europa abzubringen. Ludwig lehnt diesen Plan ab, aber Napoleon Bonaparte greift ihn über hundert Jahre später wieder auf. 1672/73 vollendet Leibniz sein für die Nachwelt wohl bedeutendstes Werk, eine Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten. Daraufhin wird er 1673 Mitglied der Londoner „Royal Society“.

1676 wurde er Hofrat und Hofbibliothekar in Hannover und 1691 auch Bibliothekar der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel.

Ab 1685 reist Leibniz im Auftrag des Welfenhauses durch Europa, um eine Geschichte der Welfen zu schreiben. Dadurch hat er 1688 die Gelegenheit zu einer Audienz beim Kaiser Leopold I. in Wien. Dabei trägt Leibniz seine Pläne für eine Münzreform, zum Geld-, Handels- und Manufakturwesen, zu der Finanzierung der Eroberungskriege gegen die Türken, zum Aufbau eines Reichsarchives und vieles andere vor. Doch es wird ihm nur wohlwollende Aufmerksamkeit zuteil.

1700 werden nach Verhandlungen mit dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. Pläne für eine Preußische Akademie der Wissenschaften nach englischem und französischem Vorbild in die Tat umgesetzt. Die Akademie wird in Berlin gegründet, Leibniz wird deren erster Präsident. Diesen Erfolg will er ausdehnen, deswegen führt er 1704 Verhandlungen in Dresden über die Gründung einer sächsischen Akademie.

Leibniz bereist Europa während seines ganzen Lebens und knüpft Kontakte zu anderen Wissenschaftlern.

Der Gelehrte wurde trotz seiner vielseitigen Begabungen von Minderwertigkeitskomplexen geplagt und war nicht in der Lage, seine wissenschaftlichen Errungenschaften in bare Münze zu verwandeln. Sein sächsischer Akzent und ein offenkundiger Sprachfehler schwächten sein Selbstvertrauen. Dazu kamen optisch etwas ungünstige Körpermaße, die seine Hände und Füße zu lang und zu dünn erschienen ließen.

In seinen letzten Lebensjahren litt Leibniz an Gicht. Er starb am 14. November 1716 in Hannover und wurde dort in der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis beigesetzt.

Letzter Universalgelehrter

Als Jurist, Naturwissenschaftler, Politiker, Philosoph, Historiker, Theologe und Diplomat konnte Leibniz über sich selbst sagen: "Beim Erwachen hatte ich schon so viele Einfälle, dass der Tag nicht ausreichte, um sie niederzuschreiben."

Einige seiner Forschungsergebnisse und Initiativen waren:

Leibniz wuchs in die Zeit der Aufklärung hinein und wird oft als letzter Universalgelehrter bezeichnet. Seine Entdeckungen in den Naturwissenschaften und seine philosophischen und historischen Schriften werden bis heute von Gelehrten aller Welt zu Rate gezogen. Er repräsentierte als letzter großer Denker die vor dem 18. Jahrhundert praktizierte Wissenschaft der vielfältigen Verknüpfung und des Analysieren der Zusammenhänge.

Philosophie

Sein philosophischer Beitrag zur Metaphysik basiert auf der "Monadologie" (1714).

(Siehe: Monadentheorie)

Auch das Problem der "Essai de Théodicée" (1710) erscheint bei Leibniz gelöst. Die bestehende Welt ist die beste aller möglichen, sie besitzt einen maximalen Reichtum von Momenten und in diesem Sinne die größtmögliche Mannigfaltigkeit.

(Siehe: Weltbild, Theodizee; Beste aller möglichen Welten)

In seiner Begriffslehre geht Leibniz davon aus, dass sich alle Begriffe auf einfache, atomare Konzepte zurückführen lassen. Er beschäftigte sich damit, wie man diesen Konzepten Zeichen zuordnen könnte und so wiederum alle Begriffe ableiten könnte. So ließe sich eine ideale Sprache aufbauen. Russell und Wittgenstein haben diese Vorstellung aufgegriffen.

