Marianne Arndt
Marianne Arndt (* 1946 in Hannover) ist eine deutsche Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin.

Biographie
Nach dem Schulbesuch in ihrer Heimatstadt Hannover absolvierte Marianne Arndt in den 1960er Jahren eine Krankenpflegeausbildung in Großbritannien. Sie arbeitete anschließend als Krankenschwester in mehreren europäischen und afrikanischen Ländern. Die Ausbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe erfolgte an der Schwesternschule der Universität Heidelberg unter der Schulleitung Antje Grauhan[1] mit einem anschließenden Praxisjahr in einem israelischen Krankenhaus. Danach studierte Marianne Arndt Pastoraltheologie in Paderborn und leitete später das katholische Weiterbildungsinstitut für Krankenpflege in Freiburg im Breisgau.
In den Jahren zwischen 1990 und 1993 studierte Marianne Arndt zeitgleich mit der Schulleitung der Schwesternschule der Universität Heidelberg Inge Vollstedt[2] sowie mit Reinald Schmidt-Richter Pflegewissenschaft am Department of Nursing Studies der University of Edinburgh, Schottland. Sie gehört damit zu den zahlreichen Pflegekräften, die ihren akademischen Grad in Edinburgh erworben haben, weil es in Deutschland noch keine entsprechende Möglichkeiten gab. Die Akademisierung der Pflege sowie die Etablierung von Pflegeforschung begannen in Europa an der Universität Edinburgh in den Jahren 1956 mit der Gründung des Department of Nursing Studies sowie 1971 mit der Gründung des Institute of Nursing Research. Arndt erhielt für das Studium in Edinburgh ein Promotionsstipendium der Weltgesundheitsorganisation sowie der Robert Bosch Stiftung.[3] Der Titel der wissenschaftlichen Arbeit lautete: "Nurses medication errors. An interpretative study of experiences."[4][5] Zu den Arbeits-, Forschungs- und Lehrschwerpunkten von Marianne Arndt zählt die Ethik in der Pflege. Im Jahr 1994 erhielt sie das Diplom der schottischen University of St Andrews im Bereich Moralphilosophie. Sie wurde anschließend Gastdozentin für Pflegewissenschaft im Studiengang Pflegepädagogik der Humboldt-Universität zu Berlin mit gleichzeitiger Habilitation im Fach Pflegewissenschaft im Jahr 1997.[6] Damit wurde Marianne Arndt als erste deutsche Krankenschwester im Fach Pflegewissenschaft an einer deutschen Universität habilitiert. Der Titel der kumulativen Habilitationsschrift lautete: "Aspekte der Professionalisierung der Pflegeberufes: Zur Ethik einer neuen Wissenschaft." Zwischen 1997 und 2001 war Marianne Arndt Lehrbeauftragte und Gastdozenten für Pflegewissenschaft und Ethik am Department of Nursing and Midwifery an der Universität Stirling auf den äusseren Hebriden sowie an der Universität Witten-Herdecke bei Sabine Bartholomeyczik. Es erfolgte zudem, nach Jahren des Wartens, ein Ruf an die Fachhochschule Neubrandenburg auf den Lehrstuhl für Pflegepädagogik. Arndt wurde zudem Gastdozentin der Glasgow Caledonian University (Schottland) sowie der Universität Turku (Finnland). Im Februar 2010 verabschiedete Sr. Benedicta Arndt, bereits emeritiert, an der Hochschule Neubrandenburg ihre erste Kohorte von Elitepflegepersonen. Es handelte sich um die Absolventen des ersten Dualen Studienganges, den sie mit Bundesmitteln beginnen und aufbauen durfte.
Sie reiste regelmäßig nach Israel und Palästina und sah dort wie gerade die Palästinenser versuchten, die besten Leute zu gewinnen, um Pflege zu studieren. Ebenfalls im Jahr 2010 reiste sie erneut nach Turku (Finnland) zu einem Gastvortrag bei der Pflegewissenschaftlerin Helena Leino-Kilpi an der Medizinischen Fakultät.
