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Andree’s Berggarten

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Andree's Berggarten mit Besuchern, 1842

Andree's Berggarten, später als Hotel Andree's Berg bezeichnet, war ein Hotel in Hann. Münden in Südniedersachsen, das aus einem um 1826 entstandenen Gartenlokal hervorgegangen ist. Das vom Mündener Arzt Ludwig Andree gegründete und nach ihm benannte Anwesen lag oberhalb des Ortes an einem steilen Hang des Questenberges. Das Freiluftlokal war wegen seiner reizvollen Aussicht und seiner Musikkonzerte ein beliebtes Ausflugsziel. Nach Hangrutschungen Anfang der 1980er Jahre wurde der gesamte Gebäudekomplex 1985 und den Folgejahren wegen Einsturzgefahr abgerissen.

Geschichte

Blick von der Werra und der Vorstadt Blume hoch zu Andree's Berggarten

Aus einer Veröffentlichung im Mündenschen Intelligenzblatt im Jahre 1826 ist zu entnehmen, dass der Mündener Stadtchirurg und Wundarzt Ludwig Andree zu dieser Zeit auf seinem Gartengrundstück am Questenberg Gäste bewirtete. Laut seinen Ausführungen gestatte er Fremden und Einheimischen gerne den Zutritt zu seinem Berggarten, verbittet sich aber bei verschlossener Türe ein Eintreten durch die Hecke. Bei dem Garten handelte es sich um ein etwa 22.000 m² großes Grundstück, auf dem er einen parkähnlichen Berggarten angelegt hatte. Der Garten lag am Steilhang des Questenberges oberhalb der Stadt und der Vorstadt Blume. Von dort bot sich ein reizvoller Ausblick auf das von den Flüssen Werra, Fulda und Weser durchzogene Tal. Bei Andree's Berggarten handelte sich um die älteste Einrichtung ihrer Art im Ort. Später kamen das Bergschlösschen am Hang des Kattenbühl und in den 1880er Jahre auf dem Rabanenkopf die Ausflugsgaststätte an der Tillyschanze hinzu.

1829 erhielt Ludwig Andree von der Landdrostei Hildesheim eine Bewirtungskonzession zum Ausschank von alkoholfreien Getränken. Der Berggarten entwickelte sich zu einem Freiluftlokal, das im Sommerhalbjahr dauerhaft geöffnet war. Im Laufe der Zeit wurden weitere Unterhaltungsmöglichkeiten angeboten, wie Musikkonzerte und Feuerwerk sowie Illuminationen. So wurde das Lokal zu einem beliebten Ausflugsziel, zu dem unter anderem Besucher aus Kassel mit dem Schiff anreisten. 1849 verstarb der Gründer Ludwig Andree. 1853 erwarb der Mündener Bürger Friedrich Bode die Lokalität. Er und später sein Sohn bauten die Gartenwirtschaft zu einem Hotel mit Restaurant aus. 1859 bestand ein zweigeschossiges Gebäude, dass 1882 einen größeren Anbau erhielt. In der Folge entstand ein größerer Gebäudekomplex, dem zuletzt 1912 ein Saal hinzugefügt wurde. Ab 1869 wurden Sommergäste in Pension genommen. Ende der 1880er Jahre begann der reguläre Hotelbetrieb. Zuvor war Andree's Berggarten zum gutgehenden Veranstaltungsort für Musikkonzerte geworden. Bei einem großen Musikfest 1856 traten fünf Militärmusikkorps auf. 1889 gab der Göttinger Musikdirektor Rudolf Bullerjahn mit seiner Kapelle acht Sommerkonzerte, für deren Durchführung ein Musikpavillon erbaut wurde.

Niedergang

Standort des 1985 abgerissenen Hotels Andree's Berg, von Bäumen und Büschen überwuchert (2016)

Der Hotelkomplex befand sich im Bereich des Andreesberges, einem steilen Hang an der Südseite des Questenbergs. 1928 erhielt das Hotel eine Zufahrtsstraße, bei deren Bau steile Böschungen entstanden. Mitte der 1930er Jahre kam es an der Straße und der Hotelterrasse zu Bodensetzungen von bis zu 50 cm im Jahr. Nach starken Niederschlägen im Jahr 1939 wurden in dem Gebiet Bodenrisse festgestellt, die auf ein Abrutschen des Hangs schließen ließen. Am Hotelgebäude fand bis 1940 ein Absetzen des Haupttrakts vom Nebentrakt um 25 cm statt. An Wänden und Decken hatten sich Risse gebildet, die laut späteren Untersuchungen oberflächlich verputzt wurden. 1981 kam es nach überdurchschnittlichen Niederschlägen erneut zu Bodenbewegungen am Andreesberg. 1982 war es an allen Gebäudeteilen des Hotels zu Setzungen gekommen, die bis zu 30 cm breite Spalten in den Böden, Decken und im Dach verursachten. Wegen Einsturzgefahr wurden 1985 alle Hotelgebäude abgebrochen. Heute (2016) ist das frühere Hotelgelände vollständig von Büschen und Bäumen überwachsen. Einzelne Mauerreste der Gebäude und Terrassierungen haben sich an Geländekanten erhalten.

Rezeption

Das Hotel diente im 1993 erschienenen Roman Wolpertinger oder Das Blau von Alban Nikolai Herbst als Haupthandlungsort. Das Geschehen spielt in dem Hotel, das dort auch als Hotel Wolpertinger bezeichnet wird, in den Jahren 1981, 1985, während es in der Romanhandlung von 1989 bereits eine Ruine ist. Das 1000-seitige Werk gilt als der einzige große Roman mit dem Ort Hannoversch Münden als Spielstätte. Im Jahr 1995 erhielt Herbst für den Roman den Grimmelshausen-Preis.

Literatur

  • Bodo Damm: Hangrutschungen im Mittelgebirgsraum – Verdrängte „Naturgefahr“? in: Standort – Zeitschrift für Angewandte Geographie 4/2000 (Online, pdf und Online)
  • Johann Dietrich Pezold: Der „Andreesberg“ - Gartenlokal, Restaurant und Hotel in: Geschichte an den drei Flüssen. Streiflichter in die Vergangenheit der Stadt Hann. Münden an Werra, Fulda und Weser, Hann. Münden, 2008, S. 66-69
Commons: Andrees Berggarten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 51° 25′ 23″ N, 9° 39′ 16″ O