Aufklärung

Leibniz zählt zu den Frühaufklärern, die den Grundstein für die Bewegung der Aufklärung, "den Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Immanuel Kant), gelegt haben. Er hatte einen starken Einfluss auf die Aufklärung, die klassische deutsche Philosophie, den deutschen Idealismus und die Literatur der Klassik. Leibniz formuliert früh die Verstandesmäßigkeit der Bewegung. Zitat: "Jeder Mensch besitzt Fähigkeiten zur vernünftigen Lebensführung." Wenn Religion und Vernunft in genauer Übereinstimmung sind, entsteht nach Leibniz die wahre Religion. Er postulierte, alle Gaben können den Menschen verderben, nur die echte Vernunft sei ihm unbedingt heilsam, aber an ihr werde erst dann kein Zweifel mehr haften, wenn sie sich überall gleich klar und gewiss, wie die Arithmetik, erweisen könne. Der Mathematiker Leibniz war mit Pythagoras der Auffassung, dass sich in den Zahlen die tiefsten Geheimnisse verbergen. Das heißt, wenn man Vernunft mit Zahlen ausdrücken könnte, wäre der Einwand widerlegt: "Woher weißt du, dass deine Vernunft besser ist als meine? Welches Kriterium hast du für die Wahrheit?"

Die Aufklärung selbst ist eine rationalistische Emanzipationsbewegung des Bürgertums. Grundlage dafür sind die Erkenntnisse des Humanismus, der Reformation und der rationalistischen Philosophie. Dabei wird die Vernunft zur Grundlage aller Erkenntnisse und zum Maßstab allen menschlichen Handelns. Die Aufklärung kritisiert Gottesgnadentum und Alleinherrschaft des Monarchen. Sie fordert die Menschenrechte ein und bezieht in vielen Hinsichten eine Gegenposition zur christlichen Kirche. Die Aufklärer fordern die Wiederherstellung unverformter 'natürlicher' Lebensweisen, die Gewaltenteilung und Mitspracherechte insbesondere für das Bürgertum. Ein so genannter Gesellschaftsvertrag und Verfassungen sollen diese Rechte absichern.

Logik

Leibniz befasste sich intensiv mit Logik; das Leibniz'sche Gesetz geht auf ihn zurück.

Rechtswesen

1667 veröffentlichte Leibniz eine Schrift zur Reform des Rechtswesens. Darin fordert er eine Vereinheitlichung der Gesetzeswerke der christlichen Nationen. Er versuchte, in jeder Religion etwas Wahres zu finden und dies in eine große Harmonie, in eine allumfassende allgemeine Religion einzuordnen. Mit diesen Bemühungen begab er sich auf die Ebene eines Erasmus von Rotterdam, der ein ähnliches Ziel hatte, nämlich eine Gelehrtenrepublik zu erschaffen, in der antike und christliche Elemente verbunden werden und zu Toleranz und Humanität führen sollten.

Leibniz bemühte sich Zeit seines Lebens um den Frieden. Er versuchte 1670 zu einer Reunion von Katholiken und Protestanten beizutragen. Zwischen 1679 und 1702 führte er Verhandlungen mit den Bischöfen Spinola und Bossuet. Bis 1706 bemühte er sich ergebnislos um einen Zusammenschluss wenigstens der evangelischen Konfessionen. Diesen Bemühungen lag seine Erkenntnis zu Grunde, dass die Glaubensgemeinschaft eine unerläßliche Voraussetzung für die Bewahrung der abendländischen Kultur ist. Alle seine Anstrengungen konnten den Eigensinn der tief voneinander getrennten Länder nicht überwinden. Daran scheiterte Leibniz' Streben nach Synthese und Harmonie.

