Wahlfeststellung
Die Wahlfeststellung wird ungenau als eine Ausnahme des Grundsatzes in dubio pro reo dargestellt. Steht fest, dass der Täter gegen einen von zwei Straftatbeständen verstoßen hat, bleibt aber unklar, gegen welchen der beiden, müsste er bei der Anwendung dieses Grundsatzes freigesprochen werden. In diesem Falle müsste in dubio pro reo wechselseitig zur Anwendung kommen. Bei in dubio pro reo ist der Täter jedoch nach einer Variante straflos. Bei in dubio mitius hat er nach einer der beiden denkbaren Varianten nur das mildere Gesetz verwirklicht. In Fällen der Wahlfeststellung hat der Täter jedoch eine der beiden gleichwertigen Taten verwirklicht.
Man unterscheidet zwischen „Echter Wahlfeststellung“ und „Unechter Wahlfeststellung“. Die echte Wahlfeststellung ermöglicht es, unter bestimmten Voraussetzungen, wahlweise nach dem einen oder dem anderen Tatbestand zu verurteilen, ohne dass sicher feststeht, welcher der beiden Straftatbestände einschlägig ist.
Bei der unechten Wahlfeststellung ist die vom Täter verwirklichte Strafnorm gewiss. Es ist jedoch unklar, welche - von mehreren möglichen Handlungen - konkret diesen Straftatbestand erfüllt hat. Es kann beispielsweise nicht sicher gesagt werden, mit welcher von mehreren betätigten Aussagen der Tatbestand des Meineid (§ 154) erfüllt wurde.
Die Notwendigkeit der Wahlfeststellung wird mit einem kriminalpolitischen Bedürfnis und der Einzelfallgerechtigkeit begründet.
Die Kritiker der Wahlfeststellung führen den rechtstaatlichen Grundsatz der Rechtssicherheit des Art. 103 II GG und den Zweifelssatz in dubio pro reo ins Feld.
Die Wahlfeststellung wurde 1934 vom Reichsgericht anerkannt und 1935 in den §§ 2b StGB und 267b StPO normiert. Die Regelungen wurden allerdings 146 durch das Kontrollratsgesetz Nr. 11 wieder aufgehoben.
Vergleiche: Postpendenz