Seit ihrer Emeritierung lebte Marianne Arndt, nach vorangegangenem Noviziat im Cistercienserinnenkloster St. Marien zu Helfta in Sachsen-Anhalt bei Halle/S., als Eremitin (Sr. Maria Benedicta) in der Klus Eddessen in der Nähe von Borgentreich (Westfalen). Die Bevölkerung der Umgebung schätzte sie für ihr offenes Ohr und die seelsorgerlichen Gespräche. Krankheitsbedingt mußte sie diesen Ort inzwischen verlassen. Spirituell orientierte sie sich an den Ostkirchen.
Bedeutung
Marianne Arndt gehört zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Pflegewissenschaft (zuvor: Deutscher Verein). Sie schrieb die Präambel für die Satzung des Vereins.[7][8] Sie war Mitglied der Arbeitsgruppe "Pflege und Ethik" der Akademie für Ethik in der Medizin in Göttingen. Sie war maßgeblich beteiligt am Forschungsprojekt der Humboldt-Universität im Rahmen der Ethik der Pflege. Ihr eigentlicher Forschungsschwerpunkt ist das Thema "Ethik in der Ausbildung von Pflege- und Gesundheitsfachberufen." Sie beschäftigte sich mit dem "Eid eines Krankenwärters", den Franz Anton Mai konzipiert hatte, sowie mit dem Ethikkodex für die Pflege des International Council of Nurses (=ICN). Marianne Arndt bezog sich in ihrem ethischen Ansatz zudem auf die Schriften von Paulo Freire, der als brasilianischer Philosoph und Pädagoge in das chilenische Exil ging, um dort seine Arbeiten weiterführen zu können. In Chile arbeitete Paulo Freire mit der UNESCO zusammen. Freire ging davon aus, dass unser Tun beschreibbar sein muss und gleichermaßen, dass wir entsprechend unserer Rede sittlich handeln. Ähnliches wollte Arndt für das pflegerische Wort und Tun im Krankenhaus gewahrt wissen.[9] Beim Dritten Internationalen Osnabrücker Symposium Pflegewissenschaft vom 17./18. November 1994 über das Gesamtthema "Moralisches Handeln in der Pflege" stellte Marianne Arndt den Ansatz von Carol Gilligan als einer weiblichen "Ethik der Fürsorglichkeit" dem Ansatz von Alberto Bondolfi gegenüber, der sich hauptsächlich auf Lawrence Kohlberg bezog und die Meinung vertrat, dass Männer und Frauen gleichermaßen vernunftzentriert und gefühlsbetont handeln können.[10]
Marianne Arndt arbeitete an der ersten Auflage des von Horst-Peter Wolff (heute: Hubert Kolling) herausgegebenen Biographischen Lexikons zur Pflegegeschichte mit.[11]
Publikationen
- Glauben leben in christlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens. In: Evang. Fach- und Berufsverband für Pflege e.V. Wiesbaden (Hrsg.): Pflegen. 4/2009, S. 23–26. (Schwerpunktthema: Spiritualität in der Pflege)
- Vom Leib zum Leichnam - Vom würdigen Umgang mit Verstorbenen. In: Cornelia Knipping: Lehrbuch Palliative Care. 1. Auflage. Huber, Bern 2006, S. 499–519.
- mit Helena Leino-Kilpi, Maritta Välmäki, Theo Dassen,[12] Maria Gasull, Chryssoula Lemidou, Anne P Scott, Anja Schopp, Anne Kaljonen: Perceptions of Autonomy, Privacy and Informed Consent in the Care of Elderly People in Five European Countries: Comparison, Implications for Future, in: Nursin Ethis 10, 1, S. 58-66, 2003, ISSN 0969-7330. Arndt, Leino-Kilpi, Dassen et.al.Perceptions of Autonomy.
- Pflege bei Sterbenden: Den Tod leben dürfen, vom christlichen Anspruch der Krankenpflege. (= Pflege-Kolleg). Schlüter'sche, Hannover 2002.
- Pflege als Kunst und Wissenschaft. In: Rüdiger Bauer (Hrsg.): Humanistische Pflege in Theorie und Praxis, Schattauer Verlag Berlin und New York 2000, S. 14-28, ISBN 978-3-7945-2032-9. Rüdiger Bauer: Humanistische Pflege.
- Ethik denken - Maßstäbe zum Handeln in der Pflege. 1. Auflage. Thieme, Stuttgart 1996.