Harmonie

Synthese bedeutet die Vereinigung von Teilen zu einem Ganzen, die Verbindung gegensätzlicher Dinge zu etwas Neuem. Harmonie ist ein prägender Begriff von Leibniz' Philosophie. Er beschreibt Harmonie als Summe von unendlich vielen, unendlich kleinen Krafteinheiten, sogenannten Monaden, den Urbestandteilen der Weltsubstanz, die durch Gott vereint wurden und so die Welt zusammenhalten.

(Siehe: Monadentheorie).

Leibniz geht davon aus, dass Gott alles aus dem Nichts geschaffen hat (creatio ex nihilo) und alles, was Gott geschaffen hat, gut ist. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass überall eine wunderbare Ordnung zu finden ist. Als Beispiel nennt er die Zahlen, da dort keine Veränderungen vorgenommen wurden.

(Siehe: Entwicklung eines Zahlenwerkes aus der Religion)

Dieses Sinnbild des christlichen Glaubens wollte Leibniz sogar zur Heidenbekehrung einsetzen. „Alles weltliche Übel entsteht aus dem endlichen Wesen der Natur.“ Doch die Erkenntnis, dass die Welt in ihrer Unvollkommenheit ein notwendiges Teilübel und dadurch die bestmögliche aller Welten ist, macht den Vorwurf an das Gotteswerk Natur wieder wett. Diese Wissenschaft nannte Leibniz Theodizee.

Monadentheorie

Eine Monade – der zentrale Begriff der Leibnizschen Welterklärung – ist eine einfache, nicht ausgedehnte und daher unteilbare Substanz, die äußeren mechanischen Einwirkungen unzugänglich ist.

Das gesamte Universum bildet sich in den von den Monaden spontan gebildeten Wahrnehmungen (Perzeptionen) ab. Sie sind eine Art spirituelle Atome, ewig, unzerlegbar, einzigartig. Die Idee der Monade löst das Problem der Wechselwirkung von Geist und Materie, welches dem System René Descartes' entspringt. Ebenso löst sie das Problem der Vereinzelung, welches im System Baruch Spinozas problematisch erscheint. Dort werden einzelne Lebewesen als bloß zufällige Veränderungen der einzigen Substanz beschrieben. Ein Beispiel: Eine Substanz kann ohne Denken existieren, aber das Denken nicht ohne Substanz.

Da Leibniz die Grundfrage der Philosophie idealistisch löst und die Materie für ihn nur ein „Anderssein der Seele“ ist, leugnet er den objektiven Charakter von Raum und Zeit. Die Theorie der Substanz von Leibniz schließt die Möglichkeiten der allseitigen Entwicklungen ein. Obwohl die Monaden in ihren Keimen identisch sind, entwickeln sie sich verschieden. Entwicklung bedeutet nach Leibniz nicht das Entstehen von grundsätzlich Neuem, sondern nur die Entfaltung des Vorhandenen. Leib, Seele und Geist sind nicht grundsätzlich verschieden, sie sind bloß unterschiedlich entwickelt. Leibniz löst das Problem der Verbindung von Körper und Seele, indem er darlegt, dass alle Monaden, obwohl sie keinen gegenseitigen Einfluss auf ihre innere Struktur ausüben, koordiniert wirken. Er behauptet, dass Gott beim Schaffen der Monaden ihre Einheit und koordinierte Wirkung gesichert habe. Er kennzeichnet diesen Zustand mit dem Begriff der „prästabilierten Harmonie“. Trotz des idealistisch-teleologischen Wesens dieser Anschauung ist das Bemühen zu spüren, die Einheit der Welt nachzuweisen und die in ihr wirkenden Gesetzmäßigkeiten aufzudecken.

