de Havilland Canada DHC-6
de Havilland Canada DHC-6 Twin Otter | |
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![]() DHC-6 „Twin Otter“ Wasserflugzeug | |
Typ | Turboprop-Zubringerflugzeug |
Entwurfsland | |
Hersteller | de Havilland Canada, Viking Air |
Erstflug | 20. Mai 1965 |
Produktionszeit |
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Stückzahl | 921 (31. März 2015)[1] |
Die DHC-6 Twin Otter ist ein STOL-Flugzeug für 19 Passagiere, das ursprünglich von de Havilland Canada und später von Bombardier hergestellt wurde. Nach einer zwanzigjährigen Produktionsunterbrechung wird heute eine modernisierte Version, die DHC-6-400, von Viking Air angeboten. Die Turboprop-Maschine ist als Schulterdecker ausgelegt und verfügt über ein feststehendes Fahrwerk bzw. Schwimmer. Die Verstellpropeller ermöglichen die Nutzung von Schubumkehr. Das Flugzeug ist für sehr kurze Start- und Landebahnen optimiert; es benötigt eine Pistenlänge von 366 m.
Geschichte
Die DHC-6 hatte ihren Erstflug am 20. Mai 1965. Insgesamt wurden 844 Maschinen gebaut, die Produktion endete 1988. 575 davon flogen noch im Jahr 2007.[2] Im Jahr 2006 erwarb Viking Air die Produktionsrechte von Bombardier Aerospace, im Dezember 2007 wurde wieder mit der Produktion begonnen. Der Erstflug der DHC-6-400 genannten Version fand am 1. Oktober 2008 im kanadischen Victoria statt.[3] Der Erstflug der ersten Serienmaschine mit dem Luftfahrzeugkennzeichen C-FMJO erfolgte am 16. Februar 2010.[4] Nach der offiziellen Zulassung wurden die ersten Maschinen im Juli 2010 an die schweizerische Zimex Aviation, im Januar 2011 an Air Seychelles und im April 2011 an Trans Maldivian Airways ausgeliefert.[5]
Versionen



Von der Twin Otter gibt es neben der Standardausführung mit Rädern auch Versionen, die mit Schwimmern oder Kufen ausgestattet sind. Für touristische Zwecke (Rundflüge) gibt es auch eine Version mit größeren Fenstern, „Vistaliner“[6] genannt.
- DHC-6-Serie 100
- Basisversion mit zwei 432-kW Pratt & Whitney Canada PT6A-20 Turboprop-Motoren. 115 Stück gebaut.
- DHC-6-Serie 200
- Verbesserte Version. Ebenfalls 115 Stück gebaut.
- DHC-6-Serie 300
- Version mit 462-kW Pratt & Whitney Canada PT6A-27 Turboprop-Motoren.
- DHC-6-Serie 300M
- Militärischer Mehrzwecktransporter. Zwei von ihnen wurden als „Proof-of-Concept“-Demonstratoren gebaut.
- DHC-6-Serie 300MR
- Maritime Aufklärungsversion.
der MAF in Papua-Neuguinea]]
- DHC-6-Serie 300S
- Sechs Testflugzeuge mit 11 Sitzen, Flügel mit Spoilern und einem Anti-Blockier-Bremssystem.

- DHC-6-Serie 400
- Sie ist die nach 20 Jahren Produktionspause gebaute neue Version auf Basis der -300. Die ersten Lieferungen an Kunden begannen Anfang 2010. Als Antrieb dienen zwei Pratt & Whitney Canada PT6A-34 oder optional PT6A-35 mit Hot & High Performance. Neben dem Standard-Fahrwerk werden unter anderem auch Schwimmer, Ski- und Rad-Ski-Fahrwerke angeboten.[7] Außer den neuen Triebwerken wurden auch andere Komponenten auf den Stand der Technik gebracht. So konnte unter anderem durch die Verwendung von Kunststoff, neuem Cockpit mit 4 Displays und LED-Beleuchtung die Leermasse um 240 kg gesenkt werden. Im Oktober 2008 lagen Bestellungen bzw. Optionen für 40 Maschinen vor.[8]
- CC-138
- Bezeichnung der Kanadischen Streitkräfte für ihre Version als Transport-, Such- und Rettungsflugzeug.
- UV-18A
- Version als Utility-Transportflugzeuge für die United States Army und die Alaska National Guard. Sechs gebaut. Sie wurde in der US-Armee durch die C-23 Sherpa ersetzt.
- UV-18B
- Bezeichnung der United States Air Force Academy für ihre drei Ausbildungflugzeuge für Fallschirmspringer.
Einsatz