- Hohe Schulen helfen beim Helfen. Krankenpflege auf dem Weg zur Wissenschaft. In: Rheinischer Merkur. Nr. 48, 26. November 1993.
- Der Pflegeprozess. Handreichung zur Anwendung. Freiburg Caritas Schwesternschaft e.V., 1988.
Literatur
- Birgit Trockel, Irmgard Notthoff, Margret Knäuper (Hrsg.): Who is Who in der Pflege. Deutschland - Schweiz - Österreich. Hans Huber, Bern 1999, S. 35–37. (mit einem Vorwort von Ruth Schröck)
- Christine Auer: Vom peppermint freedom zur Gründung des Deutschen Vereins für Pflegewissenschaft. Professionalisierungsvorstellungen von Hilde Steppe. Eigenverlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-00-027207-3.
Einzelnachweise
- ↑ hierzu auch: Nachlass Schwesternschule der Universität Heidelberg, Universitätsarchiv Heidelberg, Acc 43/08, Nachlass bearbeitet von Christine Auer.
- ↑ Inge Vollstedt, Rhein-Neckar-Wiki
- ↑ Robert Bosch Stiftung (Hrsg.): Zehn Jahre "Pflege braucht Eliten". Qualifizierung von Lehr- und Leitungskräften in der Pflege. Stipendiaten und Kollegiaten 1992–2002. Robert Bosch Stiftung, Stuttgart 2002, S. 9; Simone Moses: Die Akademisierung der Pflege in Deutschland. Studienreihe der Robert Bosch Stiftung, Hans Huber Verlag, Bern 2015, S. 100-101.
- ↑ Wissensbörse: Robert Bosch Stipendien
- ↑ Marianne Arndt: Aus Fehlern lernen. Das Erleben Pflegender bei Medikamentenfehlern. In: Pflege. Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe. Verlag Hans Huber, Bern, 9. Jg. Heft 1, März 1996, S. 12–19. Referat gehalten auf dem Dritten Internationalen Osnabrücker Symposium Pflegewissenschaft am 17. November 1994.
- ↑ Rheinischer Merkur. Nr. 47, 21. November 1997: Akzente - Marianne Arndt: Premiere einer Habilitation im Fach Pflegewissenschaft an einer deutschen Universität.
- ↑ hierzu auch: Schriftwechsel Marianne Arndt mit Hilde Steppe: Nachlass Hilde Steppe, Hilde Steppe Dokumentationsstelle FH Frankfurt am Main, Sign. O163, Nachlass bearbeitet von Walburga Haas.
- ↑ Christine R. Auer: Pathodizee. Dedicated to Zvi Lothane, Pirna 2011, Eigenverlag Heidelberg 2012, zu Marianne Arndt und der Präambel S. 11-16, ISBN 978-3-00-037252-0.
- ↑ Marianne Arndt: Publikation 2009, S. 23.
- ↑ Mariane Arndt, Alberto Bondolfi: Ein wissenschaftlicher Diskurs über Theorien der Moral und Ethik. In: Pflege. Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe. Verlag Hans Huber, Bern, 9. Jg. Heft 1, März 1996. S. 26-32. Referat gehalten auf dem Dritten Internationalen Osnabrücker Symposium Pflegewissenschaft am 18. November 1994.
- ↑ Horst-Peter Wolff: Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte„Who was who in nursing history“, Ullstein&Mosby Berlin, Wiesbaden 1997, S. III, S. 23+24 Biographie Maria Brodbeck (u.a. Lazarettschwester im 1.+2. Weltkrieg).
- ↑ Theo Dassen: Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Charité Universitätsmedizin Berlin.
Weblinks
- Marianne Arndt, Olivia Dibelius (Ausbildung zur Krankenschwester an der Schwesternschule der Universität Heidelberg): Pflegemanagement zwischen Ethik und Ökonomie.
- Anton Schlittmaier: Marianne Arndt: Ethik denken - Maßstäbe zum Handeln in der Pflege. Rezension zur 2. Auflage.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Arndt, Marianne |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Pflegewissenschaftlerin |
GEBURTSDATUM | 1946 |
GEBURTSORT | Hannover |