Kritik an der Monadologie

Leibniz greift den Monadenbegriff aus der neuplatonischen Tradition auf. Der Begriff Monade, "Einheit", stammt aus der Stoicheiosis theologike des spätantiken Philosophen Proklos. Wenn man die unendliche Substanz Baruch de Spinozas und des Mathematikers Blaise Pascal in unzähligen Punkten repräsentiert findet, deren jeder das Universum enthält, dann hat man ein Bild für das Bewusstsein, das in seinem Ichpunkt das ganze All umfaßt: dann hat man die Leibnizschen Monaden.

Weiter betont Leibniz, dass Monaden Individuen seien: Es gebe keine zwei gleiche Monaden mit gleicher Perspektive und Wachheit, denn jede Monade sei ein punktuelles Bewusstsein, und so sei jede Monade ohne Wechselwirkung mit den unzähligen anderen Monaden, obwohl sie alle einander enthielten. Damit gibt er eine deutliche Beschreibung der Privatheit der Empfindung, d.h. der Unmöglichkeit (jedes Nicht-Telepathen), Empfindungen eines anderen einsehen zu können. Monaden sind demnach eher als Bewusstseins-Einheiten denn als Materien aufzufassen. Dieser Ansatz kann als Solipsismus kritisiert werden, solipsistische Ansätze blieben in der Folge gerade in der mitteleuropäischen Philosophie sehr einflussreich.

Weltbild

Zentrale Begriffe im Leibniz'schen Weltbild sind:

Prästabilierte Harmonie

Es gibt nur die Monaden und ihre Vorstellungen, sonst nichts. Also auch keine Wechselwirkungen zwischen den Monaden. Die Monaden haben aufeinander keinerlei Wirkung. Jede existiert für sich und aus sich. Warum wirken dann aber die Monaden im Weltganzen auf so offensichtliche Weise zusammen? Wieso bilden sie das harmonische Ganze der Welt? Antwort: Gott hat zu Beginn der Welt die Monaden, die aus der Urmonade Gott hervorgegangen sind, so geschaffen, dass sie, wenn jede einzelne nur ihren eigenen Gesetzen folgt, sie alle so zusammenwirken, als ob sie eine Wirkung aufeinander hätten. Die Harmonie war also von vornherein festgelegt.

Theodizee

Dieser Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet die Rechtfertigung Gottes gegenüber dem Vorwurf seiner Verantwortlichkeit für die Übel in der Welt.
Bei der prästabilierten Harmonie, in der ja nichts gegen den göttlichen Willen geschieht, stellt sich nun die Frage, wie das Böse in die Welt kommt.

Beste aller möglichen Welten

Der berühmte Satz von der "besten aller möglichen Welten" ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihm Voltaire mit dem Candide einen ganzen Spottroman gewidmet. Die Idee der "besten aller möglichen Welten" soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr wird von Leibniz auf einen (in seinen Augen notwendigen) Zusammenhang zwischen Gutem und Übeln hingewiesen. Es gibt Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist. Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die "beste aller möglichen Welten" dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.
Gerade dieses Entwicklungspotential ermöglicht es, den derzeitigen Zustand zu verbessern, nicht hin auf einen utopischen Endpunkt, sondern immer weiter, in einem nicht endenden Prozess der ständigen sich überbietenden Entwicklung.
Leibniz behauptet, Gott habe unter allen möglichen Welten die beste geschaffen, weil Gott allmächtig, allwissend und allgütig sei. Leibniz unterscheidet dann zwischen drei Übeln:
1. Metaphysisches Übel
Das metaphysische Übel bzw. Elend besteht in der Endlichkeit der Welt. Diese war nicht zu vermeiden, wenn Gott eine Welt schaffen wollte. (Siehe Platon)
2. Physisches Übel
Leiden und Schmerzen gehen mit einer gewissen Notwendigkeit aus dem metaphysischen Übel hervor, da geschaffene Wesen zwangsläufig unvollkommen sind.
3. Moralisches Übel
Ein geschaffenes Wesen hat die Möglichkeit zu fehlen bzw. theologisch formuliert zu sündigen, da Gott ihm die Gabe der Freiheit verliehen hat.