Die Fluggesellschaft Widerøe setzte zahlreiche Maschinen über 20 Jahre lang ein, auch für British Airways flog die DHC-6 bei Loganair.
In Deutschland wurde die Twin Otter u. a. eingesetzt von OLT, General Air, HADAG Air, Holiday Express – alle überwiegend im Inselverkehr der Nordsee. Außerdem nutzten Delta Air, Bayerischer Flugdienst (BFD) und DLT die DHC-6, die zwei letzteren hauptsächlich auf der Strecke Hof-Bayreuth-Frankfurt. Einer der wenigen heutigen deutschen Betreiber ist die Fluggesellschaft Businesswings mit Sitz am Flughafen Kassel-Calden, welche ein Exemplar mit dem Luftfahrzeugkennzeichen D-IVER besitzt.
Die Mehrzahl der Maschinen wird von kleineren Gesellschaften verwendet. So sind auf den Malediven und in Nepal zahlreiche Twin Otters zu finden. Die gesamte Flotte der Air Sao Tomé e Príncipe besteht aus einer einzigen Twin Otter, mit der von Sao Tomé aus lediglich zwei Ziele angeflogen werden: die Insel Príncipe sowie Libreville in Gabun. Auch in Panama wird die Twin Otter für Inlandsflüge von Aeroperlas nach Guna Yala eingesetzt, in Costa Rica von Nature Air.[9] Air Seychelles setzt insgesamt drei Twin Otter auf ihren Inlandsflügen zu den kleineren Inseln ein, die teilweise nur über Graspisten verfügen.
Im zivilen Fallschirmsport wird die Twin Otter häufig als Absetzflugzeug eingesetzt. Auch in der Antarktis sind Flugzeuge von Typ DHC-6 im Einsatz.
Die Twin Otter gehört neben der Pilatus Porter und der Dornier Do 228 zu den wenigen Flugzeugen, die in Nepal auf dem Flughafen Lukla landen können.
Zwischenfälle
Seit dem Erstflug im Jahr 1965 wurden insgesamt 255 DHC-6 Twin Otter bei Unfällen zerstört oder irreparabel beschädigt (Stand 16. Juni 2016).[10] Beispiele:
- In Deutschland verunglückte am 27. Mai 1972 eine DHC-6-100 mit dem Luftfahrzeugkennzeichen D-IDHC auf dem General-Air-Flug 005 beim Start vom Flugplatz Helgoland-Düne. 8 der 13 Insassen kamen ums Leben.[11][12]
- Am 12. Juli 1995 explodierte eine DHC-6-300 der Milne Bay Air (Kennzeichen P2-MBI) aufgrund eines elektrischen Kurzschlusses kurz nach dem Start vom Flughafen Alotau und stürzte zwei Kilometer von der Startbahn entfernt ins Meer. 13 der 15 Personen an Bord wurden getötet.[13]
- Am 9. Juli 1996 kollidierte eine DHC-6-300 Twin Otter der Milne Bay Air (Kennzeichen P2-MBB) beim Anflug auf den Flughafen Mendi in Wolken mit einem Berg. Alle 20 Personen an Bord kamen ums Leben.[14]
- Am 29. Juli 2004 wurde mit einer DHC-6-300 Twin Otter der PNG Air (Kennzeichen P2-MBA) bei schlechter Sicht der Landeanflug auf Ononge abgebrochen und in Richtung des Ausweichflughafens Yongai abgedreht. Dabei streifte die Maschine in einer Höhe von rund 2300 Meter Bäume und stürzte ab. Sie befand sich auf dem wöchentlichen Frachtflug von Port Moresby nach Ononge. Von den drei Besatzungsmitgliedern überlebte nur der Lademeister.[15]
- Am 11. August 2009 flog die DHC-6-300 (Kennzeichen P2-MCB) der PNG Air auf dem Weg von Port Moresby (Papua-Neuguinea) zum Kokoda Track elf Kilometer vor dem Flugplatz in einen Berg. Alle 13 Menschen an Bord kamen ums Leben.[16]
- Am 15. Dezember 2010 stürzte eine DHC-6-310 der Tara Air (9N-AFX) auf einem Flug von Lamidanda (Nepal) nach Kathmandu in der Nähe des Dorfs Sri Chaur im Distrikt Okhaldhunga ab. Alle 22 Insassen kamen ums Leben.[17][18]
- Am 7. November 2012 geriet eine DHC-6-300 der MASwings (9M-MDO) bei der Landung in Marudi (Sarawak) von der Landebahn ab und kam erst in einem Entwässerungsgraben zum Stillstand. Ein Passagier wurde leicht verletzt, die Maschine jedoch schwer, eventuell irreparabel beschädigt.[19][20]
- Am 10. Oktober 2013 stürzte eine DHC-6-310 der MASwings (9M-MDM) auf dem Flug von Kota Kinabalu bei einem missglückten Durchstartmanöver kurz hinter dem Flughafen Kudat ab. Bei dem Unfall starben zwei Menschen, vier weitere wurden verletzt.[21]
- Am 16. Februar 2014 verloren die Piloten einer Twin-Otter 300 (9N-ABB) bei schlechten Wetterbedingungen auf dem Nepal-Airlines-Flug 183 von Pokhara nach Jumla die Orientierung und flogen gegen einen Berg. Alle 18 Insassen kamen ums Leben.[22][23]
- Am 24. Februar 2016 stürzte eine Twin Otter (9N-ABB) auf dem Tara-Air-Flug 193 von Flughafen Pokhara nach Jomsom bei Dana ab. Alle 23 Insassen kamen ums Leben. Dies war der erste Totalverlust einer Maschine der neuen Serie DHC-6-400.[24]
Technische Daten