Besonders zu beachten sei der Widerspruch des 'moralischen Übels' mit der 'prästabilierten Harmonie': Alle Monaden sind von vornherein festgelegt (eine übrigens deterministische Ansicht). Wie kommt er also auf "die Gabe der Freiheit"?

Außerdem, fragt Leibniz, woher wissen wir denn, dass die Glückseligkeit des Menschen der alleinige oder Hauptzweck der Welt ist?

Voltaires Novelle Candide ist ein Spott auf Leibniz' "beste aller Welten". Interessant in diesem Zusammenhang ist Spinozas Vorstellung von der Polarität gut-böse.

Mathematik

Bereits 1672 konstruierte Leibniz eine Rechenmaschine, die multiplizieren, dividieren und die Quadratwurzel ziehen konnte.

1675 entdeckte Leibniz die Grundlagen der Differentialrechnung. Der englische Naturwissenschaftler Sir Isaac Newton hatte sein Prinzip der Infinitesimalrechnung bereits 1666 entwickelt, jedoch nicht veröffentlicht. Leibniz veröffentlichte sein System 1684, woraufhin Newton 1687 folgte, doch setzte sich das Leibnizsche Zeichensystem durch.

Von ihm stammen die immer noch gebräuchliche Notation in Differentialschreibweise und das Integralzeichen . Darüber hinaus beschäftigte er sich auch mit Folgen und Reihen und fand das nach ihm benannte Konvergenzkriterium unendlicher alternierender Reihen. Leibniz entwickelte auch die Dyadik (Dualsystem) mit den Ziffern 0 und 1 (Dualzahlen), welche für die moderne Computertechnik von grundlegender Bedeutung ist.

(Siehe auch: Philosophie, Religion und Zahl)

Philosophie, Religion und Zahl

Leibniz betrachtete die Wissenschaft als eine Einheit. Seine Erkenntnisse in der Integralrechnung, die Theorie der unendlichen Reihen, seine neuartige Geometrie, die Theorien der Kombinatorik, die Vorstellung über die Grundlagen der Mathematik und die Wahrscheinlichkeitsrechnung entwickelten sich in enger Verbindung mit seinen philosophischen Ansichten. Das gleiche trifft auf seine Erkenntnisse der Dynamik, auf die biologischen und geologischen Konzeptionen sowie auf die Forschungen im Bereich der praktischen Politik und der theoretischen Geschichtswissenschaft zu.

Das philosophische Schaffen von Leibniz gruppiert sich um drei große Problemkreise: die Monadentheorie, die Determinationskonzeption und den erkenntnistheoretisch-logischen Ansichten.

Leibniz entwickelte die Monadentheorie als Gegenentwurf zu den zeitgenössischen Strömungen. Die Philosophen des 17. Jahrhunderts arbeiteten in der Regel entweder eine neue Substanztheorie aus oder sie entwickelten die Atomtheorie nach neuzeitlichen Maßstäben weiter. Leibniz befriedigte keine dieser Auffassungen. Er nennt die Philosophie der Atomisten eine „faule“ Philosophie, da diese Auffassung, welche die Atome als letzte Bausteine ansieht, die lebendige, sich verändernde Welt nicht tiefgründig genug analysiere. Entgegen atomistischer Zeit- und Raumauffassungen, die diese Existenzformen der Materie mit einem leeren Gefäß vergleichen, vertritt Leibniz eine dialektische Konzeption, in der Raum und Zeit Ordnungsbeziehungen in der materiellen Welt sind. Der Raum ist die Ordnung der zur gleichen Zeit existierenden Dinge, die Zeit ihre Abfolge.

Zahlen aus dem Geist der Religion

Durch die geistige Auseinandersetzung mit der Religion, insbesondere mit dem Yijing-Orakel, das besagt, dass das Universum, die Erde und das All, alle nach Gewicht, Maß und Zahl gezeugt sind, ist es Leibniz möglich ein neues Zahlensystem zu entwickeln. Die Zahl in ihrer metaphysischen Grundgestalt und die Arithmetik als Statik des Universums enthüllen die Kräfte aller Dinge. Für Leibniz gilt die Devise: „Ohne Gott ist nichts.“ Deshalb setzt er für Gott die Eins und für das Nichts die Null. Gleichzeitig untersucht er die Sprache und stellt fest, dass sie ständig Fehler zulässt. Dadurch entstehen enorme Verständigungsprobleme die über kurz oder lang zu Konflikten führen. Leibniz setzte als Ziel seiner Forschungen die Minimierung und Ausrottung dieser Konflikte. Er meinte erkannt zu haben, dass unser Denken eigentlich ein Rechenvorgang sein müsste, damit schließt sich der Kreis zur Religiosität und der von Gott und Nichts, von 1 und 0. Er versuchte eine sichere logische Symbolsprache zu entwickeln. Dadurch entsteht das Dualsystem, welches in der Natur und Philosophie kein besseres Vorbild hat. Es ist die Voraussetzung für die moderne Computertechnik. Außerdem erkannte Leibniz, dass man jedem Gegenstand eine charakteristische Zahl beilegen kann, gleichbedeutend wie arithmetische Zeichen für Zahlen. Damit, so Leibniz, wollte Gott bedeutend machen, dass unser Verstand noch ein weit tieferes Geheimnis birgt, von dem Arithmetik nur ein Schattenbild ist.

Sonstiges

Brief von Leibniz nach Kiel aus dem März 1716 eine Veröffentlichung betreffend

Viele bedeutende Erfindungen stammen von Leibniz, z. B. eine Rechenmaschine sowie Erfindungen zur Nutzung des Windes bei der Grubenentwässerung im Harzbergbau.

Leibniz war einer der wichtigsten interdisziplinären Gelehrten seiner Epoche. Ein großer Teil seines Wirkens ist in Briefen dokumentiert. Aus der Zeit zwischen 1663 und 1716 sind über 20.000 Briefe an Leibniz überliefert, die er von rund 1.100 Korrespondenten aus 16 Ländern erhalten hat. Im Leibniz-Archiv sind rund 15.000 Briefe dokumentiert.

Werke

Siehe auch

prästabilierte Harmonie, Leibniz-Kriterium, Leibniz-Reihe, Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, Leibniz Kolleg, Vernunftwahrheiten und Tatsachenwahrheiten, Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis

Literatur

  • Ines Böger: »Ein seculum … da man zu Societäten Lust hat«. Darstellung und Analyse der Leibnizschen Sozietätspläne vor dem Hintergrund der europäischen Akademiebewegung im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Herbert Utz Verlag, München 2001, ISBN 3-8316-0018-X
  • Kurt Müller, Gisela Krönert: Leben und Werk von Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine Chronik. Klostermann, Frankfurt am Main 1969 (Veröffentlichungen des Leibniz-Archivs, 2)
  • Reinhard Finster, Gerd van den Heuvel: Gottfried Wilhelm Leibniz. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. 4. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000 (Rowohlts Monographien, 50481), ISBN 3-499-50481-2
  • Eike Christian Hirsch: Der berühmte Herr Leibniz. Eine Biographie. C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-45268-X
  • Werner Schüßler: Leibniz' Auffassung des menschlichen Verstandes (intellectus). Eine Untersuchung zum Standpunktwechsel zwischen "système commun" und "système nouveau" und dem Versuch ihrer Vermittlung. Walter de Gruyter, Berlin 1992, ISBN 3-11-013645-7
  • Neal Stephenson: Quicksilver Goldmann, 2004, ISBN 3-442-54568-4 (Historischer Roman)
  • Hans Poser: Gottfried Wilhelm Leibniz zur Einführung, Hamburg: Junius 2005, ISBN 3-88506-613-0
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