Kenngröße | Daten der DHC-6-400 |
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Besatzung: | 1–2 Piloten, 19 Passagiere |
Länge | 15,77 m |
Flügelspannweite | 19,81 m |
Tragflügelfläche: | 39,02 m² |
Höhe: | 6,02 m |
Leergewicht: | 3400 kg |
Maximales Startgewicht | 5670 kg |
Dienstgipfelhöhe: | 7620 m |
Höchstgeschwindigkeit (VMO) | 340 km/h |
Reichweite bei max. Zuladung | ca. 1800 km |
Antrieb | 2 × Pratt & Whitney Canada PT6A-34-Triebwerke mit je 463 kW |
Militärische Nutzer

Afghanistan
Argentinien
Australien
Äthiopien
Benin
Botswana
Chile
Dominikanische Republik
Ecuador
Frankreich
Haiti
Jamaika
Kanada
Kolumbien
Libyen
Malaysia
Mexiko
Nepal
Nigeria
Norwegen
Panama
Paraguay
Peru
Philippinen
Schweiz
Senegal
Sudan
Tschad
Uganda
Vereinigte Staaten
Weblinks
- Viking Air Limited Webseite des neuen Herstellers (englisch)
- Musterzulassung der DHC-6 – Series – EASA-TCDS-A.575 (PDF; 43 kB)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ TwinOtterArchive Master Index Page. In: twinotterarchive.com. 30. März 2015, abgerufen am 31. März 2015 (englisch).
- ↑ http://www.sueddeutsche.de/auto/twin-otter-von-bombardier-der-unverwuestliche-allesflieger-1.909564
- ↑ aero-news
- ↑ Erste New Production DHC-6 Series 400 Twin Otter fliegt. Aerokurier, 18. Februar 2010, abgerufen am 15. Juli 2010.
- ↑ jp airline fleets 2013
- ↑ http://www.vistaliner.com/
- ↑ http://www.vikingair.com/content.aspx?id=1742
- ↑ FliegerRevue Oktober 2008, S.16, Twin-Otter Wiedergeburt
- ↑ http://www.natureair.com/natureair-fleet-information.aspx
- ↑ Unfallstatistik de Havilland Canada DHC-6 Twin Otter, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ http://www.edxh.de/history.html
- ↑ Unfallbericht D-IDHC, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht P2-MBI, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht P2-MBB, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht P2-MBA, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht P2-MCB, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,734946,00.html
- ↑ Unfallbericht 9N-AFX, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ http://www.theborneopost.com/2012/11/08/a-maswings-twin-otter-is-believed-to-have-met-an-accident-at-marudi-airport-today/
- ↑ Unfallbericht 9M-MDO, avherald (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht 9M-MDM, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Unfallbericht 9N-ABB, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Flug RA-183: Nepal Airlines Twin Otter abgestürzt. In: aero.de. 16. Februar 2014, abgerufen am 17. Februar 2014.
- ↑ Unfallbericht 9N-ABB, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 16. Juni 2016.
- ↑ Vietnamese Navy Orders DHC-6 Twin-Otter 400s. Defense Industry Daily, 2010. abgerufen 15 Mai 2010.